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Kostendämpfungsmassnahmen entfalten keine nachhaltige Wirkung

31.10.2025

Auf einen Blick

  • Die 38 Vorschläge des Runden Tisches zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen sind vor allem Niveaueffekte, die den langfristigen Kostentrend nicht verändern.
  • Trendfaktoren wie medizinischer Fortschritt, Demografie und höhere Ansprüche treiben die Kosten dauerhaft und sind kaum beeinflussbar.
  • Mit dem Prinzip der Selbstverpflichtung hat der «Runde Tisch» immerhin gesetzliche Zwangsmassnahmen vermieden.
  • Nur durch den Abbau von Bürokratie und eine Verbesserung der Anreize können sich die Kostentrends verändern.

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Die Akteure des «Runden Tisches zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen» einigten sich unter der Leitung von Bundesrätin E. Baume-Schneider auf ein umfassendes Massnahmenpapier, mit dem jährlich rund 300 Millionen Franken eingespart werden sollen. Die Vereinbarung wurde gemeinsam mit den Kantonen, der Ärzteschaft, den Spitälern, den Krankenversicherern und weiteren Branchenvertretern getroffen. Doch warum wird es nicht möglich sein, auf diese Weise die Kosten nachhaltig in den Griff zu bekommen?

Seit der Einführung des öffentlichen Gesundheitswesens vor rund 100 Jahren stehen die Kosten unter Druck und müssen durch Sparmassnahmen begrenzt werden. Zahlreiche Sparpakete wurden umgesetzt, doch die Diskussion über steigende Ausgaben begleitet uns bis heute. Das zeigt: Die bisherigen Kostendämpfungsmassnahmen haben ihr Ziel einer nachhaltigen Senkung nie erreicht. Woran liegt das?

Der Grund dafür wird deutlich, wenn man die 38 vom Runden Tisch erarbeiteten Massnahmen zur Senkung der Kosten betrachtet. Viele Ansätze zielen auf niedrigere Preise (Mietpreise, MiGeL, Diagnosetests, Labortarife, Weitergabe von Rabatten etc.), die Vermeidung unnötiger Kosten (Generika statt Originalpräparate, Verwaltungskosten der Kassen senken) oder die Reduktion von Leistungen (Überversorgung) ab. Solche Ersparnisse sind sogenannte Niveaueffekte: Sie führen einmalig zu einer Kostenreduktion, verändern aber den langfristigen Trend nicht. Zwar sorgen tiefere Preise in den Folgejahren zu niedrigeren Kosten. Doch die Wachstumsraten bleiben unverändert, da sie von Trendfaktoren bestimmt werden. Diese bewirken in erster Linie ein Mengenwachstum.

Trendfaktoren zu beeinflussen ist schwierig

Um die Kosten nachhaltig zu senken, müsste man bei den Trendfaktoren ansetzen. Dazu zählen beispielsweise der medizinisch-technische Fortschritt, der demografische Wandel, steigende Gesundheitsansprüche, eine Zunahme chronischer Krankheiten, eine Verbesserung der Therapiestandards, oder der Lebensstil.

Bis auf den Lebensstil, der gesundheitsbewusster gestaltet werden kann, führen diese Trendfaktoren zu höheren Gesundheitskosten. Keiner dieser Faktoren konnte vom Runden Tisch beeinflusst werden. Es ist nämlich schwierig und auch nicht wünschenswert, beispielsweise die Therapiestandards zu senken oder den medizinisch-technischen Fortschritt zu hemmen.

Trotz guter Ansätze sind keine Wunder zu erwarten

Ist es also aussichtslos, die Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren, wenn die Trendfaktoren ja gar nicht wirklich beeinflusst werden können? Es gibt immerhin einen kostentreibenden Trend, den die Schweizer Politik tatsächlich verändern kann: die wachsende Bürokratie. Diese ist nicht unveränderlich. Und tatsächlich hat es dieser „Runde Tisch” hier einen wichtigen Schritt getan, indem er die Massnahmen als Selbstverpflichtung der Akteure formulierte. Gesetzliche Zwangsmassnahmen werden dadurch überflüssig. Ein Beispiel ist die Initiative „Smarter Medicine”, welche kontinuierliche Verbesserungen in der Versorgung anstrebt. Die effizientere Umsetzung von Preismodellen zielt darauf ab, den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern. Gelingt dies, wäre es ein gelungenes Beispiel dafür, den Trendfaktor „Bürokratisierung”, der zu höheren Kosten führt, in den Trendfaktor „Lean Administration” zu verwandeln, der zu einer Kostenersparnis führt.

Noch wirkungsvoller wäre es jedoch, die Anreize im System nachhaltig zu verbessern. Dazu gehören mehr unternehmerische Verantwortung bei den Leistungserbringern, eine stärkere finanzielle Beteiligung der Versicherten und bessere Tarifsysteme, die qualitativ gute Medizin und einen strukturierten Datenaustausch belohnen. Doch darauf verzichtete der „Runde Tisch” leider vollständig.

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