# 8 / 2017
16.11.2017

Bundesfinanzen: Jetzt Spielraum schaffen

Bundesfinanzen im Überblick

Voranschlag 2018 und Finanzplan 2019-2021

Im August 2017 hat der Bundesrat zum zweiten Mal den Voranschlag (2018) zusammen mit der Aufgaben- und Finanzplanung (2019 bis 2021) in einem Dokument vorgelegt. Dies als Folge des Neuen Führungsmodells des Bundes, welches am 1. Januar 2017 eingeführt wurde.

Im Voranschlagsjahr wurde ursprünglich mit einem kleinen ordentlichen Defizit von 13 Millionen gerechnet. Weil der Bundesrat davon ausgeht, dass die Schweizer Wirtschaft wie schon in den Vorjahren auch 2018 ihr Potenzial nicht voll wird ausschöpfen können, wäre gemäss Vorgaben der Schuldenbremse sogar ein Defizit von bis zu 144 Millionen erlaubt gewesen.

Mit der Ablehnung der Altersvorsorge 2020 im September hat sich die finanzpolitische Ausgangslage für 2018 verändert. Weil bei der AHV vorläufig alles beim Alten bleibt, kommt ein mit der Reform geplantes neues AHV-Finanzierungsregime nicht zum Tragen. Dieses hätte dem Bund Mehrausgaben von 442 Millionen Franken verursacht. Weil der Bund diese Mehrausgaben nun nicht tätigen muss, bleibt das Geld im Bundeshaushalt. Unter Berücksichtigung der beiden Budget-Nachmeldungen des Bundesrates von Ende September ergibt sich deshalb neu ein ordentlicher Überschuss von 103 Millionen Franken.

Die beiden wichtigsten Anpassungen im Vergleich zum ursprünglich vom Bundesrat im August verabschiedeten Voranschlag 2018 sind die Reduktion der Ausgaben für die AHV aufgrund der Ablehnung der Altersvorsorgereform und die daraufhin vom Bundesrat beschlossene Erhöhung der Einlage in den Bahninfrastrukturfonds (BIF) zur Verwendung der frei gewordenen Mittel. Der Aufstockung der Einlage in den BIF muss der Stände- und Nationalrat jedoch erst noch zustimmen. Bisher hat sich erst die vorberatende Finanzkommission des Ständerates dafür ausgesprochen.

Der Voranschlag 2018 ist auch abgesehen von der neuen Ausgangslage nach der Abstimmung zur Altersvorsorge 2020 kein gewöhnlicher Voranschlag. Denn um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können, musste der Bundesrat das Ausgabenwachstum in verschiedenen Bereichen drosseln. In der Summe geht es um Massnahmen von 1 Milliarde Franken. Die Korrekturen sollen auch 2019 und 2020 weitergeführt werden.

Die Massnahmen betreffen ausschliesslich die ungebundenen Teile des Bundeshaushalts. Fast 60 Prozent der Bundesausgaben sind mittlerweile gebunden, d.h. sie werden von Gesetzen und anderen festen Verpflichtungen bestimmt. Nur 40 Prozent der Ausgaben können kurzfristig, d.h. im Budgetprozess, von Bundesrat und Parlament beeinflusst werden. Der Bundesrat schlägt als Massnahmen eine Teuerungsanpassung bei den schwach gebundenen Ausgaben, Kürzungen im Eigenbereich sowie gezielte Kürzungen in ungebundenen Bereichen mit einem hohen Ausgabenwachstum in der Vergangenheit vor. Korrekturen von 1 Milliarde Franken im Budgetprozess sind spürbar, zur Einhaltung der Vorgaben der Schuldenbremse und damit des Gesetzes jedoch unumgänglich. Sachlich sind die Massnahmen grossmehrheitlich gut begründet.

Auf den Voranschlag folgen die Finanzplanjahre 2019-2021. Sie sind im Ergebnis ebenfalls praktisch ausgeglichen (2019) bis positiv (2020 und 2021). Für 2021 ist ein Überschuss von fast 1 Milliarde Franken geplant.

Hinweis zu den verwendeten Zahlen: Für die detaillierten Angaben zum Budget 2018 und den Finanzplanjahren 2019-2021 stützt sich economiesuisse auf die «Botschaft zum Voranschlag 2018 mit integriertem Aufgaben und Finanzplan 2019–2021» vom 23. August 2017. Das Zahlenwerk wurde vor der Abstimmung zur Altersvorsorge 2020 erstellt und wird jeweils nicht an aktuelle Entwicklungen angepasst. Deshalb sind in den Detailzahlen Anpassungen aufgrund der Abstimmung zur Altersvorsorge 2020 bzw. von Änderungen aus Nachmeldungen und Beschlüssen jüngeren Datums nicht enthalten.

Grafik 1

Ursprünglich wurde mit einem kleinen ordentlichen Defizit von 13 Millionen Franken gerechnet. Aufgrund der Anpassungen im Zusammenhang mit der Ablehnung der Altersvorsorgereform (inkl. Aufstockung Einlage BIF) ergibt sich neu ein ordentliches Finanzierungsergebnis von 103 Millionen. Der von der Schuldenbremse vorgegebene strukturelle Saldo erhöht sich damit von 131 auf 247 Millionen. Die neue Ausgangslage für 2018 wird auch in den Folgejahren zu Anpassungen führen.

Bezogen auf das Vorjahr (2017) und bereinigt um haushaltsneutrale Sonderfaktoren nehmen die Einnahmen 2018 um insgesamt 2,4 Prozent zu. Sie wachsen damit leicht stärker als das Bruttoinlandprodukt (BIP), für das ein nominelles Wachstum von 2,3 Prozent angenommen wird. Für die Jahre 2019 bis 2021 wird ebenfalls mit einer positiven Einnahmeentwicklung gerechnet. In Erwartung einer anziehenden Konjunktur sollen die Einnahmen um durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr wachsen.

Treiber des Einnahmenwachstums ist vor allem die direkte Bundessteuer. Sowohl die Einnahmen aus der Einkommenssteuer wie die Erträge der Gewinnsteuersteuer der Unternehmen sollen auf das Gesamteinnahmenwachstum bezogen überproportional zulegen. 2018 ist das Wachstum der Gewinnsteuer mit über 5 Prozent besonders stark. Im 4-Jahresdurchschnitt (2017-2021) beträgt es jährlich 3,4 Prozent. Ein solches Wachstum, das weit über der erwarteten Wirtschaftsentwicklung liegt, ist nur möglich, wenn die steuerlichen Rahmenbedingungen stimmen. Ein weiterhin attraktives Steuerumfeld zu sichern, ist die Aufgabe der Steuervorlage 17 (SV17), die nächstes Jahr im Parlament beraten wird.

Das Ausgabenwachstum beträgt 2018 (ohne haushaltsneutrale Sondereffekte) 2,8 Prozent. Es ist damit höher als das BIP-Wachstum und liegt auch über dem Einnahmenwachstum. In Prozenten ebenso wie nominell in Franken ist das Wachstum beim Verkehr mit Abstand am grössten (+9,8 Prozent bzw. 900 Millionen). Der Grund dafür ist die Schaffung des Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds NAF, der wie schon der im Vorjahr geschaffene Bahninfrastrukturfonds zu einem substantiellen Anstieg der Ausgaben (und teilweise auch der Einnahmen aufgrund von Steuer- und Abgabeerhöhungen) führt. Die Verkehrsausgaben würden sogar noch stärker wachsen (+13 Prozent), wenn der Vorschlag des Bundesrates, einen Teil der frei gewordenen AHV-Mittel für den BIF zu verwenden, in der Wintersession vom Parlament angenommen wird. Ein weiterer Wachstumsbereich, insbesondere über die 4-jährige Finanzplanperiode betrachtet, ist die Landesverteidigung (+ 4,1 Prozent p.a.). Das mit 2,7 Prozent (2018) bzw. 3,1 Prozent (2017-2021) veranschlagte Wachstum der Ausgaben der Sozialen Wohlfahrt ist zu hoch, weil in den Planzahlen Zusatzmittel für die AHV enthalten sind, die nach der Ablehnung der Reform der Altersvorsorge 2020 entfallen. Während die Ausgaben des Bundes für die Invalidenversicherung um fast eine Milliarde sinken (Wegfall der MWST-Zusatzfinanzierung), steigen die Ausgaben für die Krankenversicherung (individuelle Prämienvergünstigung) und die Ergänzungsleistungen mit jeweils über 3 Prozent wie schon in den Vorjahren überproportional.

Grafik 2

Der Bundeshaushalt wächst trotz Korrekturmassnahmen auch in den nächsten Jahren weiter. Besonders stark ist das Wachstum im Verkehr, welches sich mit der vom Bundesrat geplanten Aufstockung der BIF-Einlage noch erhöhen würde. Die Ausgaben der Sozialen Wohlfahrt wachsen ab 2018 schwächer als dargestellt, weil die geplante zweimalige Mehrwertsteuererhöhung (2018 und 2021) für die AHV entfällt.

Grafik 3a

Knapp zwei Drittel der Einnahmen stammen aus den beiden «grossen» Steuern: der Mehrwertsteuer (33 Prozent) und der direkten Bundessteuer (30 Prozent). Von den MWST-Einnahmen ist ein Fünftel für die Finanzierung der AHV, für die Krankenversicherung und für die Bahninfrastruktur zweckgebunden.

Grafik 3b

Ein Drittel der Ausgaben fliesst in die Soziale Wohlfahrt. Gemessen an den finanziellen Mitteln ist diese die mit Abstand grösste Bundesaufgabe. Ausgaben im Umfang von 14 Prozent entfallen auf den Verkehr. Dieser Bereich erfährt mit der Schaffung des Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds einen starken Wachstumsschub. Dem Strassenverkehr werden 2018 knapp 30 Prozent mehr Mittel als 2017 zu Verfügung gestellt. Insgesamt sind gut zwei Drittel der Bundesausgaben gesetzlich oder durch andere Verbindlichkeiten gebunden.

Investitionen trotz Schuldenabbau

Als Vorwurf an die Schuldenbremse wird immer wieder vorgebracht, dass sie Investitionen systematisch vernachlässigt. Die Schuldenbremse  soll für eine angeblich schwache Investitionstätigkeit des Bundes verantwortlich sein.

Dass dem nicht so ist, beweist die Entwicklung der Investitionen im Voranschlag 2018 und in den Folgejahren. Im Vergleich zu 2017 nehmen die Investitionsausgaben um fast 20 Prozent zu. Die Investitionen im Verkehrs- und Energiebereich (NAF und Netzzuschlagsfonds) steigen am stärksten. Ein weiteres Investitionswachstum findet beim Rüstungsmaterial, bei der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit, der Bildung und Forschung sowie bei den zivilen und militärischen Bauten statt. Der Anteil der Investitionen an den Bundesausgaben steigt von 13 Prozent auf über 15 Prozent. In den kommenden Jahren bleibt er stabil auf diesem Niveau.

Die Investitionsentwicklung der letzten Jahre zeigt, dass der Bund kontinuierlich und auf hohem Niveau investiert. Die Schuldenbremse hemmt die Investitionstätigkeit nicht. Wo Investitionsspitzen entstehen, werden im Rahmen der Schuldenbremse Sonderlösungen geschaffen. Dies ist vor allem im Verkehrsbereich geschehen mit den drei Fonds FinöV, BIF und NAF. Die Einzahlungen, die der Bund in diese Fonds tätigt, unterliegen der Schuldenbremse. Die Auszahlungen aber werden ausserhalb getätigt, was punktuell hohe Ausgaben ermöglicht, ohne die übrigen, ordentlichen Ausgaben des Bundes zu verdrängen.

Der Bundesrat hat die Frage der Investitionen im Rahmen eines Berichts über Handlungsoptionen im Tiefzinsumfeld und mit Berücksichtigung der Frankenstärke untersucht (Postulat Graber 15.3017). Geprüft wurde beispielsweise der Vorschlag, das aktuell günstige Zinsumfeld zu nutzen und neue Schulden für zukunftsträchtige Investitionen aufzunehmen. Der Bericht kommt zum Schluss, dass die volkswirtschaftlich nötigen und rentablen Investitionen ohne Sonderfinanzierung getätigt werden können. Die laufenden Einnahmen reichen dafür. Eine durch das reguläre Budget gesteuerte, kontinuierliche Investitionstätigkeit ist nicht nur Garant für eine nachhaltige Finanzierung, auch die Folgekosten der Investitionen sind so besser steuerbar. Sonderlösungen, so das Fazit des Bundesrats, sind nicht erforderlich.

Grafik 4

Der Bundeshaushalt hat sich seit der Einführung der Schuldenbremse 2003 stabilisiert. Nach vielen Jahren ohne positiven Rechnungsabschluss hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Die Schuldenbremse der Schweiz ist ein auch international beachtetes Haushaltsinstrument. Die Diskrepanzen zwischen Einnahmen und Ausgaben sollen in den nächsten Jahren dank der verbesserten Einnahmeschätzungen und optimierten Budgetprozessen kleiner werden.