# 08 / 2019
17.03.2019

Ausländische Studierende: Teure Ausbildung, unausgeschöpftes Potenzial

Talente als Innovationstreiber: Wettbewerb um die hellsten Köpfe

Der sogenannte «War for Talents» wurde bereits Ende der 1990er-Jahre eingeläutet. Das amerikanische Beratungsunternehmen McKinsey prognostizierte 1998 in einer Studie, dass intelligente Personen mit einem hohen Verständnis für Technologie, globaler Scharfsinnigkeit und operationeller Agilität die wichtigste unternehmerische Ressource der kommenden 20 Jahre sein würden. Heute, 20 Jahre später, ist die Bedeutung von hoch qualifizierten Personen für die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotenzial eines Landes unbestritten. Diverse Studien haben inzwischen aufgezeigt, dass der Erfolg einer Wirtschaft zu einem nicht unerheblichen Teil von ihrer Fähigkeit abhängt, globale Talente anzuziehen. Durch den fortschreitenden demografischen Wandel und der im Zuge des technologischen Fortschritts zunehmenden Nachfrage nach technisch hoch qualifizierten Spezialisten hat sich der Wettbewerb um Talente seither nochmals verschärft.

Arbeitsmarktöffnung für Ausländer mit Schweizer Abschluss zahlt sich aus

An Bedeutung gewonnen hat in diesem Kontext zuletzt das Potenzial, welches von ausländischen Studierenden ausgeht. Immer mehr Länder erkennen in dieser Gruppe ein wichtiges Reservoir an globalen Talenten und versuchen, diese stärker anzuziehen. Die Integration von ausländischen Absolventen in den einheimischen Arbeitsmarkt birgt gegenüber der direkten Rekrutierung aus dem Ausland mehrere Vorteile: Einerseits verbringen ausländische Absolventen bereits während des Studiums mehrere Jahre im Inland, eignen sich so sprachliche Kompetenzen an, werden Teil der lokalen Gesellschaft und sind dadurch häufig schon gut integriert. Zudem besitzen sie einen inländischen Abschluss, welcher für den einheimischen Arbeitsmarkt von direkter Relevanz ist und keine spezielle Anerkennung braucht. Somit verursachen sie weniger soziale und wirtschaftliche Kosten. Schliesslich ergeben sich zusätzliche Einnahmen für den inländischen Fiskus, falls die Absolventen im Inland eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und dadurch Steuern zahlen. Für Länder wie die Schweiz, Deutschland oder Finnland, die nur tiefe Studiengebühren verlangen und so ihre internationalen Studierenden subventionieren, lohnt sich die Investition finanziell vor allem dann, wenn die Absolventen auch nach Abschluss bleiben und im Inland arbeiten.

Andere Staaten buhlen um ausländische Studierende

Vor diesem Hintergrund versuchen Staaten vermehrt, die Attraktivität eines Studiums für Ausländerinnen und Ausländer zu erhöhen. Oftmals geht dies über die Vereinfachung von Visabestimmungen oder einen erleichterten Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt nach Abschluss. Bemerkenswert ist, dass zuletzt immer mehr Länder Spezialregelungen für Absolventen der MINT-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, einführten. So geben zum Beispiel die USA seit 2016 ausländischen Absolventen von MINT-Studiengängen zusätzlich zwei Jahre Zeit, um auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt praktische Erfahrungen zu sammeln. Australien, das bei der Zulassung von Ausländern zum Arbeitsmarkt ein Punktesystem kennt, gibt ausländischen Absolventen seit 2016 zusätzliche Punkte, falls sie einen MINT-Studiengang absolviert haben. Auch Neuseeland und Kanada haben eine ähnliche Praxis eingeführt. Nicht zuletzt möchte auch die Europäische Union vermehrt Studierende aus Drittstaaten anlocken. Mit einer entsprechenden EU-Richtlinie versuchte die Kommission 2016, einen Schritt in Richtung mehr Attraktivität und Harmonisierung zu machen. Und auch China fängt an, in diesem Wettbewerb mitzumischen. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass viele Länder das Potenzial von ausländischen Studierenden für sich entdeckt haben und in diesem Bereich stark vorwärtsmachen, um von den besten Talenten zu profitieren.