Die Zypern-Rettung: Spiel mit dem Feuer

Das jüngste Rettungspaket der Europäischen Union sieht vor, den ins Strudeln geratenen zypriotischen Finanzplatz unter anderem über eine einmalige Abgabe auf allen Bankeinlagen zu sanieren. Damit wird ein gefährliches Präjudiz geschaffen, das im schlimmsten Fall in den Krisenländern zum Sturm auf die dortigen Banken führen könnte. Auch die Schweiz wird in Mitleidenschaft gezogen, der Aufwertungsdruck auf den Franken könnte wieder zunehmen.

Schon seit einiger Zeit gingen viele Marktbeobachter davon aus, dass auch Zypern finanzielle Hilfe benötigt. Das in der Nacht auf Samstag verabschiedete Rettungspaket sieht nun eine besonders schwerwiegende Massnahme vor: Bankkunden müssen sich mittels einer Einmalabgabe, abhängig von der Höhe ihrer Einlagen, an der Stützung des Finanzsektors beteiligen. Aufgrund der starken Proteste sollen nun immerhin die Kleinsparer mit einem Bankguthaben unter 100‘000 Euro von der Abgabe verschont bleiben. Dennoch bleibt die Zwangsmassnahme ein höchst problematischer Vorgang: Den Einwohnern anderer Krisenstaaten wird signalisiert, dass ihre Bankguthaben im Krisenfall alles andere als sicher sind. Es besteht die Gefahr, dass es in der Folge zu einem breiten Abzug von Bankeinlagen kommt. Ein solcher «bank run» würde nicht nur die Banken in den betroffenen Ländern, sondern die Stabilität des gesamten europäischen Finanzsystems gefährden.

Klare Regeln statt Interventionismus
Die Europäische Union schafft mit der Massnahme gegenüber Zypern nicht zum ersten Mal ein gefährliches Präjudiz, das die Anleger verunsichert. Bereits das Euro-Rettungspaket für Griechenland hatte unbeabsichtigte Nebenwirkungen. Damals musste der Privatsektor eine Abschreibung von 50 Prozent auf griechischen Anleihen akzeptieren. Dass die zypriotischen Banken in Schieflage geraten sind, liegt ironischerweise zu einem bedeutsamen Teil am Schuldenschnitt für Griechenland. Zyperns Finanzinstitute als grosse Gläubiger des griechischen Staates mussten wesentliche Abschreibungen vornehmen und sind unter anderem deswegen nun faktisch insolvent.

In Anbetracht solcher Nebenwirkungen stellt sich die Frage, wie lange der situative Interventionismus der EU noch aufrechterhalten wird. Grundlegende, klare und feste Regeln zur Abwicklung von insolventen Banken und zum allfälligen Bankrott von Mitgliedsstaaten (eventuell inklusive Austritt aus dem Euro-Raum) wären dringend nötig und nachhaltiger, als das ständige Schnüren von neuen Hilfspaketen.

Wechselkursuntergrenze weiterhin nötig
Die Schweiz wird sich den Geschehnissen in der EU leider nicht entziehen können. Es ist zu befürchten, dass das Kapital vieler verunsicherter Anleger den Weg in den sicheren Hafen Schweiz sucht, was den Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken wieder erhöhen würde. Umso wichtiger ist ein klares Bekenntnis zur Wechselkursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank, auch wenn diese in der Folge der jüngsten Ereignisse zu erneuten Interventionen am Devisenmarkt gezwungen wäre. Nur dadurch kann die aktuell stabile und positive Entwicklung der Schweizer Wirtschaft gewährleistet werden.