Bundesfinanzen: Kein Grund zur Aufregung
Der Bundeshaushalt hat 2019 besser als erwartet abgeschlossen. Ein Grund zur Aufregung ist das nicht. Und erst recht nicht sollte darum die Schuldenbremse infrage gestellt werden.
Der Bundesrat spricht von einem «erfreulichen Überschuss». Tatsächlich schloss die Rechnung des Bundes 2019 fast zwei Milliarden Franken besser als budgetiert ab. Statt einem ordentlichen Überschuss von 1,2 Milliarden Franken resultierte ein Plus von 3,1 Milliarden Franken. Ein Überschuss ist zweifellos erfreulich. Tatsächlich ist mit Bezug auf das Rechnungsergebnis 2019 vor allem aber Nüchternheit angesagt. Für Aufregung besteht keinerlei Grund.
Nüchterne Beurteilung der Mehreinnahmen
Spektakulär ist an den Haushaltszahlen wenig. Der ungeplante Überschuss rührt einmal mehr vor allem aus der Verrechnungssteuer her (+1,3 Mrd.). Die Planungsschwierigkeiten dieser Steuer sind bekannt. Wieso die Eingänge derzeit auf einem Allzeithoch stehen, ist nicht restlos klar. Aufgrund der Negativzinssituation handelt es sich zum Teil um Gelder, die erst verspätet zurückgefordert werden (der Zinssatz beim Bund für Guthaben ist «immerhin» null). Denkbar sind auch Kapitalabflüsse als Folge der US-Steuerreform, die im Moment zu steuerlichen Mehrerträgen führen, längerfristig der Schweiz aber fehlen werden. Die hohen Verrechnungssteuereinnahmen sind also mit Vorsicht zu geniessen. Sie dürften vorübergehender, nicht struktureller Natur sein.
Erfreulich ist hingegen das gute Ergebnis der Gewinnsteuer (+0,5 Mrd.). Trugen Schweizer Firmen vor 20 Jahren erst halb so viel zur Bundessteuer bei wie die Einkommen der Privathaushalte, liegen die Steuerbeiträge der Firmen heute um eine halbe Milliarde höher. Unter den Erwartungen lag 2019 die Mehrwertsteuer (-0,9 Mrd.). Das schwache Ergebnis zeigt, dass die Bäume bei den Einnahmen nicht nur in den Himmel wachsen, sondern, zum Beispiel je nach Konjunkturgang, auch das Umgekehrte möglich ist.
Keine übervorsichtige Budgetierung
Auch bei den Ausgaben ist ein nüchterner Blick angezeigt. Sie liegen eine knappe Milliarde unter dem Budget. Die Differenz beträgt 1,3 Prozent – bei einem 70-Milliarden-Budget ist das fast eine Punktlandung. Zwei Drittel der Minderausgaben entfallen auf die Soziale Wohlfahrt, wo weniger Asylgesuche als geplant zu tieferen Ausgaben geführt haben (-0.6 Mrd.). Daneben kam es bei Rüstungsgeschäften zu Verzögerungen (-0.3 Mrd.). Die sogenannten Kreditreste werden als Anlass zur Kritik an der Schuldenbremse genommen. Diese sei zu restriktiv und halte die Ausgaben künstlich (zu) tief. Über den Sinn oder Unsinn einer Anpassung der Schuldenbremse lässt sich streiten. Offensichtlich ist jedoch, dass gerade das Rechnungsergebnis 2019 nicht für eine Anpassung spricht. Die 2019 eingetretenen Kreditreste sind klar das Resultat von Sondereffekten und nicht von einer – so der Vorwurf – strategisch übervorsichtigen Budgetierung.
Positive Bundesfinanzen dank Schuldenbremse
Der Bund hat seit dem Schuldenhöchststand im Jahr 2005 seine Schulden um über 30 Milliarden Franken abgebaut und den Haushalt dadurch substanziell entlastet. Neue, nachhaltige und nicht schuldenfinanzierte Ausgaben sind dadurch möglich geworden. Kreditreste werden heute für den Schuldenabbau verwendet. Sie haben massgeblich zu dieser positiven Entwicklung beigetragen.
Das wirklich Erfreuliche an der Rechnung 2019 ist denn auch die gute Gesamtlage der Bundesfinanzen. Diese gilt es zu würdigen. Sie ist der hohen Kontinuität der Schweizer Volkswirtschaft zu verdanken. Und, man kann es nicht oft genug sagen: der Schuldenbremse.