Wenig verbindlicher OECD-Schlussbericht gegen Steuervermeidung

Am Montag hat die OECD die Schlussberichte des Projekts gegen Steuervermeidung und Gewinnverschiebung (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) veröffentlicht. Nur vier der 15 Massnahmen sind verbindlich. Das erleichtert zwar die Umsetzung, birgt aber gleichzeitig die Gefahr des internationalen Wildwuchses. Umso wichtiger sind Investitionen in die Standortattraktivität der Schweiz.

Die gute Nachricht zuerst. Positiv ist, dass das Mammutprojekt auf ein einigermassen verdaubares Mass heruntergebrochen wurde. Bindende Mindeststandards beschränken sich auf den Austausch von Steuerrulings sowie länderspezifischer Daten internationaler Konzerne («country-by-country report»), die Vorgaben für die Patentbox, eine Missbrauchsbestimmung in Doppelbesteuerungsabkommen sowie den Zugang für Unternehmen zur Streitbeilegung bei Doppelbesteuerungen. Beim letzten Punkt ist die Schweiz bereits heute vorbildlich aufgestellt. 

Neu vorgesehen ist zudem ein Monitoring der Umsetzung der Mindeststandards in den einzelnen Staaten durch eine Art «Peer review» im Nachgang des BEPS-Projekts. Das «level playing field» wird dadurch gestärkt, was zu begrüssen ist. Insbesondere wird verhindert, dass gewisse Staaten durch Abseitsstehen einen unfairen Wettbewerbsvorteil erlangen.

Der Zeitplan für die Umsetzung, insbesondere des Datenaustausches, ist ambitioniert. Wichtig ist, dass auch verpflichtende Massnahmen den regulären Gesetzgebungsprozess durchlaufen. Mit Verweis auf verfassungsmässige Prinzipien muss die Schweiz hier allenfalls auf einer verlängerten Umsetzungsfrist beharren. 

Mangels Konsens sind weitere Aktionspunkte nicht als Mindeststandards ausgestaltet, sondern kommen in der Form unverbindlicher Empfehlungen bzw. Best Practices daher. Die OECD lässt den Staaten in der Anwendung grossen Spielraum. Obwohl bzw. gerade weil wenig einschränkend, sind damit Gefahren verbunden. So können insbesondere grössere Staaten mit Verweis auf die OECD-Empfehlungen auf strikten Massnahmen beharren (zum Beispiel bei Regeln der Hinzurechnungsbesteuerung) und damit international Druck ausüben, den Steuerwettbewerb weiter einzuschränken.

Die OECD beziffert den Einnahmeverlust durch Steuervermeidung auf vier bis zehn Prozent der Gewinnsteuereinnahmen. Höchst fraglich ist, ob das vorgeschlagene Paket die erwarteten Mehreinnahmen bringen kann. Solange der internationale Steuerwettbewerb fortwährt, werden Hochsteuerstaaten die Verlierer sein. Der Druck auf steuerlich attraktive Standorte wird deshalb auf absehbare Zeit nicht nachlassen. Bestes Gegenmittel sind sicherlich, höchst wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen aufrechtzuerhalten sowie die Angriffsfläche zu minimieren, was die Schweiz mit der geplanten Unternehmenssteuerreform III anstrebt.