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Ausländische Investitionen – Erfolgsfaktor statt Gefahrenquelle für unsere Volkswirtschaft

25.01.2019

Auf einen Blick

Ausländische Investitionen sind für die offene und international stark vernetzte Schweizer Volkswirtschaft ein zentraler Erfolgsfaktor. Umso kritischer sieht die Schweizer Wirtschaft deshalb politische Forderungen nach staatlichen Investitionskontrollen. Die Schweiz würde damit ohne sachliche Notwendigkeit auf einen protektionistischen Zug aufspringen. Nicht die Kontrolle ausländischer Investoren, sondern die politischen Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit in der Schweiz sind zu stärken.

Das Wichtigste in Kürze

Der Wohlstand in der Schweiz basiert stark auf der Offenheit ihrer Märkte und der internationalen Vernetzung der Wirtschaft. In diesem Zusammenhang ist der freie Fluss von Investitionen zentral. Direktinvestitionen helfen mit, die Wirtschaft mit ausreichend Kapital zu versorgen, sie sichern mehr als jeden zehnten Arbeitsplatz im Inland und sie stärken sowohl die Exportdynamik, wie auch die Standortattraktivität und Innovationsfähigkeit der Schweiz.

Vor dem Hintergrund weltweit zunehmend protektionistischer Tendenzen und mit Verweis auf ausgewählte Firmenübernahmen durch chinesische Unternehmen und Staatsfonds ist auch in der Schweiz der Ruf nach einer stärkeren Kontrolle ausländischer Investitionen durch die Politik lauter geworden.

Allerdings fehlen entsprechende Hinweise oder Fakten, die den damit verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Eigentums- und unternehmerische Freiheit rechtfertigen würden. Zudem verfügt der hiesige Investitionsstandort bereits heute über griffige Instrumente im Umgang mit ausländischen Investoren. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass mit staatlichen Investitionskontrollen nicht so sehr legitime Sicherheitsüberlegungen, sondern vermehrt auch industriepolitische und protektionistische Anliegen gestärkt werden.

Der Schweizer Wirtschaftsstandort muss jedoch auch in Zukunft für ausländische Investoren attraktiv und offen bleiben. Die Schweizer Wirtschaft lehnt deshalb staatliche Investitionskontrollen klar ab.

Position economiesuisse

  • Wohlstand, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Schweiz sind keine Frage der Besitzverhältnisse hiesiger Unternehmen: Nicht die Kontrolle ausländischer Investoren, sondern die politischen Rahmenbedingungen für die Unternehmenstätigkeit in der Schweiz sind zu stärken.
  • Bereits heute existieren griffige Instrumente, um sicherheitsrelevante Infrastrukturen und Unternehmen mit besonderer Bedeutung für die Volkswirtschaft gezielt zu schützen.
  • Die in der Schweiz beobachteten Übernahmen (u.a. Syngenta, Gategroup) durch chinesisch Investoren gefährden die öffentliche Sicherheit und Ordnung in keiner Weise.
  • Die einseitige Einführung staatlicher Investitionskontrollen provoziert Gegenmassnahmen wichtiger Handelspartner. Für die Exportnation Schweiz würde dadurch der Marktzugang erschwert.
  • Eine Gleichbehandlung Schweizer Investoren im Ausland (Reziprozität) ist zwar wünschenswert, mit staatlichen Investitionskontrollen aber nicht erreichbar.
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Ausländische Direktinvestitionen in der Schweiz – Chance oder Risiko?

Der Wohlstand in der Schweiz basiert stark auf der Offenheit ihrer Märkte und der internationalen Vernetzung der Wirtschaft. Bei den heutigen grenzüberschreitenden Wertschöpfungsketten produzieren Unternehmen Güter und Dienstleistungen meist nicht mehr in einem einzigen Land, sondern dort, wo die Rahmenbedingungen für einzelne Produktionsschritte am besten sind. In diesem Zusammenhang ist der freie Fluss von Investitionen zentral. Sie sind auch für die erfolgreiche Schweizer Volkswirtschaft kein Sahnehäubchen, sondern ein unentbehrliches Treibmittel: Sie stärken und fördern die Exportdynamik und die Standortattraktivität gleichermassen. Gerade weil die Schweiz sich gegenüber ausländischen Investitionen offen – aber keinesfalls naiv – verhalten hat, konnte sie sich trotz kleinem Heimmarkt im internationalen Standortwettbewerb gegenüber der weltweiten Konkurrenz behaupten.

Problematisch ist folglich weniger die Anwesenheit, sondern vielmehr die Abwesenheit ausländischer Investoren oder deren Rückgang. Trotz der häufig unterschätzten Vorteile einer global vernetzten Wirtschaft sind in jüngster Zeit aber weltweit zunehmend protektionistische Tendenzen zu beobachten. Gemäss dem Global Trade Alert haben die G-20-Staaten allein 2017 rund 2,5-mal mehr protektionistische als liberalisierende staatliche Interventionen lanciert. In diesem Zusammenhang waren Schweizer Investoren seit Beginn der Finanzkrise 2009 von nicht weniger als 28 Staatsinterventionen direkt betroffen – 19 davon beeinflussten ihre Investitionstätigkeit vor Ort negativ.

Grafik 1: Weltweite Übersicht staatliche Interventionen

Globaler Trend zur Zunahme protektionistischer Eingriffe.

Weltweite Übersicht staatliche Interventionen

Zweifelhafte Verlockung von Kapitalkontrollen auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz ist der Ruf nach einer stärkeren Kontrolle ausländischer Investitionen durch die Politik lauter geworden. Verschiedene parlamentarische Vorstösse fordern konkret die Einführung einer staatlichen Investitionskontrolle für ausländische Direktinvestitionen. Gleichzeitig wurde der Bundesrat mit der Erstellung eines entsprechenden Prüfberichts beauftragt (vgl. Motion 18.3021 , Postulate 18.3376 und 18.3233 ). Kritisiert wird zudem die fehlende Gleichbehandlung (Reziprozität) zwischen ausländischen Investoren in der Schweiz und Schweizer Investoren in den jeweiligen Gaststaaten.

Insbesondere mit Verweis auf Firmenübernahmen durch chinesische Investoren und die Aktivitäten ausländischer Staatsfonds wird vor Wettbewerbsverzerrungen, einem Verlust von Know-how und Arbeitsplätzen und Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz gewarnt – allerdings ohne entsprechende Hinweise oder Fakten. Klar ist jedoch: Die Schweiz profitiert überdurchschnittlich stark von ausländischen Direktinvestitionen, reagiert aber auch besonders sensibel auf Veränderungen der politischen Rahmenbedingungen in diesem Bereich.

Nicht nur die Einführung staatlicher Investitionskontrollen, sondern auch der damit verbundene Eingriff in die Eigentums- und Wirtschaftsfreiheit betrachtet die Wirtschaft deshalb äusserst kritisch. Zu einer ebenfalls ablehnenden Beurteilung gelangt auch eine Studie von Avenir Suisse . Zudem erarbeitet der Bundesrat derzeit einen Bericht zur Frage der Investitionskontrollen. Das vorliegende dossierpolitik zeigt die positiven Effekte ausländischer Investitionstätigkeit in der Schweiz auf.

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Hohe Bedeutung von Direktinvestitionen für die Schweiz

Gerade die innovationsbasierte Exportnation Schweiz ist in erheblichem Masse auf eine innovative und leistungsfähige Industrie angewiesen. Doch eine wertschöpfungsintensive Wirtschaft braucht viel Kapital für neue Ideen, Technologien sowie für Entwicklung und Markterschliessung. Hinzu kommt die demografische Entwicklung. In einer alternden und schrumpfenden Bevölkerung muss der fehlende Nachwuchs durch eine höhere Produktivität aufgefangen werden. Direktinvestitionen aus dem Ausland in der Schweiz spielen dabei eine wichtige Rolle: Sie helfen entscheidend mit, die Versorgung der Wirtschaft mit ausreichend Kapital sicher zu stellen.

Was sind Direktinvestitionen?

Direktinvestitionen sind für viele Unternehmen ein Kernelement ihrer Internationalisierungsstrategie. Im Gegensatz zum Export von Gütern und Dienstleistungen ist mit Direktinvestitionen die direkte und dauerhafte Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit eines anderen Unternehmens im Ausland verbunden. Dies kann die Eröffnung einer Zweigstelle, das Engagement in einem Joint Venture, die Gründung von Tochtergesellschaften oder Unternehmenskäufe und Fusionen beinhalten. In der Regel ist damit eine Beteiligung in der Höhe von mindestens zehn Prozent der Stimmrechte oder die Gründung einer eigenen Tochtergesellschaft (z. B. Betriebsstätte) verbunden. Indem Direktinvestitionen auch zum Produktivitätswachstum des jeweiligen Gastlandes beitragen und den Wissenstransfer fördern, stellen sie zudem eine wichtige Triebkraft der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung dar.

Die Schweiz profitiert erheblich von der internationalen wirtschaftlichen Verflechtung, reagiert aber auch äusserst sensibel auf diesbezügliche Störfaktoren. Dies zeigen nicht nur der Aussenhandel, sondern auch die Direktinvestitionen: Während gemäss Zahlen der Schweizerischen Nationalbank im Inland domizilierte Unternehmen im 2016 noch 86 Milliarden Franken im Ausland investierten, haben diese im 2017 rund 34 Milliarden Franken – insbesondere aus Europa (v. a. IRL, GBR) – abgezogen. Diese rückläufige Tendenz setzt sich damit seit 2015 unverändert fort. Im Gegenzug flossen in diesen Jahren ausländische Direktinvestitionen in der Höhe von 60 beziehungsweise 38 Milliarden Franken in Unternehmen in der Schweiz. Der Bestand an Direktinvestitionen ist nicht minder beeindruckend: Im Jahr 2017 erreichte dieser in der Schweiz 1088 Milliarden Franken (163 Prozent des BIP), jener von Schweizer Investoren im Ausland betrug gar 1228 Milliarden Franken (184 Prozent des BIP).

Grafik 2: Direktinvestitionen und konjunkturelles Aussenhandelsvolumen der Schweiz

Keine Einbahnstrassen: Der Investitionsstandort Schweiz gehört nicht nur zu den grössten Geber-, sondern auch zu den wichtigsten Empfängernationen.

Direktinvestitionen und konjunkturelles Aussenhandelsvolumen der Schweiz

Damit ist klar: Direktinvestitionen sind wie der Aussenhandel keine Einbahnstrassen. Die Schweiz nimmt basierend auf Zahlen der UNCTAD gemessen am Bestand sowohl unter den Direktinvestoren als auch unter den Empfängernationen einen Platz in den weltweiten Top Ten ein. Der grösste Teil der Gelder kommt aus den USA und der EU. Sie vereinigen mehr als 80 Prozent des ausländischen Kapitalbestands in der Schweiz.

Wem gehören die grössten «Schweizer» Unternehmen?

Die internationale Verflechtung auf den Kapitalmärkten und die Rolle als Investitionsstandort machen sich auch in der Eignerstruktur der Schweizer Unternehmen bemerkbar: Eine von der «NZZ» zusammen mit der UBS 2015 durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Aktien der 30 grössten Schweizer Unternehmen zu überwältigenden 82 Prozent in ausländischer Hand sind. Der grösste Anteil von Anlegern kommt mit 43 Prozent aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Danach folgen Investoren aus der Schweiz (17,8 Prozent), Luxemburg (8,5 Prozent), Grossbritannien (6,5 Prozent), Norwegen (6,0 Prozent), Deutschland und Schweden (je 2,0 Prozent). Die Mehrheit der ausländischen Anteilseigner sind Anlagegesellschaften (32,9 Prozent), gefolgt von Staatsbeteiligungen und Staatsfonds (4,0 Prozent) und Einzelinvestoren (1,6 Prozent). Hedge-Funds sind lediglich mit einem Anteil von 0,9 Prozent vertreten. Somit überwiegen bei den ausländischen Investoren jene Akteure, die naturgemäss eine längerfristige Geschäftsperspektive im Fokus haben.

Investitionen in der Schweiz als Treiber für Arbeitsplätze und Wohlstand

Auslandsinvestitionen in der Schweiz finden hauptsächlich aus zwei Gründen statt. Einerseits sollen neue Absatzmärkte erschlossen werden. Ausländische Unternehmen wollen vom zahlungskräftigen Schweizer Absatzmarkt profitieren oder von hier aus den europäischen Markt bedienen. Insbesondere Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor können kundenspezifische Problemlösungen häufig nicht wie Güter exportieren, sondern bieten diese mithilfe von Investitionen in eine Niederlassung vor Ort an. Andererseits möchten die Unternehmen vom lokal vorhandenen Know-how profitieren. Das stärkt die Schweiz substanziell. Nicht nur über zusätzliche Steuereinnahmen und neues Wissen, das ausländische Unternehmen in die Schweiz bringen, sondern auch durch zusätzliche Arbeitsplätze.

Grafik 3: Internationale Investitionen schaffen Arbeitsplätze in der Schweiz

Zahl der angekündigten neuen Arbeitsplätze auf Rekordniveau: Die im Rahmen von internationalen Investitionsprojekten neu geschaffenen Arbeitsplätze nehmen zu.

Internationale Investitionen schaffen Arbeitsplätze in der Schweiz

In der Schweiz beschäftigten ausländisch kontrollierte Unternehmen rund 460’000 Mitarbeitende, was basierend auf Zahlen der Schweizerischen Nationalbank rund elf Prozent der privatwirtschaftlichen Gesamtbeschäftigung entspricht. Gemäss Berechnungen von EY wurden allein im Jahr 2016 von diesen Unternehmen 3'416 zusätzliche Stellen geschaffen. Dabei sind die meisten Arbeitsplätze im Bereich Forschung und Entwicklung entstanden. Internationale Unternehmen, die in der Schweiz investieren, konzentrieren ihre hiesigen Aktivitäten nämlich zumeist auf forschungsintensive Bereiche mit hoher Wertschöpfung. So befinden sich auch die Hauptsitze vieler multinationaler Unternehmen und eine Vielzahl ihrer Forschungslabore in der Schweiz – da der hiesige Standort einen erstklassigen Zugang zu hoch qualifizierten Mitarbeitenden und gute Rahmenbedingungen aufweist. Dadurch erhöht sich die Arbeitsproduktivität. Ausdruck davon ist das steigende Reallohnniveau in der Schweiz – im Schnitt hat dieses seit 1975 mehr als ein halbes Prozent pro Jahr zugenommen.

Wachsende Investitionen aus Schwellenländern als Chance für die Schweiz

Auch wenn die meisten multinationalen Unternehmen nach wie vor von Investoren aus reicheren Ländern dominiert werden, stammt der Kapitalzufluss längst nicht mehr nur aus diesen Wirtschaftsräumen. Zu den Investoren aus Industrienationen gesellen sich zunehmend auch solche aus Schwellenländern, unter anderem aus China, was neue politische Befindlichkeiten weckt. Befürchtungen, wonach Direktinvestitionen aus Schwellenländern einheimische Arbeitsplätze vernichten würden, sind aber unbegründet.

Unternehmen aus Schwellenländern haben die gleichen Interessen wie andere ausländische Unternehmen: Sie wollen den Schweizer Markt erschliessen, vom Fachkräftepool profitieren und Geschäftsverbindungen mit hiesigen Partnern verstärken. Darüber hinaus können Direktinvestitionen aus Schwellenländern umgekehrt Schweizer Unternehmen neue Zugangswege zu den Heimatmärkten der Investoren öffnen. Die ausländischen Unternehmen sind mit den Gegebenheiten in ihren Heimatländern gut vertraut und verfügen über ein breites Netzwerk. Durch ihr Engagement in der Schweiz entstehen enge geschäftliche Bindungen und Wettbewerbsvorteile für Schweizer Unternehmen bei der Erschliessung dieser Märkte. Auch die Nutzung der erworbenen Technologien in den Herkunftsländern der Investoren kann für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz vorteilhaft sein. Eine verbesserte technologische Ausstattung hebt dort den Wohlstand und verbessert die soziale und die ökologische Situation. Das ist ein wichtiger Beitrag der Wirtschaft zu einer nachhaltigen Entwicklung, der die Industrieländer gleichzeitig von Hilfs- und Unterstützungsleistungen im Rahmen der Entwicklungspolitik entlastet.

Kein «Ausverkauf» Schweizer Unternehmen an chinesische Investoren

Investitionen chinesischer Investoren in Europa beherrschen die Schlagzeilen. Von 2006 bis 2016 ist die Zahl der chinesischen Übernahmen in Europa gemäss Analysen von EY kontinuierlich von 40 auf 309 pro Jahr angestiegen. Ein deutliches Zeichen für die wachsende Internationalisierung und Vernetzung der chinesischen Wirtschaft im Zuge des starken Wirtschaftswachstums. Gleichzeitig wachsen die öffentliche Aufmerksamkeit und Skepsis hierzulande, wenn ein Investor aus China einen Anlauf unternimmt, ein hiesiges Unternehmen zu übernehmen. So geschehen 2016 mit der Übernahme von Syngenta durch Chem China – mit einem Transaktionswert von 43 Milliarden US-Dollar eine der grössten chinesischen Übernahmen im Ausland überhaupt. Syngenta befand sich jedoch bereits damals mehrheitlich in ausländischem Besitz.

Grafik 4: Kleine Zahl chinesischer Übernahmen in Europa

Zwar gehört der Syngenta-Deal zu den grössten seiner Art: Dennoch machen chinesische Übernahmen nur einen kleinen Teil aus.

Grafik Anzahl chinesischer Übernahmen in Europa

Ein Blick in die jüngste Übernahmestatistik zeigt aber, dass die Furcht vor übermässigen Investitionen aus China in Schweizer Unternehmen übertrieben ist: Zwischen 2014 und 2017 gab es insgesamt gerade mal 20 Transaktionen, in denen chinesische Investoren eine Mehrheitsbeteiligung an einem Schweizer Unternehmen erwarben. Dies sind nur drei Prozent aller Übernahmen von Schweizer Unternehmen in dieser Periode, wie Untersuchungen von KPMG zeigen.

Dennoch ist die Skepsis verständlich. Chinas grosse Konzerne – darunter auch Chem China – sind nicht selten direkt vom Staat kontrolliert oder auf gute Beziehungen zum kommunistischen Parteiapparat angewiesen. Beurteilt dieser eine Übernahme etwa aus technologischer Sicht als im nationalen Interesse, können die Chinesen für ein westliches Unternehmen meist einen besseren Preis bieten als private Mitbewerber. Neue Technologie durch den Kauf eines Unternehmens zu erwerben, gehört allerdings zur Marktwirtschaft und ist besser als illegale oder erzwungene Aneignung geistigen Eigentums.

Positive Erfahrung deutscher Unternehmen mit chinesischen Investoren

In einer Studie aus dem Jahr 2013 hat PwC 22 Unternehmen befragt, die von chinesischen Investoren übernommen wurden. Die Erfahrungen zeigen Folgendes: Erstens erhalten und stärken chinesische Investoren den Standort Deutschland und die Arbeitsplätze langfristig. Den Technologievorsprung, über den die deutschen Unternehmen betreffend Qualität und Innovation verfügen, können sie längerfristig halten – trotz Technologietransfer. Zweitens konnten viele deutsche Unternehmen ihre Unabhängigkeit und operativen Strukturen in erstaunlich hohem Mass erhalten. Die meisten chinesischen Investoren hielten sich aus der Unternehmensführung heraus. Dies scheint auch ein Unterschied zu vielen westlichen Investoren zu sein. Und drittens spricht die Mehrheit der Befragten von einer klaren Win-win-Situation: Zwar erhält die chinesische Seite Zugang zu überlegener Technologie und zum europäischen Markt. Gleichzeitig wird aber auch für das deutsche Unternehmen die Marktpräsenz in China und Asien erleichtert. Nach teilweiser Verlagerung bestimmter Produktionsschritte konnte zudem über eine wettbewerbsfähigere Kostenstruktur wieder erfolgreicher am Markt agiert werden. Und viertens sind die kulturellen und sprachlichen Barrieren betreffend Kommunikation, Entscheidungsverhalten und Management nicht zu unterschätzen und müssen konstruktiv überwunden werden.

Allerdings ist im Zuge der Übernahme längst nicht gesagt, dass ein damit verbundener Wissenstransfer auch gelingt. Das Wissen eines Unternehmens sind die Köpfe. Erfindergeist lässt sich nicht einfach transferieren. Firmeninterne Forschungsprojekte werden nicht selten grenzüberschreitend miteinander verbunden. Zudem gibt es nicht nur in China Staatsbetriebe, wie Untersuchungen der UNCTAD zeigen: Weltweit operieren über 1500 multinationale Staatsbetriebe – davon stammen fast 30 Prozent aus der EU und rund 18 Prozent aus China. Dabei gehen nur zwei Prozent der Übernahmen, die in der EU zwischen 2003 und 2016 von Investoren aus Drittländern getätigt wurden, auf das Konto von Staatsbetrieben – für die Schweiz dürften die Zahlen ähnlich sein.

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Der gar nicht so «schrankenlose» Investitionsstandort Schweiz

Auch wenn sich die Schweiz im Grundsatz zwar – mit einigen Ausnahmen (z. B. Landwirtschaft) – als Volkswirtschaft mit hohem Öffnungsgrad und liberalen Rahmenbedingungen auszeichnet, präsentiert sich in Bezug auf den Investitionsstandort die Ausgangslage nicht ganz so eindeutig. Im internationalen Vergleich verfügt die Schweiz sogar über Investitionsschranken, die gesamthaft über dem OECD-Durchschnitt liegen. Während etwa China oder Indien noch markant höhere Hürden für ausländische Investoren aufweisen, präsentieren sich Schweden, Japan, Grossbritannien oder Deutschland als weniger restriktiv als die Schweiz.

Grafik 5: Einschränkungen für ausländische Investoren

Die Schweiz verhält sich bereits heute gegenüber ausländischen Investitionen restriktiver als der OECD-Durchschnitt.

Einschränkungen für ausländische Investoren

Bei einer eingehenderen Betrachtung zeigt sich, dass die Schweiz insbesondere in den Bereichen Radio/TV, Elektrizität, Immobilien und auch im Transportwesen restriktiver ist als der OECD-Durchschnitt und wichtige Handelspartner. Von einem «schrankenlosen» Investitionsstandort Schweiz, wie es auch Vertreter des Parlaments vermuten (vgl. Postulat 18.3376 ), kann nicht gesprochen werden.

Grafik 6: Restriktionsgrad für ausländische Investoren

Kein «schrankenloser» Investitionsstandort Schweiz.

Restriktionsgrad für ausländische Investoren

Konkret existiert eine Vielzahl von Vorschriften für ausländische Investoren in der Schweiz. So kennt etwa das Wettbewerbsrecht eine Fusionskontrolle mit dem Ziel, die Beseitigung des Wettbewerbs bei Firmenübernahmen zu vermeiden. Bei der Übernahme von kotierten Unternehmen regelt wiederum das Börsenrecht Meldepflichten für Beteiligungsübernahmen. Die nachfolgende Auswahl verdeutlicht, dass bereits heute eine Vielzahl von Instrumenten existiert, um bestehende Eigentumsverhältnisse systemrelevanter Infrastrukturen und Unternehmen wirkungsvoll zu schützen.

Sektorübergreifende

Fusionskontrolle

Der Schutz des funktionierenden Wettbewerbs wird in der Schweiz in erster Linie über das Wettbewerbsrecht und das Binnenmarktgesetz sichergestellt. Deren Anwendung obliegt der Wettbewerbskommission, einer unabhängigen Bundesbehörde. Ihre Aufgabe ist die Bekämpfung von schädlichen Kartellen, die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen, die Durchführung der Fusionskontrolle sowie die Verhinderung staatlicher Beschränkungen des Wettbewerbs und des interkantonalen Wirtschaftsverkehrs.

Meldepflichten

Ein an der Schweizer Börse kotiertes Unternehmen hat das nationale Börsenrecht zu befolgen, welches auch Regelmeldepflichten beinhaltet. Konkret müssen technische und administrative Informationen über die kotierten Effekten und den jeweiligen Emittenten (d. h. das Unternehmen, welches die Wertpapiere herausgibt) wie auch über die zum Handel zugelassenen Effekten rechtzeitig und in geeigneter Form zur Verfügung stehen. Dies kann etwa bei Überschreitung von Stimmrechtsgrenzen infolge Beteiligungserhöhung zutreffen. Damit soll ein geordneter und reibungsloser Effektenhandel gewährleistet werden.

Enteignungsgesetz

Werke im Interesse der Eidgenossenschaft oder von grossen Teilen des Landes können durch den Bund enteignet werden – verbunden mit entsprechenden Entschädigungen.

Landesversorgung

In schweren Mangellagen der wirtschaftlichen Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen kann der Bundesrat Interventionsmassnahmen ergreifen (u. a Pflichtlager, Preissteuerung, Enteignung).

Selbstregulierung

Ein Unternehmen kann sich im Rahmen des Privatrechts selbstständig vor einer Übernahme gegen seinen Willen durch andere Unternehmen schützen (feindliche Übernahme). Auf Basis des Gesellschaftsrechts bieten sich statuarisch verschiedene Optionen, so die Vinkulierung (Verweigerung der Übertragung von Namenaktien), die Stimmrechtsbeschränkung (Beschränkung der Stimmenmacht eines Aktionärs oder einer Aktionärsgruppe) oder die Einführung von Stimmrechtsaktien (eine Stimme pro Aktie, unabhängig ihres Nennwerts).

Sektorspezifische

Nebst sektorübergreifenden Regeln bieten sektorspezifische Vorschriften sowie das Staatseigentum in zahlreichen Bereichen einen wirksamen Schutz sowohl gegen private als auch gegen staatliche ausländische Übernahmen. Gleichzeitig gilt aber im Grundsatz auch das Primat der Marktkräfte. Staatliche Eingriffe sollen nur subsidiär und nur dort erfolgen, wo es unerlässlich ist.

Finanzsektor

Es ist Aufgabe der FINMA, Anleger, Gläubiger und Versicherte zu schützen. Hierfür lizenziert und überwacht sie Finanzdienstleister in der Schweiz (mikroprudenzielle Aufsicht) und greift nötigenfalls mit Zwangsmitteln ein. Über die Stabilität des Finanzsystems wacht die Schweizerische Nationalbank (makroprudenzielle Aufsicht). Hierzu kann sie für den inländischen Bankensektor als Ganzes Vorschriften erlassen (z. B. Kapitalpuffer). Die Regulierung und die Aufsicht über den Finanzmarkt können auch Fragen der Herkunft von Investoren berücksichtigen (siehe Finanzmarkt: Regulierung mit Mass statt Totalumbau, dossierpolitik ).

Immobilien

Die «Lex Koller» (Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland) verbietet Ausländern ohne Niederlassung in der Schweiz den Erwerb von Grundstücken oder die Investition in Wohnimmobiliengesellschaften. Einzig unter Beizug eines lokalen Partners sind Beteiligungen bis 33 Prozent zulässig. Erlaubt ist jedoch der Grundstückserwerb für betriebliche Zwecke.

Verkehr

Infrastrukturen befinden sich entweder in direktem Bundes- und Kantonsbesitz (Strassen) oder im Besitz von Transportunternehmen (Schiene). Die Transportunternehmen sind wiederum grossmehrheitlich öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaften gemäss Obligationenrecht. Ausländische Investitionen sind aufgrund dieser Ausgangslage und weiterer gesetzlicher Bestimmungen (Personenbeförderungsregal des Bundes) nicht vorgesehen. Unreguliert ist nur der Freizeitverkehr (z. B. Kapitalpuffer). Beim Güterverkehr gilt auf der Schiene und auf der Strasse grundsätzlich freier Wettbewerb. Ausländische Investitionen in Verkehrsunternehmen sind also grundsätzlich zulässig.

Energie

Die strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft – namentlich die Wasserkraftwerke, die Stromnetze sowie die Gasnetze – befinden sich grossmehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand. Zudem ist im Fall der Wasserkraft sichergestellt, dass die Kraftwerke langfristig dem Willen der öffentlichen Hand nicht entgleiten und nach Ablauf der Konzessionsdauer zwingend an die Gemeinden und Kantone heimfallen. Ein derzeit im Parlament diskutierter Vorstoss möchte jedoch die strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller stellen, was zu schwierigen Abgrenzungsfragen führen würde.

Telekommunikation

Im Festnetz- und Mobilfunkbereich gilt im Grundsatz der Vorrang des Wettbewerbs. 49 Prozent der Swisscom-Anteile sind ohne Restriktionen an der Börse handelbar. Der Bund behält jedoch mit seinem Mehrheitsanteil die Kontrolle. Massgebende Wettbewerber sind teilweise oder vollständig im ausländischen Besitz. Restriktionen gelten lediglich bei öffentlich-rechtlichen Gesellschaften wie Stadt- und Elektrizitätswerken, die auch Glasfasernetze betreiben.

Gesundheit und Bildung

Beide Bereiche unterliegen zu grossen Teilen der Aufsicht der Kantone. Im Bereich der Grundversorgung sind entsprechende Einrichtungen überwiegend in Form von öffentlich-rechtlichen Organisationen aktiv und somit vor der Kontrolle ausländischer Investoren geschützt. Private Einrichtungen haben zudem ebenfalls umfangreiche gesetzliche Auflagen und Qualitätsanforderungen zu erfüllen.

Wasserversorgung

Es besteht kein Wettbewerbsmarkt, sondern die verfassungsmässig (Art. 76 BV) verankerte Hoheit von Bund und Kantonen. Letztere nehmen ihre Aufgaben grösstenteils über die Elektrizitätswerke wahr. Vereinzelt haben diese ihr Aktionariat sanft geöffnet, allerdings vorwiegend im Rahmen eng definierter «Public-Private Partnerships».

Verteidigung

Der Technologiekonzern RUAG ist als privatrechtliche Aktiengesellschaft organisiert. Ihre Aktien befinden sich jedoch komplett im Eigentum des Bundes. Eine Übernahme durch ausländische Investoren ist damit ausgeschlossen. Weiter ermöglicht das Nachrichtendienstgesetz dem Bundesrat, zusätzliche Tätigkeiten zum Schutz des Werk-, Wirtschafts- und Finanzplatzes Schweiz auszuüben.

Von liberal bis stark restriktiv – Regulierungsansätze anderer Länder

Verschiedene Länder verfügen über konkrete gesetzliche Grundlagen für die Kontrolle ausländischer Investitionen im Land. Die entsprechenden Regulierungen betreffen meist Bereiche der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie als strategisch definierte Infrastrukturen oder Schlüsseltechnologien. Entsprechende Vorschriften reichen von blossen Meldepflichten für bestimmte Sektoren oder Beteiligungsgrenzen bis hin zur zwingenden Genehmigung ausländischer Investitionen. Meistens sind keine Rekursmöglichkeiten bei negativen Behördenentscheiden vorgesehen. Im internationalen Vergleich lässt sich somit kein einheitliches Bild in Bezug auf staatliche Investitionskontrollen zeichnen. Auch wurden in einzelnen Staaten Regeln liberalisiert liberalisiert (z. B. China), während andere restriktivere Vorschriften für ausländische Investoren eingeführt haben (z. B. USA).

Nicht nur, aber insbesondere betreffend strategische Infrastrukturen und Schlüsseltechnologien besteht die Gefahr, dass nicht primär Sicherheits-, sondern vermehrt auch industriepolitische und protektionistische Überlegungen eine Rolle spielen. Die Schweiz verfügt richtigerweise nicht über eine solche interventionistisch ausgeprägte Industriepolitik. Zudem sind die entsprechenden Kriterien, welche Investitionskontrollen rechtfertigen, nicht selten unscharf gefasst und lassen beträchtlichen Interpretationsspielraum offen, was investitionsbereite Unternehmen verunsichern kann.

Tabelle 1: Matrix mit einem Vergleich ausgewählter Staaten

International unterschiedliche politische Hürden für ausländischen Investitionen.

Matrix mit einem Vergleich ausgewählter Staaten

Nebst nationalstaatlichen Regelungen existieren auch auf multilateraler Ebene Prinzipien und Verhaltensregeln in Bezug auf ausländische Investitionen. So verpflichten der OECD-Code für die Liberalisierung im Kapitalverkehr und die OECD-Guidelines für Empfängerländer ausländischer Investitionen im Bereich der nationalen Sicherheit die unterzeichnenden Staaten unter anderem dazu, bei entsprechenden Regulierungen Prinzipien wie Transparenz, Nichtdiskriminierung, Verhältnismässigkeit und Rechenschaftspflichten einzuhalten. Darüber befasst sich eine OECD-Deklaration spezifisch mit den Herausforderungen bezüglich staatlich kontrollierter Investoren Leitlinien im Umgang mit ausländischen Investoren formulierten 2016 auch die G-20-Staaten. Schliesslich untersagt das WTO-Abkommen über den Dienstleistungshandel ausländische Investoren in bestimmten Sektoren gegenüber inländischen Konkurrenten zu diskriminieren.

Hoher administrativer Aufwand für Verwaltung und Wirtschaft

Mit staatlichen Investitionskontrollen sind nicht selten beträchtliche Aufwände seitens der Unternehmen und der kontrollierenden Behörden verbunden. Entscheide gegen ausländische Investitionen sind dennoch relativ selten. Eine aktuelle Auswertung der UNCTAD verdeutlicht dieses Ungleichgewicht von Aufwand und Ertrag: 2016 wurden in Kanada von 737 Fällen lediglich drei Investitionen untersagt. In den USA war es 2016 bis 2017 von 172 Fällen gar nur ein einziger. Auch mit den geplanten Regelungen der EU wäre ein beträchtlicher Mehraufwand verbunden: Gemäss einer Analyse von Copenhagen Economics wären künftig bis zu 1000 Fälle jährlich zu prüfen. Als Konsequenzen genannt werden zusätzliche Kosten für Verwaltung und Unternehmen, zeitliche Verzögerungen bei Investitionsentscheiden und auch ein möglicher Rückgang an Direktinvestitionen.

Tabelle 2: Aufwand und Resultat von Investitionskontrollen

Staatliche Investitionskontrollen: Ungleichgewicht von Aufwand und Ertrag.

Aufwand und Resultat von Investitionskontrollen
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Schweizer Investitionsstandort muss offen bleiben

Trotz dieser begrenzten Effizienz und der nicht selten industriepolitischen respektive protektionistischen Antriebe staatlicher Investitionskontrollen wird auch in der Schweiz der Ruf nach entsprechenden gesetzlichen Grundlagen laut. Die Wirtschaft beurteilt solche Bestrebungen sehr kritisch.

Schweiz profitiert stark von ausländischen Investitionen

Ausländische Direktinvestitionen schaden der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz in keiner Weise, sondern stärken diesen vielmehr massgeblich. Jeder zehnte Arbeitsplatz wird durch Unternehmen finanziert, die sich auch auf ausländische Direktinvestitionen abstützen. Heute sind über 80 Prozent der börsenkotierten Firmen in der Schweiz in ausländischem Streubesitz – ohne dass die Schweiz Nachteile erfahren hätte. Vielmehr wurden in den letzten Jahren systematisch mehr Stellen geschaffen als gestrichen. Dass die Schweiz punkto Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zur Weltspitze gehört, ist somit nicht primär eine Frage der Besitzverhältnisse hiesiger Unternehmen. Im Gegenteil: In Kombination mit hervorragenden Infrastrukturen und guten politischen Rahmenbedingungen sind ausländische Direktinvestitionen für die Schweiz vielmehr ein Erfolgsfaktor.

Eingriff in die Eigentumsfreiheit auch bei ausländischen Investoren nicht gerechtfertigt

Einem Unternehmen die Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren zu verbieten, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Eigentums- und unternehmerische Freiheit dar. Entsprechende Vorschriften sollten deshalb nur auf der Basis überzeugender Evidenzen, ausschliesslich bei systemrelevanten Bereichen und stets minimal, verhältnismässig und transparent erfolgen.

  • Erstens fehlen jedoch Indizien, dass beispielsweise chinesische Investoren oder ausländische Staatsfonds für hiesige Unternehmen ein grösseres Risiko darstellen. Sie zeichnen sich vielmehr häufig durch eine langfristigere Investitionsperspektive und Zurückhaltung bei innerbetrieblichen Interventionen aus.
  • Zweitens konnten staatliche Investitionskontrollen bisher den Nachweis für Effizienz und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes nicht erbringen.
  • Und drittens sind staatliche Interventionen gerade bei den häufig genannten Fallbeispielen der jüngsten Vergangenheit (z. B. Syngenta, Gategroup, Kuoni) wohl kaum mit dem Verweis auf nationale Sicherheit oder den Schutz kritischer Infrastrukturen zu rechtfertigen – wohl aber mit protektionistischen Motiven.

Starke Unternehmen sind international vernetzte Unternehmen

Know-how und Innovation entstehen nicht im stillen Kämmerlein, sondern erfordern Vernetzung und Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft jenseits nationalstaatlicher Grenzen. Gleichzeitig ist auch ihre Kapitalisierung langfristig sicherzustellen. Beides erfolgt in enger Kooperation mit internationalen Akteuren – auch mit ausländischen Investoren. Dass deren Beteiligung den Abzug von Know-how und den Technologiediebstahl befeuert, lässt sich jedoch nicht feststellen. Hierfür sind im Zeitalter der Digitalisierung wohl einfachere Instrumente vorhanden, als die langfristig ausgerichtete Investition in Unternehmen. Investitionskontrollen vermögen solche Aktivitäten jedoch nicht zu verhindern. Auch lässt sich der wichtigste Bestandteil des Know-how eines Unternehmens – die cleveren Köpfe der Mitarbeitenden – nicht einfach mit einem Besitzerwechsel in andere Länder zügeln. Vielmehr ist zu befürchten, dass durch protektionistische Massnahmen wie staatliche Investitionskontrollen die Nachfrage künstlich eingeschränkt wird, was zu tieferen Marktbewertungen von betroffenen Unternehmen führen könnte. Dadurch würden diese ironischerweise erst zu attraktiven Übernahmezielen.

Die Schweiz ist kein schrankenloser Investitionsstandort

Bereits heute bestehen unter geltendem Recht Instrumente zum Schutz der Eigentumsverhältnisse systemrelevanter Bereiche und Unternehmen in der Schweiz mit Blick auf die Aspekte (nationale) Sicherheit oder öffentliche Ordnung. Dies betrifft etwa den Energie-, Verkehrs- oder den Finanzsektor, aber auch den Datenschutz und die Spionageabwehr. Zudem gilt, dass sich sämtliche Unternehmen – unabhängig von ihrer Eigentumsstruktur – hierzulande an die regulatorischen Vorgaben der Schweiz zu halten haben. Auch wenn private Anbieter somit Anteile öffentlicher Betriebe übernehmen würden, könnten sie sich nicht um die Erfüllung des staatlichen Leistungsauftrags foutieren. Würden sie es trotzdem tun, verfügt der Staat über ausreichende gesetzliche Grundlagen, um dies zu verhindern. Dies trifft auch in Fragen der nationalen Sicherheit zu.

Investitionskontrollen erhöhen Risiken für Schweizer Unternehmen

Bei der Einführung einer staatlichen Investitionskontrolle durch die Schweiz ist zu befürchten, dass wichtige Handelspartner ihrerseits die Investitionstätigkeit von Schweizer Unternehmen in ihren Märkten stärker kontrollieren oder gar einschränken könnten. Die rund 97'000 exportorientierten Unternehmen in der Schweiz sind jedoch auf den möglichst diskriminierungsfreien Marktzugang im Ausland angewiesen: Die Vorteile der Spezialisierung auf hochwertige Güter und Dienstleistungen basiert auch auf der Möglichkeit der Investition und Integration in internationale Wertschöpfungsketten. Umgekehrt bestehen in Europa durchaus alternative Investitionsziele zum Standort Schweiz – mit grösserem Marktpotenzial. Schon heute lässt sich beobachten, dass der Neuzugang ausländischer Direktinvestitionen in die Schweiz rückläufig ist. Staatliche Investitionskontrollen könnten die Verfügbarkeit von Kapital zusätzlich beeinträchtigen.

Reziprozität ja, aber nicht über Investitionskontrollen

Zwar trifft es zu, dass gewisse Länder strengere Auflagen bezüglich Direktinvestitionen verfügen. Dort wäre die Schweizer Wirtschaft durchaus an einem einfacheren Zugang zum Kapitalmarkt interessiert. Die Erwartung, dass mit der einseitigen Einführung staatlicher Investitionskontrollen in der Schweiz eine Gleichbehandlung Schweizer Investoren im Ausland erreicht werden kann (Reziprozität), ist jedoch unrealistisch. Der Schweiz selbst fehlen hierzu die machtpolitischen Argumente – nicht so den dadurch betroffenen Handelspartnern. Auch die EU-Kommission begründet ihre diesbezüglichen Vorstösse jedoch nicht damit. Reziprozität ist aus wirtschaftspolitischer Sicht zwar wünschenswert. Sie sollte jedoch vielmehr auf plurilateraler oder multilateraler Ebene angestrebt werden – gerade aus Sicht kleinerer Volkswirtschaften. Diesen Weg verfolgt gegenwärtig auch die EU. Damit kann auch verhindert werden, dass Letztere aufgrund isolierter bilateraler Arrangements zwischen grossen Wirtschaftsmärkten benachteiligt werden.

Die Wirtschaft braucht keinen staatlichen Schutz vor ausländischen Investoren. Auch für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts wären staatliche Investitionskontrollen kontraproduktiv und sind nicht im Interesse einer offenen und international stark vernetzten Volkswirtschaft. economiesuisse lehnt deshalb die Einführung einer staatlichen Investitionskontrolle klar ab.

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