IV-Revision 6b: Nationalrat gefährdet Abstimmungsversprechen

Der Nationalrat hat beim zweiten Teil der sechsten IV-Revision (Revision 6b) das grundlegende Ziel, die IV finanziell zu sanieren, aus den Augen verloren. Er hat eine Vorlage beschlossen, die praktisch keine Einsparungen vorsieht. Damit gefährdet er das Versprechen zur ausgabenseitigen Sanierung der IV, das bei der Volksabstimmung zur befristeten IV-Zusatzfinanzierung über die Mehrwertsteuer (MWST) gemacht wurde. 

​Entgegen den Empfehlungen seiner vorberatenden Kommission hat der Nationalrat die geplanten Einsparungen praktisch aufgehoben. Von den vermeintlich guten Zahlen des Jahres 2012 geblendet, hat der Nationalrat die IV-Revision 6b aufgeteilt. Wesentliche Teile wurden aus der Revisionsvorlage ausgeklammert. Damit wird die zeitgerechte Sanierung der IV, wie sie anlässlich der Volksabstimmung über die MWST-Erhöhung versprochen wurde, gefährdet. Im Interesse einer konsequenten Sanierung der IV müssen die strukturellen Probleme der Invalidenversicherung jetzt angegangen und die Schulden gegenüber der AHV rechtzeitig zurückbezahlt werden. Bereits in der Vergangenheit wurden die strukturellen Probleme der IV ignoriert und mit höheren Beiträgen sowie Kapitaleinlagen aus der EO (1998 und 2003) verdeckt.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die IV heute bei der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) mit rund 15 Milliarden Franken verschuldet ist, stösst der Entscheid des Nationalrats auf Unverständnis. Ohne die befristete Zusatzfinanzierung aus der Mehrwertsteuer sowie die Schuldzinsübernahme des Bundes bis 2017 würde die IV-Rechnung nach wie vor ein Defizit von jährlich über 500 Millionen Franken ausweisen. Die IV muss nach Ablauf der Zusatzfinanzierung, also ab 2018, auf eigenen Beinen stehen und ihre Schulden gegenüber der AHV rasch abbauen. Das ist insbesondere deshalb wichtig, weil die AHV auf diesen Zeitraum hin diese Mittel selbst benötigt.


Bedenklich ist zudem, dass der Nationalrat entgegen dem Ständerat die Regelungen zur Schuldenbremse abgelehnt hat. Um die finanzielle Nachhaltigkeit der IV sicherzustellen, braucht es eine Schuldenbremse. Massnahmen, die beim Unterschreiten gewisser Schwellenwerte greifen und eine erneute Verschuldung verhindern, müssen sich an den vorhandenen Mitteln orientieren. Dies, weil bei Zusatzeinnahmen der Reformdruck sofort nachlässt, wie die aktuelle Entwicklung veranschaulicht. Eine Minderheit hat eine Interventionsregel vorgeschlagen, die ausgabenseitig gewirkt hätte. Dieser Antrag wurde leider abgelehnt. 


Das Parlament ist aufgerufen, in der Differenzbereinigung die Vorlage wieder auf den Sanierungspfad zurückzubringen. Das Versprechen gegenüber dem Volk und der Wirtschaft, dass nach der befristeten MWST-Erhöhung zur IV-Zusatzfinanzierung eine ausgabenorientierte IV-Reform folgt, ist einzuhalten. ​​