# 8 / 2023
05.12.2023

KI in der Schweiz: Gute Rahmenbedingungen mit bewährten Instrumenten

Internationale Entwicklungen

EU

Die Europäische Union hat im Bereich der Entwicklungen rund um die Digitalisierung einen sehr interventionistischen und damit stark auf Regulierung ausgerichteten Ansatz. So hat sie in den letzten Jahren mehrere Initiativen zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz gestartet. Im April 2021 veröffentlichte die EU-Kommission einen Entwurf einer Verordnung über KI [21] , die verschiedene Anwendungen nach Risikostufen klassifiziert. Die höchsten Risiken, wie zum Beispiel biometrische Erkennung zur Überwachung von Personen oder Social Scoring, sollen dabei verboten werden.

Die Verordnung sieht auch eine Zertifizierungspflicht für bestimmte KI-Anwendungen vor, um sicherzustellen, dass sie den europäischen Standards entsprechen. Darüber hinaus sollen Anbieter von KI-Systemen verpflichtet werden, transparente und verständliche Informationen über die Funktionsweise ihrer Systeme bereitzustellen.

Es gibt jedoch Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit der Verordnung, da einige KI-Anwendungen schwer zu klassifizieren und zu regulieren sind. So haben zum Beispiel Expertinnen und Experten aus Technik und Juristerei im Juli 2023 den EU AI-Act einem Praxistest unterzogen. Auch dort wurde festgestellt, dass man ziemlich schnell auf Probleme bei der Anwendbarkeit stösst [22] . Ebenfalls gibt es Bedenken, dass die Regulierung Innovationen behindern könnte.

Die Verordnung muss noch von den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament gebilligt werden. Es wird erwartet, dass die Verabschiedung der Verordnung frühestens Ende 2023 erfolgen wird.

Einige EU-Mitgliedstaaten haben bereits eigene Initiativen zur Regulierung von KI gestartet, um den Einsatz von KI in bestimmten Anwendungsbereichen zu regulieren oder zu verbieten. Beispielsweise hat Frankreich 2018 eine nationale KI-Strategie veröffentlicht, die auf ethischen und rechtlichen Prinzipien basiert und die Entwicklung von KI fördern soll. Im Jahr 2020 hat Deutschland ein KI-Strategiepapier veröffentlicht, das auch ethische und rechtliche Aspekte von KI anspricht und einen Rahmen für die Regulierung von KI-Anwendungen vorschlägt [23] .

Die EU reguliert, indem sie ein möglichst allumfassendes, risikobasiertes und eigens für KI entwickeltes Gesetz erlässt. Dieses regelt die verschiedenen Rechtsbereiche und Problemstellungen zentral für KI-Systeme und Anwendungen. Dieses Vorgehen passt in die Rechtsordnung der EU und wird aufgrund des Zeitpunkts vermutlich auch zu einem Vorreitergesetz für andere Staaten. Wie sich dieses Gesetz in der Anwendung dann ausgestaltet, ist zurzeit noch schwierig abzuschätzen, da der finale Text zurzeit noch nicht vorliegt. Jedoch zeigt sich bereits jetzt, dass die rasanten Fortschritte in dieser Technologie dazu führen, dass Teile der geplanten Gesetzgebung bereits vor Inkrafttreten wieder veraltet sind.

Europarat

Derzeit laufen im Europarat Verhandlungen zu einer Konvention zu Künstlicher Intelligenz. Diese Konvention soll sicherstellen, dass KI-Systeme in einer Weise entwickelt, entworfen und eingesetzt werden, die den Menschenrechten, dem Rechtsstaat, der Demokratie und anderen wichtigen Werten entsprechen [24] .

Ein wichtiger Aspekt der Diskussionen ist die Forderung, dass KI-Systeme transparent sein sollten. Dies bedeutet, dass Entscheidungen von KI-Systemen nachvollziehbar sein müssen. Dies besonders, wenn sie Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben können, wie beispielsweise bei der Vergabe von Arbeitsplätzen.

Ein weiterer Aspekt der Konvention ist die Idee, dass KI-Systeme die Menschenrechte respektieren sollten. Dies bedeutet, dass KI-Systeme so konzipiert sein sollten, dass sie die menschliche Würde, die Privatsphäre und die Freiheit respektieren. Zum Beispiel sollten KI-Systeme nicht verwendet werden, um Diskriminierung oder Überwachung zu fördern.

Die Konvention des Europarats richtet sich laut aktuellem Entwurf an die Mitglieder des Europarats und somit an die Staaten. Die Schweiz als Mitglied wird die aus der Konvention herausgehenden Prinzipien und Pflichten übernehmen müssen. Der konkrete Anpassungsbedarf dürfte sich bei genauerer Betrachtung aber in Grenzen halten, da die daraus resultierenden Grundprinzipien wie zum Beispiel keine Diskriminierung im Schweizer Rechtssystem bereits weitgehend technologieneutral abgebildet sind. Abschliessende Aussagen können aber erst gemacht werden, wenn der definitive Text vorliegt.

USA

Sieben führende Technologieunternehmen in den USA haben sich im Sommer 2023 mit der amerikanischen Regierung auf Grundregeln zum Umgang mit den neuen Technologien geeinigt. Dabei steht die Sicherheit im Zentrum. Die sich konkurrenzierenden Unternehmen haben erklärt sicherzustellen, dass die Technologien sicher sind, bevor sie öffentlich zugänglich gemacht werden. Ebenfalls wollen sie diese so gut wie möglich gegen Cyberangriffe schützen. Auch Transparenzbestimmungen, im Sinne einer Kennzeichnung von durch KI erstellte oder veränderte Inhalte, sind vorgesehen [25] .

Am 30. Oktober 2023 hat nun Präsident Biden eine Durchführungsverordnung zum Umgang mit KI-System erlassen. Darin enthalten sind umfassende Massnahmen, die die amerikanische Bevölkerung vor den potenziellen Risiken von KI-System schützen sollen. Dazu gehört unter anderem die Pflicht für Entwickler Ergebnisse von Sicherheitstests mit der Regierung zu teilen, die Entwicklung von Massnahmen, die gewährleisten sollen, dass KI-Systeme sicher und vertrauenswürdig sind, der Schutz vor Betrug durch KI und der Aufbau von Cybersicherheitsprogrammen. Ausserdem soll das Parlament ein Datenschutzgesetz erlassen, welches die Privatsphäre der Amerikaner auch vor durch KI generierten Risiken schützt. Weitere behandelte Themen sind die Förderung von Gerechtigkeit, ein Schutz für Verbraucher und Arbeiter. Trotzdem wollen die Vereinigten Staaten ihre Vorreiterrolle in der KIEntwicklung nicht gefährden und sicherstellen, dass Innovation und Wettbewerb weiterhin möglich sind [26] .

Während es auf nationaler Ebene keine staatliche Regulierung gibt, wurde im Staat New York ein Gesetz [27] erlassen, welches die Nutzung von KI in Bewerbungsprozessen reguliert und unangemessene Ungleichbehandlung verhindern soll. Zentral dabei sind Transparenzbestimmungen. So müssen Firmen im Bewerbungsprozess offenlegen, mit welcher KI-Software sie arbeiten. Auch soll es unabhängige statistische Untersuchungen geben, Vorurteile ausfindig zu machen und zu beheben. Wenig überraschend wird die Regulierung kritisiert; für die einen geht sie nicht weit genug, für die anderen ist sie schlicht unnötig [28] .

China

Auch in China führt die neue Technologie zu Herausforderungen. ChatGPT ist aufgrund der grossen Firewall der chinesischen Regierung nicht verfügbar und eine brauchbare chinesische Alternative gibt es zurzeit noch nicht. An den grossen KIKonferenzen ist aber auch China mit zahlreichen Projekten vertreten. Bei Gesichtserkennungssoftware sind die Chinesen zurzeit führend. Aufgrund der weit verbreiteten Videoüberwachung im Land stehen hier genügend Daten zur Verfügung.

In China wurde im Frühling 2023 der Entwurf einer Regulierung für generative künstliche Intelligenz veröffentlicht. Damit ist es das erste Land, welches eine Regulierung für Software plant, die Bilder und Texte generieren kann. Ziel ist es, dass erzeugte Inhalte die «Grundwerte des Sozialismus spiegeln». Verboten wären dann zum Beispiel die Diskriminierung aufgrund von Ethnie, Alter oder Geschlecht, die Aufstachelung zur Spaltung des Landes, Untergrabung der nationalen Einheit oder der Sturz des sozialistischen Systems.

Das Gesetz soll ausserdem diverse Pflichten für Anbieter und Entwickler von generativen KI-Programmen enthalten. Nicht nur müssen sämtliche Softwareentwicklungen den Behörden vor der Veröffentlichung vorgelegt werden, bestimmte Pflichten sollen auch bereits für die Entwicklung gelten. Im Sinne der Transparenz müssen bereits durch generative KI-Programme entwickelte Bilder oder Texte durch eine Art Wasserzeichen gekennzeichnet werden. Von gewissen Pflichten ausgenommen sind Unternehmen, die ihre Software nur ausländischen Kunden oder Firmenkunden zur Verfügung stellen.

Experten sind sich uneinig, was für eine Auswirkung die Regulierung auf Chinas Position im KI-Wettkampf haben wird. Die chinesische Regierung hat zwar ihre grundsätzliche Unterstützung für generative KI zum Ausdruck gebracht, jedoch gewichten sie die nationale Sicherheit zurzeit scheinbar höher [29]