# 7 / 2016
14.07.2016

Erfolgsmodell Zahnmedizin braucht kein Obligatorium

Ein gefährdetes Erfolgsmodell

Ein gefährdetes Erfolgsmodell

Die obligatorische Grundversicherung übernimmt gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) nur vereinzelt zahnärztliche Leistungen. Die meisten Kosten für die Zahnbehandlung werden «out of pocket», also von den Patientinnen und Patienten selbst bezahlt. Vor allem linken Politikern ist das ein Dorn im Auge. Auf nationaler Ebene gab es in letzter Zeit zwei Vorstösse, die Leistungen beim Zahnarzt obligatorisch zu versichern. Das eine Mal mit einer separaten, obligatorischen Zahnversicherung, das andere Mal integriert in die bestehende, obligatorische Grundversicherung gemäss KVG. Im Jahr 2006 scheiterte Josef Zisyadis (PdA) mit seinem Vorstoss «Obligatorische und öffentliche Versicherung für die zahnmedizinische Grundversorgung». Seine Motion wurde abgeschrieben. Das gleiche Schicksal ereilte auch Jean-Charles Rielle (SP), der die Parlamentarische Initiative «KVG. Rückerstattung der Kosten von zahnärztlichen Behandlungen» im Jahr 2011 eingereicht hatte.

Ideen für Zahnversicherungen in der Romandie und im Tessin

Auf kantonaler Ebene gibt es derzeit mehrere Vorstösse zur Einführung einer obligatorischen Zahnversicherung. Diese wurden ausschliesslich in der Romandie und im Tessin lanciert: 

  • Kanton Freiburg: Ein Postulat, das am 15. Juni vom Grossrat abgelehnt wurde, verlangt, dass die Kantonsregierung die Gründung einer öffentlichen obligatorischen Zahnversicherung prüft.
  • Kanton Genf: Das Kantonsparlament diskutierte im November 2013 eine Motion, die eine kantonale Zahnversicherung verlangt und als kurzfristige Massnahme Personen mit tiefem Einkommen Zugang zu Zahnbehandlungen ermöglichen will. Am 17. März 2016 hat der Kantonsrat die Motion nochmals in die Gesundheitskommission gegeben, sodass sie gleichzeitig mit einem Gesetzesentwurf einiger Parlamentarier geprüft werden kann, der ein ähnliches Ziel verfolgt.
  • Kanton Jura: In ihrem Wahlprogramm 2015 führte die jurassische SP unter anderem die Gründung einer kantonalen Zahnversicherung als Ziel auf. Im März 2016 wurde eine entsprechende Motion eingereicht.
  • Kanton Neuenburg: Die Kantonsregierung wird im kommenden Jahr ihre Botschaft zur Initiative für eine obligatorische Zahnversicherung vorlegen. Das kantonale Volksbegehren wurde im August 2015 eingereicht.
  • Kanton Tessin: Eine entsprechende Initiative wurde im Mai 2015 eingereicht. Die Botschaft der Tessiner Regierung dazu ist in Bearbeitung.
  • Kanton Waadt: Eine Initiative für eine obligatorische Zahnversicherung wurde im Juli 2014 eingereicht. Sie wird Mitte 2017 mit einem Gegenvorschlag zur Abstimmung kommen.
  • Kanton Wallis: Die SP Valais Romand hat eine Initiative für eine obligatorische Zahnpflegeversicherung lanciert. Sie hat nun bis April 2017 Zeit, die nötigen Unterschriften einzureichen.

Die Initianten argumentieren, dass die Zahngesundheit ebenso wichtig sei wie die Humangesundheit. Zudem entstünden bei Nichtbehandlung von Zahnproblemen Folgeerkrankungen. Für viele Menschen und insbesondere für Familien in bescheidenen Verhältnissen seien Zahnbehandlungen ein unerschwinglicher Luxus. Am Zustand der Zähne lassen sich Ungleichheiten bei der Gesundheitsversorgung und soziale Ungleichheiten ablesen. Es solle der Zugang zu neuen technischen Errungenschaften und zu einer zeitgemässen medizinischen Behandlung für alle möglich werden. Der völligen Privatisierung dieses Sektors müsse Einhalt geboten werden, denn somit überlasse man es einzig den Zahnärztinnen und Zahnärzten, die Bedürfnisse im Bereich der Zahngesundheit zu definieren. Im Folgenden werden wir diese Argumente genauer beleuchten. Sie erweisen sich allesamt als übertrieben. Nimmt man die Fakten genauer unter die Lupe, so präsentiert sich ein Erfolgsmodell.