Rechtssicherheit durch Vertrauen: ein Vorzug der Schweiz, den wir pflegen sollten

In diesen Tagen startet die Vernehmlassung zur Unternehmenssteuerreform III – eine Reform, die für die Schweiz vitale Bedeutung hat. Es geht darum, ob unser Land weiterhin auf der Weltkarte der Topfirmenstandorte bleibt. Und damit, ob Hunderttausende Arbeitsplätze und Milliarden an Steuereinnahmen gesichert werden können. Die Schweiz braucht diese Reform – und sollte dabei andere Trümpfe, die ihr Erfolg gebracht haben, nicht vergessen.

Jahrelanges Warten auf einen Steuerbescheid, in Ländern wie Frankreich oder den USA die Regel, ist für Firmen nicht nur ein Ärgernis, sondern vor allem ein betriebswirtschaftliches Risiko. Die Schweiz begegnet diesem Risiko, indem Unternehmen ihre geschäftlichen Verhältnisse offenlegen können und dafür zeitnah eine Beurteilung erhalten, mit welchen steuerlichen Folgen sie künftig zu rechnen haben. Die verbindliche Auskunft gibt den Unternehmen Sicherheit, den Behörden vereinfacht sie die Veranlagung. Unter dem Schutz des Steuergeheimnisses legen Unternehmen ihre Karten auf den Tisch – in beiderseitigem Interesse.

Solche «Rulings», wie die Auskünfte heissen, sind nicht willkürlich. Es sind Gesetzesanwendungen, die Unternehmen wie Behörden gleichermassen binden. Entsprechen die Firmenangaben nicht den Tatsachen, gilt das Ruling nicht mehr. Umgekehrt können sich die Unternehmen auf eine Auskunft verlassen, auch wenn sich die Behörden in einem Fall einmal getäuscht haben.

Rechtssicherheit, gebaut auf Vertrauen zwischen Behörden und Steuerpflichtigen – ein vielleicht unterschätzter, in einem zunehmend komplexen Gesetzesumfeld aber entscheidender Vorzug unseres Wirtschafts- und Steuerstandorts. Die Schweiz sollte diese bewährte Rechtstradition pflegen. Sie kann stolz darauf sein.