# 13 / 2021
02.12.2021

Güterversorgung in der Krise: Analyse und Lehren für die Schweiz

Versorgungssicherheit ist nicht gleich Selbstversorgung

Die Schweiz will mit wichtigen Gütern und Dienstleistungen versorgt sein. Die sogenannte «Versorgungssicherheit» ist dann gewährleistet, wenn lebenswichtige Güter in ausreichendem Masse verfügbar sind. Nun gibt es Stimmen, welche lieber möglichst viele Produkte im Inland produzieren wollen. Ob eine derartige «Selbstversorgung» aber überhaupt möglich wäre, ist fraglich.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Schweiz bei Weitem nicht alle essenziellen Güter selbst herstellen kann und somit von Importen abhängig ist. So beispielsweise bei den Nahrungsmitteln. Hier lag 2018 der Netto-Selbstversorgungsgrad (Verhältnis Inlandproduktion zum inländischen Gesamtverbrauch) aufgrund der kleinen landwirtschaftlichen Nutzfläche bei 51 Prozent. Dieser Wert war jedoch auch nur dank Importen – etwa von Landmaschinen, Diesel oder Futter – möglich. Noch ausgeprägter ist die Situation beim Erdöl. Hier ist die Schweiz ganz auf Importe angewiesen.

Diese Abhängigkeit ist nicht neu. In den letzten 100 Jahren konnte und musste sich die Schweiz nie ganz selbst versorgen. Dennoch gilt festzuhalten: Trotz Epidemien wie SARS (2003), der Schweinegrippe (2009) oder aktuell dem Corona-Virus war die Ernährungssicherheit in den letzten Jahrzehnten nie gefährdet. Die Versorgungssicherheit war erreicht – ohne Selbstversorgung. Zu deren Erfüllung ist jedoch eine Vielzahl von Instrumenten und Massnahmen erforderlich.

Wie die Schweiz heute ihre Güterversorgung sicherstellt

Gemäss Landesversorgungsgesetz (LVG) ist die Versorgung der Schweiz mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen Aufgabe der Privatwirtschaft. Der Staat greift lediglich unterstützend ein (Grundsatz der Subsidiarität). Verantwortlich dafür ist die Organisation der wirtschaftlichen Landesversorgung (WL), wozu auch das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) gehört.

Der WL stehen für die Landesversorgung verschiedene Instrumente zur Verfügung. Sämtliche Massnahmen sind als Ergänzung der Importe von Gütern aus dem Ausland zu verstehen.

  • Pflichtlagerhaltung: Kann die Versorgung eines Guts aufgrund von Engpässen nicht mehr über den Markt gedeckt werden, kann der Bund Pflichtlager freigeben. Gelagert werden Zucker oder Reis, aber auch Dünger, Futtermittel, Mineralöl und verschiedene Heilmittel. Die Lagerhaltung übernimmt nicht der Bund, sondern die produzierenden Unternehmen.
  • Importerleichterungen: Im Falle von sich abzeichnenden Mangellagen können Zollkontingente ausgeweitet oder Zollabgaben reduziert werden.
  • Exportkontrollen: Die Ausfuhr bestimmter Güter kann aus sicherheitspolitischen Gründen reguliert werden (Exportbewilligung). Allerdings können auch versorgungspolitische Überlegungen relevant sein (z.B. Exportkontrollen einzelner EU-Staaten von medizinischer Ausrüstung im März 2020).
  • Angebots- und Verbrauchslenkung: Hierbei handelt es sich um die gezielte Förderung bei der Produktion bestimmter Güter und Steuerung deren Verwendungszwecks (z.B. Stromkontingentierung von Grossverbrauchern durch die WL).
  • Monitoring-Instrumente: Um die Situation stets im Auge behalten zu können, stehen Informations- und Koordinationsplattformen zur Verfügung (z.B. Online-Meldestelle für lebenswichtige Arzneimittel).