Wichtige Öffnungsschritte der Post
Die Schweizerische Post hat ihre neue Strategie vorgestellt und damit überrascht. Die Auslagerung des gesamten Poststellennetzes in eine separate Gesellschaft wurde in dieser Form nicht erwartet. Das bietet grosse Chancen für den Wettbewerb im Postmarkt und dessen Weiterentwicklung – allerdings nur sofern es gelingt, diese «Entbündelung» diskriminierungsfrei auszugestalten und den Postkonzern von wettbewerbsverzerrenden Quersubventionierungen abzuhalten.
«Ich hoffe, dass wir nun echten Zugang erhalten.» Mit diesen Worten kommentierte Bernard Germanier, Geschäftsführer von Quickmail, die neue Strategie der Schweizerischen Post. Der von Roberto Cirillo präsentierte Umbau des Postkonzerns scheint vorderhand attraktiv und nachvollziehbar, entscheidend wird aber die tatsächliche Umsetzung sein.
Postauto-Skandal und Governance-Fragen gehen vergessen.
Bereits die vermeintliche Fokussierung macht deutlich, um was für einen umfassenden Grosskonzern es sich bei der Schweizerischen Post handelt. Die spezialgesetzliche Aktiengesellschaft, die zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes steht und bereits die Konzerngesellschaften Post CH AG, PostFinance und PostAuto AG umfasst, soll künftig auch noch durch eine Poststellennetz AG erweitert werden. Die Kernkompetenzen sieht der Bundes-Konzern im Transport von Waren, Informationen, Personen sowie Finanzdienstleistungen. Die Mittel für Wachstum und Grundversorgung sollen zudem die Logistik- und Kommunikationsdienste erwirtschaften. Es wird von Wachstum und Investitionen im Umfang von drei Milliarden Franken gesprochen.
Das breite Spektrum der Tätigkeiten und die unklare Abgrenzung der Grundversorgung vom Wettbewerb sowie auch die Tatsache, dass der Staat über die Strategie der Post seinen Fussabdruck erhöht und privatwirtschaftliche Akteure auch in neuen Märkten unter Druck setzt, geben aber zu denken. Es droht die Gefahr, dass die Post nicht effizienter wird, sondern den Mittelbedarf noch stärker deckt, indem sie privaten Unternehmen ausserhalb ihres Kerngeschäfts mit ungleichen Voraussetzungen das Wasser abgräbt. Vergessen scheint auch der Postauto-Skandal und die von der Politik ziemlich halbherzig eingeleitete Überprüfung der Governance-Strukturen. Die geforderte Entflechtung ist nicht ersichtlich – im Gegenteil: die Verflechtung von Staat und Wettbewerb wird weitergestrickt und die Vermischung von Grundversorgung und Wettbewerb ebenfalls.
The proof of the pudding is in the eating.
Dass die Schweizerische Post – und damit auch der Postmarkt in der Schweiz – in Bewegung kommt, ist zu begrüssen. Gerade in der Pandemiekrise zeigte sich, wie wichtig ein funktionierender Postmarkt und auch eine hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind. Zudem entsteht ein Klumpenrisiko, wenn alles nur von einem Anbieter erledigt wird.
Mehr Markt, mehr Flexibilität und mehr Innovation sind deshalb gefragter denn je. Mit der Auslagerung des Poststellennetzes in eine separate Gesellschaft und der Öffnung dieser «Dienstleistungszentren» für Dritte (notabene eine langjährige Forderung von economiesuisse) wird ein richtiger Schritt gemacht.
Allerdings muss sich noch zeigen, ob die Kooperation mit privaten Dienstleistern wirklich auf Augenhöhe stattfindet. Nicht erwünscht ist ein selbsternannter «Systemführer», der Innovationen unterdrückt und die Konkurrenz durch Diskriminierung im Zaum hält. Deshalb gilt die alte Weisheit: «The proof of the pudding is in the eating.»