# 5 / 2020
22.09.2020

«Horizon Europe»: Innovation dank Kooperation

Warum sollte sich die Schweiz auch an «Horizon Europe» beteiligen?

Es gibt keine nationale oder internationale Alternative

Trotz der überaus positiven Bilanz kann die rein numerische Buchhaltung den entscheidenden Punkt nicht quantifizieren: Wo stünden die Schweizer Hochschulen, Forschungsinstitute und Unternehmen, wenn es keine Anbindung an die europäischen Forschungsprogramme gäbe? Dies ist nicht nur eine Frage des Geldes. Viel bedeutender ist, dass die internationale Vernetzung den Forschungs- und Denkplatz attraktiv und produktiv macht. Nur dadurch lassen sich die besten Talente begeistern, in der Schweiz tätig zu sein. Nehmen wir das Beispiel des ERC: Für die besten Forscherinnen und Forscher ist eine Unterstützung durch die EU eine hohe Auszeichnung. Die hohen Selektionshürden gepaart mit den grosszügigen Zuwendungen schaffen eine Art «Champions League der Forschung». Die Möglichkeit der Teilnahme kann für die individuelle Karriere eines Forschenden entscheidend sein. Dank der Möglichkeit der ERC-Grants ist die Schweiz im harten Kampf um Spitzenforscher heute gut positioniert. Eine nationale Lösung könnte keinen wirklichen Ersatz für die ERC-Grants bieten, da eine solche Auszeichnung nicht annähernd so prestigeträchtig wäre. Andere Möglichkeiten weltweit gibt es nicht. Der gut gemeinte Vorschlag eines alternativen Forschungsförderungsprogramms mit den USA, Grossbritannien, Singapur oder anderen Ländern ist wenig realistisch. Es würde zudem Jahre dauern, bis sich ein solches Programm in der Forschungsgemeinschaft etabliert hätte. 

Viele Forschungsthemen, von welchen man sich für die Zukunft zahlreiche neue industrielle Anwendungen verspricht, sind nur im Verbund anzugehen. Denken wir an die Energieproduktion oder an die Photonik. Wesentliche Fortschritte in der Forschung wären mit einem Schweizer Alleingang nur schwer zu realisieren. Die Forschenden müssen sich in Europa austauschen und zusammenarbeiten, um weltweit mithalten oder sogar eine Vorreiterrolle einnehmen zu können. Auch auf der Stufe der industriellen Umsetzung braucht es diesen Verbund. Dank der Forschungsprogramme erhalten Schweizer Unternehmen Zugang zum aktuellen Stand des Wissens in solchen Schlüsselthemen. 

Die europäische und die nationale Förderung ergänzen und stärken sich gegenseitig. Damit sich Forschende aus der Schweiz auf europäischer Ebene erfolgreich um finanzielle Mittel bewerben können, ist auch ein qualitätssteigernder Wettbewerb auf nationaler Ebene notwendig. Der Forschungsplatz Schweiz ist deshalb auch auf starke nationale Programme angewiesen: Mit dem SNF und der Innosuisse verfügt die Schweiz über erfolgreiche Förderungsinstrumente – doch das allein genügt nicht. Die europäischen Rahmenprogramme bieten den Forschenden in der Schweiz Möglichkeiten, die sonst weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene bestehen (Abbildung 6). Keine andere Initiative bietet Förderungen über die ganze Wertschöpfungskette hinweg an. Hierzu zählen etwa die Förderung von gross angelegten grenzüberschreitenden Kooperationen, die Möglichkeit der direkten Finanzierung von innovativen Unternehmen sowie die gut dotierten, im europäischen Wettbewerb vergebenen Personenförderungen des Europäischen Forschungsrats, die Forschenden den Aufbau von spezialisierten Teams in neuen Forschungsfeldern ermöglichen.  

Abbildung 6: Die öffentlichen F&I-Förderinstrumente entlang der Wertschöpfungskette

Es gibt keine nationale oder internationale Alternative zu «Horizon Europe».

Die internationale Vernetzung der Forschung ist unabdingbar

Die Schweiz profitiert also stark vom privilegierten Zugang zu den europäischen Forschungsrahmenprogrammen und trägt ihrerseits dazu bei, das europäische Forschungsnetzwerk zu stärken. Das bestdotierte Förderungsprogramm der Welt ist daher für den Schweizer Forschungsplatz so entscheidend. Weil sich unsere Forschenden die besten Partner in Europa aussuchen können, um gemeinsam Projekte durchzuführen, steigt die Qualität der Forschung in der Schweiz. Ein Abseitsstehen würde sie von der europäischen Forschungsgemeinschaft isolieren und eine wichtige Stärke des Forschungsplatzes unterhöhlen: die unabdingbare internationale Vernetzung.