Vier Trends im Steuerbereich
Entstehen neue Steuern und Gebühren ohne Kompensation, muss die Wirtschaft gegen diese vorgehen.
Welche erkennbaren Steuertrends herrschen, und wie kann die Wirtschaft damit umgehen? Heute sind vier Entwicklungen erkennbar:
«The Consumer is king»: Konsum als wichtigste Besteuerungsgrundlage
Verbrauchssteuern in allen Formen sind die Steuerkönige der Zeit. Die Einnahmen durch Mehrwertsteuern stehen weltweit auf einem Allzeithoch, ebenso die Steuersätze. Noch die löchrigste Konsumsteuer wirft hohe Erträge ab, das Inkasso machen die Firmen gratis, der Steuerwiderstand ist vergleichsweise gering – ein klarer business case für steuerhungrige Staatswesen. Die fortschreitende Moralisierung unserer Lebenswelt wird das Wachstum aller möglichen Verbrauchssteuern noch befördern (Zucker-, Fett-, Drecksteuern und vieles mehr). Auch die klassische Firmenbesteuerung steht im Fokus der Konsumorientierung. EU-Staaten wollen Google & Co. nach dem Umsatz (statt wie herkömmlich nach dem Gewinn) besteuern, auch die US-Steuerreform zielte ursprünglich in eine solche Richtung. Grosse Schwellenländer verlangen längst, dass Firmen besteuert werden, wo der Konsum (millionen- und milliardenfach) stattfindet. Der Konsum als erste und wichtigste Besteuerungsgrundlage – dieses Modell dürfte Zukunft haben.
«Ich bin auch eine Kausalabgabe»: verstärkter Gebührenboom
Die Idee, bei der Abgabenerhebung beim Verbrauch anzusetzen, treibt auch die Gebühren an. Zu den ältesten Abgabeformen überhaupt gehörend, sind sie (wie man am eigenen Leib fortlaufend erfährt) alles andere als ein Auslaufmodell. Zum einen erhält der Staat durch die fortlaufende Regulierung laufend neue Kompetenzen, die ihn in die Lage versetzen, neue, zusätzliche Gebühren zu erheben. Zum andern erfordern Gebühren anders als Steuern keine Verfassungsgrundlage, was das Gebührenwachstum stark vereinfacht. Absehbar ist, dass der Charakter verschiedener Abgabearten zunehmend verwischt wird. Steuern werden also vermehrt im Kleid der Gebühren daherkommen. Ein hierzulande bekanntes Beispiel ist die geräteunabhängige Empfangsgebühr, die trotz klarer Steuermerkmale mit dem Etikett der «Kostenanlastungsabgabe» versehen wurde.
«Robotersteuern et al.»: Druck für höhere Besteuerung des Kapitals
Robotersteuern mögen in aller Munde sein – neu ist die Idee nicht. Schon vor Jahrzehnten wurde propagiert, Maschinen zu besteuern. Was die Forderung heute bemerkenswert macht, ist ihr Zeitpunkt: Sie passt zu einem breiter feststellbaren Trend, Kapital stärker zu besteuern. Zwar sagt die Evidenz, dass hohe Abgaben auf Kapital der Volkswirtschaft schaden und schlecht sind für Arbeitsplätze und Löhne. Entsprechend wurde früher eher darauf abgezielt, Kapital steuerlich zu entlasten. Heute gehen laute Forderungen in die Gegenrichtung, in der Schweiz und international. Die Robotersteuer, die nichts anderes darstellt als eine Besteuerung von Betriebskapital, steht für diesen Trend und ist darum (und nur darum) bemerkenswert.
«Die Zukunft ist (auch) digital»: Herausforderung neuer Technologien
Als Idee bleibt die Robotersteuer rückwärtsgewandt – anders als Fragen, die sich mit effektiv Neuem auseinandersetzen. Wirtschaftliche Strukturen ohne klare Grenzen und beständige Ordnungen; Produktions- und Austauschprozesse, die sich der sichtbaren Welt entziehen; Güter ohne physische Präsenz, «entdinglicht» und «virtuell» – es sind solche Erscheinungen, gemeinhin der digitalen Entwicklung zugeordnet, die auch für das Steuerwesen neue Herausforderungen darstellen. Firmen oder sich ad hoc konstituierende Konglomerate generieren über den Erdball verteilt dezentral Daten, mit denen sie, ohne je eine Zollstation zu passieren, 3D-Drucker auf der ganzen Welt bedienen oder die Grundlage für effiziente Sharing-Modelle schaffen. Der in Kryptowährungen abgewickelte Zahlungsverkehr wird von keiner Registrierkasse verzeichnet und auf keinem Bankauszug festgehalten. Diese Entwicklungen werfen auch für das Steuerwesen Fragen auf, die mit alten, «analogen» Antworten zum Teil nicht mehr beantwortet werden können und effektiv in die Zukunft weisen.
Diese Entwicklungen werfen auch für das Steuerwesen Fragen auf, die mit alten, «analogen» Antworten zum Teil nicht mehr beantwortet werden können und effektiv in die Zukunft weisen.
Nicht alles, was nach «digital» aussieht, stellt jedoch tatsächlich neues Terrain dar. Wenn Päckchen aus China millionenfach um den Globus geschickt werden, macht das das Internet zwar erst möglich, das steuerliche Hauptproblem ist aber ein ganz altweltliches. Nämlich ob die Sendungen aus Wettbewerbsgründen bei der Einfuhr der Mehrwertsteuer unterliegen (ab 2019 tun sie es in der Schweiz) und wie sichergestellt werden kann, dass diese auch bezahlt wird.
Die Frage ist nun, was diese Entwicklungen für die Wirtschaft bedeuten. Klar ist, dass die Wirtschaft sich mit diesen Entwicklungen beschäftigen muss. Wo neue Steuern und Gebühren unkompensiert eingeführt werden, wird sie diese bekämpfen müssen. Namentlich hohe Steuern auf dem Kapital sind nicht akzeptabel. Wo sich die Besteuerungsgrundlagen effektiv verändern, wird darauf zu drängen sein, dass für die Wirtschaft akzeptable Lösungen gefunden werden.