Widersprüchliche Argumente und irreführende Zahlen: Getäuscht wird, wer der SP glaubt
Die SP hausiert mit irreführenden Zahlen und widersprüchlichen Argumenten. Das ist gefährlich, wenn es um wichtige Reformen wie diejenige der AHV 21 und der Verrechnungssteuer oder um den Staatshaushalt geht.
Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SP) schwingt gerne die Moralkeule. Vom Hochsitz der «guten» Gesinnung lässt sich damit nonchalant einprügeln auf alle, die Verantwortung tragen, auch gerne auf die Wirtschaft. Doch wer hohe Ansprüche hat, sollte diesen auch selbst genügen. Leider scheint das die SP nicht so eng zu sehen, wenn es um die Redlichkeit der eigenen Argumente geht. Drei aktuelle Beispiele.
Reform der Verrechnungssteuer: «Sie führt zu Steuerausfällen von jährlich bis zu 800 Millionen Franken»
Bei der Reform der Verrechnungssteuer baut die SP auf die Drohkraft grosser Zahlen: Dreimal mehr Steuerausfälle hätte die Reform zur Folge, würden die Zinsen steigen. Auf eine solche Möglichkeit hatte der Bundesrat verwiesen in der Antwort auf eine SP-Anfrage. Was der Bundesrat aber ebenfalls sagte: «Diese Mindereinnahmen […] sind hypothetisch […] Denn ab dem ersten Reformjahr beginnen die positiven Impulse der Reform zu wirken, so dass sich der hypothetische Aufkommenseffekt nicht einstellen wird.» Das Parlament hatte die Reform so abgeändert, dass die neue Besteuerung nicht sofort, sondern nach und nach einsetzt. In einer Notiz vom letzten Dezember, die öffentlich und auch der SP bekannt ist, weist der Bundesrat explizit darauf hin, dass zu Beginn «deutlich tiefere Mindereinnahmen» resultieren und die Reform deshalb bereits von Anfang an selbsttragend sein kann. Dennoch hausiert die SP weiterhin schamlos mit ihren irreführenden Zahlen. Getäuscht wird eben, wer der SP glaubt.
AHV 21: «Die Vorlage schwächt die Kaufkraft»
Die SP bekämpft zweitens die im September zur Abstimmung gelangende AHV-Reform (AHV 21) neuerdings mit dem Argument, die vorgesehene Erhöhung der Mehrwertsteuer würde die Kaufkraft schwächen – «und das in einer wirtschaftlichen Situation, in der die Kaufkraft der Menschen bereits stark unter Druck ist». Im Juni 2021, noch mitten in der Corona-Pandemie mit allen ihren wirtschaftlichen Unsicherheiten, verlangte die SP im Parlament eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für die AHV um 0,7 Prozentpunkte – entlang der Linie des eigenen Bundesrats. Eine bürgerliche Mehrheit setzte eine tiefere Erhöhung um 0,4 Prozentpunkte durch. Die SP lehnte ab: «Tiefere Mehrwertsteuerbeiträge» würden die Rentenzahlungen der Zukunft gefährden. Abgesehen davon, dass die SP damals ein finanzielles Problem bei der AHV (zu Recht) anerkannte und heute, kaum ein Jahr später, nicht mehr, ist auch der Slalomkurs bezüglich Mehrwertsteuer bemerkenswert. Mit Mehrwertsteuererhöhungen für die AHV hatte die SP nie ein Problem. Denn, so die SP in ihrer Vernehmlassungsantwort zur AHV 21: «Le fait qu’une grande partie des recettes de la TVA résulte de la consommation de biens coûteux et que lesdites recettes sont reversées directement dans l’AVS atténue fortement le caractère antisocial de cet impôt.» Mit anderen Worten: Eine höhere Mehrwertsteuer ist nicht unsozial, sondern akzeptabel, weil vor allem Reiche mit dem Konsum teurer Leistungen die Mehrwertsteuer bezahlen und damit die AHV alimentieren. Wie jetzt? Sorgt sich die SP nun um die Kaufkraft der Bevölkerung? Man weiss es nicht. Wenn die Reichen bezahlen, ist das Kaufkraftargument egal. Falls es nicht egal ist, hat das die SP die längste Zeit nicht gekümmert. Wie auch immer: Getäuscht wird, wer der SP glaubt.
Höhere Abzüge für Krankenkassenprämien: «Geld, das in der Staatskasse fehlt»
Der Bundesrat schlägt vor, den Abzug bei der direkten Bundessteuer für bezahlte Krankenkassenprämien zu erhöhen. Er setzt damit einen Auftrag um, den ihm das Parlament gegeben hat. Die höheren Abzüge kosten den Bund 300 Millionen Franken. Der Bundesrat ist besorgt über die Mindereinnahmen – und mit ihm die SP. «Für die SP Schweiz ist klar: Wenn das Geld in der Staatskasse fehlt, zahlt die Bevölkerung den Preis dafür.» Die SP macht im Folgesatz Werbung für ihre eigene Lösung: die Prämienentlastungs-Initiative. Kostenpunkt: fast fünf Milliarden Franken. Selbst ein – gemäss SP «vielversprechender» – Gegenvorschlag des Parlaments führte noch zu Kosten von 1,3 Milliarden Franken. Die Vorlagen unterscheiden sich inhaltlich zwar, aber das ist nicht der Punkt. Ob es Mindereinnahmen oder Mehrausgaben sind: in beiden Fällen geht es um Geld, das in der Staatskasse fehlt – im Fall der SP-Initiative einfach zigfach mehr. Die SP als Hüterin der Staatskasse? Und so gilt leider auch hier und zum Dritten: Getäuscht wird, wer der SP glaubt.
Irreführende Zahlen und widersprüchliche Argumente sind unredlich und gefährlich
Wenn es um Kleinigkeiten ginge, könnte man ob dieser unredlichen Hüst-und-Hott-Politik vielleicht ein Auge zudrücken. Leider ist es nicht so. Sowohl bei der AHV 21 als auch bei der Reform der Verrechnungssteuer handelt es sich um wichtige Vorlagen für die Schweiz. Und auch der Zustand der Bundesfinanzen ist nicht egal: Es geht um nicht weniger als einen funktionsfähigen Staat, der nicht in Schulden und Politikversagen versinkt (siehe auch: Dem Bundeshaushalt droht eine strukturelle Überlastung). Unterschiedliche Weltanschauungen und Meinungen sind ok. Falsche Zahlen und Argumente, die nach Belieben gewendet und verkehrt werden, sind es nicht. Sie sind, was sie sind: irreführend und unredlich.