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Gut geführte öffentliche Schulen für eine gute Bildung

27.08.2020

Auf einen Blick

Öffentliche Schulen und Privatunternehmen sind auf den ersten Blick nicht miteinander zu vergleichen. Und doch gibt es, wenn es um Führungsaufgaben geht, viele Parallelen. Wird die Schule als eine Organisation von Experten – den Lehrkräften – betrachtet, lassen sich entsprechende Grundsätze für ihre Führung aus Praxiserfahrungen in der Wirtschaft und der Managementforschung ableiten.

Das Wichtigste in Kürze

Öffentliche Schulen sind keine gewinnorientierten Unternehmen, doch punkto Führungsaufgaben gibt es etliche Berührungspunkte. Aus Managementsicht können Schulen als Expertenorganisationen betrachtet werden: Die Lehrkräfte benötigen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe einen hohen Grad an Entscheidungsfreiheit. Schulleitungen sollten deshalb einen teamorientierten, kooperativen Führungsstil pflegen – allerdings mit klaren Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnissen. Aber auch jede einzelne Schule braucht ein Mindestmass an Autonomie, um ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Diese komplexe Ausgangslage erfordert eine konsequente Entflechtung von strategischer und operativer Führung im Schulbereich, die leider noch nicht überall in der Schweiz konsequent umgesetzt wurde. Dieses dossierpolitik zeigt auf, welche Lehren aus der Privatwirtschaft und der Forschung sinnvollerweise auf die Leitung von öffentlichen Schulen in der Schweiz übertragen werden können.

Position economiesuisse

-    Öffentliche Schulen sind Expertenorganisationen. Die Lehrpersonen sind alle Experten auf ihrem Gebiet des Unterrichtens. 
-    Bei der Führung von Expertenorganisationen gelten einige spezielle Führungsgrundsätze. Experten brauchen auch Freiheiten. 
-    Eine gute Führung ist essenziell für eine hohe Unterrichtsqualität. 
-    Viele Schulleitungen verfügen über ungeeignete Strukturen. Schulleitungen benötigen mehr Autonomie, ein Globalbudget und klare Entscheidkompetenzen.  
-    Die strategische Führung, die in der Hand der politischen Exekutive (Schulpflege oder ähnliche Bezeichnung) liegen soll, ist klar von der operativen Führung der Schulleitung zu trennen. 
-    Professionelle Schulleitung ist Teamwork. Die Schulleitung sollte aus einem Team bestehen und die Lehrpersonen kooperativ einbeziehen.

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1. Einleitung

Eine öffentliche Schule und ein privatwirtschaftliches Unternehmen sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe – deshalb kann man die Führung einer Firma und einer Schule nicht miteinander vergleichen. Diese Behauptung wurde schon oft geäussert. Doch stimmt sie auch wirklich? 

Beginnen wir mit einem wesentlichen Unterschied. Schülerinnen und Schüler und die Eltern sind keine freiwilligen Kunden einer öffentlichen Schule. In der Schweiz muss man meist umziehen, um die Kinder auf eine andere Schule schicken zu können. Nur ein kleiner Teil der Eltern kann oder will sich eine private Schule leisten, oder dann ist diese zu weit vom Wohnort entfernt. Der grosse Teil der Bevölkerung muss zwangsweise die lokale öffentliche Schule besuchen. Die Kunden von privaten Unternehmen kaufen die Produkte oder Dienstleistungen hingegen freiwillig, denn die Konkurrenz bietet Alternativen an, auf die man ausweichen kann.

Doch das Fokussieren auf solche Unterschiede ist wenig fruchtbar. Viel wichtiger ist die Feststellung, dass es wichtige Gemeinsamkeiten gibt, die es erlauben, gerade in Bezug auf Führungsfragen voneinander zu lernen. Die wichtigste Gemeinsamkeit ist, dass viele Unternehmen wie Schulen eigentliche Expertenorganisationen sind. Die Mitarbeitenden sind Spezialisten auf ihrem Gebiet. Während in der Schule die Lehrerinnen und Lehrer Experten im Unterrichten sind, sind in der Privatwirtschaft Ingenieure die Experten in Ingenieurbüros, Berater sind Experten in Beratungsunternehmen oder Ärzte sind Experten in einem Spital. Das Gleiche gilt für viele NGO. 

Deshalb lohnt es sich, über den Tellerrand zu schauen: Welche Parallelen zwischen Schulen und Expertenorganisationen in der Privatwirtschaft gibt es, und wie können die beiden Seiten voneinander lernen? Im Projekt «Leaders in Exchange» werden genau diese Fragen angegangen: Führungspersonen aus Schulen und der Privatwirtschaft sollen sich austauschen und voneinander lernen.

«Leaders in Exchange»: Seitenwechsel mal anders!

Wie lassen sich Bildung und Wirtschaft enger verzahnen, um so gemeinsam die Zukunft zu gestalten? Das Angebot «Leaders in Exchange» bringt Manager aus Unternehmen und Schulleitungen in Tandems zusammen, um sich über Führungsfragen und die Weiterentwicklung der eigenen Organisation auszutauschen und voneinander zu lernen. Wie funktioniert Führung in beiden Systemen? Was sind die jeweiligen Herausforderungen, und wie muss sich Führung zukünftig verändern? «Es war eine der besten und spannendsten Erfahrungen, die ich gemacht habe! Besonders interessant waren für mich die neuen Insights in die Welt der Schule und die anspruchsvolle Aufgabe einer Schulleitung», so Alain Gut, IBM-Manager und Teilnehmer des Pilotprojekts. Das Angebot wird im 2020 vom Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Zürich (VSLZH) in Kooperation mit economiesuisse und der Pädagogischen Hochschule Zürich durchgeführt. Weitere Infos und Anmeldung unter: http://vslzh.ch/kurse/angebot-leaders-in-exchange/

economiesuisse formuliert in diesem dossierpolitik einige Hypothesen zu einer guten Führung öffentlicher Schulen. Diese basieren auf Erfahrungen in Expertenorganisationen der Privatwirtschaft und sollen während des Projekts «Leaders in Exchange» mit den Schulleitenden diskutiert und überprüft werden. 

Wie in privatwirtschaftlichen Expertenorganisationen ist auch in der Schule gute Führung wichtig. Die Mitarbeitenden sollen sich bei der Arbeit besser entfalten können, produktiv und kreativ sein. Dazu brauchen sie aber ein effizientes und inspirierendes Arbeitsumfeld, in dem sie gefördert werden und sich wohlfühlen. In den Schulen bedeutet dies, dass es in der Verantwortung der Schulleitungen liegt, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Lehrpersonen einen guten Unterricht bieten können und die Schülerinnen und Schüler ein gutes Lernumfeld vorfinden. Schliesslich soll das Handeln der Schulen auf eine möglichst hohe Qualität des Unterrichts ausgerichtet werden. Ihr Führungseinfluss wirkt sich unter anderem auf die Motivation der Lehrpersonen und dadurch auf die Qualität des Unterrichts aus.  

Dies ist eine bemerkenswerte Entwicklung. In den 1990er-Jahren hat in den Schweizer Schulen ein Professionalisierungsprozess begonnen, der weiterhin andauert. Zuvor waren Schulleitende Lehrpersonen, die sich als Primus inter pares mit einigen Leitungsaufgaben befassten. Heute sind sie oftmals speziell ausgebildete Leitungspersonen, die zuvor meistens Lehrpersonen waren. Diese neuen Strukturen scheinen sich etabliert zu haben und den Lehrpersonen wirkungsvolle Unterstützung zu geben. Dies war 2009 noch nicht der Fall. Damals wurde in einer Umfrage des LCH die geleitete Schule noch überwiegend als Belastung empfunden. 

In diesem dossierpolitik werden zuerst die Rahmenbedingungen in den Kantonen dargelegt und gezeigt, welche Führungsmodelle die Kantone anwenden. Danach werden im Abschnitt 3 die wichtigsten Erkenntnisse aus der Literatur zu den Grundsätzen der Führung in Expertenorganisationen kurz präsentiert. Darauf aufbauend werden im Abschnitt 4 Empfehlungen für eine gute Führung an öffentlichen Schulen der obligatorischen Schulzeit abgeleitet. 

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2. Ist-Analyse der Situation in den Kantonen

Die obligatorische Schule liegt in der Verantwortung der Kantone und der Gemeinden. Dementsprechend gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Schulführungsmodelle. In der Literatur wird oft von der sogenannten «Führungstrias» (Bonhage und Schwitter Marsiaj, 2019) gesprochen. Diese besteht aus einer Schulbehörde (Schulkommission, Schulrat, Schulpflege, oder ähnliche Bezeichnung) als politische Exekutivkraft, aus der Schulleitung als betriebliche Exekutivkraft und aus der kantonalen bzw. kommunalen Verwaltung. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen setzen der Führungsstruktur in den Schulen meist enge Grenzen. 

Jeder Kanton regelt die Aufteilung der strategischen und operativen Führung selbst, wobei der Rahmen zumeist im Volksschulgesetz des jeweiligen Kantons vorgegeben ist. Im Folgenden wird ein kurzer, deskriptiver Überblick über die derzeit in der Schweiz angewendeten Modelle gegeben. Um eine allgemeine Übersicht zur strategisch-politischen und operativ-administrativen Führung geben zu können, wird auf die Erwähnung spezifischer Details verzichtet. 

Die Schulführungsmodelle der einzelnen Kantone lassen sich grob in drei Kategorien unterteilen: 

  • :  Politisch-strategische Führung der Schule durch ein vom Volk gewähltes, ausschliesslich mit Schulfragen betrautes Gremium, operative Führung durch die Schulleitung.
  • Gemeinderat: Politisch-strategische Führung der Schule durch den Gemeinderat und ausgeweitete Kompetenzen für die Schulleitung.
  • Delegation: Die Gemeinde kann autonom entscheiden, ob sie eine Schulpflege einsetzt und welche Kompetenzen sie ihr zuweist.

Das erstgenannte Führungsmodell mit einer Schulpflege, welche die politisch-strategische Führung übernimmt, ist am häufigsten anzutreffen. Dabei wird vom Volk eine Schulpflege gewählt, die aus Laien besteht. Die Schulpflege ist für die Strategie der Schule verantwortlich. Sie gibt den Rahmen für deren Schulprogramm vor und genehmigt dieses. Sie rekrutiert und entlässt die Schulleitung und das Lehrpersonal. Oftmals ist die Schulpflege auch für die Zuteilung der finanziellen Mittel und die Kontrolle über deren Verwendung zuständig. Sie ist die Schnittstelle zur Öffentlichkeit und verantwortlich für die Verankerung der Schule in der Gemeinde. Vielfach ist sie zugleich Rekursinstanz.  Sie übernehmen die Administration, die Führung der Lehrerschaft und die pädagogische Führung der Schule. Sie erarbeiten zumeist das Schulprogramm gemeinsam mit der Lehrerschaft und sind die erste Rekursinstanz. Die genaue Zuteilung der Kompetenzen variiert von Kanton zu Kanton. 

Im Zuge der zunehmenden Professionalisierung der Schulleitungen wird das zweite Modell ohne Schulpflege immer beliebter. In diesem Modell werden die Kompetenzen der Schulpflege grösstenteils dem zuständigen Gemeinderat übertragen. Aufsichtsaufgaben übernimmt vielfach das kantonale Volksschulamt. Ein Teil der Kompetenzen, die im ersten Modell die Schulpflege innehat, wird mancherorts auch an die Schulleitung abgegeben. Kantone, die zu diesem Modell übergehen, begründen dies häufig dadurch, dass es in kleinen Gemeinden schwierig sei, fähige Personen für die Schulpflege zu finden. Vielfach fühlen sich die professionalisierten Schulleitungen von der Laienbehörde nicht verstanden oder nicht adäquat geführt. Einige Kantone wie zum Beispiel der Kanton Solothurn und der Kanton Basel-Stadt wenden dieses Modell an. In vielen Kantonen wird zurzeit diskutiert, ob eine Abschaffung der Schulpflege Sinn macht (z. B. Aargau, Baselland, Zürich). 

Das dritte und letzte Modell ist eine Mischform der ersten beiden. Hier schreibt der Kanton den Gemeinden kein Führungsmodell vor. Die Gemeinden können selbst entscheiden, ob sie eine Schulpflege einsetzen möchten und welche Kompetenzen diese haben soll. Die Schulpflege kann mit unterschiedlich definierten Entscheidungskompetenzen ausgestattet werden, oder auch nur eine beratende Funktion einnehmen. Beispiele dieser Form finden sich in Luzern oder Bern. 

Es gibt nicht das richtige oder das falsche Modell. In jedem der beschriebenen Modelle gibt es gute und weniger gute Beispiele der Zusammenarbeit zwischen strategischer und operativer Führung. Neben dem Modell und den regionalen Gegebenheiten spielen auch die involvierten Personen eine wichtige Rolle. Deutlich ist aber überall der Trend zu immer professionelleren Schulleitungen. Dies bringt immer häufiger die Forderung mit sich, dass auch die Schulpflegen professioneller werden müssten oder abgeschafft gehörten. In dieser Hinsicht ist die Bildungslandschaft Schweiz in einem Umbruch.  

Innerhalb der einzelnen Schulen ist zu beobachten, dass die Führungsstrukturen sehr unterschiedlich sind. Die personelle Zusammensetzung der Schulleitung, das Organigramm und die durchschnittliche Führungsspanne unterscheiden sich stark. Sie hängen in der Regel von der Schulgrösse respektive der Schülerzahl an der jeweiligen Schule ab, aber auch von den regulatorischen Anforderungen seitens der kantonalen Behörden. Eine stichprobenartige Umfrage in vier grossen Deutschschweizer Kantonen (Aargau, Basel-Stadt, Bern, Zürich) zeigt, dass die Führungsspanne in der Regel bei 25 bis 30 Personen liegt. In gewissen Schulen muss eine Schulleiterin oder ein Schulleiter bis zu 60 Lehrkräfte führen. Somit liegt die Führungsspanne deutlich über jener, welche in der wissenschaftlichen Literatur als optimal angesehen wird. Die Kantone sind sich dieses Problems aber durchaus bewusst. Auch zeigt die Umfrage, dass die Schulleitungsaufgabe im Pensenpool einer Schule typischerweise etwas weniger als eine Vollzeitstelle beansprucht. Im Kanton Bern besteht die Zusammensetzung durchschnittlich aus 0,74 Vollzeitstellen, verteilt auf 1,87 Personen. 

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3. Grundsätze der Führung in Expertenorganisationen

Bevor man über eine gute Führung öffentlicher Schulen nachzudenken beginnt, ist ein Blick über den Gartenhag angezeigt. Einerseits lohnt sich die Konsultation der einschlägigen Fachliteratur. Andererseits soll das Führen an öffentlichen Schulen mit dem Führen in vergleichbaren, ausserschulischen Organisationen verglichen werden. 

Schulen weisen zwar zurecht darauf hin, dass sie bei der Führung ihrer Organisation im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen einige Besonderheiten berücksichtigen müssen. Im Folgenden zeigen wir aber auf, dass private und öffentlich-rechtliche Expertenorganisationen auch viele Gemeinsamkeiten mit Schulen aufweisen. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu Führung in Expertenorganisationen können deshalb wertvolle Hinweise für gute Führung an Schulen liefern. Dabei geht es im Gegensatz zum vorangehenden Abschnitt nicht um Führung auf der systemischen Ebene, sondern auf persönlicher und organisatorischer Ebene.

3.1. Was sind Expertenorganisationen?

Gemäss Rybnicek et al. (2016) beschäftigen Expertenorganisationen hoch qualifizierte Expertinnen/Experten. Diese wenden ihr spezialisiertes Wissen auf wechselnde, nicht routinierte Problemstellungen an. Das ist beispielsweise in der Forschung und Entwicklung, in Beratungsunternehmen, bei Verbänden und NGO, an Hochschulen und auch . Expertenorganisationen lassen sich folgendermassen charakterisieren:

  • Qualität und Produktivität: Für die Organisation ist die Leistungsfähigkeit ihrer Expertinnen und Experten die wichtigste Ressource. Sie bestimmt die Qualität und die Produktivität des Unternehmens am stärksten. Die Arbeit der Expertinnen und Experten steht im Mittelpunkt der gesamten Organisation.
  • Individuelle Autonomie: Expertinnen und Experten besitzen genügend Freiheiten, um optimal zu arbeiten und ihre Arbeit. Expertinnen und Experten besitzen genügend Freiheiten, um optimal zu arbeiten und ihre Arbeit gemäss ihren Vorstellungen . Sie sollten über ausreichende Autonomie bei der Entscheidung über Methoden, Ressourcen und Prozesse verfügen. Auf die individuellen Ziele, Prioritäten und wie stark sich die einzelnen Personen mit dem Unternehmen identifizieren, hat die Führung wenig Einfluss.
  • Motivation: Expertinnen und Experten fühlen sich eher mit ihrem Beruf als . Deshalb ist es schwierig, sie für die Ziele der Organisation .
  • Expertise: Für Expertinnen und Experten ist die Erfahrung auf ihrem Gebiet .​ Führungskräfte müssen deshalb selbst über entsprechende . ​​Nur so kann die Akzeptanz unter den Mitarbeitenden sichergestellt werden.
  • Wissen: Wissen ist die Hauptleistung und das Kernangebot der Experten. Ein Wissensaustausch ist deshalb sehr wichtig für das individuelle und organisationale Lernen in einer Organisation. Dieser ist aber schwierig zu bewerkstelligen, da er teilweise im Widerspruch zur individuellen Autonomie steht.
  • Veränderungen: Experten wünschen keine Regeln und sind deshalb gegenüber Veränderungen häufig  Sie wollen ihrer Arbeit so nachgehen können, wie es ihnen am besten passt.

Diese Charakteristika treffen in einem hohen Mass auch auf Schulen zu, sodass diese im Grundsatz auch Expertenorganisationen sind. 

3.2. Führung in Expertenorganisationen

Aufgrund der oben genannten Merkmale benötigen Expertenorganisationen eine eigene .  Herausforderungen in Expertenorganisationen sind

  • Die Definition und das Messen der Produktivität der Experten.
  • Die Experten für die Ziele und Regelungen der Organisation zu motivieren.
  • Die Verbreitung und Nutzung des Wissens innerhalb der Organisation.

Die Führung eines Unternehmens kann in die strategische und operative Führung unterteilt werden. Die strategische Führung umfasst insbesondere die Zielsetzung für die Organisation. Die operative Führung soll das Erreichen der Ziele sicherstellen. Sie beschäftigt sich mit der organisatorischen, planerischen und personellen Führung im Tagesgeschäft einer Organisation. Dabei ist es wichtig, dass die strategische und die operative Führung sauber aufgeteilt sind . So müssen unter anderem Strukturen, Aufgaben und Kompetenzen klar definiert sein, damit die Rollen bekannt sind und keine Aufgaben doppelt oder gar nicht erledigt werden.

In Expertenorganisationen spielt Vertrauen eine grosse Rolle. Da die Tätigkeit zu grossen Teilen nicht beobachtbar und die Produktivität daher nicht klar ersichtlich ist, müssen die Führungspersonen den Expertinnen und Experten Freiräume gewähren und ihnen ihr Vertrauen aussprechen. Entsprechend sind auch Teambildung und die Wertschätzung der Mitarbeitenden zentral. So können der Zusammenhalt und der fachliche Austausch gestärkt werden.

Weiterbildung ist in Expertenorganisationen von besonderer Bedeutung. So können die Expertinnen und Experten gemäss ihren Fähigkeiten gefördert werden und Führungskräfte können ihre Führungskompetenz ausbauen. Sie ist ein gutes Mittel, um die Motivation in allen Bereichen der Organisation zu erhalten oder zu erhöhen.

Um den Bedürfnissen der Expertinnen und Experten gerecht zu werden, empfiehlt die Literatur einen .  Dieser stellt je nach Fähigkeiten und Bedürfnissen der Mitarbeitenden andere Aspekte ins Zentrum. Die Führungsperson ist dann zum Beispiel Coach, Mentorin oder hierarchische Chefin, je nachdem, was gerade am sinnvollsten ist. Das Ziel ist, die Mitarbeitenden intellektuell anzuregen und optimal zu fördern.

In der Managementliteratur wird häufig die Führungsspanne thematisiert. Wie viele Mitarbeitende sollten einer Führungsperson unterstellt sein? Bis vor einigen Jahren war in der Literatur die Rede von einer sehr kleinen optimalen Führungsspanne  Heute geht der beobachtete Trend allgemein zu eher grösseren Führungsspannen. Die Frage nach der optimalen Führungsspanne ist nicht abschliessend geklärt, es gibt jedoch einige Faktoren, die einen Einfluss darauf haben. So sind kleine Führungsspannen unter anderem empfohlen, wenn die Aufgaben eher komplex und in ihrer Struktur abwechslungsreich sind, in der täglichen Arbeit hohe Varianzen auftauchen, die Arbeit hohe Risiken für die Organisation birgt, oder die Arbeit wenig automatisiert ist. Wenn die Öffentlichkeit die Ergebnisse der Organisation kritisch verfolgt oder die Entwicklung der Mitarbeitenden im Vordergrund stehen, ist eine kleinere Führungsspanne ebenfalls zu bevorzugen. Auch komplexe organisationale Strukturen, grosse geografische Distanzen oder ein hoher Koordinationsaufwand .

Erkenntnisse aus der Literatur zur Führung an Schulen

Was sagt die spezifische Literatur zum Thema Schulleitung? Auch diese betont, dass Lehrpersonen gewisse Freiheiten und Mitspracherechte besitzen sollten und die Führung den Lehrpersonen Vertrauen entgegenbringen muss. Ein transformationaler Führungsstil, der die unterschiedlichen Bedürfnisse der Lehrpersonen einbezieht, ist ebenso angebracht.

Die Beziehung zwischen der Schulleitung und den Lehrpersonen entspricht weitestgehend derjenigen zwischen Vorgesetzten und Experten in anderen Expertenorganisationen. Schulen sind jedoch insofern ein Spezialfall, als dass politische Akteure und die Öffentlichkeit verstärkt mitreden. Die strategische Führung nehmen die Schulbehörde, respektive der Gemeinderat und die kantonale Schulverwaltung wahr. Schulen müssen also die politische Einbettung und die geteilte Führung berücksichtigen. Zudem erfordert die Leitung einer Schule mehr Koordination zwischen unterschiedlichen Akteuren als die herkömmliche Führung in Expertenorganisationen. Die Aufgaben und Kompetenzen der drei Bereiche, Schulleitung, Schulverwaltung und Schulbehörde, sollten klar geregelt und aufgeteilt sein. Dies ist in der Realität nicht immer der Fall.

New Public Management ist ein Steuerungsmodell, das in der öffentlichen Verwaltung an Bedeutung gewonnen hat. Die klare Trennung der strategischen und operativen Führung ist ein zentrales Element. ist der New Public Management-Ansatz auch für Schulen sinnvoll. Hierbei ist entscheidend, dass die oberste politisch-administrative Behörde (z. B. ein Erziehungsdepartement) klare Rahmenbedingungen setzt und ein Gesamtkonzept erstellt. Im Rahmen des New Public Management-Ansatzes sollen einzelne Schulen mehr Autonomie erhalten, da so ihre Wirksamkeit erhöht werden kann.

 Dabei ersetzen Rollen Hierarchien. Je nach Thema übernimmt jemand anders die Führung. So können die Expertinnen und Experten entsprechend ihren Fähigkeiten Führungsfunktionen übernehmen. Damit werden wie im transformationalen Führungsstil die Bedürfnisse der Lehrpersonen besonders berücksichtigt. Die Schulleitung interagiert nicht nur als Coach oder Mentorin, sondern überlässt in bestimmten Bereichen oder bei gewissen Projekten die Führung einer Expertin oder einem Experten. Zudem kann so die Schulleitung entlastet werden und sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren. Diese Fokussierung und Aufgabenteilung helfen dabei, das eigentliche Ziel zu erreichen, nämlich möglichst guten Unterricht zu bieten.

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4. Empfehlungen

Was aber bedeutet gute Führung an einer öffentlichen Schule? Welche Empfehlungen lassen sich für die öffentlichen Schulen der obligatorischen Schulzeit aus den obigen Ausführungen ableiten? Bei der Beantwortung dieser Fragen müssen die speziellen Rahmenbedingungen von Schulen berücksichtigt werden. Sie haben einen politischen Auftrag, den sie erfüllen müssen und haben spezielle «Kunden», wenn bei schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern überhaupt von «Kunden» gesprochen werden kann. Deshalb muss wohlüberlegt werden, inwiefern Führungssysteme und -grundsätze aus den Expertenorganisationen der Privatwirtschaft in die Expertenorganisation Schule übertragen werden können. 

Zudem werden die Aufgaben der öffentlichen Schulen immer komplexer. Es werden immer höhere Anforderungen sowohl an die Lehrpersonen als auch an die Leitung einer Schule gestellt. Der gesellschaftliche Druck nimmt zu. Einerseits steigen die Ansprüche an die Inhalte des Unterrichts, andererseits nehmen die Erwartungen der Eltern an die Kommunikation seitens der Schule zu. So versuchen beispielsweise in gewissen Kreisen die Eltern, ihr Kind mit allen Mitteln ins Gymnasium zu bringen. In diesem Umfeld ist eine professionelle Schulleitung, die sich diesen Herausforderungen annimmt, zentral.

4.1. Grundsätze

Gute Führung ist eine wesentliche Voraussetzung für gute Schulen. Eine Stärkung der Führungsstrukturen in den Schulen wird die Qualität der Schulen verbessern, wenn sie unter anderem zur Entlastung und dadurch zur Stärkung der Lehrpersonen in ihrem Kerngeschäft, dem Unterricht, führt. Bei der Organisation und Führung von Schulen sollten folgende Grundsätze gelten: 

  • Gute Führung an Schulen basiert auf gegenseitigem Vertrauen.
  • Die strategische und operative Führung muss klar aufgeteilt werden.
  • Jede Schule braucht ausreichend Autonomie: Die Schulleitung muss unter klaren strategischen Vorgaben im operativen Geschäft autonom agieren können und unter anderem über umfassende Kompetenzen in den Bereichen Finanzen und Personal verfügen.
  • Eine gute Schulleitung dient der Schule als «Ermöglicher»: Sie soll optimale Rahmenbedingungen und Entfaltungsmöglichkeiten für die Lehrpersonen wie auch für die Schülerinnen und Schüler schaffen.
  • Die Führungsspannen an den Schulen dürfen nicht zu gross sein, damit eine gute Personalführung möglich ist.
  • Es braucht eine Aufteilung der Führung an den Schulen. In einem pluralistischen Führungssystem sind mehrere Personen auf unterschiedlichen Hierarchieebenen in die Führung eingebunden.
  • Schulleitungen sollten kooperativ führen.

4.2. Entwurf eines Führungsmodells an Schulen

Basierend auf den oben genannten Grundsätzen wird in diesem Abschnitt ein mögliches Führungsmodell an öffentlichen Schulen der obligatorischen Schulzeit entworfen.

4.2.1. Abgrenzung zwischen strategischer und operativer Führung

Entscheidend für eine gut funktionierende Schule ist eine gute Aufteilung der strategischen und der operativen Führung. Tabelle 1 nimmt eine solche Aufteilung vor. Diese Auflistung ist nicht abschliessend und kann je nach Struktur in den Kantonen um weitere Aufgaben erweitert werden. Grundsätzlich sollten sich die kommunalen politischen Behörden auf strategische Entscheidungen konzentrieren und den Schulleitungen in der operativen Umsetzung vollumfängliche Kompetenzen zugestehen. 

Tabelle 1: Aufteilung der strategischen und operativen Führung am Beispiel einer öffentlichen Schule

Strategische Führung Operative Führung

Nicht alle Führungsaufgaben lassen sich eindeutig zuteilen. Dies gilt für Schulen wie für Expertenorganisationen in der Wirtschaft. Oft ist die strategische Führung auf das Expertenwissen der operativen Leitung angewiesen. Besonders stark ist dies bei jenen Aufgaben der Fall, bei denen pädagogische Kompetenzen nötig sind, wie zum Beispiel bei der Umsetzung der kantonalen Vorgaben und des Lehrplans oder bei der Definition der Organisationsform. Bei diesen Aufgaben liegt die strategische Entscheidung bei der Schulpflege. Die Inhalte werden aber seitens der Schulleitung vorgeschlagen. So fehlt der Schulpflege zumeist das pädagogische Know-how, um eine sinnvolle Umsetzung der kantonalen Vorgaben und des Lehrplans zu entwerfen. Deshalb muss die Schulleitung der Schulpflege ihre Expertise zur Verfügung stellen und Vorschläge unterbreiten. Nichtsdestotrotz liegt der Entscheid schliesslich bei der Schulpflege, da es um grundlegende strategische Fragen geht, wie die Schule ausgerichtet wird; und bei solchen Fragen sollte das Primat der Politik weiterhin gelten. 

4.2.2. Die strategische Führung

Die strategische Führung durch die kommunale Politik (Schulpflege, Schulrat, Schulkommission, Gemeinderat) darf nicht der Versuchung erliegen, ins operative Tagesgeschäft einzugreifen. Sie muss sich vielmehr strikt auf strategische Fragen beschränken. Kernaufgabe einer Schulpflege ist die Definition der Strategie, der Ziele und die Überwachung derer Umsetzung. Bei der Zielsetzung kann die kommunale Politik neben den kantonalen Vorgaben und den Vorgaben aus dem Lehrplan für «ihre» Schule eigene, ergänzende Ziele definieren. 

Damit die Schulleitung optimal führen und wirken kann, muss das Kongruenzprinzip eingehalten werden. Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung (AKV) müssen im Einklang sein. Nur wenn die Schulleitung für ihre Aufgaben auch über die nötigen Kompetenzen und Verantwortungen verfügt, kann sie ihre Aufgaben optimal erfüllen. Die strategische Führung soll die operative Verantwortung entsprechend an die Schulleitung abgeben. Dazu muss die Schulpflege zuhanden der Schulleitung die Ressourcen in Form eines Globalbudgets, einer Investitionsplanung und eines Pensenpools sichern sowie die Organisationsform der Schule und das Organigramm festlegen und die Schulleitung wählen. 

Wenn die Schulleitung über mehr Kompetenzen verfügt, muss deren Kontrolle professionell erfolgen. Dies umfasst einerseits eine Kontrolle durch die Schulpflege, die bei Mängeln eingreift. Andererseits braucht es auch starke interne und externe Evaluationen (z. B. durch den Kanton), damit Missstände früh bemerkt und rechtzeitig Korrekturen eingeleitet werden können. 

Eine weitere wichtige Aufgabe der Schulpflege ist die lokale Verankerung der Schule dank einer geschickten Kommunikation mit der Bevölkerung. Das Vertrauen und die Zufriedenheit der Bevölkerung mit der Schule sind eine Grundvoraussetzung, damit die Schule in Ruhe, zielgerichtet und effizient arbeiten kann.

4.2.3. Die operative Führung

Die Schulleitung setzt die strategischen Vorgaben der Schulpflege um. Sie führt die Lehrpersonen, und sie vertritt die Interessen der Schule gegenüber den Eltern und der breiteren Öffentlichkeit. Intern hat sie einerseits die Belegschaft auf die strategischen Ziele einzuschwören, andererseits muss sie die strategischen Ziele so operationalisieren, dass sie auch erreicht werden können. Die Schulleitung muss dabei die Führungsaufgaben aktiv wahrnehmen. Es versteht sich von selbst, dass auch unbequeme und bei der Lehrerschaft möglicherweise unbeliebte Entscheide gefällt werden müssen. Die Schulleitung besteht aus mehreren Personen und wird von einer Person, der Schulleiterin oder dem Schulleiter, geleitet. 

Zentrale Führungsaufgabe der Schulleitung ist die unternehmerische Zuteilung der vorhandenen Ressourcen als typische Managementaufgabe. Die Schulleitung ist dementsprechend für die personelle und finanzielle Führung zuständig, aber auch für das Qualitätsmanagement, für die Organisation und Administration und für die Kommunikation gegenüber den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern. Diese Führungsaufgaben und -verantwortungen müssen im Einklang mit der Budgetkompetenz stehen. Deshalb sollte die Schulleitung über ein Globalbudget verfügen, deren Verwendung sie zu verantworten hat. Dieses Budget beinhaltet auch die Personalkosten. 

Die Personalverantwortung liegt bei der Schulleitung. Sie ist für die Personalauswahl im Rahmen des Pensenpools zuständig, beurteilt die Angestellten und führt auch alle weiteren Personalentscheide aus. Insbesondere entscheidet die Schulleitung autonom über die Verwendung des für sie zur Verfügung stehenden Pensenpools, der durch die strategische Führung definiert worden ist. Die Schulleitung entscheidet auch darüber, wie sonderpädagogische Massnahmen vor Ort am besten umgesetzt bzw. organisiert werden oder ob Massnahmen der Sozialarbeit notwendig sind. Ebenso soll die Jahresarbeitszeit der Lehrpersonen durch die Schulen selbstständig im Rahmen der kantonalen Vorgaben aufgeteilt werden können. Die Schulen sollen autonom Präsenzzeiten definieren können, das heisst, dass sie festlegen können, wo und mit welchen Aufgaben eine Lehrperson ihr Pensum neben den Schullektionen verbringt. 

In der Schulleitung sind pädagogische Fähigkeiten gefragt, da sie die Schule entwickeln und den Lehrplan umsetzen muss. Dies beinhaltet auch eine angemessene Qualitätsentwicklung und -sicherung. Die Schulleitung muss zudem bei Krisen eingreifen und den Lehrpersonen in schwierigen Situationen als erste Anlaufstelle zur Seite stehen. Zudem kann es für alle Mitglieder der Schulleitung wertvoll sein, zumindest in einem Kleinstpensum weiterhin zu unterrichten, um den Puls in den Schulzimmern zu spüren.

4.2.4. Kooperative Führung der Schulleitungen

Die Schulleitung besteht in der Regel aus einer Führungsequipe und nicht aus einer Einzelperson. Nur ein Gremium kann für Stabilität sorgen, sodass das Know-how bei einzelnen Abgängen erhalten bleibt. Die kritische Auseinandersetzung in einem Team ist auch unerlässlich für die Qualitätsentwicklung einer Schule, für das Verhindern von Betriebsblindheit oder für eine zweckmässige Arbeitsteilung. Es gibt in jedem Lehrkörper genügend qualifiziertes Lehrpersonal, welches entsprechende Funktionen in einer kollegial geführten Schulleitung mit zu diesem Zweck reduziertem Unterrichtspensum wahrnehmen kann. 

Die Führung durch die Schulleitung sollte unter Einbezug der Mitarbeitenden und ihrer Fähigkeiten erfolgen. Schulen funktionieren nur dann, wenn im Team zusammengearbeitet wird. Dazu ist es wichtig, dass gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird, aber auch, dass sich die Lehrpersonen im Sinne der sozialen Kontrolle innerhalb ihres Teams gegenseitig kritisch hinterfragen und konstruktive Rückmeldungen geben, damit sich das ganze Kollegium weiterentwickeln kann. Ziel der kooperativen Führung sollte es sein, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht nur an sich und ihre Klasse denken, sondern an die gesamte Schule. 

In der Literatur wird (siehe oben) diesbezüglich von «Distributed Leadership» gesprochen. Die Führungsebene wird verbreitert und geeignete Lehrpersonen übernehmen Führungsaufgaben. Dazu müssen Ressorts geschaffen und den Lehrpersonen eine Laufbahnentwicklung angeboten werden. Dies steigert auch die Attraktivität des Lehrerberufs. 

Doch wird dann die Schulleitung nicht viel teurer? Dies muss nicht der Fall sein, denn eine Verteilung der Führungsaufgaben auf mehrere Köpfe bedingt auch eine Aufteilung der Leitungsressourcen. Die Schulleiterin oder der Schulleiter sollten bezüglich der Führungsaufgaben über einen Pensenpool verfügen, den sie selbstständig auf die in die Führung involvierten Lehrpersonen verteilen können. Damit kann sichergestellt werden, dass geeignete Expertise in der Schulleitung vorhanden ist, um gegebenenfalls auch komplexe Führungsaufgaben sach- und schulgerecht umzusetzen. Bei Schulentwicklungsprojekten kann dadurch eine erhöhte Professionalität bis auf die unterste Stufe erreicht werden. Eine auf diese Art aufgebaute Schulleitung, welche die Lehrpersonen involviert, minimiert den «administrativen» Abstand zwischen Schulleitung und Lehrerschaft und damit potenzielle Reibungsverluste. Trotz kooperativer Führung hat die Schulleitung eine wichtige Rolle. Sie trägt die Verantwortung für die gesamte Schule und darf die Idee von «Distributed Leadership» nicht als Entschuldigung missbrauchen, um die Schule nicht zu führen und sich vor schwierigen Entscheiden zu drücken. In gewissen Bereichen wie zum Beispiel der finanziellen oder personellen Führung braucht es Hierarchien mit klaren Entscheidungskompetenzen.

4.2.5. Schulorganisation 

Die obigen Ausführungen haben Konsequenzen auf das Organigramm einer typischen öffentlichen Schule. Die flachen Hierarchien würden abgeschafft, damit die Führungsspanne jeder einzelnen Leitungsperson 1 bis 10 Personen umfasst. Die genaue Zahl hängt vom Pflichtenheft der Vorgesetzten und der Mitarbeitenden, vom Ausmass der Delegation, von der Art der Qualitätssicherung und vom Mass an Vertrauen ab. Wichtig ist aber, dass die Führungsspanne so definiert ist, dass die Schulleitung die Lehrpersonen ausreichend nahe in ihrem Berufsalltag begleiten kann. Sie muss die schwierig zu messende Leistung der Lehrpersonen fair beurteilen und das nötige Vertrauen aufbauen können. 

Die Schulleitung ist in der Regel aufzuteilen. So kann zum Beispiel die Verantwortung für Kindergarten und Primar- und Sekundarstufe einer zweiten Führungshierarchie unterhalb der Schulleiterin oder des Schulleiters zugeteilt werden. Insbesondere die pädagogischen Aufgaben eignen sich dazu, auf mehrere Köpfe aufgeteilt zu werden. Grundsätzlich braucht es aber mindestens eine Lehrperson in der Schulleitung. 

Sollte die Schule wie hier vorgeschlagen über ein Globalbudget verfügen, ist es zielführend, neben der pädagogischen Leitung auch eine administrative Leitung zu schaffen. Die administrative Leitung muss vor allem über Managementerfahrung verfügen und nicht unbedingt Lehrperson sein, die pädagogisch verantwortliche Führungsperson hingegen schon. Der Einsitz einer administrativen Leiterin oder eines Leiters, welche die finanzielle Verantwortung tragen und als finanzielles Gewissen fungieren, sollte auch zu einer effizienten Schulentwicklung beitragen. Durch das gegenseitige Zuhören während der Schulleitungssitzungen und dem Schulalltag kennt die pädagogische wie die finanzielle Seite des Managements die jeweiligen Argumente. Durch einen wertschätzenden Umgang können die Spannungsfelder zwischen einem optimal ausgestatteten Schulalltag und den finanziellen Restriktionen rascher aufgelöst werden. Zusätzlich ist es empfehlenswert, wenn mindestens ein Mitglied der Schulleitung über ausreichend IT-Kompetenzen verfügt, um eine sinnvolle Integration der Informatik in den Unterricht sicherzustellen – sowohl aus pädagogischer wie auch aus technischer und logistischer Sicht. 

Für eine professionelle und konsequente strategische und operative Führung ist eine gewisse Mindestgrösse einer Schule notwendig. Für kleinere Schulen kann es deshalb sinnvoll sein, sich überkommunal zusammenzuschliessen. Da eine gute lokale Verankerung der Schulleitung in den einzelnen Schulhäusern wichtig ist, müssen in solchen Fällen mehr Aufgaben und Kompetenzen an die lokalen Schulhäuser delegiert werden. Dementsprechend ist das Pensum der Schulleiterin bzw. des Schulleiters im Vergleich zu einer zentral organisierten Schule wohl auch zugunsten der lokalen Schulleitungsmitglieder tiefer anzusetzen. Falls ein Zusammenschluss mit anderen Schulen nicht möglich ist, können die Leitungsaufgaben leider nicht wie oben beschrieben breiter aufgeteilt werden. 

4.3. Professionalität der Schulleitung/Stärkung der Managementkompetenzen

Schulleitungen sollen professionell agieren, und dafür benötigen sie Führungskompetenz. Deshalb braucht es eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung für Führungspersonen an Schulen.  Zunächst ist eine solide Grundausbildung in Führung an Schulen notwendig, in der den Lehrpersonen mit Führungsambitionen und -begabung grundlegende Managementfähigkeiten gelehrt werden. Nach dieser Grundausbildung können sie erste Führungsaufgaben übernehmen und zum Beispiel ein kleineres Team führen. Dies ist wichtig, da das Führen vor allem in der Praxis gelernt werden muss. Doch neben diesem On-the-job-Lernen sollen die Lehrpersonen weitere massgeschneiderte Weiterbildungen absolvieren können. Begleitend sind Beobachtungszeiten und 360-Grad-Assessments sinnvoll, doch ist darauf zu achten, dass diese Massnahmen aus dem Qualitätsmanagement nicht in einen Exzess von numerischer Quantifizierung qualitativer Leistungen ausarten. Vielmehr sollen die Leitungspersonen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer empathisch-interessierten Art und auf einer vertrauensvollen Basis beurteilen und weiterbringen. Eine solche stetige Beurteilung und Förderung der Mitarbeitenden bringt sowohl die Organisation wie auch das Individuum weiter. 
 
Die zunehmende Professionalisierung der Schulleitung birgt allerdings auch ein Risiko: Die Schulpflege als Laienbehörde kann sich wohl nicht in gleichem Masse professionalisieren. Deshalb dürfte das Gefälle zwischen Schulleitung und Schulpflege zunehmen. Umso wichtiger wird es sein, dass sich die strategische wie auch die operative Ebene der Führung ihrer Rollen bewusst sind und diese entsprechend wahrnehmen. Zusätzlich wird eine Unterstützung der Laiengremien der strategischen Führung nötig sein – einerseits durch geeignete Weiterbildungsformate, andererseits durch Unterstützung durch die kantonale Verwaltung oder die pädagogischen Hochschulen. Nur eine ausreichend kompetente Schulpflege bringt der Schule einen Mehrwert.

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5. Fazit

In diesem dossierpolitik wurden einige Grundsätze formuliert, die bei der Leitung von öffentlichen Schulen beachtet werden sollten. Die Empfehlungen wurden aus den Erfahrungen und der Literatur zur Führung in Expertenorganisationen abgeleitet. Es gilt diese auf die spezifischen, unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweiligen Schule zu adaptieren und zu hinterfragen. Nichtsdestotrotz scheint es augenfällig, dass Schulen Autonomie brauchen, damit sie den für die Führung einer Expertenorganisation notwendigen Spielraum haben. Im Optimalfall verfügen sie über ein Globalbudget. 

Eine konsequente Entflechtung von strategischer und operativer Führung ist zwingend notwendig. Vor der flächendeckenden Einführung von professionellen Schulleitungen übernahmen die Schulbehörden teilweise auch operative Aufgaben. Leider sind diese auch heute noch nicht überall vollständig an die Schulleitungen übertragen worden. So ist zum Beispiel für die personelle Führung des Lehrpersonals, die eine klassische operative Aufgabe ist, zu oft noch die Schulbehörde verantwortlich. Wichtig ist des Weiteren, dass die Schulleitungen kooperativ führen. Dies bedeutet nicht, dass sie keine Verantwortung wahrnehmen sollen. Im Gegenteil: Auch bei kooperativer Führung braucht es klare Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnisse der Schulleitungen. Eine kooperative Führung, bei der mehrere Personen mit Führungsaufgaben betraut werden, ermöglicht Laufbahnmodelle für Lehrpersonen und machen so den Lehrerberuf attraktiver. 

Abschliessend soll festgehalten werden, dass gute Führung in allen in den Kantonen existierenden Führungsmodellen möglich ist. Aus einer Schulleitungsperspektive gibt es kein eindeutig zu favorisierendes Modell mit oder ohne Schulbehörde.

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