# 6 / 2016
06.07.2016

Raum für Bevölkerung und Wirtschaft nutzen

Nutzung der dritten Dimension

Wachstum in die Höhe und die Tiefe

Flexible, effiziente und gleichzeitig langfristig tragbare Lösungen für den zukünftigen Raumbedarf von Arbeiten, Wohnen und Mobilität müssen die dritte Dimension des Raums berücksichtigen. Dabei bieten höhere Gebäude Potenzial. Doch es braucht passende Lösungen mit hoher Qualität für Bewohnerinnen und Bewohner und das Quartier. So lässt sich das Wachstum in der Breite effektiv reduzieren und erfolgreich in die Höhe und unter die Erde bringen.

In der Nextsuisse-Umfrage konnten die Teilnehmenden auswählen, ob sie lieber mehr Einfamilien-, Dreifamilien-, Doppel-, Mehrfamilien- oder Hochhäuser in ihrem Postleitzahlgebiet haben wollen. In vielen Regionen lag das Einfamilienhaus vorn, doch das Hochhaus ist bereits ähnlich breit akzeptiert.

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Für die Hälfte der Teilnehmenden, die ein höheres Bevölkerungswachstum gewählt haben, sind auch Hochhäuser kein Problem. Dort wo mehr Menschen bereits wohnen oder hinziehen möchten, ist die konzentrierte bauliche Entwicklung in die Höhe akzeptiert.

Akzeptanz von Hochhäusern und Wachstumsszenario

Nextsuisse 2015

Genügend Reserven für Bevölkerungswachstum

Dass sich an höheren Bauten trotzdem oft die Geister scheiden, zeigt der Vergleich mit der Wahl der Wachstumsszenarien. Die Ablehnung bei den Teilnehmenden, die ein tiefes oder mittleres Bevölkerungswachstum für ihr Szenario gewählt haben, ist deutlich. Nur Hochhäuser zu bauen reichte den Teilnehmenden von Nextsuisse aber nicht. Sie haben sich im selbst gestalteten Szenario auch für mehr Kindertagesstätten und Ausgehmöglichkeiten ausgesprochen.

Nicht nur Hochhäuser können zum sparsamen Umgang mit dem Boden beitragen: 2012 haben die ETH und das Bundesamt für Raumentwicklung eine Berechnung für das Potenzial der Reserven in den heute schon bestehenden Siedlungen vorgenommen (graue Fläche). Dieses Potenzial setzt sich zusammen aus:

  • Bauzonen, die noch nicht überbaut sind
  • Flächen, die bereits bebaut sind, aber noch besser genutzt werden können
  • Gebäude, wo noch Möglichkeiten für weitere Geschosse bestehen

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Studien von Bund und ETH zeigen: Die Reserven im vorhandenen Siedlungsgebiet reichen für das Referenz-Bevölkerungsszenario bis 2045.

Reserven in den Siedlungen

ETH ARE 2012, «Schweizweite Abschätzung der inneren Nutzungsreserven», Seite 2

Zusätzlich sind die sogenannten Aussenreserven berechnet worden, also Siedlungsflächen, die man heute schon nützen könnte, die aber nicht optimal liegen. Ergebnis: Selbst ohne Berücksichtigung der Aussenreserven hat es heute in der Schweiz Platz für 650’000 bis 1,9 Millionen zusätzliche Einwohner. Mit Aussenreserven wären es sogar bis zu 2,8 Millionen Einwohner. 

Grafik 6

Für die Weiterentwicklung der Wohnorte spielt die Bereitschaft für die Veränderung der vorhandenen Gebäude eine wichtige Rolle. Die Analyse der Nextsuisse-Daten separat nach Raumtypen zeigt, dass die Befürworter von Gebäudeumbauten in Agglomerationsgemeinden und Mittelzentren wohnen. Gleichzeitig wünschen sie sich kaum Hochhäuser.

Akzeptanz für Gebäudeumbauten

Nextsuisse 2015

Schutzanliegen als grosse Herausforderung

Neben der Akzeptanz gibt es auch planerische und regulatorische Hindernisse bei der effizienteren Nutzung des Siedlungsgebiets. Zwar gibt das nationale Raumplanungsgesetz die Siedlungsentwicklung nach innen als Ziel vor, demgegenüber aber stehen andere nationale Vorschriften wie beispielsweise zum Immissionsschutz oder dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung.

Wenn gemäss Presseberichten 80 Prozent der Stadt Zürich als «schützenswertes Ortsbild» qualifiziert würden, wäre eine weitere Entwicklung im heute überbauten Raum illusorisch. Daher muss eine volle Interessenabwägung mit Einbezug der Wirtschaft frühzeitig erfolgen. Die zahlreichen und teils sich kumulierenden Regelungen von Schutzanliegen zum Bauen im Siedlungsgebiet erschweren die raumplanerische Abwägung. So wird manche sinnvolle Weiterentwicklung verunmöglicht. 

Verkehrsflächen überbauen

Visualisierung Schnittperspektive (Bild: agps architecture, rotzler krebs partner, raumgleiter gmbh)

Ein weiteres oft brachliegendes Potenzial sind die versiegelten Flächen für den Verkehr. Diese können doppelt genutzt werden, wenn sie überbaut werden. Das schafft den nötigen Raum für Arbeitsflächen sowie Wohnen und auch Erholung im Siedlungsgebiet. Die Wirtschaft fordert dafür die Bereitschaft der Infrastruktureigentümer und -betreiber sowie allgemein Planungs- und Genehmigungsverfahren, die es ermöglichen, Projekte in einem absehbaren Zeitraum auch umzusetzen.

Interessenabwägung zentral

Um die Chancen aus der Nutzung der dritten Dimension nutzen zu können, sind die transparente und situationsbezogene Analyse und die Abwägung der Interessen in der Planung zu stärken. Nur so können alle Bedürfnisse – von Bevölkerung und Wirtschaft -– berücksichtigt und passende Lösungen mit hoher Qualität gefunden werden.