
Institutionelles Abkommen Schweiz-EU: Eine Chance für das bilaterale Verhältnis
19.02.2019
Auf einen Blick
Am 7. Dezember 2018 hat der Bundesrat den mit der EU ausgehandelten Textentwurf für ein Institutionelles Abkommen (InstA) veröffentlicht. Im ersten Quartal 2019 wird nun eine Konsultation der interessierten Kreise durchgeführt. Auf Basis dieser Ergebnisse will der Bundesrat Mitte Mai 2019 entscheiden, ob er das Abkommen unterzeichnet und dem Parlament zur Ratifikation vorlegt.
economiesuisse unterstützt den Abschluss eines Institutionellen Abkommens mit der EU auf Basis des vorliegenden Textentwurfs, verlangt aber zusätzliche Klarstellungen zum Umfang der Rechtsübernahmepflicht, den staatlichen Beihilfen und der Rolle der Sozialpartner unter dem Entsenderecht der EU.
Das Wichtigste in Kürze
Das Institutionelle Abkommen (InstA) bildet eine solide Basis für die Fortführung und Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen zur EU. Keines der potenziellen Beziehungsmodelle (Isolation, umfassendes Freihandelsabkommen, EWR- oder EU-Mitgliedschaft) erweist sich als eine gleichwertige Alternative zum bilateralen Weg. Denn dieser resultierte ja eigentlich als Plan B zum EWR-Beitritt der Schweiz, den das Stimmvolk 1992 abgelehnt hat. Die innenpolitisch heiklen Themen im bilateralen Verhältnis mit der EU (FlaM, Entsenderecht, Europäische Unionsbürgerrichtlinie, Koordination der Sozialsysteme) werden auch ohne InstA fortbestehen. Mit ihm hätte die Schweiz aber eine bessere Verhandlungsposition als ohne.
Auch eine Verschiebung der Verhandlungen ist keine Option. Ohne Unterzeichnung des Abkommens ist ab Juli 2019 mit massiven wirtschaftlichen Nachteilen für Schweizer Unternehmen zu rechnen.
Position economiesuisse
- Die Schweizer Wirtschaft hat ein vitales Interesse, den bilateralen Weg mit der EU fortzuführen.
- Gleichwertige Alternativen zum bestehenden bilateralen Weg sind zum heutigen Zeitpunkt nicht erkennbar.
- Für die Fortführung des bilateralen Wegs ist der Abschluss eines Institutionellen Abkommens unabdingbar.
- Das Institutionelle Abkommen wird daher unterstützt.
- Vor Unterzeichnung sind aber zusätzliche Klarstellungen zum Umfang der Rechtsübernahmepflicht, den staatlichen Beihilfen und der Rolle der Sozialpartner unter dem Entsenderecht der EU notwendig.

Forderungen der Wirtschaft
Klarstellungen zum Institutionellen Abkommen
Damit das InstA innenpolitisch eine reelle Chance hat, müssen die Anliegen wichtiger Stakeholder (wie Kantone und Sozialpartner) ernst genommen und vor der Unterzeichnung des Abkommens durch den Bundesrat geklärt werden. economiesuisse verlangt deshalb während der Konsultationsphase vom Bundesrat gegenüber der EU die Klärung folgender drei Punkte:
- Es braucht eine Klarstellung, dass nur Marktzugangsregeln von der Pflicht zur dynamischen Übernahme durch die Schweiz betroffen sind, insbesondere auch in Bezug auf eine allfällige künftige Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie durch die Schweiz.
- Es sollte geklärt werden, wie sich die Grundsätze über staatliche Beihilfen auf das schweizerische Subventionsrecht und das föderale System der Schweiz auswirken, insbesondere auch bezüglich einer allfälligen künftigen Unterstellung des Freihandelsabkommens unter das InstA.
- Es braucht eine Klarstellung, dass das System der Sozialpartnerschaft und der paritätischen Kontrollen durch die Schweizer Sozialpartner nicht eingeschränkt wird.
Eine Nachverhandlung des InstA hat keine Aussicht auf Erfolg und wird deshalb ausdrücklich nicht verlangt.
EU beim Wort nehmen: economiesuisse verlangt Roadmap
Beim Abschluss des InstA sind die Voraussetzungen für eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wiedergegeben. Die bestehenden Abkommen sollten dann rasch aufdatiert und die ausgesetzten Verhandlungen über neue Abkommen zügig zu einem Abschluss gebracht werden.
economiesuisse fordert deshalb den Bundesrat auf, nach der Unterzeichnung zusammen mit der EU-Kommission die Verhandlungen über alle Dossiers anzugehen. In einer Roadmap – im Sinne einer gemeinsamen Absichtserklärung – sollen die nächsten Schritte zu folgenden Kooperationen konkret festgehalten werden:
- Abschluss des Stromabkommens
- Anpassung des Abkommens über Technische Handelshemmnisse
- Äquivalenzanerkennung der Schweizer Börsenregulierung und Fortsetzung der Anerkennungsverfahren im Finanzbereich
- Verzicht auf Massnahmen der EU gegen Schweizer Stahl- und Aluminiumexporte
- Anerkennung der Äquivalenz im Datenschutzbereich
- Vollassoziierung im Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe
- Abschluss des Abkommens über die Zusammenarbeit im öffentlichen Gesundheitswesen
- Weitere Liberalisierungsschritte zur Teilnahme am europäischen Luftverkehrsmarkt
- Teilnahme der Schweiz an der Europäischen Eisenbahnagentur ERA
- Mitwirkung der Schweiz bei der Agentur für das europäische globale Satellitennavigationssystem und Zugang der Schweiz zu den Daten des öffentlichen regulierten Dienstes (PRS)
- Teilnahme der Schweiz am Rahmenprogramm MEDIA/Kultur der EU
Ausserdem sollten die politischen Kontakte zwischen der Schweiz und der EU mit dem Abschluss des InstA institutionalisiert werden: Zwischen dem Schweizer Aussenminister und dem Kommissar für Nachbarschaftsfragen sollten mehrmals pro Jahr und zwischen dem Schweizer Bundespräsidium und dem Kommissionspräsidium mindestens einmal pro Jahr Treffen stattfinden, damit die wirtschaftlichen Beziehungen auf politischer Ebene vertieft werden können.
Im Hinblick auf künftige Beziehungen zwischen Grossbritannien und der EU ist es wichtig, dass diese nicht zum Nachteil für die Schweiz – und damit auch der EU – geregelt werden. Deshalb empfiehlt economiesuisse dem Bundesrat, eine Nichtdiskriminierungsklausel zwischen der EU und der Schweiz betreffend die wirtschaftlichen Beziehungen zu Grossbritannien zu vereinbaren.

Pluspunkte des Abkommens
Der Inhalt des Abkommens wurde im dossierpolitik #1/19 (Institutionelles Abkommen Schweiz-EU – Fragestellungen und Einordnung) ausführlich beschrieben. Die drei von der Wirtschaft dort formulierten Ziele werden mit dem vorliegenden Vertragsentwurf erreicht:
- Der heute mit den bilateralen Abkommen erreichte Integrationsgrad im europäischen Binnenmarkt wird mit dem vorliegenden Entwurf gesichert. Er garantiert den Erhalt der bestehenden Marktzugangsabkommen mitsamt den von der EU zugestandenen Abweichungen vom EU-Acquis. Im Bereich des Freizügigkeitsabkommens garantiert er darüber hinaus drei flankierende Massnahmen, welche die EU heute nicht anerkennt.
- Der Abkommensentwurf sieht die Option auf eine künftige Weiterentwicklung des bilateralen Wegs mit neuen Abkommen ausdrücklich vor.
- Die Rechtssicherheit wird klar verbessert, wie nachstehend noch dargelegt wird.
Mehr noch: Der Entwurf bietet für die Schweiz zahlreiche Verbesserungen gegenüber dem heutigen Zustand. Die wichtigsten Pluspunkte sind:
Pluspunkt 1: Geltungsbereich
Ursprünglich sollten alle 140 bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz unter das InstA fallen. Dieses ist nun aber lediglich auf die fünf bestehenden Marktzugangsabkommen der Bilateralen I (Personenfreizügigkeit, Technische Handelshemmnisse, Landwirtschaftsprodukte, Land- und Luftverkehr) anwendbar. Dadurch wird der Geltungsbereich des Abkommens stark eingeschränkt. Diese Einschränkung schafft Klarheit, senkt das Konfliktpotenzial und sorgt für Rechtssicherheit. Künftig abgeschlossene Marktzugangsabkommen würden ebenfalls unter das InstA fallen. Dies wären zurzeit das Stromabkommen und die Beteiligung der Schweiz an der Europäischen Eisenbahnagentur. Noch offen ist, ob auch ein modernisiertes Freihandelsabkommen dem InstA unterstellt würde. Dies wird in künftigen Verhandlungen zu klären sein.
Pluspunkt 2: Streitschlichtung
Der im InstA vorgesehene Streitschlichtungsmechanismus verbessert die Situation für die Schweiz grundlegend: Neu kann sie eine Streitfrage einem unabhängigen Schiedsgericht zur Beurteilung vorlegen. Selbst wenn eine der Parteien den Schlichtungsentscheid nicht akzeptieren sollte, kann die Gegenpartei nur «verhältnismässige» Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Diese können maximal bis zur Suspendierung, nicht aber Kündigung einzelner Abkommen gehen. Ob eine Ausgleichsmassnahme der EU verhältnismässig ist, kann dem Schiedsgericht zur Prüfung vorgelegt werden. So dürfte das Schiedsgericht sachfremde Massnahmen der EU wie beispielsweise die Nichtanerkennung der Börsenäquivalenz in Zukunft kaum als verhältnismässige Gegenmassnahme anerkennen. Das schützt die Schweiz vor Willkür. Sie erhält also ein wirksames Instrument, um ihre Interessen noch besser durchzusetzen, was wiederum die Rechtssicherheit für Schweizer Unternehmen stärkt.
Pluspunkt 3: Dynamische Rechtsübernahme, Auslegung und Überwachung
In den von den Marktzugangsabkommen geregelten Bereichen soll die Schweiz die Rechtsentwicklung der EU in Zukunft nachvollziehen, allerdings nicht automatisch, sondern durch eine Übernahme ins nationale Recht und unter Wahrung des bestehenden Schweizer Gesetzgebungsverfahrens (inkl. Referendum). Die dynamische Rechtsübernahme ist nicht nur eine Pflicht, sondern auch ein Recht: Unter dem InstA kann die Schweiz beispielsweise von der EU die rechtzeitige Nachführung des Abkommens über technische Handelshemmnisse verlangen. Im Notfall kann sie das Schiedsgericht anrufen. Die EU ihrerseits kann nicht mehr durch die Verzögerung von Verhandlungen den Zugang für Schweizer Produkte auf den Binnenmarkt gefährden. Damit entfällt ein politisches Druckinstrument der EU, wie es etwa nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative eingesetzt wurde. Die dynamische Rechtsübernahme stärkt somit die Rechtssicherheit für Unternehmen.
Positiv ist zudem zu werten, dass die EU die in den Bilateralen I verankerten Ausnahmen von der dynamischen Rechtsübernahme nicht infrage stellt, sondern vertraglich garantiert. Ausserdem kann die Schweiz in Zukunft die für den Binnenmarkt relevante EU-Gesetzgebung vorab mitbeeinflussen (decision shaping), denn sie wird bei der Erarbeitung der relevanten Rechtsentwicklungen in der EU systematisch konsultiert und Schweizer Experten können bei der Entwicklung der EU-Vorschriften in EU-Gremien mitarbeiten.
Was bedeutet dynamische Rechtsübernahme?
Durch das InstA verpflichtet sich die Schweiz, Weiterentwicklungen von Rechtsnormen der EU in Schweizer Recht zu übernehmen. Diese Verpflichtung gilt allerdings nur für Abkommen, die der Schweiz einen diskriminierungsfreien Zugang zum europäischen Binnenmarkt gewähren. Damit soll sichergestellt werden, dass in der Schweiz dieselben Regeln gelten wie in der EU. Die Übernahmepflicht gilt auch nur für Rechtsnormen, die den europäischen Binnenmarkt regeln. Der genaue Umfang der künftigen Übernahme von EU-Acquis ins Schweizer Recht ist Verhandlungssache und muss durch den Gemischten Ausschuss vereinbart werden. Allenfalls kann die Schweiz inhaltliche Abweichungen oder verlängerte Umsetzungsfristen vom EU-Recht durchsetzen, wenn diese aufgrund sachlicher Umstände begründbar sind. Im Landverkehr gilt beispielsweise eine Höchstgrenze von 40 Tonnen für Lastwagen auf Schweizer Strassen. Diese Höchstgrenze würde auch dann bleiben, wenn die EU in Zukunft höhere Tonnagen auf ihrem Strassennetz erlauben würde. Die Übernahme in Schweizer Recht erfolgt im Rahmen des Schweizer Gesetzgebungsprozesses. Dafür gibt die EU der Schweiz eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren. Sollte gegen einen Gesetzesentwurf das Referendum ergriffen werden, erhält die Schweiz ein weiteres Jahr Zeit, um dieses durchzuführen.
Pluspunkt 4: Staatliche Beihilfen
In Zukunft soll das Beihilferecht der EU in denjenigen Marktzugangsabkommen Anwendung finden, in denen dies ausdrücklich vorgesehen ist. Dies ist zurzeit nur beim Luftverkehrsabkommen der Fall. Auf ein künftiges Stromabkommen würden die EU-Regeln zu staatlichen Beihilfen ebenfalls Anwendung finden und möglicherweise auf ein modernisiertes Freihandelsabkommen, falls man sich darüber auf dem Verhandlungsweg einig wird. Zu begrüssen ist, dass das Verbot staatlicher Beihilfen nicht absolut gilt. Das InstA führt in Art. 8A Abs. 2 zahlreiche Ausnahmeregelungen auf, welche bestimmte Beihilfen erlauben und die nach Massgabe der jeweiligen sektoriellen Verträge auch für die Schweiz gelten würden. Ausserdem werden die Beihilferegeln nicht allgemein, sondern nur im Anwendungsbereich eines sektorspezifischen Abkommens anwendbar sein. Ferner konnte die Unabhängigkeit der Überwachung staatlicher Beihilfen gewahrt werden – die EU wird auch künftig keine hoheitliche Aufsichtskompetenz gegenüber der Schweiz erhalten. Das InstA wird zudem zu mehr Transparenz bei den Subventionen und Beihilfen in der Schweiz führen. Das ist zu begrüssen.
Worum geht es bei staatlichen Beihilfen?
Im EU-Recht gilt grundsätzlich ein Verbot bzw. die Kontrolle von vom Staat gewährten finanziellen Vorteilen (z.B. Subventionen oder Steuererleichterungen). Diese sind dann grundsätzlich verboten, wenn sie nur gewissen Branchen oder Unternehmen (also selektiv) gewährt werden bzw. die Herstellung bestimmter Waren begünstigen. Die Vorteile müssen zudem den grenzüberschreitenden Warenhandel beeinträchtigen sowie den Wettbewerb verzerren bzw. verzerren können.
Es gelten zahlreiche Ausnahmen, sodass man heute eher von einem Kontrollsystem als von einem strengen Verbotssystem sprechen könnte. Dadurch werden Marktverzerrungen verhindert. Neue Beihilfen müssen zur wettbewerbsrechtlichen Vorabkontrolle angemeldet werden.
Das Schweizer Wettbewerbsrecht (Kartellgesetz) kennt keine entsprechenden Beihilferegeln. Aufgrund des vorliegenden Vorschlags wird das EU-Beihilferecht nicht umfassend eingeführt, sondern nur in sektorspezifischen Bereichen wie dem Luftverkehr, in denen es ausdrücklich aufgeführt werden muss.
Pluspunkt 5: Flankierende Massnahmen
Zwar verlangt die EU von der Schweiz die Anpassung der Flankierenden Massnahmen (FlaM) an das europäische Entsenderecht. Die Ziele der FlaM, nämlich der Schutz vor Lohndumping und der Erhalt des Schweizer Lohnniveaus, werden von der EU jedoch nicht infrage gestellt. Im Gegenteil: Die EU anerkennt im InstA die Besonderheiten des schweizerischen Arbeitsmarkts. Sie garantiert der Schweiz explizit Ausnahmen vom europäischen Entsenderecht, wie beispielsweise eine Voranmeldefrist von vier Arbeitstagen. Zudem kann die Schweiz bei Bedarf auch in Zukunft neue flankierende Massnahmen zum Schutz des Lohnniveaus einführen, solange diese verhältnismässig und diskriminierungsfrei sind. Wichtig ist, dass die EU der Schweiz Ausnahmen zugesteht, welche andere Teilnehmer am Binnenmarkt nicht haben (Voranmeldefrist usw.).
Bei den FlaM sind die Relationen zu beachten: Erstens haben alle empirischen Studien bisher nur geringe Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf das Lohnniveau gemessen. Ausserdem stiegen zwischen 2002 und 2016 die Löhne von Arbeitnehmern mit tiefem Ausbildungsniveau und entsprechend tiefen Löhnen mit jährlich 0,9 Prozent am stärksten von allen Lohnsegmenten. Zweitens leisten Kurzaufenthalter gemäss Berechnungen von Avenir Suisse ein Arbeitsvolumen, welches im Schnitt gerade einmal 0,7 Prozent der hiesigen Gesamtbeschäftigung entspricht. Dieses Arbeitsvolumen führt somit nicht zu einem Lohndruck. Mittelfristig werden die Löhne in der Schweiz gesamthaft von der Arbeitsproduktivität und nicht von den FlaM bestimmt.
Pluspunkt 6: Kündigung des Abkommens
Wird das InstA durch eine der beiden Parteien gekündigt, tritt es nach sechs Monaten ausser Kraft – zusammen mit allen seit seinem Abschluss vereinbarten Marktzugangsabkommen. Für die bereits bestehenden Marktzugangsabkommen der Bilateralen I ist in diesem Fall ein dreimonatiger Konsultationsprozess vorgesehen, um eine Lösung für deren Fortbestand zu finden. Gelingt dies nicht, würden auch diese nach einer Frist von sechs Monaten ausser Kraft gesetzt.
Die Verknüpfung der Marktzugangsabkommen mit dem InstA und deren automatische Kündigung, sollte das InstA wegfallen, stellt materiell keine Verschlechterung gegenüber dem heutigen Status quo dar. Zuerst gilt es festzuhalten, dass beide Parteien internationale Abkommen auch ohne Grund jederzeit im Rahmen der darin festgeschriebenen Prozeduren kündigen können. Ohne InstA ist bislang im Konfliktfall nur eine politische Einigung über Verhandlungen zwischen den Parteien möglich. Gelingt diese nicht, besteht nur die Möglichkeit einer Kündigung des gesamten Abkommens. Die Streitschlichtung ändert die Situation grundlegend: Nun kann eine Streitfrage einem unabhängigen Schiedsgericht vorgelegt werden. Selbst wenn eine der Parteien den Schlichtungsentscheid nicht akzeptieren sollte, kann die Gegenpartei nur «verhältnismässige» Ausgleichsmassnahmen ergreifen. Diese können im Maximum bis zur Suspendierung (Abkommen bleibt bestehen, wird aber bis zur Behebung des Missstands nicht angewendet) einzelner Abkommen gehen. Die Kündigung eines Abkommens ist keine verhältnismässige Ausgleichsmassnahme.
Damit erhöht das InstA die Rechtssicherheit auch bezüglich des Fortbestehens der bilateralen Abkommen. Nicht unter die Kündigungsklausel fällt das FHA72, da es zurzeit nicht Teil des InstA ist. Ob dies bei einer Modernisierung des Abkommens der Fall sein wird, wird Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU sein.

Bereiche mit Klärungsbedarf
Unionsbürgerrichtlinie
Obwohl die Unionsbürgerrichtlinie (EUBR) vom InstA mit keinem Wort erwähnt wird, ist sie politisch umstritten. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des FZA 1999 existierte das Konzept der Unionsbürgerschaft bereits, wurde aber nicht übernommen. Tatsächlich enthält Anhang 1 des FZA gewisse Vorgängerrichtlinien, die durch die EUBR ersetzt worden sind. Es ist demnach davon auszugehen, dass Teile der EUBR von der Pflicht der dynamischen Rechtsübernahme erfasst sind, andere nicht. In den künftigen Verhandlungen wird es wichtig sein, die binnenmarktrelevanten Vorschriften, die von der Schweiz übernommen werden müssen, klar von denjenigen abzugrenzen, die darüber hinausgehen und somit von der Schweiz nicht übernommen werden müssen.
Wie im dossierpolitik #01/19 ausführlich dargelegt, werden die Auswirkungen einer teilweisen Übernahme der EUBR auf das bestehende Schweizer Recht überschätzt. Die Rechte von Unionsbürgern entsprechen in den ersten fünf Jahren des Aufenthalts bereits heute dem FZA. Nach fünf Jahren haben EU-Bürger von 15 EUMitgliedstaaten, darunter alle unsere Nachbarländer, schon heute ein Recht auf Niederlassung. Eine Einwanderung in die Sozialsysteme wird auch durch die Rechtsprechung des EuGH verhindert. Ob die Übernahme der EUBR allenfalls zu einer Erschwerung der Ausweisung krimineller Unionsbürger aus der Schweiz führen könnte, kann derzeit nicht abschliessend beurteilt werden. Erste Entscheide des Bundesgerichts lassen aber vermuten, dass die heutige Schweizer Praxis wohl im Rahmen des durch die EUBR den EU-Mitgliedstaaten zugestandenen Ermessensspielraums liegt.
Sozialversicherungen: Vorteil InstA
Ebenfalls zu Diskussionen Anlass gibt die innenpolitisch umstrittene Frage, ob die dynamische Anpassung der Koordination der Sozialversicherungen im Rahmen des InstA für die Schweiz problematisch ist oder nicht. Die Analyse zeigt, dass die Schweiz mit einem InstA bessergestellt ist als ohne: Unabhängig davon, ob nun ein InstA vereinbart wird oder nicht, wird die EU in Zukunft von der Schweiz verlangen, die revidierte Verordnung zur Koordination der Sozialversicherungen in das FZA aufzunehmen, sobald die Revision in der EU verabschiedet worden ist. Das war auch bei früheren Änderungen der Fall. Falls die Revision in der EU vor dem Ende der Legislatur im April 2019 erfolgreich abgeschlossen werden kann, wird die neue Kommission die Verhandlungen mit der Schweiz zur Übernahme in das FZA frühestens 2020 beginnen können. Das InstA setzt einen klaren Rahmen, in welchem die Übernahme erfolgen soll und gibt der Schweiz die Möglichkeit, allfällige überzogene Forderungen der EU vom paritätischen Schiedsgericht klären zu lassen. Sollte es der EU nicht gelingen, die Revision der Koordination der Sozialsysteme vor Ende dieser Legislatur zu verabschieden, muss sie damit in der neuen Legislatur ab 2020 von vorne beginnen. Sollten sich die Schweiz und die EU über die Modalitäten zur Übernahme der revidierten Verordnung in das FZA nicht einigen können, müssten im Falle eines InstA die Ausgleichsmassnahmen der EU verhältnismässig sein und könnten allenfalls dem Schiedsgericht zur Beurteilung vorgelegt werden. Ohne InstA wären weiterhin unverhältnismässige Vergeltungsmassnahmen in sachfremden Bereichen möglich.
Was bedeutet eigentlich Integration in den europäischen Binnenmarkt?
Integration in den EU-Binnenmarkt bedeutet gleiche gesetzliche Rahmenbedingungen für europäische und nicht europäische Marktteilnehmer und damit einen freien Zugang der Unternehmen zu den Binnenmärkten der EU und des Vertragsstaats. Davon können Firmen und Einzelpersonen profitieren. Voraussetzung für die Integration sind gleiche Rechtsvorschriften in der EU wie im Land der nicht europäischen Marktteilnehmer. Ein Freihandelsabkommen harmonisiert die Rechtsvorschriften nicht, weshalb damit zwar Marktzugangserleichterungen, nie aber ein freier Marktzugang erreicht werden kann. Ein fiktives Beispiel zeigt auf, wie unterschiedliche Niveaus von Marktzugang eine Firma betreffen: Die Schweizer Firma Heiditech stellt hochwertige Laserschneidewerkzeuge her. Sie exportiert diese Laser in das Land A und in die EU. Mit Land A und der EU hat die Schweiz jeweils ein Freihandelsabkommen abgeschlossen, mit der EU zusätzlich ein bilaterales Marktzugangsabkommen, das eine Rechtsharmonisierung erfordert. Beim Export nach Land A und in die EU zahlt Heiditech wegen des Freihandelsabkommens keine Zölle. Für Land A muss Heiditech mit zusätzlichen Kosten eine andere Variante ihres Lasers herstellen, um den dortigen rechtlichen Vorschriften zu entsprechen. Sie haben ferner einen Vertreter in Land A, der für die Vermarktung der Produkte zuständig ist, gegenüber den Behörden von Land A die Verantwortung für die Einhaltung der nationalen Vorschriften trägt und dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden kann. Auch das kostet. Die Heiditech- Laser müssen in der Schweiz eine Konformitätsprüfung bestehen. In Land A muss Heiditech ihre Laser ein zweites Mal prüfen lassen. Dieser zusätzliche Aufwand macht die Laser in Land A 0,5 bis 1,0 Prozent teurer und Heiditech kann weniger exportieren.
Im Gegensatz dazu akzeptiert die EU wegen der Rechtsharmonisierung die Schweizer Konformitätsprüfung und Heiditech kann ihre Laser ohne weitere Kontrollen exportieren. Heiditech hat weniger zusätzliche Kosten durch den Export, kann die Laser in der EU zu attraktiveren Preisen verkaufen und ist den europäischen Konkurrenten gleichgestellt. Der unterschiedliche Marktzugang der Schweizer Firmen in Land A und der EU beeinflusst direkt, wie viel sie in diesen Märkten verkaufen können. Der durchschnittliche Nutzen der Beseitigung der technischen Handelshemmnisse beläuft sich auf fast zwei Milliarden Franken jährlich.
Vom freien Marktzugang profitieren auch Lokführerin Stefanie und Lastwagenfahrer Walter. Das Landverkehrsabkommen öffnet den Strassen- und Schienenverkehrsmarkt der EU für Schweizer Firmen und umgekehrt. Dazu werden die technischen Vorschriften bezüglich Fahrzeuge und beruflichen Zulassungsnormen harmonisiert. Dadurch kann die Lokführerin Stefanie mit einem Schweizer Zug in Italien fahren und ihre Zugpassagiere müssen in Chiasso nicht in einen italienischen Zug mit italienischem Lokführer umsteigen, sondern können bis nach Venedig sitzen bleiben. Die Berufszulassung von Lastwagenfahrer Walter gilt, dank dem Landverkehrsabkommen, auch in Deutschland. Auch der Fahrtenschreiber ist aufgrund der Harmonisierung derselbe. Deshalb darf er die Laser von Heiditech bis nach Stuttgart liefern und muss sie nicht an der Grenze einem deutschen Kollegen übergeben. Das Landverkehrsabkommen hat einen geschätzten jährlichen Wert von rund 500 Millionen Franken.

Steht die Schweiz in Zukunft mit InstA besser oder schlechter da?
In ihrer Analyse kommt economiesuisse zum Schluss, dass die Schweiz in Zukunft mit einem InstA bessergestellt sein wird als ohne.
Was wird ohne InstA schlechter?
Ohne ein InstA muss damit gerechnet werden, dass die EU in Zukunft mit der Schweiz keine neuen Marktzugangsabkommen mehr abschliessen wird. Auch die bestehenden Abkommen werden nicht mehr modernisiert oder angepasst. Bereits heute sind aufgrund einer internen Weisung der EU-Kommission laufende Gespräche oder Verhandlungen mit der Schweiz sistiert oder verzögert, bis ein befriedigendes Ergebnis für das Rahmenabkommen gefunden wird. Unmittelbare Folgen wären zum Beispiel:
- Keine Verlängerung der Anerkennung der Börsenäquivalenz über den 30. Juni 2019 hinaus.
- Keine Anpassungen des Abkommens über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA). Damit könnten sich die Zulassungsbedingungen für viele Schweizer Produkte in der EU in kurzer Zeit verschlechtern.
- Keine rechtzeitige Teilnahme der Schweiz am europäischen Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe.
- Weiterhin keine Ausnahme von EU-Schutzmassnahmen im Kontext internationaler Handelsstreitigkeiten.
- Erhöhtes Risiko für die Nichtanerkennung der Datenschutzäquivalenz.
Innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre wäre deshalb mit einem nachhaltigen Verlust des Marktzugangs für Schweizer Unternehmen zu rechnen.
Nachverhandlungen unwahrscheinlich
Die Kommission hat am 17. Dezember 2018 klargemacht, dass nach vier Jahren Verhandlungen der nun vorliegende Text aus ihrer Sicht nicht mehr nachverhandelt werden kann. Allenfalls sind Klarstellungen zu einzelnen Fragen möglich. Dieselbe Position vertritt die EU übrigens auch gegenüber Grossbritannien mit Blick auf das ausgehandelte Austrittsabkommen.
Können die Verhandlungen bzw. ein Abschluss des Abkommens sistiert werden?
Die Verhandlungen zu sistieren und nach den eidgenössischen Wahlen 2020 erneut aufzunehmen, ist ebenfalls keine valable Option. In der EU wird im Mai 2019 das Parlament und bis Ende 2019 eine neue Kommission neu gewählt. Die neue Kommission müsste für Verhandlungen mit der Schweiz ein neues Mandat einholen. Die Verhandlungen müssten zudem wieder von vorne beginnen. Ausserdem ist unsicher, ob eine neue Kommission noch gewillt ist, den bilateralen Weg mit der Schweiz weiterzugehen, nachdem die Juncker-Kommission während ihrer gesamten Legislatur mit der Schweiz keine Einigung erzielen konnte. Es besteht dann die Gefahr, dass die EU diesen Weg verlässt und die bestehenden bilateralen Abkommen zwar nicht kündigt, aber auch nicht mehr nachführt. Dies führt unweigerlich zu einem raschen Verlust des Marktzugangs für Schweizer Unternehmen, bis der Druck auf die Schweiz so gross ist, dass sie sich innenpolitisch mit den noch zur Verfügung stehenden Alternativen befassen muss (Beziehungen auf der Basis eines umfassenden Freihandelsabkommens, Zollunion, EWR- oder EU-Beitritt).
Es gibt somit keinerlei Hinweise, dass in ein, zwei Jahren mit «besserem Wetter» zu rechnen ist. Vielmehr sind in den letzten Jahren vonseiten der EU eine Verschlechterung der Tonalität und eine zunehmende Ungeduld gegenüber der Schweiz festzustellen.
Die heiklen Themen bleiben auch ohne ein InstA bestehen
Die innenpolitisch heiklen Themen im bilateralen Verhältnis mit der EU werden auch ohne InstA fortbestehen: Weder die FlaM, noch die Forderung nach der Aufnahme von Teilen der EUBR, noch die Erwartung einer Übernahme der revidierten Verordnung zur Koordination der Sozialversicherungen 883/2004 durch die Schweiz werden bei einer Ablehnung des InstA vom Tisch sein. Die EU wird weiterhin auf ihren Forderungen bestehen. Allerdings müsste die EU ihre Forderungen bei einem InstA im Rahmen der dort festgelegten, juristischen Leitplanken vorbringen. Falls man sich nicht einigen könnte, müssten die Gegenmassnahmen der EU sachbezogen und verhältnismässig sein. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Schweiz in diesen Themen mit dem InstA (vgl. Pluspunkte) eine vergleichsweise bessere Verhandlungsposition hätte als ohne.
Alternative Beziehungsmodelle Schweiz-EU: Gibt es einen Plan B?
Zunächst ist festzustellen, dass der bilaterale Weg bereits den Plan B darstellt, nachdem die Schweiz den EWR-Beitritt 1992 abgelehnt hatte.
Alternative Beziehungsmodelle zwischen der Schweiz und der EU müssen gegenüber dem bilateralen Weg anhand von einheitlichen Kriterien bewertet werden. Für die Schweizer Wirtschaft essenziell sind hierbei die folgenden Bewertungskriterien:
- Ein optimaler Zugang zum EU-Binnenmarkt (Marktzugang)
- Die Bewahrung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit
- Die Souveränität der Schweiz, ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weitgehend selbst zu bestimmen
- Rechtssicherheit, das heisst ein klarer, beständiger und langfristig vorhersehbarer Rechtsrahmen
Diese Kriterien widersprechen sich teilweise, weshalb ein optimales Gleichgewicht angestrebt werden muss. Werden diese vier Bewertungskriterien auf alle möglichen Beziehungsmodelle angewendet und mit dem bilateralen Weg inklusive InstA verglichen, ergibt sich folgendes Bild:
Eine EU-Mitgliedschaft würde den vollen, diskriminierungsfreien Zugang in allen Bereichen des EU-Binnenmarkts ermöglichen. Damit müsste aber mit einem starken Regulierungsschub und einem Verlust an internationaler Wettbewerbsfähigkeit gerechnet werden. Zwar könnte die Schweiz bei der Regulierung mitreden und mitentscheiden, müsste aber Kompetenzen in verschiedenen Bereichen wie Wirtschaft, Aussenbeziehungen, Zoll oder Justizzusammenarbeit an die EU abgeben. Dies würde zu einem Souveränitätsverlust führen. Die Rechtssicherheit würde hingegen erhöht, weil in wichtigen Bereichen gleiche Rechtsgrundlagen zum wichtigsten Handelspartner geschaffen würden. Diese Option ist zurzeit innenpolitisch chancenlos.
Ein Beitritt zum EWR würde den vollen, diskriminierungsfreien Zugang in allen Bereichen des EU-Binnenmarkts ermöglichen. Ein solcher Schritt würde zwar zu einem starken Liberalisierungsschub im Infrastrukturbereich (z.B. öffentlicher Verkehr, Energieversorgung, elektronische Kommunikation) führen, was die Wettbewerbsfähigkeit erhöhen würde. Andererseits würde die umfassende Übernahme des EU-Acquis zu einem Regulierungsschub führen, der tendenziell Nachteile im internationalen Wettbewerb bewirkt. Mit einer Übernahme des EU-Acquis ohne Mitentscheidungsbefugnisse würde die Souveränität zudem abnehmen. Ein EWR-Beitritt würde für Unternehmen Rechtssicherheit schaffen durch gleiche Rechtsgrundlagen für Binnenmarktfragen. Er hätte hingegen keine Auswirkungen auf den internationalen Marktzugang. Diese Option ist innenpolitisch zurzeit nicht Erfolg versprechend.
Eine Zollunion würde den Marktzugang für Schweizer Produkte nicht verbessern. Da Industrieprodukte mit Ursprung im Gebiet der beiden Vertragsparteien aufgrund des FHA72 bereits heute zollfrei gehandelt werden, könnte eine Zollunion die Zölle höchstens im Bereich der Landwirtschaft reduzieren, und das wäre innenpolitisch äusserst schwer durchsetzbar. Der administrative Aufwand konnte dank dem bilateralen Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit auf ein Minimum reduziert werden. Ohne harmonisierte Regeln für Industrie- und Konsumprodukte, wie mit dem MRA, würde der Marktzugang für Schweizer Unternehmen sogar empfindlich verschlechtert. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit würde sich gegenüber dem bilateralen Weg nicht verbessern, weil die EU kein Freihandelsabkommen mit China hat und es nicht sicher ist, ob die Handelspartner der EU gegenüber der Schweiz dieselben Handelserleichterungen gewähren würden. Die Schweiz würde Souveränität in ihren Beziehungen zu Drittstaaten abgeben. Sie müsste die Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten gegen sich gelten lassen ohne Garantie, dass sie Gegenrecht erhielte. Damit Handelspartner der EU eine Gleichbehandlung der Schweiz in Erwägung ziehen würden, müsste die Schweiz ihre Landwirtschaft entsprechend der EU liberalisieren. Die Interessen der Schweizer Aussenwirtschaft würden von der EU nicht immer berücksichtigt. Zudem würde es keine Verbesserung der Rechtssicherheit geben.
Ein umfassendes Freihandelsabkommen geht von Marktzugangserleichterungen aus, die ohne Übernahme von EU-Recht und ohne vertraglich vereinbarte und überwachte Äquivalenz von Vorschriften realisierbar sind. Das würde einen massiven Verlust des Marktzugangs im Vergleich zum bilateralen Weg bedeuten, mit dem Schweizer Unternehmen in den vereinbarten Bereichen der uneingeschränkte Zugang in den EU-Binnenmarkt und eine Gleichbehandlung wie den EU-Mitbewerbern zugestanden wird. Im Exportbereich müsste die Schweiz ihre Produkte regulatorisch den wichtigsten Absatzmärkten anpassen. Diesem «autonomen Nachvollzug» steht aber keine Gleichbehandlung der Schweizer Produzenten durch die EU gegenüber wie bei den bilateralen Marktzugangsabkommen. Der Verlust des privilegierten Zugangs zum EU-Binnenmarkt müsste durch mehr Freihandelsabkommen mit Drittländern kompensiert werden. Dafür müssten Bereiche wie Landwirtschaft oder Infrastrukturen liberalisiert werden. Auch die EU dürfte in einem Freihandelsabkommen von der Schweiz massive Liberalisierungen im Bereich der Landwirtschaft verlangen. Ein umfassendes Freihandelsabkommen würde gegenüber dem bilateralen Weg weder bei der Souveränität noch bei der Rechtssicherheit zu einer Verbesserung führen.
Fazit: Keines der alternativen Beziehungsmodelle erweist sich als eine gleichwertige Alternative zum bilateralen Weg mit dem InstA. Dieser stellt ja eigentlich den Plan B zum 1992 abgelehnten EWR dar.
Grafik 1


InstA: Ein guter Deal für die Schweiz – weitere Klärungen sind aber notwendig
Das InstA ist für die Schweiz ein gutes Abkommen: Die Interessen der Schweizer Wirtschaft werden gewahrt, die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU haben wieder eine stabile Grundlage und ein Abschluss weiterer Marktzugangsabkommen und eine Zusammenarbeit in weiteren Bereichen sind wieder möglich.
Ohne die erwähnten Klarstellungen und befriedigende Antworten bezüglich des Umfangs der dynamischen Übernahme, der Auswirkungen des Beihilferechts auf die föderalen Strukturen der Schweiz sowie des Entsenderechts auf die Sozialpartnerschaft wird es allerdings nicht möglich sein, die notwendige politische Unterstützung für eine Annahme des InstA in der Schweiz zu erhalten.
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