Sparschwein mit Kurs

Corona-Schuldenabbau: Vollständiger Abbau in vernünftiger Frist

Der Bundesrat hat die Vernehmlassung zum Corona-Schuldenabbau gestartet. Neben Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank sollen Überschüsse für den Abbau der Corona-Schulden verwendet werden. Innerhalb von elf Jahren soll auf diese Weise die vollständige Schuldentilgung ohne Sparpakete oder Steuererhöhungen gelingen. Eine Variante, bei der die Schulden nur zur Hälfte verbindlich abgebaut werden, ist nicht nötig und widerspricht einer zentralen Grundregel der Schuldenbremse.

Die zur Abfederung der Corona-Krise beschlossenen Massnahmen des Bundes führen zu hohen Ausgaben. Diese werden im ausserordentlichen Haushalt, auf dem sogenannten Amortisationskonto, verbucht. Der Stand dieses Kontos beträgt Ende 2021 schätzungsweise minus 25 Milliarden Franken. Dieser Fehlbetrag muss gemäss Gesetz innert sechs Jahren abgebaut werden. Eine Fristerstreckung ist jedoch möglich.

Zusatzausschüttungen der SNB fix für Corona-Schuldenabbau

Im Juni hat der Bundesrat einen Vorentscheid gefällt: Zur Beseitigung des Fehlbetrags sollen auch Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) verwendet werden. Es geht um einen Betrag von aktuell bis zu 1,3 Milliarden Franken jährlich. Gewinnausschüttungen der SNB fliessen normalerweise in den allgemeinen Bundeshaushalt. Weil die Ausschüttungen stark gestiegen sind, hat der Bundesrat einen Teil als ausserordentlich deklariert. Dieser Teil, der über dem langjährigen Mittel liegt und deshalb als Zusatzausschüttung gilt, wird in den nächsten Jahren für den Abbau der Corona-Schulden eingesetzt. Der Entscheid liegt in der Kompetenz des Bundesrats und ist nicht Teil der Vernehmlassung. economiesuisse unterstützt diese Lösung.

Variante 1: Vollständiger Schuldenabbau in elf Jahren

Weil mit den Zusatzausschüttungen der SNB die Corona-Schulden nicht in einer überschaubaren Frist amortisiert werden können, schlägt der Bundesrat in der Vernehmlassung die Verwendung weiterer Mittel vor. In einer ersten Variante sollen auch jährliche Überschüsse des ordentlichen Haushalts für den Schuldenabbau verwendet werden. Diese Mittel werden zwar heute schon für den Schuldenabbau eingesetzt, neu würde jedoch der Abbau der Corona-Schulden priorisiert. Zusammen mit den Zusatzausschüttungen der SNB könnten die Corona-Schulden auf diesem Weg in rund elf Jahren getilgt werden. Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen sind nicht erforderlich. Ein Zeitraum von drei Legislaturperioden ist überschaubar und sinnvoll. Die Lösung ist ausgewogen.

Variante 2: Halber Schuldenabbau mit Verrechnung

In einer zweiten Variante würden die Schulden noch schneller abgebaut, allerdings nur auf dem Papier bzw. in der Buchhaltung. Zusätzlich zu Variante 1 würden in Variante 2 «alte» Überschüsse des Bundes mit «neuen» Corona-Schulden verrechnet. Die früheren Überschüsse sind im «normalen», ordentlichen Haushalt angefallen und werden auf dem sogenannten Ausgleichskonto festgehalten. Sie können gemäss Gesetz nur für den Schuldenabbau verwendet werden. Der Stand des Ausgleichskontos beträgt aktuell knapp 30 Milliarden Franken. In diesem Umfang wurden seit der Einführung der Schuldenbremse frühere Schulden abgebaut.

Der positive Saldo des Ausgleichskontos würde in dieser Variante nun mit dem negativen Saldo des Amortisationskontos (d.h. mit den Corona-Schulden) verrechnet. Nicht vollständig, sondern gemäss Variante 2 des Bundesrats im Umfang der Hälfte des Fehlbetrags. Der Corona-Fehlbetrag auf dem Amortisationskonto würde damit auf einen Schlag um 50 Prozent sinken. Der Haken: der Schuldenabbau fände nur auf dem Papier statt. Die Schulden blieben effektiv im verrechneten Umfang bestehen. Ein verbindlicher Abbauplan für diesen Teil der Schulden bestünde mit Variante 2 nicht.

Schuldenbremse kennt keine intertemporale Verwendung von Überschüssen

Die Verrechnung von vergangenen Überschüssen mit neuen Schulden ist, wie Variante 1 zeigt, nicht nötig – ein echter, verbindlicher Schuldenabbau ist in einer sinnvollen Frist möglich und dies ohne Abstriche an anderen Orten.

Gegen Variante 2 spricht auch, dass die Schuldenbremse keine intertemporale Verwendung von Überschüssen zulässt. Der Gesetzgeber hat diese Regel bei der Ausgestaltung der Schuldenbremse bewusst eingefügt, um nach einem rasanten Schuldenanstieg in den 1990er-Jahren einen effektiven Schuldenabbau zu ermöglichen: Überschüsse dürfen wie ausgeführt nur für den Schuldenabbau verwendet werden, eine Übertragung auf spätere Jahre zur Finanzierung von Ausgaben ist nicht möglich. Eine Schuldenverrechnung, wie sie in Variante 2 nun vorgeschlagen wird, käme effektiv einer solchen unzulässigen Übertragung gleich.

Diese zentrale Grundregel der Schuldenbremse sollte nicht verletzt werden. Schon gar nicht, wenn es eine andere, hinsichtlich Wirkung, Transparenz und Systemkonformität deutlich bessere Lösung gibt – wie in Variante 1 vorgesehen.