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Lehren aus der Corona-Pandemie

30.06.2022

Auf einen Blick

Die Corona-Pandemie hat die Schweiz im Frühjahr 2020 unerwartet und weitgehend unvorbereitet getroffen. Zwar ist das Land besser durch die Krise gekommen als die meisten anderen Staaten, doch haben sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren diverse Mängel offenbart, die nun dringend behoben werden müssen. Im vorliegenden Dossier werden die wichtigsten Baustellen aufgezeigt und konkrete Verbesserungen vorgeschlagen.

Das Wichtigste in Kürze

Die Schweiz hat im internationalen Vergleich die Corona-Pandemie bisher ordentlich gemeistert. Die Akzeptanz der Corona-Politik der Schweizer Regierung war mehrheitlich hoch, wie unter anderem die beiden Abstimmungen über das Covid-19-Gesetz zeigten. Dank dem Föderalismus, dem Einbezug breiter Kreise bei der Definition der Massnahmen und dem oftmaligen Verzicht von Top-down-Befehlen wurden oftmals die unterschiedlichen Interessen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Nichtsdestotrotz hat die Corona-Pandemie offensichtliche Schwächen im Schweizer Krisenmanagement offengelegt. Das Fehlen einer tauglichen Krisenorganisation beim Bund führte zu einem Verwalten der Krise. Die Prozesse in der Bundesverwaltung liefen zwar massiv schneller, waren aber grösstenteils gleich definiert wie in Normalzeiten. Insgesamt waren die meisten Akteure ungenügend vorbereitet. Während der Pandemie planten die Behörden erst im Frühling 2022 in Szenarien. Sie wurden daher von einer kurzfristigen Entscheidung zur nächsten getrieben. Erschwert wurde das Krisenmanagement durch die mangelnde Digitalisierung im Gesundheitswesen und ein schlechtes Datenmanagement. Die Behörden kannten deswegen oftmals die Lage nur unvollständig und mussten teilweise im Blindflug operieren.

Es gilt nun, diese Fehler zu korrigieren. Eine Verbesserung des Krisenmanagements steht dabei an erster Stelle: Der Bund braucht einen professionellen, permanenten Krisenstab, der im Krisenfall direkt dem Bundesrat unterstellt ist. Bei Auftreten einer nationalen Notlage muss er rasch und professionell agieren können. Einen solchen Krisenstab braucht es nicht nur für die Bewältigung einer Pandemie, sondern für alle möglichen Krisensituationen.

Kurzfristig müssen die richtigen Vorbereitungsarbeiten für die nächsten Monate und den nächsten Winter erfolgen, um auf alle möglichen epidemiologischen Szenarien gerüstet zu sein. Dabei gilt es, die inzwischen gewonnenen Kompetenzen für die Bewältigung einer Pandemie zu erhalten und weiter aufzubauen und insbesondere die Datenerhebung und -analyse rasch zu verbessern. Ebenso müssen sich die Lehren aus der Pandemie in der bereits gestarteten Revision des Epidemiengesetzes niederschlagen.

Position economiesuisse

  • Der Bund braucht einen professionellen, permanenten Krisenstab, der im Krisenfall direkt dem Gesamtbundesrat unterstellt ist. Dieser muss für alle Arten von Notlagen einsetzbar sein.
  • Ein vorausschauenderes Agieren ist notwendig. In Zukunft müssen frühzeitig mögliche Entwicklungsszenarien ausgearbeitet werden, um daraus mögliche Handlungsoptionen abzuleiten und Massnahmen vorzubereiten.
  • Das Datenmanagement war eines der Hauptschwachpunkte. Es muss stark verbessert werden. Die wichtigsten Daten müssen zwingend in Echtzeit vorhanden sein und zeitnah ausgewertet werden. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist daher rasch voranzutreiben.
  • Der Bund und die Kantone müssen sich für den nächsten Herbst und Winter vorbereiten. Sie sollten ihre Kompetenzen klar regeln und sich auf einen gemeinsamen Plan einigen.
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Ein Land im Krisenmodus

Am 25. Februar 2020 wurde der erste offizielle Covid-19-Fall in der Schweiz erkannt. Dazumal hielt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) in einer Medienmitteilung fest: «Das neue Coronavirus stellt zurzeit für die Bevölkerung der Schweiz ein moderates Risiko dar.» In der Schweiz konnte sich niemand vorstellen, was in den nächsten Wochen und Monaten passieren würde. Man zog zunächst Vergleiche mit der Schweinegrippe von 2009, die in der Schweiz als eine milde Pandemie mit wenig spürbaren gesellschaftlichen Folgen in Erinnerung geblieben war. Doch es kam anders: Bereits am 16. März 2020 verhängte der Bundesrat einen weitreichenden Lockdown.

Rückblickend kann festgehalten werden, dass die Schweiz im internationalen Vergleich bisher relativ gut durch die Krise gekommen ist. Egal, wie man es misst – Anzahl Tote, Belastung des Gesundheitswesens oder volkswirtschaftlicher Verlust: Die Schweiz steht unter den westlichen Ländern solide bis sehr gut da. Gerade die Wirtschaft ist hier deutlich besser durch die Coronakrise gekommen als in vergleichbaren Staaten. Bemisst man den volkswirtschaftlichen Schaden anhand des unausgeschöpften Wachstumspotenzials sowie des staatlichen Fiskalimpulses, resultiert ein Minus von rund 70 Milliarden Franken. Allein der Wachstumsverlust während der beiden Krisenjahre entspricht rund sechs Prozent des Bruttoinlandprodukts von 2019. Dieser Einbruch war prozentual in fast allen Vergleichsländern deutlich grösser – zum Teil fiel er mehr als doppelt so hoch aus (siehe Abbildung ). Nur Dänemark ist in dieser Hinsicht mit der Schweiz vergleichbar.

Wrtschaftlche Wachstumsenbussen aufgrund von Cov

Die verhältnismässig günstige Wirtschaftsentwicklung in der Schweiz dürfte im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen sein. Erstens waren die pandemiebedingten Einschränkungen deutlich zurückhaltender als im Ausland. Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang zwischen der Massnahmenstrenge und der Wirtschaftsentwicklung . Zweitens wurden umfangreiche Stützungsmassnahmen bereitgestellt: Während die Kurzarbeitsentschädigungen den Konsum stützten, verhinderten die Liquiditätskredite eine negative Kettenreaktion. Drittens wirkten sich auch der Branchenmix der Schweizer Wirtschaft und deren Krisenerfahrung positiv aus. So macht beispielsweise der Tourismus, der speziell stark unter der Pandemie litt, nur einen kleinen Anteil an der Schweizer Wirtschaftsleistung aus. Gleichzeitig war der anteilsmässig wichtige Pharmasektor weniger stark betroffen.

Nichtsdestotrotz: Die gesellschaftlichen Belastungen und die wirtschaftlichen Verluste waren historisch einmalig, und die Schweiz hat den Pandemie-Stresstest nicht in allen Punkten bestanden. Es wurden Fehler gemacht, mangelnde Vorbereitungen und Unzulänglichkeiten traten offen zutage. Deshalb gilt es genauer hinzuschauen, wie effektiv und effizient die Massnahmen waren und was bei einer nächsten Epidemie oder ähnlich gelagerten Krisen besser gemacht werden könnte.

Die Massnahmen müssen anhand der vorgängig definierten Ziele gemessen werden. Das oberste Ziel der schweizerischen Politik war und ist im Falle der Covid-19-Pandemie die Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitswesens. Diesbezüglich scheint in der Schweiz ein impliziter gesellschaftlicher Konsens zu bestehen. Ein wichtiges zweites Ziel darf dabei nicht vergessen werden: Die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten der Eindämmungsmassnahmen müssen so gering wie möglich gehalten werden. Diese Ziele können aber nicht auf jede Epidemie übertragen werden. In einem nächsten Fall wird nicht zwingend die Vermeidung der Überlastung des Gesundheitswesens das oberste Ziel sein. Wenn zum Beispiel das Virus massiv tödlicher wäre, würde wohl die Verhinderung jeglicher Ansteckungen im Vordergrund stehen. Wenn ein neues Virus hingegen weitgehend harmlos, aber deutlich ansteckender wäre, würde wohl das möglichst reibungslose Funktionieren der Infrastruktur und der Wirtschaft im Vordergrund stehen und versucht werden, die Ansteckungen zu staffeln, um damit zu viele gleichzeitige krankheitsbedingte Ausfälle zu vermeiden.

Die letzten eineinhalb Jahre haben die Stärken, aber auch die Schwächen der Schweizer Art, eine Krise zu bewältigen, aufgezeigt. Das Land funktioniert gut im Verwaltungsmodus, aber schlechter im Krisenmodus. Es hat daher primär versucht, die Krise in den bestehenden Strukturen zu lösen, indem in diesen deutlich schneller gearbeitet wurde. Es gilt nun die Lehren aus den bisher 27 Monaten Corona-Pandemie in der Schweiz zu ziehen. In diesem Dossierpolitik werden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Bekämpfung der Corona-Pandemie zusammengefasst und daraus Forderungen für die Zukunft abgeleitet. Diese Auslegeordnung stellt keine abschliessende Liste dar. Sie spiegelt die aus Sicht der Wirtschaft wichtigsten Punkte und verzichtet darauf, in die Details zu gehen. Die nachfolgenden Ausführungen fokussieren auf die Arbeit der Behörden. Auf eine Diskussion der Verhältnismässigkeit und Wirksamkeit der verhängten einschränkenden Massnahmen wird verzichtet. Dazu entsteht momentan eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien.

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Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie war und ist für alle Involvierten eine lehrreiche Zeit. Niemand in der Schweiz hat eine solche Gesundheitskrise bisher erlebt. Es mussten unerwartete Probleme angepackt werden. Und meistens waren rasche Entscheidungen notwendig. Es ist verständlich, dass in einer solchen Situation nicht alles rund läuft. Es gilt nun aber genau hinzuschauen, wie die Schweiz in der Krisenbewältigung besser werden kann. In diesem Kapitel werden einige Erkenntnisse hervorgehoben, die aus Sicht der Wirtschaft besonders wichtig sind.

2.1 Fehlende Krisenorganisation führte zu einem Verwalten der Krise

Kern eines aktiven Krisenmanagements ist es, auf verschiedene Entwicklungen vorbereitet zu sein und auf Unerwartetes rasch und zielgerichtet reagieren zu können. Das Führen in einer Krise erfordert von den Mitarbeitenden andere Kompetenzen als die übliche Arbeit in der öffentlichen Verwaltung. Leider war beim Bund zu Beginn der Corona-Pandemie zu wenig Wissen und Erfahrung darüber vorhanden, wie eine Pandemiebekämpfung effektiv und effizient geführt wird. Es gab kein übergeordnetes Krisenmanagement, sondern nur ein koordiniertes Verwalten der Krise.

Der Bund verfügt eigentlich über einen Bundesstab Bevölkerungsschutz (BSTB). Gemäss Artikel 7 des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz ist dieser das Koordinationsorgan des Bundes «bei Katastrophen und Notlagen, für deren Bewältigung er zuständig ist, sowie bei bewaffneten Konflikten». Dieser Bundesstab wurde aber nie richtig eingesetzt. Stattdessen wurde am 20. März 2020, also über ein Monat nach dem ersten Corona-Fall in der Schweiz und erst vier Tage nach dem Lockdown, ein Ad-hoc-Krisenstab Corona (KSBC) einberufen, und der Bundesstab Bevölkerungsschutz wurde ihm .. Der Ad-hoc-Krisenstab musste zuerst eine Geschäftsstelle aufbauen, während er bereits in hoher Kadenz wichtige Entscheidungen zu treffen hatte. Im Schlussbericht des Innendepartements (EDI) ist festgehalten, dass der Krisenstab Corona vor allem «Koordinationsplattform, Impulsgeber und Ventilfunktion der Departemente» war. Er hat nie von seinen Weisungsbefugnissen Gebrauch gemacht und wird von den Mitgliedern «eher als Begleit- denn als Entscheidungsgremium bezeichnet». Es war zudem nicht immer klar, «wie den Diskussionen (im KSBC) im Einzelnen Folge geleistet wurde». Die Prozesse in der Bundesverwaltung liefen zwar massiv schneller, waren aber grösstenteils gleich definiert wie in Normalzeiten. Es wurde einzig den departementalen Normal- und Krisenorganisationen ein neues Koordinationsgremium übergestülpt. Die Departemente konnten weiterhin eigenständig entscheiden. Es gab keine Instanz in der Verwaltung beziehungsweise im Krisenmanagement, welche die Umsetzung der Entscheide der Krisenstäbe einforderte.

Durch die Ansiedlung des Krisenstabs beim BAG bzw. EDI stand die Perspektive der Gesundheitsversorgung im Vordergrund. Obwohl es sich eindeutig um eine gesundheitliche Krise handelte, wäre es trotzdem wichtig, dass die weiteren Aspekte die gleiche Beachtung erhalten. So hat nicht jederzeit eine vollständige Güterabwägung stattgefunden, und wirtschaftliche Aspekte wurden nicht immer genügend berücksichtigt. So wurde beispielsweise zu Beginn der Pandemie der Wert von Schutzkonzepten in Unternehmen zu wenig anerkannt. Ebenso hat eine internationale Koordination in Bezug auf Reisebeschränkungen, Quarantäne usw. nicht immer ausreichend stattgefunden.

Das im Epidemiengesetz vorgesehene «Koordinationsorgan Epidemiengesetz» (KOr EpG) , das für die Koordination mit den Kantonen zuständig wäre, wurde nicht eingesetzt, obwohl die Koordination zwischen den Kantonen nicht immer optimal war. Bezeichnenderweise herrschten daher beim Übergang in die besondere Lage im April 2020 Unklarheiten bezüglich der Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Kantonen und taten sich die Kantone im Sommer und Herbst 2020 schwer, koordiniert aufzutreten und zu entscheiden.

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Best-practice-Ansätze bezüglich geeigneter Massnahmen wurden von den Behörden oft spät und teilweise unkoordiniert berücksichtigt. Das BAG versuchte den mangelnden Einbezug der Wissenschaft durch die Gründung der Swiss National Covid-19 Science Task Force zu beheben, förderte damit aber auch die Kakophonie in der Kommunikation und verpasste es, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Krisenmanagement institutionell richtig einzubetten. Eigentlich gäbe es auf Ebene Bund die «Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung» (EKP) , die für die Unterstützung der Behörden bei der Bewältigung einer Pandemie geschaffen wurde. Doch sie scheint ihre Funktion während der Corona-Pandemie nicht wahrgenommen zu haben und spielte in der unmittelbaren Bekämpfung der Pandemie keine Rolle. Einer der Gründe dürfte sein, dass sie personell für eine Krisensituation zu dünn besetzt ist.

2.2 Mangelnde Vorbereitung und fehlendes frühzeitiges Planen in Szenarien

Exakte Prognosen sind stets eine schwierige Angelegenheit. In aussergewöhnlichen Situationen gilt dies ganz besonders, denn das Erstellen einer Prognose wird in Krisen um ein Vielfaches komplexer. Die grosse Unsicherheit muss in verschiedenen Szenarien abgebildet werden, damit rasch darauf reagiert werden kann. Diese Szenarien sollten breit gefächert mögliche Entwicklungen abbilden und nach ihrer Eintretenswahrscheinlichkeit gewichtet werden. Abgeleitet aus den unterschiedlichen Szenarien können unterschiedliche Eventualplanungen vorgenommen werden. Darin sollte verankert sein, wer wann welche Entscheidungskompetenzen hat.

Leider wurde dieser wichtige Grundsatz – Planen in Szenarien – in der Corona-Krise viel zu wenig angewendet. Das gilt sowohl auf Stufe Bund als auch für die Kantone, deren hoheitliche Aufgabe die Gesundheitsversorgung gemäss gültiger Gesetzeslage ist, worunter auch die Vorsorge für den Fall einer Epidemie fällt. Die Kantone müssten ihre Vorbereitungen laufend überprüfen und anpassen. Ebenso müssten sie sicherstellen, dass in den Unternehmen im Gesundheitswesen Risikoanalysen erstellt und angemessene Vorbereitungsmassnahmen getroffen wurden. Eine der Konsequenzen der mangelnden Planung war, dass vorbereitende Massnahmen (z.B. die Lagerhaltung von kritischen Gütern in den Spitälern) sträflich vernachlässigt wurden. So zeigte sich zu Beginn der Pandemie, dass beispielsweise nicht genügend Masken und Desinfektionsmittel vorrätig waren. Und die Planung der Kapazitäten auf den Intensivpflegestationen (IPS) war für den Normalbetrieb zwar ausreichend, erwies sich aber für den Krisenfall als ungeeignet. Die Koordination der schweizweiten Belegung der IPS-Betten erfolgte teilweise mit rudimentären Mitteln und der Ausbau der Kapazitäten musste ad hoc erfolgen, anstatt auf Vorhalteleistungen in Bezug auf Betten und ausgebildetes Personal zurückgreifen zu können. Als Konsequenz mussten zu viele sogenannt nicht dringliche Eingriffe verschoben werden, damit Belastungsspitzen gebrochen werden konnten.

Der Bund publizierte sehr spät erstmals Szenarien zur Entwicklung der Pandemie. Dies erfolgte erst am 30. März 2022 im Rahmen der Vernehmlassung zum «Grundlagenpapier zur mittel- und längerfristigen Entwicklung der Covid-19-Epidemie und zum Wechsel in die normale Lage». Davor wurden Forderungen nach der Entwicklung bzw. Veröffentlichung von Szenarien von den zuständigen Behörden als nicht realistisch zurückgewiesen, weil die Entwicklung der Pandemie nicht vorhersehbar sei und es daher auch nicht möglich sei, geeignete Massnahmen im Voraus zu definieren. Dadurch ging aber oftmals wertvolle Zeit verloren. Die Folge davon war, dass der Bundesrat sich alle zwei Wochen über grundlegende Fragen beugen musste. Die Pandemie trieb alle involvierten Akteure beim Bund und den Kantonen vor sich her. Sie konnten nur auf die neusten Entwicklungen reagieren, statt dass sie dank Planung in Szenarien vorbereitet waren. Mit einer guten Planung hätten sie mit mehr Ruhe situationsgerecht aus den vorbereiteten Optionen die angemessenen Massnahmen auswählen können. Beispiele dafür sind der zu langsame Start der Booster-Impfungen oder das Thema Testungen. Es hätte viel früher auf eine umfassendere Teststrategie gesetzt werden müssen, statt erst im März 2021.

2.3 Datenmanagement: Pandemiepolitik darf nicht im Blindflug betrieben werden

Die Schweiz befand sich während der ersten beiden Pandemiejahre weitgehend im Blindflug. Das Datenmanagement war mangelhaft. So gab es beispielsweise nie Echtzeitdaten zur Auslastung der IPS-Stationen in den einzelnen Spitälern, obwohl es früher entsprechende Systeme gab. Für die Euro 2008 wurde beispielsweise ein System für die Spitalbelegungsplanung verwendet, das damals permanent aufdatiert wurde. Via Lagedarstellung der nationalen Alarmzentrale konnten Bund und Kantone damals auf diese Informationen zugreifen. Während der Pandemie standen sie hingegen nicht ausreichend zur Verfügung. So mussten sich beispielsweise Angestellte auf den IPS-Stationen unterschiedlicher Spitäler teilweise über WhatsApp über die Auslastung und allfällige Verlegungen austauschen. Noch im Winter 2021/22 dauerte es gemäss Aussagen der Covid-19 Science Task Force zwei Wochen, bis dem Bund 90 Prozent der Neuhospitalisierungen bekannt waren. Anders gesagt: Der Bund wusste erst mit zwei Wochen Verspätung, wie sich die Situation in den Spitälern präsentierte, und auch dann waren die Daten immer noch sehr unvollständig. Auf Basis solch schlechter Daten ist ein rasches, zielorientiertes und effektives Handeln fast unmöglich. Dies führte unter anderem dazu, dass die Kapazitäten ineffizient genutzt wurden. Während einige Spitäler überlastet waren, verfügten andere über ausreichend Kapazitäten. Insgesamt wurden dem BAG im ersten Pandemiejahr 2020 gemäss einer Auswertung des Bundesamts für Statistik nur 64 Prozent der hospitalisierten Patientinnen und Patienten gemeldet, obwohl gemäss Epidemiengesetz eine Meldepflicht besteht.

Die Folgen der unzureichenden Digitalisierung im Gesundheitswesen haben sich deutlich gezeigt. Daten und Schnittstellen waren nicht ausreichend definiert und der Datenerhebungsprozess bei den Leistungserbringern nicht integriert. Die Folge davon war, dass es Medienbrüche und fehlende Datenlieferungen gab. Das Datenmanagement verursachte Zusatzaufwände, die hätten vermieden werden können. So mussten zum Beispiel die Ärzte für die Meldung von Covid-19-Erkrankungen ein zusätzliches, separates Meldeformular ausfüllen. Auch für ein schweizweit effektives und effizientes Testing, Tracing, Isolation und Quarantäne (TTIQ) sind effiziente, digitale Instrumente inklusive Einbindung der Tracing-App erforderlich.

Im Gesundheitswesen fehlen wichtige digitale Grundbausteine

Während der Corona-Pandemie rächte sich das Fehlen von etablierten digitalen Prozessen. Das erforderliche Fundament an Technologien und Prozessen fehlte, da notwendige digitale Innovationen in den Jahren vor der Pandemie verschlafen wurden. Mit dem elektronischen Patientendossier (EPD) und der elektronischen Identifikation (E-ID) fehlten zwei wichtige Grundbausteine, die eine etablierte, digitale Kommunikation zwischen Spitälern und Behörden vereinfacht hätten. Dies muss nun so rasch wie möglich korrigiert werden. Dabei sollten die Kompetenzen der Privatwirtschaft berücksichtigt werden; das Rad muss nicht neu erfunden werden.

Gemeinsam mit dem überfälligen digitalen Strukturwandel gilt es eine informierte und zielführende Entscheidung über die Sicherheit der digitalen Daten zu treffen. Der Trade-off zwischen Nutzen und Schutz muss so gelöst werden, dass die Daten gut geschützt werden, dies den Zweck eines digitalen Instruments aber nicht so stark einschränkt, dass der Nutzen die Kosten nicht mehr überwiegt. Mit einem elektronischen Patientendossier könnten Fragen der Datensicherheit grundsätzlich geregelt werden, so dass sie nicht bei jeder neuen Anwendung erneut verhandelt werden müssen. So können auch nutzerfreundliche Grundsätze wie das «once only»-Prinzip konsequent auf neue Tools angewendet werden und müssten wichtige Gesundheitsdaten nur einmal erhoben werden. Schliesslich bilden gut strukturierte Gesundheitsdaten ein riesiges Feld für die Forschung, falls die Patienten dafür ihre Einwilligung geben können. Mehr dazu finden Sie in unserem Dossierpolitik.

2.4 Verwirrliche Kommunikation

Eine gute Krisenkommunikation ist zentral. Der Bundesrat hat oft darauf gesetzt, dass Bevölkerung und Unternehmen die beschlossenen Massnahmen eigenverantwortlich umsetzen. Das setzt voraus, dass diese verständlich und nachvollziehbar vermittelt werden. Dies ist dem Bundesrat bei seinen Auftritten zu Beginn der Pandemie mehrheitlich gelungen. Doch je länger die Krise dauerte und je mehr Medienkonferenzen es gab, desto verwirrlicher wurde die Kommunikation. Weniger wäre manchmal mehr gewesen. Es gab viele Pressekonferenzen von Experten der Verwaltung oder der Wissenschaft im Medienzentrum des Bundes, und deren Aussagen haben sich teilweise oder dem Bundesrat widersprochen. So war es für die Bürgerinnen und Bürger manchmal schwer nachvollziehbar, was nun gilt. Zudem ging irgendwann das Gefühl der Dringlichkeit verloren, weil repetitiv eindringlich gemahnt wurde. In der akutesten Phase der Pandemie mit einem hohen Informationsbedürfnis war eine hohe Kadenz von Medienkonferenzen sicher angebracht. In den letzten Monaten fanden aber zu viele davon statt. Insbesondere die Kommunikation der Massnahmen durch den Bundesrat war für die Bevölkerung teilweise verwirrlich. Zuerst wurden Massnahmen vorgestellt, die in die Vernehmlassung geschickt wurden, und zwei Wochen später kommunizierte man dann, was nun wirklich gelten sollte. Es würde sich eine Hierarchisierung der Art der Mitteilung und des Überbringers der Botschaft anbieten: Der Bundesrat stellt nur finale Beschlüsse an Medienkonferenzen vor, Ankündigungen von Vernehmlassungen usw. werden von den zuständigen Personen aus der Bundesverwaltung kommuniziert.

Leider hat die Schweiz nie die gewünschte Impfquote erreicht und haben sich gute technische Lösungen wie die SwissCovid-App nicht durchgesetzt. Selbst der Zertifikats-App wurde aus gewissen Kreisen Skepsis entgegengebracht. Die Grundaufklärung über den Nutzen einer Impfung hätte früher begonnen werden können, damit die Bevölkerung bereits vor dem konkreten Impftermin eine positive Meinung zum Thema Impfen hat. Ebenso hätte das Vertrauen in technische Lösungen in der Öffentlichkeit stärker gefördert werden können. Denn die SwissCovid-App und das Zertifikat sind aus Sicht der technischen Innovation als Erfolge zu werten.

2.5 Demokratische und föderale Entscheidungswege fördern die Akzeptanz

Es ist eine ausgewiesene Stärke, dass die meisten Entscheide in den demokratischen Strukturen partizipativ und unter Einbezug der relevanten Stakeholder gefällt werden konnten. Nur während der ausserordentlichen Lage hat der Bundesrat allein bestimmt. Nach dieser kurzen Phase war der Einbezug aller Gruppen jederzeit gegeben. Verständlicherweise war aufgrund der Dringlichkeit weniger Zeit für den Austausch und konnte nicht jedes Detail ausdiskutiert werden. Aber immerhin konnte sogar das Stimmvolk zweimal über das Covid-19-Gesetz abstimmen. Dies ist weltweit aussergewöhnlich.

Der Föderalismus hat seine guten und schlechten Seiten gezeigt. So konnten gute kantonale Lösungen zur Bekämpfung der Pandemie, beispielsweise das Bündner Testmodell, vom Bund und den anderen Kantonen übernommen werden. Nichtsdestotrotz hätte die schweizweite Verbreitung guter kantonaler Beispiele oftmals schneller gehen können.

In der besonderen Lage zeigte sich die Schwierigkeit, dass Bund und Kantone überlappende Kompetenzen haben und sich nicht einig waren, wer entscheiden soll und manche Entscheidungen vor sich herschoben. Die Kantone haben im Sommer und Herbst 2020 teilweise darauf gewartet, dass der Bund schweizweite Regelungen beschliesst, während der Bundesrat wollte, dass jeder Kanton gemäss den gesetzlichen Vorgaben der besonderen Lage seine eigenen Massnahmen definiert. Es hat sich in dieser Zeit gezeigt, dass unangenehme Entscheidungen gerne dem Bund überlassen werden; sei es, weil man nicht Überbringer der negativen Nachrichten sein wollte, sei es, weil man die Kostenfolgen fürchtete. 2021 und 2022 hat dann grösstenteils der Bund entschieden, nach jeweiliger Konsultation der Kantone. Diese kurzfristigen Konsultationen waren zwar für die Entscheidungsfindung in und zwischen den Kantonen nicht optimal, da oftmals notwendige Absprachen verwaltungsintern und -extern nicht gemacht werden konnten. Immerhin hat der Einbezug die Akzeptanz der Entscheide in den Kantonen, welche die Massnahmen um- und durchsetzen mussten, erhöht. Ein früherer Austausch hätte den Kantonen aber geholfen, die neusten Massnahmen des Bundes rascher umzusetzen. Dies war beispielsweise beim Impfen nicht der Fall. Sie erhielten die Informationen vom Bund zu kurzfristig, zum Teil sogar gleichzeitig mit der Öffentlichkeit.

Ein weiterer Nachteil des Föderalismus war, dass die unterschiedlichen kantonalen Massnahmen für gesamtschweizerische Arbeitgeber in der besonderen Lage nicht immer einfach umzusetzen waren, da die Kantone für gewisse Massnahmen unterschiedliche Verfahren mit kantonalen Registrierungen und unterschiedlichen Abläufen oder Vorgaben vorgesehen haben (z.B. im Rahmen der Betriebsimpfungen oder Betriebstestungen). Die Ursache lag wohl auch darin, dass die Kantone die Lage unterschiedlich beurteilten.

2.6 Probleme an der Wurzel anpacken: Kurzarbeitsentschädigung und Liquiditätshilfen als effizienteste Wirtschaftshilfen

Der Bund unterstützte die Direktbetroffenen stark. Als wichtigste Instrumente haben sich die Kurzarbeitsentschädigung (15,1 Milliarden Franken in den Jahren 2020 und 2021), der Corona-Erwerbsersatz (4 Milliarden Franken in den Jahren 2020 und 2021) und die Covid-19-Überbrückungskredite im Umfang von 16,9 Milliarden Franken zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen erwiesen. Sie haben einerseits sichergestellt, dass die Kaufkraft in der Bevölkerung und damit die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen grösstenteils erhalten blieb. Andererseits bewirkten sie, dass Unternehmen mit Liquiditätsengpässen weiter produzieren konnten. Dadurch konnten die gesunden wirtschaftlichen Strukturen durch die akutesten Phasen der Pandemie gerettet werden. Die Instrumente waren zielgerichtet: Das Geld ist tatsächlich bei den Betroffenen, bei denen der Schaden angefallen ist, angekommen. Sie zeigten somit eine direkte Wirkung, eine Kettenreaktion konnte verhindert und der Konjunktureinbruch in Grenzen gehalten werden. Ergänzt wurden diese beiden wichtigsten Instrumente (Covid-19-Kredite und Kurzarbeitsentschädigung) insbesondere durch das Härtefallprogramm im Umfang von 4,7 Milliarden Franken «à fonds perdu» und 226 Millionen Franken an gesprochenen Darlehen, Bürgschaften und Garantien. Die Härtefallprogramme waren insbesondere für die geschlossenen Branchen wichtig, obwohl damit der notwendige Strukturwandel teilweise aufgehalten wurde, worauf beispielsweise die unterdurchschnittliche Anzahl von Konkursen in dieser Periode hindeutet.

Am Beispiel der Covid-19-Kredite zeigt sich, dass eine Zusammenarbeit der Behörden mit der Privatwirtschaft rasch zu guten Lösungen führen kann, wenn für die Erarbeitung und Implementierung solcher Notmassnahmen im Sinne der Miliztradition der Schweiz auf das Know-how des Privatsektors (im Falle der Covid-19-Kredite auf die Banken) zurückgegriffen werden kann. Ebenso haben die Unternehmen gezeigt, dass sie mit geeigneten Schutzkonzepten ihre Belegschaft ohne detaillierte behördliche Anweisungen gut schützen können. Insbesondere in internationalen Firmen wurden teilweise bereits im Februar oder März 2020 Schutzkonzepte implementiert – also noch vor dem Lockdown. Danach haben die Unternehmen sich laufend an die neusten behördlichen Vorgaben angepasst. Dabei waren aber bei gewissen Themen, wie zum Beispiel der Bedeutung guter Raumluftqualität, unternehmerische Kreise den Behörden oftmals einen Schritt voraus. Sobald die Behörden sich nicht auf grundsätzliche Regulierungen beschränkten, sondern zu stark in die Details eingriffen, wurde es verwirrlich. Ein drastisches Beispiel sind die im Frühling 2020 erlassenen Bestimmungen, was im Detailhandel noch verkauft werden darf, oder welche Betriebe systemrelevant sind und nicht geschlossen werden, oder welche Eingriffe in Spitälern noch durchgeführt werden dürfen. Während der nachfolgenden Covid-19-Wellen konnten die Spitäler freier agieren. Sie haben es dabei besser geschafft zu entscheiden, für welche Operationen sie noch Kapazitäten haben und welche sie verschieben müssen. Dadurch mussten nach den jeweiligen Wellen weniger Operationen nachgeholt werden, ohne dass die IPS-Stationen während der Wellen massiv überlastet waren.

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Forderungen

Aus den oben genannten Erkenntnissen ergeben sich einige konkrete Forderungen. Diese betreffen einerseits die Krisenorganisation beim Bund (vgl. Kapitel 3.1), andererseits den notwendigen Kompetenzaufbau bzw. -ausbau (vgl. Kapitel 3.2) sowie die unmittelbare Vorbereitung für den Herbst und Winter 2022/2023 (vgl. Kapitel 3.3). Ebenso müssen die Erkenntnisse in der laufenden Revision des Epidemiengesetzes berücksichtigt werden.

3.1 Krisenorganisation beim Bund

Es wurde weiter oben dargelegt, dass die Krisenorganisation beim Bund nicht optimal war und die bestehenden Gefässe nur unzureichend oder nicht genutzt wurden. Daher gilt es, die Krisenorganisation anzupassen. Grundsätzlich benötigt der Bund einen professionellen, permanenten Krisenstab, der in allen möglichen Krisensituationen eingesetzt werden kann. Er muss über ein vorgängig definiertes Organigramm mit klaren Verantwortlichkeiten verfügen. Denn nur mit einer permanenten Stabsorganisation ist in einer nationalen Notlage eine rasche und professionelle Eskalation aus dem Stand möglich, was auch die betroffenen Bundesstellen entlasten würde.

Im Epidemiengesetz wird in Artikel 55 festgehalten, dass der Bund über ein Einsatzorgan verfügen muss «für Ereignisse, die eine besondere Gefährdung der öffentlichen Gesundheit hervorrufen können, insbesondere bei der Bewältigung einer besonderen oder ausserordentlichen Lage». Der Bund sollte aber nicht eine Krisenstruktur spezifisch für den Fall einer nächsten Epidemie definieren. Er sollte eine funktionstüchtige Führungsstruktur aufbauen, die die Bewältigung vielfältiger Krisen wie Strom-Blackouts, Versorgungsengpässe, Cyber-Angriffe usw. meistern kann. Es gilt dazu, den eigentlich für die Bewältigung von Notlagen vorhandenen Bundesstab Bevölkerungsschutz umzubauen. Er muss breiter gefasst werden und sollte nicht nur dem «Bevölkerungsschutz» dienen, sondern allgemein bei der Bewältigung von nationalen Katastrophen und Notlagen eingesetzt werden können. Er ist aus den Bundesdepartementen herauszulösen und im Krisenfall direkt dem Gesamtbundesrat zu unterstellen. Daher sollte er entweder organisatorisch der Bundeskanzlei angegliedert oder beim Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) hierarchisch höher angesiedelt werden, damit die Leitung des Krisenstabs höheres Gewicht innerhalb der Bundesverwaltung hat, insbesondere gegenüber den Amtsdirektorinnen und -direktoren. Die politische Verantwortung liegt weiterhin beim Bundesrat, der darüber entscheidet, wann der Krisenstab aktiviert wird. Zusätzlich sollte das Parlament die Möglichkeit erhalten, den Bundesrat zu beauftragen, den Krisenstab einzusetzen oder zu deaktivieren.

Der Bundesrat fällt während der Krise weiterhin die wichtigsten Entscheide. Der Krisenstab kann ihm diesbezüglich Anträge stellen. Der Bundesrat sollte dem Krisenstab aber klare Entscheidungskompetenzen geben, im Rahmen von definierten Handlungsspielräumen und vorbehaltenen Entscheiden, damit dieser rasch reagieren und sich mit den kantonalen Krisenstäben koordinieren kann – wofür wiederum etablierte Kommunikationskanäle notwendig sind. Ebenso braucht der Krisenstab bundesinterne Weisungsbefugnisse, um Prioritäten setzen zu können und um sicherzustellen, dass Entscheide tatsächlich kohärent und rasch umgesetzt werden. Zudem muss der Bundesrat gemeinsam mit dem Krisenstab die Krisenkommunikation anleiten und festlegen, wer wann wie kommuniziert. Seitens der Behörden darf nur durch die politisch legitimierten Stellen, also beispielsweise durch den Bundesrat oder die Kantonsregierungen informiert werden. Zusätzlich soll die Leitung des Krisenstabs kommunizieren dürfen, wenn ihr die entsprechende Kompetenz zugewiesen wurde.

Führungspersonen mit Kompetenzen im Krisenmanagement sollten ständige Mitglieder des Krisenstabs des Bundes sein. Der Vorsitz des Gremiums sollte nicht wie bisher erst bei Anbruch einer Notlage bestimmt, sondern bereits vorgängig durch eine erfahrene Krisenmanagerin oder einen erfahrenen Krisenmanager besetzt werden. Die ständigen Mitglieder werden während einer Notlage durch spezifische Fachpersonen ergänzt, im Fall einer Epidemie unter anderem durch die verantwortliche Amtsdirektorin oder den verantwortlichen Amtsdirektor sowie epidemiologische Fachpersonen aus der Verwaltung, im Falle eines Strom-Blackouts hingegen durch Energieexpertinnen und -experten. Sie sollten in den Normalstrukturen verankert sein, damit die Verbindung in die Bundesämter sichergestellt ist. Diese Fachpersonen sind so weit wie möglich bereits in Normalzeiten zu bestimmen, damit nicht wertvolle Zeit mit der Besetzung des Krisenstabs verloren geht. Falls die Krise länger dauert, müssen die Durchhaltefähigkeit sichergestellt und die Fähigkeiten erweitert werden können. Dazu sollte sich der Krisenstab während einer Krise mit kompetentem Personal aus dem VBS, der Bundesverwaltung, aber auch aus der Privatwirtschaft verstärken können.

Damit die Abläufe funktionieren, muss der Krisenstab in den unterschiedlichen Zusammensetzungen üben und jederzeit einsatzbereit sein. Der Krisenstab organisiert daher regelmässige Aus- und Weiterbildungen und Krisenübungen im Verbund. In der Vergangenheit wurden vom VBS bereits Übungen dieser Art angesetzt. Dabei haben sich jedoch regelmässig Entscheidungsträger von der Übung abgemeldet. In Zukunft müssen solche Übungen zwingend unter Beteiligung aller im Krisenfall involvierter Personen stattfinden.

Der Einbezug der Verbände, der Wissenschaft und weiterer Akteure ist wichtig. Damit die Strukturen aber schlank und schlagkräftig bleiben, sollten diese nicht direkt im Krisenstab Einsitz nehmen. Der Kontakt wird durch Verbindungspersonen aus dem Krisenstab sichergestellt, die allfällige Begleit- oder Expertengruppensitzungen leiten und die Erkenntnisse in klar definierten Kommunikationskanälen in den Krisenstab einbringen.

Während einer Krise ist eine regelmässige Lagebeurteilung inklusive der Publikation von möglichen Entwicklungsszenarien eine wichtige Aufgabe eines Krisenstabs, um sich vor unliebsamen Überraschungen zu schützen und einen geordneten Arbeitsprozess der Bundesverwaltung und der Kantone anhand frühzeitig erarbeiteter Eventualplanungen zu ermöglichen. In Normalzeiten muss der Bundesstab die Lage in Bezug auf die wichtigsten Risiken permanent verfolgen. Er muss jederzeit erreichbar und innert Stundenfrist einsatzbereit sein.

Der Hauptgewinn eines stehenden Krisenstabs ist, dass dafür Personen mit den entsprechenden Kompetenzen rekrutiert werden können. Denn für die erfolgreiche Bewältigung einer Krise ist es zentral, in den Führungspositionen die richtigen Personen zu haben. Während der Corona-Krise hat man die Führungspositionen an Personen aus der Linie des Bundesamts übergeben. Das Führen in Krisen verlangt aber andere Fähigkeiten als das Führen einer Verwaltungseinheit im Normalbetrieb. Beispielsweise nimmt die verwaltungsinterne Ausarbeitung einer Verordnung mehrere Monate in Anspruch: Die Vernehmlassung dauert vier Monate, sie wird anschliessend ausgewertet und die Verordnung angepasst. Während einer Krise müssen hingegen weitreichende Entscheidungen im Tagesrhythmus, ohne breite und langwierige Abstützung und unter grosser Unsicherheit gefällt werden, damit der Bundesrat zeitnah beschliessen kann. Die Erfahrung zeigt, dass Personen aus der Verwaltung oftmals überfordert sind, wenn sich das Anforderungsprofil an ihren Job über Nacht radikal ändert und sie plötzlich Krisenmanager oder -managerin sein müssen. Es ist äusserst schwierig, Personen zu finden, die beide Kompetenzprofile – Verwalten und Krisenmanagement – erfüllen. Personen, die herausragende Fähigkeiten im Krisenmanagement mitbringen, wachsen an kurzfristigen Herausforderungen in sich laufend ändernden Situationen. Diese Personen finden keine Befriedigung, wenn sie einen Job in einer Linienfunktion in der Verwaltung ausüben müssen und dort nur ganz selten ihre Kernkompetenzen ausspielen können. Wenn der Krisenstab, wie hier gefordert, thematisch offen ist, wird er auch regelmässig benötigt und die Krisenmanagerinnen und -manager können ihre Fähigkeiten laufend anwenden und weiterentwickeln.

3.2 Notwendige Kompetenzen zur Bewältigung einer Epidemie

Die im vorangehenden Kapitel beschriebenen Massnahmen in der generellen Krisenorganisation reichen nicht aus, um eine Epidemie bzw. Pandemie erfolgreich meistern zu können. Dazu müssen bei den Behörden weitere fachliche Kompetenzen vorhanden sein. Diese müssen insbesondere die Bereiche Datenerhebung und Datenanalyse, Pandemieplanung, fachliche Mitarbeit in der Krisenorganisation des Bundes und Wissensaustausch abdecken.

1. Datenerhebung und Datenanalyse

  • Implementierung des Datenerhebungsprozesses:

    Bereits ausserhalb von Krisenzeiten müssen effiziente Datenerhebungsprozesse implementiert sein, damit diese in der Krise sofort ihren Dienst erweisen können. Die wichtigsten Daten zur epidemiologischen Lage müssen zwingend in Echtzeit vorhanden sein. Es gilt daher, die relevanten Informationen (Messgrössen und Messorte) zu definieren und die Schnittstellen aufzubauen, damit gemäss dem «once only»-Prinzip Spitäler, Arztpraxen, Labore usw. keine separaten, zusätzlichen Meldungen mehr machen müssen, sondern der Datenerhebungsprozess ohne Medienbrüche bei den Leistungserbringern in ihren IT-Systemen integriert ist.

  • Aufbau einer zentralen Datenbank:

    Diese Datenbank sollte alle Daten umfassen, die für die Bekämpfung einer Epidemie und deren wissenschaftliche Auswertung benötigt werden. Besonders zeitkritische Daten wie die Belegung der Intensivstationen und der Spitäler oder zu den Testergebnissen müssen für die Entscheidungsorgane in Echtzeit in anonymisierter Form verfügbar sein. Ebenso müssen die Daten in geeigneter Form regelmässig veröffentlicht werden.

  • Durchführung und Weiterentwicklung von standardisierten Datenanalysen.
  • Sicherstellung der Infrastruktur zur Überwachung einer Epidemie und für angewandte Forschung und Entwicklung (z.B. Testkapazitäten und Labors).

2. Pandemieplanung

  • Regelmässige Aktualisierungen des nationalen Pandemieplans.
  • Überwachung der Umsetzung des Pandemieplans in den relevanten Bundesstellen und in den Kantonen.
  • Die laufende Evaluation von Best-Practice-Ansätzen und des Managements vergangener Epidemien sind ein wichtiger Baustein, um die Pandemieplanung optimal anpassen zu können.

3. Fachliche Mitarbeit in den Krisenorganisationsstrukturen des Bundes

  • Mitarbeit beim Aufbau einer wirksamen und effizienten Krisenorganisation für das Szenario Epidemie/Pandemie.
  • Durchführung von regelmässigen Übungen auf fachlicher Ebene und zuverlässige Teilnahme der Entscheidungsträgerinnen und -träger an Verbundübungen.
  • Im Krisenfall:
    • Einsitz in den Krisenstab des Bundes in vordefinierten Rollen;
    • epidemiologische Lagebeurteilung;
    • Erarbeitung von Szenarien und Prognosen;
    • Erarbeitung von Massnahmenplänen, abgestützt auf die bereits vorhandene Pandemieplanung und die möglichen Szenarien;
    • fachliche Verantwortung für die Implementierung der gesundheitspolitischen Massnahmen gemeinsam mit den Kantonen;
    • Verantwortung für die fachliche Kommunikation in der Öffentlichkeit in Absprache mit dem Krisenstab des Bundes.

4. Wissensaustausch

  • Adressatengerechte Aufbereitung und Kommunikation der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse für die Verwaltung, die Gesundheitsinstitutionen und die Öffentlichkeit und in Krisensituationen für die nationalen und kantonalen Krisenstäbe. Insbesondere in einer Krisensituation ist es wichtig, der Bevölkerung Orientierung zu geben. Es gilt, Kommunikationskanäle zur nationalen und internationalen Wissenschaft aufzubauen und speziell für den Fall einer Krise zu definieren, wer als offizielle Stimme der «Wissenschaft» wahrgenommen werden soll.
  • Die Förderung des Wissensaustausches zwischen den Leistungserbringern aus dem Gesundheitssektor, den Forschenden und der Verwaltung ist bereits in Normalzeiten zu etablieren. Aber insbesondere im Krisenfall ist es unverzichtbar, dass die Erfahrungen im Umgang mit einem neuen Erreger möglichst rasch und breit ausgetauscht werden und die Krisenorgane die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse kennen und berücksichtigen können.
  • Es braucht eine Übersicht über den privatwirtschaftlichen Markt und die Kompetenzen in den Unternehmen, um im Krisenfall gezielt Know-how und Ressourcen (z.B. Material oder IT/Digitalisierung) abrufen zu können, ganz im Sinne der Miliztradition in der Schweiz. Damit kann die Vorhalteleistung des Staates unterstützt werden (z.B. Labors).

Die oben genannten Aufgaben müssten eigentlich vom Bundesamt für Gesundheit geleistet werden. Leider zeigte sich während der Pandemie, dass das BAG im Allgemeinen und die Abteilung übertragbare Krankheiten im Speziellen nicht in der Lage waren, alle diese Aufgaben ausreichend wahrzunehmen. Es fehlte eine Kultur des Umsetzens. Das BAG musste entscheidende Aufgaben auslagern und stark auf die Kompetenz von Externen zurückgreifen. Es ist unerlässlich, dass die Schweiz in Zukunft besser für Epidemien jeglicher Art gerüstet ist. Entweder baut das BAG die entsprechenden Kompetenzen auf und kann eine nächste Krise besser meistern, oder Aufgaben werden bewusst ausgelagert. Dazu könnte ein Institut für Epidemienmanagement als externe Verwaltungseinheit aufgebaut werden, das im Auftrag des BAG Teile oder alle der oben genannten Aufgaben übernähme. Im Bereich der Veterinärmedizin besteht mit dem Institut für Virologie und Immunologie (IVI) bereits ein vergleichbares Kompetenzzentrum für die Überwachung und das Management von Tierseuchen und Zoonosen. Ein solches Institut würde in normalen Zeiten einige der oben genannten Aufgaben übernehmen und wäre in Krisenzeiten in die Krisenorganisation des Bundes eingebunden. Zudem könnte es sich in nationale und internationale Forschungsnetzwerke integrieren und eigene angewandte Forschung und Entwicklung betreiben.

economiesuisse fordert, dass zuerst versucht werden muss, das BAG besser aufzustellen, damit es möglichst viele der in diesem Kapitel genannten Aufgaben in hochstehender Qualität mit kurzen Reaktionszeiten erfüllen kann. Es ist dabei aber zu prüfen, ob gewisse Aufgaben besser durch ein externes Institut abgedeckt werden können. Zwingend ist auf jeden Fall, dass ein allfälliges Institut über einen Leistungsauftrag des BAG geführt würde, damit die Gesamtverantwortung weiterhin beim BAG liegt und keine Verantwortungen herumgeschoben werden können.

3.3 Unmittelbare Vorbereitungsarbeiten für den Herbst und Winter 2022/2023

Die Szenarien des Bundes zur mittel- und längerfristigen Entwicklung von zeichnen mit dem Szenario 3 «Anstieg der Infektionszahlen kann mit vorhandenen Strukturen nicht mehr bewältigt werden» und dem Szenario 4 «Pandemiesituation mit einem neuen Erreger» Entwicklungen auf, in denen eine Krisenorganisation jenseits einer normalen Lage gefragt sein wird. Daher müssen alle Akteure – vom Bund über die Kantone bis zum einzelnen Leistungserbringer – für diese Entwicklungen gerüstet sein. Aus Sicht von economiesuisse müssen insbesondere zu folgenden Punkten unverzüglich Vorbereitungsarbeiten in die Hand genommen werden, um für den kommenden Herbst (oder allenfalls bereits für diesen Sommer) besser als in den letzten beiden Jahren gewappnet zu sein:

  • Die Krisenorganisation muss so rasch wie möglich gemäss obigen Ausführungen (vgl. Kapitel 4.1) angepasst werden. Solange keine Gesetzesänderungen notwendig sind, gibt es keine Ausrede, die einen Aufschub rechtfertigen könnte. economiesuisse beobachtet mit Sorge, dass momentan Krisenstrukturen aufgehoben werden und Know-how-Träger verloren gehen. Eine Minimalstruktur mit rascher Vergrösserungsmöglichkeit ist aufrechtzuerhalten.
  • Es braucht eine Kommunikation des Bundes, wann mit welchen Konsequenzen in welche Lage (normale, besondere bzw. ausserordentliche Lage) gewechselt würde. Dies würde die Planungssicherheit bei den Unternehmen erhöhen. Dieser Plan sollte so genau wie möglich sein. Selbstverständlich kann er nicht perfekt sein und wird je nach epidemiologischer Lage kurzfristig angepasst werden müssen.
  • Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen muss verbindlich definiert werden, um Kompetenzkonflikte mit negativen Auswirkungen zu vermeiden. Es ist absolut unverständlich, dass es der Bund und die Kantone nicht geschafft haben, sich für den nächsten Herbst und Winter auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Der Bund hat ein entsprechendes Grundlagenpapier ohne das Einverständnis der Kantone veröffentlicht. Aber ein Papier des Bundes nützt wenig, wenn die Kantone nicht in die gleiche Richtung arbeiten. Zudem würde ein gemeinsames Vorgehen eine Differenzierung der Massnahmen und massgeschneiderte Umsetzungen in den Kantonen besser ermöglichen. Falls sich der Bund und die Kantone bezüglich Ziele und Aufgabenteilung nicht einigen können, sollte der Bund bei sich verschlechternder Lage rasch das Heft in die Hand nehmen und entsprechende Eventualplanungen unverzüglich in die Wege leiten.
  • Es sind Schlüsselindikatoren zu bestimmen, deren Erhebung automatisiert wird und in Echtzeit stattfindet. Darunter fallen im Minimum die Anzahl Hospitalisierungen, die Belegung der IPS-Stationen und der Spitäler im Allgemeinen, wobei immer zwischen Gesamtbelegung (inkl. Fälle mit Corona) und Belegung wegen Corona zu unterscheiden ist. Ebenso sind Kennzahlen zu Tests und Impfungen zu erfassen.
  • Für die automatisierte Erfassung der Schlüsselindikatoren sind digitalisierte Schnittstellen zu definieren. Es gilt dabei auch abzuklären, welche bestehenden Systeme in der kurzen Frist besser genutzt oder ausgebaut werden könnten.
  • Es muss eine Planung erfolgen bezüglich der IPS-Kapazitäten, aber auch in Bezug auf die Kapazitäten bei allfälligen Booster-Impfungen, Tests und Contact Tracing. Diese Planung liegt in der kantonalen Verantwortung. Bezüglich IPS-Kapazitäten braucht es aber eine Absprache zwischen den Kantonen.
  • Für Reisende sind rechtzeitig ausreichend Angebote für erneute Booster-Impfungen zu schaffen und/oder die Gültigkeit des Covid-Zertifikats zu verlängern. Denn in den nächsten Monaten werden die meisten Zertifikate ungültig werden, während sich die Einreisebestimmungen international nach wie vor unterschiedlich entwickeln. Verschiedene Staaten fordern nach wie vor Impfnachweise und zum Teil Tests. Bei weitreichenden Einschränkungen könnten auch die Schreiben des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL), in welcher die Systemrelevanz eines Betriebs attestiert wird, im internationalen Verkehr wieder an Bedeutung gewinnen.
  • Die Wirksamkeit der einzelnen Massnahmen, insbesondere der einschränkenden, ist zu evaluieren. Es sollte nur noch auf in den letzten zwei Jahren bewährte Massnahmen, die eindeutig wirksam waren, zurückgegriffen werden. Zudem ist endlich verstärkt das Thema Luftqualität in Innenräumen zu berücksichtigen wie beispielsweise die CO2-Messung in Innenräumen bei der Festlegung von einschränkenden Massnahmen. Bei allen Massnahmen muss die wissenschaftliche Evidenz berücksichtigt werden. Neue Massnahmen lassen sich nur durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse rechtfertigen.
  • Es braucht einen systematischen Einbezug der Wissenschaft. Da die nationale Covid 19 Science Task Force aufgelöst wurde, muss der Einbezug der Wissenschaft neu definiert werden, damit deren Politikberatung in strukturierter Form erfolgen kann.
  • Das Thema Vorratshaltung ist auf Stufe Bund, in den Kantonen und den Gesundheitsinstitutionen mit Priorität zu bearbeiten. Die aufflammenden Lieferengpässe auf den Weltmärkten verschonen die Schweiz nicht. Vorräte an kritischen Gütern müssen in der Schweiz vorhanden sein, dank ausreichend Pflichtlagern und offenen Grenzen im Warenverkehr. Auf Stufe der Gesundheitsdienstleister sind die kritischen Risiken zu überprüfen und adäquate Vorbereitungen zu treffen, darunter eine verstärkte Lagerhaltung von kritischen Gütern in den Spitälern. Dies betrifft nicht nur die in der Covid-Pandemie unverzichtbaren Masken und Desinfektionsmittel, sondern beispielsweise auch Medikamente, die benötigt werden, um Patienten an Beatmungsgeräten sediert halten zu können. Die normalen Prozesse bei der Beschaffung sind möglichst aufrechtzuerhalten. Zudem braucht es eine Aufklärungskampagne über die Vorratshaltung bei der Bevölkerung, z.B. in Bezug auf Masken, Desinfektionsmittel und Ähnliches.
  • Der Ausbau der Vorhalteleistungen in den Spitälern wurde vom nationalen Parlament bereits beschlossen. Die Kantone müssen diese den Spitälern künftig finanzieren. Hier gilt es nun die wichtigen Fragen rasch zu klären. Zuerst ist die Vorhalteleistung genau zu definieren. Betrifft sie nur IPS-Betten? Bedingt sie auch den Aufbau eines Pools an Reservepersonal? Danach ist die Menge der Vorhalteleistung zu bestimmen. Dabei gilt es zu beachten, dass eine Vorhalteleistung ein schweizweites öffentliches Gut ist, da bei Kapazitätsengpässen Patienten über die Kantonsgrenzen verlegt werden können. Eine Koordination der Kantone ist daher angezeigt. Schliesslich ist auch die Finanzierung der Vorhalteleistung wie auch der Vorratshaltung zu klären.

3.4 Konsequenzen für die laufende Revision des Epidemiengesetzes

Beim Bund wurden die Arbeiten zur Revision des Epidemiengesetzes (EpG) gestartet. Die in diesem Dossierpolitik genannten Forderungen müssen sich darin niederschlagen und die Revision muss zügig vorangetrieben werden. Die zukünftige Ausgestaltung des Epidemiengesetzes kann jedoch nicht losgelöst von weiteren notwendigen Reformen betrachtet werden: So ist sie abhängig davon, wie auf Ebene Bund in Zukunft die allgemeine Krisenorganisation aufgestellt sein wird. Erst nachgelagert können im Epidemiengesetz ergänzende Regelungen in Bezug auf die Organisationsstruktur in der ausserordentlichen und besonderen Lage definiert werden. Ziel muss es sein, dass die Krisenorgane schlagkräftiger werden. Grundsätzlich hat sich das Eskalationsmodell mit der ausserordentlichen und der besonderen Lage bewährt. In der besonderen Lage muss aber die Zusammenarbeit der Kantone untereinander und des Bundes mit den Kantonen verbessert werden.

Des Weiteren müssen das Datenmanagement und der Informationsaustausch vereinfacht und krisentauglicher ausgestaltet werden und Tests, bewährte digitale Hilfsmittel und Impf-, Test- und Genesungsnachweise eine gesetzliche Grundlage erhalten. Schliesslich ist zu definieren, welche Finanzhilfen in Zukunft bei Schäden aufgrund behördlicher Massnahmen gewährt werden sollen. Weitere Informationen zu den Forderungen von economiesuisse zu einzelnen Gesetzesartikeln im EpG finden Sie hier in der Beilage.

Pflege Spital

Fazit

Die Schweiz muss nicht nur für den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie oder eine weitere Pandemie, sondern auf Krisen im Allgemeinen besser vorbereitet sein. Mit den in diesem Papier vorgeschlagenen Anpassungen in der Krisenorganisation und im Epidemiengesetz, ergänzt durch wirksame Sofortmassnahmen, um die nächsten Monate gut zu überstehen, können diese wichtigen Ziele erreicht werden.

Es ist nicht verboten, Fehler zu machen. Aber es wäre grobfahrlässig, diese zu wiederholen. Daher müssen jetzt alle Beteiligten rasch anpacken, damit die Schweiz in der nächsten Epidemie möglichst wenig im Blindflug operieren muss, sondern mit den geeigneten Instrumenten die Sturmfront rasch und sicher durchqueren kann.

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