Initiative «Gegen Masseneinwanderung» schadet der Wirtschaft
Trotz Eurokrise und Frankenstärke hat die Schweiz weniger Arbeitslose und höhere Reallöhne als vor fünf Jahren. Offene Märkte, eine im internationalen Vergleich geringere Bürokratie und ein flexibler Arbeitsmarkt sind Stärken des Standorts Schweiz. Diese werden durch die SVP-Initiative «Gegen Masseneinwanderung» fahrlässig aufs Spiel gesetzt. economiesuisse lehnt die SVP-Initiative deshalb klar ab.
Die Personenfreizügigkeit hat Wirtschaftswachstum und Wohlstand gestärkt und Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen. Negative Auswirkungen auf Löhne oder die Arbeitslosigkeit können nicht festgestellt werden; im Gegenteil: Die Reallöhne stiegen zwischen 2002 und 2010 durchschnittlich um 0,6 Prozent pro Jahr an. Die Arbeitslosigkeit ist mit 2,8 Prozent halb so hoch wie in der EU und liegt für Schweizerinnen und Schweizer mit 2,3 Prozent noch tiefer. Gemäss Bundesamt für Sozialversicherungen sieht die AHV-Rechnung dank Zuwanderung wesentlich besser aus als ohne. Die Zuwanderung folgt dem Konjunkturverlauf. Bei einem Konjunkturaufschwung wie zwischen 2006 und 2008 nahm sie zu. Im Rezessionsjahr 2009 verkleinerte sich das Wanderungssaldo gegenüber dem Vorjahr um einen Viertel.
Ausserdem: Die Forderungen der Initiative sind überholt. Denn es besteht auch heute keineswegs ein Freipass für Ausländer, sich in der Schweiz niederzulassen. Voraussetzung ist, dass sie über einen gültigen Arbeitsvertrag verfügen, selbstständig sind oder ausreichend finanzielle Mittel nachweisen können.
Kein Staatsdirigismus im Arbeitsmarkt
In der Schweiz herrscht eine Knappheit an qualifizierten Fachleuten wie Ingenieure oder Informatiker. 83 Prozent der aus dem EU-Raum zugewanderten Personen verfügen über einen Abschluss auf Sekundarstufe II (Berufsbildung, Matura), 51 Prozent sogar über einen Hochschulabschluss. Daneben profitieren Branchen wie die Gastronomie oder Landwirtschaft. Die Rückkehr zu Kontingenten, wie von der SVP gefordert, wäre eine Rückkehr zu mehr Bürokratie und zu einer erhöhten Entscheidungsunsicherheit für die Unternehmen. Die Allokation von Arbeitnehmern würde durch behördliche Entscheidungen statt durch Nachfrage von Unternehmen gesteuert, was höchstens die Anhänger der Planwirtschaft freuen würde.
Bilaterale Abkommen stehen auf dem Spiel
Die Initiative gefährdet die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU. Eine Nachverhandlung des Freizügigkeitsabkommens, die gemäss Initiativtext innert drei Jahren erfolgen müsste, ist illusorisch. Die EU-Institutionen dürften nicht bereit sein, Einschränkungen mit Kontingenten und Inländervorrang zu akzeptieren. Eine Kündigung der Personenfreizügigkeit und aufgrund der Guillotine-Klausel der mit ihr verbundenen Abkommen der Bilateralen I wäre die letzte Konsequenz. Die dadurch verursachte Isolation gegenüber unserem wichtigsten Wirtschaftspartner würde Wohlstand und Arbeitsplätze gefährden und uns in die wirtschaftliche Stagnation der 1990er-Jahre zurückwerfen.
economiesuisse lehnt die Initiative «Gegen Masseneinwanderung» ab. Bestehende Probleme sind zu lösen. Dabei steht eine entschlossene Anwendung und Durchsetzung des bestehenden Rechts im Vordergrund.