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Jucker Farm: Von Obstbauern zum vielseitigen Unternehmen

Mit Unternehmergeist und bäuerlich nachhaltiger Tradition verwandelten Martin und Beat Jucker ihren einst unrentablen Hof in einen preisgekrönten Erlebnisbetrieb.

 

Barfuss und entspannt begrüsst uns der von Ernst&Young zum «Unternehmer des Jahres» gekürte Martin Jucker inmitten der Besuchermenge auf seinem Hof in Seegräben. Über eine halbe Million Besucherinnen und Besucher empfängt der erlebnisorientierte Gastrobetrieb jährlich. Rund 150 Mitarbeitende sorgen dafür, dass das so bleibt. Steht man heute umringt von kunstvollen Kürbisstatuen vor dem betriebsamen Hofladen, kann man sich kaum vorstellen, dass der Erhalt des Betriebs vor 20 Jahren nicht gesichert schien. Anfang der 1990er-Jahre bot der herkömmliche Obstanbau der Familie Jucker keine sichere Zukunft mehr. Es musste sich etwas ändern. Das Ziel der Brüder Jucker war die wirtschaftliche Unabhängigkeit – auch jene vom Staat: «Wenn es schief geht, dann sind wir wenigstens selber schuld», erinnert sich der gelernte Obstbauer an die Entscheidung, das Geschäftsmodell umzukrempeln.

Ein neues «Kürbis»-Kerngeschäft
Der Durchbruch gelang 1997 mit dem damals exotischen Anblick von 50 Tonnen Kürbis, die vor dem Hof aufgehäuft wurden. 8000 Leute kamen zu dieser ersten, zufällig entstandenen «Kürbisausstellung» und kauften die gesamte Ernte auf. In der Folge expandierten die Gebrüder Jucker mit kreativen Ideen, Mut und viel Schub nach vorne. Attraktionen wie eine zwölf Meter hohe Kürbispyramide, kunstvolle Skulpturen oder die weltgrösste Kürbissuppe lockten in den Folgejahren über 300'000 Besucher in die kleine Gemeinde am Pfäffikersee. Die Kürbisproduktion stieg auf jährlich 800 Tonnen. Die Jucker’s belieferten damit fast den gesamten Schweizer Detailhandel und bauten gleichzeitig    ihren Produktionsstandort in den Folgejahren zum wahren Eventbetrieb um.



 
Die Wirtschaftskrise traf dann aber auch die Juckers. Als «Buure in die New Economy-Blase hinein», resümiert Martin Jucker die Situation 2001. Die nächsten drei Jahre waren hart. «Die Bank hat uns die Sanierung nicht mehr zugetraut – wir haben es aber trotzdem geschafft.» Wiederum bot eine Krise den Anlass, sich neu zu erfinden. Die Juckers fokussierten sich auf das, was sie von anderen Obstproduzenten abhob – die Kürbisausstellungen und das Erlebnis auf dem eigenen Bauernhof. «In der Landwirtschaft gilt die Logik, dass all das erlaubt ist, was es noch nie gegeben hat», erklärt Martin Jucker. So entstand ein neuer Gastronomiebetrieb, der von Hochzeiten bis zu Firmenretraiten Events aller Art anbietet.



Das neue Geschäftsmodell: Nachhaltigkeit und Eigenproduktion

Dem Fokus auf Kürbiskunst ist das Unternehmen heute entwachsen. Eine neue Philosophie bestimmt die Jucker Farm AG. Das Sortiment erstreckt sich von diversen Obstsorten und Spargel über Weinbau bis hin zu Weidegänsen. Laut Martin Jucker richtet sich das Angebot an den modernen Konsumenten, der misstrauisch wird, wenn er die Herkunft seiner Nahrungsmittel nicht mehr nachvollziehen kann. Alles was auf dem Juckerhof geboten wird, soll schon bald vollständig aus Eigenproduktion stammen: «wie das klassische Modell vom Bauernhof – dem Urgedanken unserer Grossmutter, halt einfach modern und wirtschaftlich umgesetzt».

Das Unternehmen investiert besonders in Nachhaltigkeit. Das sei der Kern der Sache, denn viele der Obst- und Gemüsekulturen sind auf 30 Jahre angelegt und auch teure Investitionen in Energieeffizienz lohnen sich oft erst nach einem Jahrzehnt. Eines der alten Bauernhäuser wurde nach Minergie-Standard renoviert und beherbergt nun einen voll ausgerüsteten Seminarraum. Hinter der schlichten Holzfassade auf der anderen Seite des Hofes verbirgt sich eine moderne Wärmerückgewinnungsanlage. Die geplante hofeigene Bäckerei soll CO2-neutral mit Holz aus dem eigenen Wald betrieben werden.



Von der innovativen Vermarktung ihres Produkts über den Aufbau eines Eventbetriebs bis zur Verfolgung des Selbstversorgergedankens hat sich die Jucker Farm AG binnen zwei Jahrzehnten immer weiterentwickelt. Der Schlüssel war stets, Neues auszuprobieren. «Wir haben immer gesagt: In der Branche, in der wir tätig sind, wollen wir die Besten sein. Durchschnitt ist eigentlich nicht genügend.» Die zahlreichen Preise und das breite Interesse an der Jucker Farm bestätigen dieses Credo.

 


Bilder von oben nach unten: Gastgarten des Juckerhofs; Martin Jucker; Juckerhof; Wärmerückgewinnungsanlage; Seminarraum; Juckerfarm; Köchin; Kürbisausstellung