Behält die Badeaufsicht den Überblick?
Wer im Sommer gerne in die gut gefüllte Badi geht, hat dort gegenwärtig die Gelegenheit, Multitasking in Aktion zu erleben: ein buntes Treiben von Hunderten von Badegästen, in denen eine Bademeisterin oder ein Bademeister versuchen, den Überblick über das latente Chaos zu wahren und bei Bedarf ordnend einzuschreiten. Die Badeaufsicht ist herausfordernd – ebenso die Steuerung der bundesnahen Betriebe, auf die sich das Bild gut übertragen lässt.
Nachdem die letzte «Saison» bei den Unternehmen in direktem Bundesbesitz diverse Vor- und Unfälle mit sich gebracht hat – am prominentesten in Erinnerung bleibt eindeutig die Postauto-Affäre – sah sich der Bundesrat als «Oberbademeister» veranlasst, die Corporate Governance und seine Führung von Post, SBB und Co. von externen Experten überprüfen zu lassen. Der entsprechende Bericht liegt seit vorletzter Woche vor. 13 von 32 Kriterien sind erfüllt (vgl. Bericht S. 76).
Insgesamt wirft der Bund darin sehr relevante Fragen auf und legt den Finger auf den einen oder anderen wunden Punkt – die Rollenvielfalt des Staats und die Frage nach der Wettbewerbsneutralität der Unternehmen zum Beispiel. Die entsprechenden Schlussfolgerungen sind dann allerdings etwas gar zaghaft und es scheint, als seien einige kritische Aspekte in der Endabrechnung durch das Bewertungsraster gefallen. In seiner Kommunikation hat der Bundesrat angekündigt, nur wenige Massnahmen in die Tat umsetzen zu wollen. Das ist natürlich schade. Im Sinne einer wirkungsvollen und nachhaltigen Steuerung der bundesnahen Betriebe bleibt zu hoffen, dass die Frage nach der «richtigen» Corporate Governance nicht wieder unter den Tisch fällt, sondern über die diesjährige Badesaison hinaus im Gedächtnis bleibt. Notwendig wäre es, denn wenn der Staat schon unternehmerisch tätig sein will, sollte er diese Tätigkeit auch professionell wahrnehmen.