Milizprinzip fördert gegenseitiges Verständnis von Wirtschaft und Politik
Diana Gutjahr ist Betriebsökonomin FH und Mitinhaberin der Ernst Fischer AG. Im Interview erklärt sie, weshalb sowohl Wirtschaft als auch Politik auf ein gut funktionierendes Milizprinzip angewiesen sind und wie sie es schafft, stetig wachsenden politischen und wirtschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Interview: Nicole Wiedemeier und Adrian Michel
Frau Gutjahr, weshalb hat Ihre Firma für ihre Mitarbeitenden die Möglichkeit eingeführt, nebenbei einem politischen Amt nachzugehen? Welchen Nutzen erhofft man sich?
Gutjahr: Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, soziale Verantwortung zu übernehmen. Deshalb ist es uns wichtig, öffentliche Interessen nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern aktiv einen Beitrag zu leisten. Wir stellen uns die Frage: Wer macht es sonst? Wenn wir nicht mitbestimmen, dann wird über uns bestimmt. Unsere Anliegen und Bedürfnisse können nur dann auf Gehör stossen und wirtschaftsfreundliche Lösungen erzielen, wenn diese in der Politik rechtzeitig erkannt und verstanden werden. Aus diesem Grund motivieren und unterstützen wir auch unsere Mitarbeitenden, sich für die Öffentlichkeit zu engagieren.
Wie wird das Milizprinzip in Ihrem Unternehmen konkret umgesetzt?
Gutjahr: Um die Vereinbarkeit von Politik und Beruf zu gewährleisten, stellen wir unseren Mitarbeitenden flexible Arbeitszeitmodelle zur Verfügung.
Sie besetzen sowohl politisch als auch beruflich anspruchsvolle Posten. Wie gestalten Sie Ihren typischen Tages- oder Wochenablauf?
Gutjahr: Ich habe einen strukturierten Tagesablauf und versuche, mich auf die wesentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Dass dies mit einem 8-Stunden-Tag nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Ich komme aus einer Unternehmerfamilie und da lernt man schon früh, dass die Woche sieben Tage hat. Ich erachte es für sehr wichtig, dass Spass und Freude dabei tägliche Begleiter sind. Natürlich braucht es auch ein gutes Umfeld, das einem unterstützend zur Seite steht.
In welchen Situationen kommt Ihnen Ihre Doppelfunktion besonders zugute?
Gutjahr: Ich spüre oft in politischen Debatten, dass ein Wissensvakuum vorhanden ist, weil es vielfach an Praxisbezug mangelt. Wenn man hier noch mit einem Bein in der Wirtschaft steht, schafft dies ein gegenseitiges Verständnis. Dieses wiederum ist für ein einwandfreies Funktionieren beider Systeme unabdingbar.
Wenn wir nicht selbst mitbestimmen, dann wird über uns bestimmt.
Aus welchem Grund ist auch die Politik auf ein gut funktionierendes Milizprinzip angewiesen?
Gutjahr: Es ist der Lauf der Zeit, dass immer mehr Regulierungen, Gesetzesartikel und Verordnungen Einzug in den Wirtschaftsalltag halten, die die Unternehmen in ihrem täglichen Geschäft hemmen. Es ist daher unheimlich wichtig, dass nicht nur Berufspolitikerinnen und Berufspolitiker das entscheiden, sondern dass die Sorgen und Nöte aus der im Berufsleben stehenden Bevölkerung in Bundesbern Gehör finden und praxisbezogene sowie umsetzbare Lösungen gesucht werden. Die Politik sollte dazu dienen, das Leben zu erleichtern und nicht zu erschweren.
Gibt es auch Momente, in denen Ihnen diese Mehrfachbelastung über den Kopf wächst? Wenn ja, welche Verbesserungsmöglichkeiten könnten Abhilfe schaffen?
Gutjahr: Es ist in der Tat so, dass doch in einigen Momenten die Arbeitsbelastung das Mögliche übersteigt. Ich versuche dann ruhig zu bleiben, prioritär die Aufgaben anzugehen und in meinem Umfeld die notwendige Unterstützung abzurufen. In Einzelfällen ist man froh, auf externes Fachwissen zurückgreifen zu können, zum Beispiel Analysen oder Grundlagenarbeiten von Verbänden.
Über die Ernst Fischer AG
Die Ernst Fischer AG ist ein Stahl- und Metallbauunternehmen. Im Schnitt unterhält die Firma 50 bis 60 Baustellen. Das Hauptgeschäft ist der Bau von Tankstellenanlagen für die grossen Ölkonzerne. Darüber hinaus werden unter anderem Steganlagen und Stahlgerüste errichtet. Das Unternehmen ist national und international tätig und beschäftigt rund 80 Mitarbeitende.
Weitere Informationen finden Sie auf www.efag.ch.