Post: So sieht die Wirtschaft die Versorgung der Zukunft
Der Staat garantiert heute Grundleistungen bei Postdiensten und Diensten des Zahlungsverkehrs. Diese Grundversorgung ist jedoch auf Sand gebaut. Die Politik wird sich bald mit der Frage beschäftigen müssen, wie eine nachhaltige Alternative aussehen soll. Dazu präsentiert die Wirtschaft in einem neuen dossierpolitik einen Lösungsansatz.
Eine Expertenkommission arbeitet zurzeit im Auftrag des Bundesrats an einer Neuausrichtung der postalischen Grundversorgung. economiesuisse legt in einem neuen dossierpolitik ihren Lösungsvorschlag vor und zeigt auf, welche Rahmenbedingungen die hochwertige Versorgung aller Landesteile auch in Zukunft sichern.
Es braucht eine neue Marktordnung
Heute existiert ein politisch definiertes Leistungsniveau der Grundversorgung, zu dessen Erbringung die Schweizerische Post alleine verpflichtet ist. Die Analyse der Wirtschaft zeigt: Dieses Leistungsniveau liesse sich an fast allen Orten in der Schweiz vollständig durch den freien Markt sicherstellen. Nur etwa ein Prozent der zu versorgenden Adressen wären noch auf gewisse staatlich garantierte Leistungen angewiesen (physische Zugangspunkte, Samstagszustellung, tägliche Frühzustellung von Zeitungen und Zeitschriften). Im Bereich der Zahlungsdienstleistungen besteht überhaupt keine Unterversorgung. Unter diesen Voraussetzungen muss die geltende Marktordnung infrage gestellt werden. Sowohl das Briefmonopol als auch die auf die Post beschränkte Grundversorgung sind «Flaschenhälse», die zu künstlicher Angebotsverknappung führen. Eine gezielte, anbieterneutrale Ausschreibung gewisser Leistungen wäre die bessere Variante. In den ländlichen Gebieten (sogenannten «C-Gebieten» nach Definition der Schweizerischen Post) gibt es heute rund 4000 Geschäfte des täglichen Bedarfs, die grundsätzlich als Postagenturen geeignet wären. Dieses Potenzial muss genutzt werden. Der Grossteil des Marktes bedarf indessen keinerlei staatlicher Eingriffe – er ist leistungs- und innovationsfähig genug, um die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung zu gewährleisten.
Kundenzentrierung als Schlüssel für eine nachhaltige Entwicklung
Die heutige Grundversorgung dreht sich um Infrastrukturen anstatt um Dienstleistungen – der Kern der Debatte sind Poststellen, Briefkästen, Gehdistanzen, Öffnungszeiten und Ähnliches. Es braucht ein neues Paradigma, in dem die Kundinnen und Kunden ins Zentrum rücken: Die Postdienstleistungen sollen zur Kundin und zum Kunden, nicht umgekehrt.
Die Kundinnen und Kunden müssen an ihrem Wohn-, Einkaufs- oder Arbeitsort flexibel und bedarfsgerecht versorgt werden. Der Erfolg der Agenturen und des Hausservice der Post deutet darauf hin, dass der Paradigmenwechsel funktioniert und die Angebote nachgefragt werden. Auch hier kann ein Ausschreibungswettbewerb zusätzlich belebend wirken und neue Dienstleistungen hervorbringen.
Staatliche Leistungsaufträge und Abgeltungen wo nötig
Die an das Monopol der Post geknüpfte, eigenwirtschaftliche Erbringung der Grundversorgung ist intransparent und alles andere als «eigenwirtschaftlich». Die Politik muss dieser Tatsache ins Auge blicken und entsprechende Anpassungen der Rahmenbedingungen vornehmen. Der von der Post eingeschlagene Weg führt zu immer mehr Wettbewerbsverzerrungen und erzeugt so volkswirtschaftliche Schäden, die in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Mehrwert stehen. Anstatt auf diese Weise weiterzufahren, müssen, dort wo nötig, anbieterneutrale staatliche Leistungsaufträge ausgeschrieben und durch den Staat abgegolten werden. So erhält die Versorgung ein transparentes Preisschild und Fehlanreize, die letztlich zulasten der Endkonsumentinnen und Endkonsumenten gehen, werden beseitigt.