US-Bankenstreit: Die Gerechtigkeit stirbt zuerst

Nun hat es die Credit Suisse erwischt: Sie muss 2,8 Milliarden Dollar zahlen. Manch einer findet, dass es die Grossbank verdient hat, endlich auf den Knien Busse zu tun. Der Gang nach Canossa findet heute zeitgemäss vor dem US-Justizministerium statt. Hier wird der Showdown perfekt nach dem Vorbild eines Hollywood-Streifens inszeniert. Auch viele Schweizerinnen und Schweizer sehen sich ob der Urteilsverkündigung bestätigt in ihrem Weltbild. Doch sind die Dinge so einfach?

Schaut man etwas genauer hin, hat das US-Urteil zur CS sehr viel mit – amerikanischem – Recht, aber wenig mit Gerechtigkeit zu tun. Denn diese verlangt, dass eine Busse in einer vernünftigen Grössenordnung zum Vergehen eines Angeklagten steht. Und dass sie in einem fairen Verfahren von einem Gericht in Abwägung aller Umstände ausgesprochen wird. Stattdessen steht die Finanzierung des Staates im Vordergrund, wie es auch die Beteiligung verschiedenster Behörden zeigt. So haftet dem Entscheid der Geruch machtpolitisch bestimmter Willkür an, der wenig mit «Gerechtigkeit» zu tun hat.

Die USA haben ein entscheidendes Privileg: Sie verfügen über einen riesigen Heimmarkt. Hier spielt die Musik. Hier müssen alle grossen Unternehmen der Welt präsent sein. Es ist also keine Frage des Könnens oder Wollens, sondern in vielen Fällen eine des Müssens. Die CS muss im US-Markt präsent sein, wenn sie eine weltweit tätige Bank sein will. So können die USA ihr Recht allen aufzwingen. Wie das Beispiel Wegelin zeigt, kann sich selbst eine Bank, die nicht in diesem Markt tätig ist, nicht um die US-Regulation scheren.

Mehr noch: Die Prozesssituation ist so, dass Unternehmen ein offenes Verfahren wegen der Kollateralschäden (Dauer, Reputationsschaden) nicht riskieren können und faktisch gezwungen sind, einen Vergleich zu akzeptieren. So entfällt aber die einigermassen objektive Abwägung aller Umstände durch ein unabhängiges Gericht. Der Ankläger untersucht und entscheidet zugleich. Das mag effizient sein – ob es auch gerecht ist, ist eine ganz andere Frage.