GettyImages-1302903897

Klimaprogramm der Wirtschaft: Emissionen reduzieren, nicht Jobs und Wohlstand

28.10.2025

Auf einen Blick

Die Schweizer Wirtschaft steht vor einer neuen Phase der Klimapolitik: Mit dem CO₂-Gesetz ab 2030 steigt der Handlungsdruck, Zielkonflikte nehmen zu und internationale Entwicklungen bedrohen die Wettbewerbsfähigkeit. Die Wirtschaft fordert wirksamen Klimaschutz, der Wohlstand sichert und stärkt.

Das Wichtigste in Kürze

Vor fünf Jahren hat sich die Schweizer Wirtschaft zu Netto-Null bekannt und ein umfassendes Klimaprogramm als Wegweiser vorgelegt. Seither haben sich politische, technologische und ökonomische Rahmenbedingungen verändert, die gesetzlich vorgeschriebenen Zwischenziele rücken näher und der Handlungsdruck steigt. Gleichzeitig treten neue Zielkonflikte zwischen der Klimapolitik und anderen politischen Prioritäten hervor: Die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandort Schweiz ist bedroht, nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer veränderten internationalen Ausgangslage. Dazu zählen die klimapolitische Neuausrichtung in den USA, ein verstärkter industriepolitischer Fokus in der EU sowie weiterhin wachsende Emissionen in den Schwellenländern. Hinzu kommen neue Transitionsbremsen wie Bürokratie und Energieverfügbarkeit sowie geopolitische Belastungen durch Kriege und zunehmender Druck auf den Freihandel.

Mit dem ab 2030 vorgesehenen CO2-Gesetz beginnt eine neue Phase der Schweizer Klimapolitik, deren Ausgestaltung die Wettbewerbsfähigkeit und Transformationspfade der Unternehmen in den kommenden Jahren entscheidend prägen wird.  Das Ziel der Wirtschaft bleibt klar: Ein wirksamer Klimaschutz, der den Wohlstand der Menschen in unserem Land sichert und mehrt.

Position economiesuisse

Fünf Leitplanken für eine wirtschaftsverträgliche Klimapolitik nach 2030:

  • Wettbewerbsfähigkeit und Carbon Leakage sind zentral: Eine ins Ausland verlagerte Tonne CO₂e hilft dem Klima nicht und schadet dem Wohlstand. Die Schweiz ist international nur ein Vorbild, wenn sie Klimaschutz und Wohlstand zusammenbringt. Ansonsten wird sie ein abschreckendes Beispiel.
  • Auf Wirkung und Effizienz fokussieren: Klimamassnahmen müssen nach Vermeidungskosten pro Tonne priorisiert werden.
  • Stärken, was funktioniert: Das Zielvereinbarungssystem ist erfolgreich und sollte ausgebaut sowie vereinfacht, nicht erschwert werden.
  • Transitionsbremse Bürokratie lösen: Regulierungen sind nur bei positivem Kosten-Nutzen-Verhältnis gerechtfertigt. Die Wirkung von Bürokratie hängt von der Dosierung ab.
  • Lateral zum CO2-Gesetz: Die Klimawende setzt Versorgungssicherheit durch einen robusten Energiemix zu wettbewerbsfähigen Preisen sowie die nötige Infrastruktur für Import, Speicherung und Verteilung von emissionsfreier Energie voraus.
GettyImages-1302903897

Kapitel 1: Herausforderung Klimawandel spitzt sich zu – wichtiger denn je ist ein klarer Handlungsrahmen

Der Klimawandel schreitet voran – die Trendwende lässt auf sich warten 

Der Klimawandel stellt weiterhin eine der zentralen globalen Herausforderungen dar und seine Auswirkungen werden auch in der Schweiz zunehmend sichtbar. Gleichzeitig wird klar, dass neben der Emissionsreduktion künftig auch Schutz- und Vorsorgemassnahmen stärker in den Fokus rücken werden.

Am weltweiten Entwicklungspfad der Treibhausgasemissionen hat sich wenig geändert. Inzwischen liegen die globalen Kohlendioxidemissionen bei rund 37 Milliarden Tonnen (GtCO2) und damit 66 Prozent höher als im . Trotz vermehrter globaler Anstrengungen sind die globalen Emissionen kontinuierlich gestiegen. Ein wesentlicher Faktor ist der starke Wohlstandszuwachs in Asien, der Milliarden Menschen aus der Armut geführt hat und weiter anhält. In Europa hingegen nehmen die Emissionen seit den frühen 1990er-Jahren trotz weiterem Bevölkerungs- und Wohlstandswachstum pro Kopf leicht ab. Lediglich aufgrund der Auswirkungen der globalen Finanzkrise und der Covid-Pandemie war ein temporärer Rückgang in den Jahren 2009 und 2020 feststellbar.

Abbildung 1

DE_dp02_Klimaprogramm_G1_Globale_Fossile_Emissionen

Parallel zum Anstieg der Emissionen sind auch die globalen Temperaturen weiterhin gestiegen, wobei sich die Erwärmung seit den 1960er Jahren beschleunigt hat. Die Jahre 2015 bis 2024 waren die wärmsten seit Beginn der Messungen, mit 2024 als bisherigem Spitzenjahr mit rund 1,5 °C über dem . In der Schweiz ist die Temperatur seit Beginn der Messungen um rund 2,8 °C gestiegen, verglichen mit etwa +2,3 °C im weltweiten Mittel über den Landflächen. Dies zeigt sich insbesondere im beschleunigten Gletscherschwund und weiteren klimabedingten Veränderungen. Gleichzeitig weist die Schweiz aufgrund ihres gemässigt-kühlen Klimas und des fehlenden Meeranstosses eine geringe Verwundbarkeit auf und ist auch aufgrund ihres Wohlstands besser als andere Länder auf die Folgen .

Netto-Null 2050 bleibt das Ziel

Vor diesem Hintergrund verstärkt die Wirtschaft ihre Klimaschutzbemühungen und verfolgt weiterhin das Netto-Null-Ziel. Grundlage bildet das durch die Schweiz 2017 ratifizierte Übereinkommen von Paris, das für die Schweiz eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um mindestens 50 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 vorsieht. Ab 2050 soll die Schweiz klimaneutral sein, das heisst, es dürfen nur noch so viele Emissionen ausgestossen werden, wie durch sogenannte Negativemissionstechnologien entfernt werden können.

Die breite Zustimmung der Bevölkerung zur klimapolitischen Ausrichtung, zuletzt bekräftigt durch das Volks-Ja im Juni 2023 zum Klima- und Innovationsgesetz (KlG), unterstreicht diesen Kurs zusätzlich. Die Wirtschaft spielt eine zentrale Rolle im steten Bemühen um klimaverträgliche Lösungen. So haben sich beispielsweise bereits über 250 Schweizer Firmen, davon drei Viertel der SMI-Unternehmen im Rahmen der von economiesuisse unterstützten Science Based Targets initiative (SBTi) zu einem deutlich ambitionierteren Absenkpfad, als ihn die inländische Gesetzgebung und das Pariser Klimaabkommen vorsehen, verpflichtet. 

Ganzheitlicher Ansatz führt zum Erfolg

Unverändert gilt dabei der Grundsatz eines integrierten, ganzheitlichen Ansatzes: Klimapolitik muss mit ökonomischer Entwicklung Hand in Hand gehen. Eine langfristig tragfähige Transformation kann nur gelingen, wenn wirtschaftlicher Erfolg, Innovationsfähigkeit und die Sicherung von Arbeitsplätzen mit den klimapolitischen Zielen in Einklang gebracht werden. Die Verbindung von volkswirtschaftlichem Wachstum (ökonomisch), wirksamem Klimaschutz (ökologisch) und Sozialverträglichkeit (sozial) ist daher zentral.

Internationale Dimension ist ausschlaggebend

Der Klimawandel bleibt eine globale Herausforderung, die globale Lösungsansätze erfordert. Die Schweiz verfügt über einen grossen Hebel und die Voraussetzungen, sowohl durch ambitionierte Massnahmen zur Emissionsreduktion und Klimaanpassung auf nationaler Ebene als auch durch ihren Beitrag zur globalen Transformation eine aktive Rolle zu übernehmen. Letzteres kann etwa über technologische Innovationen, internationale Zusammenarbeit oder durch indirekte Emissionsminderungen (Scope 4) erfolgen. Eine Vorbildfunktion kann die Schweiz jedoch nur dann entfalten, wenn es gelingt, Klimaschutz mit einer erfolgreichen volkswirtschaftlichen Entwicklung zu verbinden. Andernfalls drohen ambitionierte klimapolitische Massnahmen international nicht als Vorbild, sondern als abschreckendes Beispiel wahrgenommen zu werden.

Klimaprogramm 2021 hat Bestand

In diesem Kontext behalten die fünf Grundsätze des Klimaprogramms der Wirtschaft ihre Gültigkeit. Sie bilden den normativen Rahmen für unternehmerisches Handeln im Kontext der Klimatransition:

  1. Marktorientierung und internationale Vernetzung
  2. Flexibilität
  3. Eigenverantwortung
  4. Gleichbehandlung der Energieträger
  5. Wettbewerbsorientierung
GettyImages-1302903897

Kapitel 2: Rückblick: Die Richtung stimmt, das Tempo muss erhöht werden

Die Schweizer Unternehmen haben bereits viel bewegt

In den letzten Jahren hat die Schweiz neue Weichen in ihrer Klimapolitik gestellt. Mit dem Klimaschutzgesetz, das am 1. Januar 2025 in Kraft trat, wurden diese Ziele erstmals verbindlich gesetzlich verankert. Das Gesetz legt nicht nur das Netto-Null-Ziel fest, sondern auch konkrete Zwischenziele sowie sektorspezifische Absenkpfade für die Bereiche Industrie, Gebäude und Verkehr. Bei der Überprüfung der Ziele für das Jahr 2020 zeigte sich: Die Industrie erfüllte ihren Zielbeitrag und übertraf diesen sogar. Der Gebäudesektor verfehlte sein Ziel knapp, während die Emissionen im Verkehrsbereich noch klar über dem angestrebten Niveau lagen. Damit verpasste die Schweiz ihr nationales Reduktionsziel von -20 Prozent insgesamt .

Seither hat sich vor allem die Industrie weiterhin positiv entwickelt. Derzeit liegen ihre Emissionen mehr als 35 Prozent unter dem Niveau von 1990. Damit hat sie ihr Ziel für 2030 bereits erreicht und befindet sich auf gutem Kurs, auch das Ziel von -50 Prozent bis 2040 zu erfüllen. Ohne die Emissionen aus der von der öffentlichen Hand betriebenen Abfallverbrennung gerechnet, beträgt die privatwirtschaftliche Reduktion sogar rund . Dieser Fortschritt ist neben den direkten Reduktionen von energieintensiven Unternehmen, welche dem Emissionshandelssystem angeschlossen sind, das Resultat der seit Jahren etablierten Zielvereinbarungen zwischen Wirtschaft und Bund. Sie schaffen klare Anreize für technische Innovation, Investitionen in Effizienz und eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse. Diese Erfolge werden jedoch in der Diskussion um die Klimapolitik nach 2030 bislang nur unzureichend gewürdigt. Zugleich zeigt sich ein Trend, dass Unternehmen ihre Zielvereinbarungen seltener erneuern, da die Rahmenbedingungen sich verschlechtern. Die Fortsetzung der bisherigen Erfolgsgeschichte ist damit gefährdet.

Insgesamt ist auch die bemerkenswerte Entkopplung von wirtschaftlicher Leistung und CO2-Ausstoss zu beobachten. Während sich die industrielle Wertschöpfung seit 1990 mehr als verdoppelt hat, sind die Emissionen im Inland kontinuierlich gesunken. Bisher ist ein kleiner Teil dieser Reduktionen auf die zurückzuführen. Drohendem «Carbon Leakage» ist in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken und durch gezielte Massnahmen entgegenzuwirken. Generell machen die Emissionen für die Produktion zur Deckung der Schweizer Nachfrage rund das aus. Diese Emissionen werden von den Klimaverpflichtungen der jeweiligen exportierenden Länder abgedeckt und sind nicht Teil des Schweizer Netto-Null Ziels (Art. 3 KlG), werden aber z.B. im Rahmen von SBTi berücksichtigt. Damit gehen viele Unternehmen in ihren Ambitionen über die gesetzliche Pflicht hinaus. Auch wenn man die importbedingten Emissionen berücksichtigt, gehört die Schweiz zu einer wachsenden Anzahl Ländern, welche die Entkopplung von Wachstum und Emissionen erreicht haben.

Schweizer Industrie: Emissionen sinken, Wertschöpfung wächst

Abbildung 2

DE_dp02_Klimaprogramm_G2_Treibhausgasemissionen

Ausserdem zu beachten ist, dass die Schweiz im Inland heute rund neunmal weniger CO2 pro Franken Wertschöpfung ausstösst als der weltweite Durchschnitt. Dies macht deutlich, dass klimaschonendes Wachstum möglich ist.

Abbildung 3

DE_dp02_Klimaprogramm_G3_CO2_pro_Franken

Rahmenbedingungen: Die Verunsicherung wächst

Je näher die Zwischenziele rücken, desto deutlicher treten die Herausforderungen bei ihrer Umsetzung zutage. Dies zeigt sich bereits auf kantonaler Ebene: Gemäss Bundesvorgabe muss die Verwaltung bis 2040 klimaneutral sein. In mehreren Kantonen, darunter im Wallis, Glarus, Solothurn und Baselland wurden neue Klimagesetze und verschärfte Vorgaben durch das Volk abgelehnt. Auch in Zürich hat sich der Regierungsrat kürzlich vom Energiegesetz zur Umsetzung des 2040-Zieles distanziert und begründete dies mit dem Risiko unrealistischer Erwartungen in der Bevölkerung sowie mit der Schwierigkeit, die Zielerreichung wirksam zu . Darin zeigt sich, dass konstruktive Lösungen gefragt sind und ein Ansatz «koste es, was es wolle», nicht länger tragfähig ist.

Nicht nur gesellschaftlich, auch bei vielen Unternehmen löst der aktuelle klimapolitische Entwicklungspfad Verunsicherung aus. Die fünf zentralen Herausforderungen sind:

  • Angespannte globale Wirtschaftslage
  • Zunehmend schwierige Kompromissfindung
  • Versorgungssicherheit mit Energie zu wettbewerbsfähigen Endverbraucherpreisen
  • Wachsende Bürokratie
  • International divergierende Ambitionen
GettyImages-1302903897

Kapitel 3: Bisherige Klimapolitik: Ein gutschweizerischer Kompromiss 

Angespannte globale Wirtschaftslage: Jobs und Firmen unter massivem Druck

Die geopolitischen Spannungen und bestehende Konflikte wie der russische Angriffskrieg in der Ukraine oder der Konflikt im Nahen Osten belasten das Weltwirtschaftswachstum und damit die Schweizer Exportwirtschaft in einem ungeahnten Ausmass. Laut der economiesuisse Konjunkturumfrage vom vergangenen Winter bremst die weltweit zunehmende Verunsicherung das BIP-Wachstum: Für 2025 wurde daher nur ein schwaches Wachstum prognostiziert, begleitet von sinkender Investitions- und Exportdynamik. Die US-Zollpolitik und verstärkte Handelsschranken verschärfen die Lage zusätzlich und treffen die Schweiz als Exportland besonders hart. Seit dem 7. August 2025 werden Schweizer Exporte mit einem Zollsatz von 39 Prozent belastet, ein im internationalen Vergleich besonders hoher Wert. Rund 100’000 Beschäftigte sind direkt betroffen, vor allem in der Uhren-, Maschinen- und Nahrungsmittelindustrie. Eine Analyse der KOF weist darauf hin, dass anhaltende Handelskonflikte das BIP um rund 1 Prozent jährlich drücken könnten. Damit würde die Schweiz steuern.

Die Abkühlung der Weltwirtschaft und die prekäre finanzielle Lage vieler Staaten erschweren die Finanzierung von Vermeidungs- und Anpassungsmassnahmen sowie dringend benötigten Investitionen erheblich. Investitionen in unverzichtbare Technologien zur Erreichung von Netto-Null, wie Carbon Capture Utilization and Storage (CCUS), erweisen sich als . Diese Herausforderung treffen besonders energieintensive Branchen wie die Chemie- und Pharmaindustrie oder die Zementindustrie. Die Bewältigung der prozessbedingt unvermeidbaren Restemissionen führt zu erheblichen und langfristigen Transformationskosten.

Politische Lösungsfindung ist ein Drahtseilakt

Es zeigt sich, dass die Politik zunehmend Mühe hat, den angestrebten Zielen ganzheitliche Massnahmen folgen zu lassen. Es scheint zudem, dass Massnahmen in der Bevölkerung auf Skepsis stossen, insbesondere dann, wenn sie mit spürbaren Belastungen, Einschränkungen oder Veränderungen im Alltag verbunden sind. So wurde beispielsweise die Totalrevision des CO2-Gesetzes 2021 abgelehnt. Auch die weitgehende und radikale Umweltverantwortungsinitiative wurde mit fast 70 Prozent im Februar 2025 durch den Souverän . Zwar bestätigt das Ja zur Netto-Null-Strategie einen grundlegenden Konsens über die langfristigen Ziele, doch ohne ganzheitliche Lösungen bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz für konkrete Massnahmen begrenzt.

Parallel ist zu beobachten, dass vermehrt alternative Wege zum demokratisch-politischen gesucht werden, etwa im Fall der «Klimaseniorinnen» vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und der Zunahme sog. Klimaklagen.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Geltungsbereich der Debatte unklar ist. Während von der einen Seite ein Verzicht von Auslandkompensationen und ein verstärkter Fokus auf Inlandsmassnahmen wird, wird zur Beurteilung der Zielerreichung auf den internationalen Fussabdruck der Schweiz, inklusive Scope-3-Emissionen . Das erschwert die Orientierung für die Bevölkerung und die Unternehmen: Geht es um die globale Klimawirkung der Schweiz, ist ein übermässiger Inlandfokus kontraproduktiv. Geht es um Inlandziele gemäss dem Pariser Abkommen, ist ein Inlandfokus gerechtfertigt, aber globale Emissionen eignen sich nicht zur Erfolgsmessung.

Ohne sichere, saubere und günstige Energie gelingt die Klimawende nicht

Die Verfügbarkeit von Energie hat sich in den letzten Jahren als zentrale Herausforderung der Klimapolitik erwiesen. Ohne ausreichend verfügbare, saubere und kostengünstige Energie sind die Netto-Null-Ziele nicht erreichbar. Die Defossilisierung erfordert einerseits insbesondere eine weitreichende Elektrifizierung, welche wiederum eine jederzeit sichere und stabile Stromversorgung voraussetzt. Die Realität der Strommangellage, wie sie im Winter 2022/23 erstmals konkret diskutiert wurde, sowie der geplante Ausstieg aus der Kernenergie führen inzwischen deutlich vor Augen: Die Schweiz muss ihre Stromproduktion bis 2050 mehr als verdoppeln, um den Wegfall bestehender KKW und den Mehrbedarf von 40–50 TWh durch Elektromobilität, Wärmepumpen, Industrieprozesse und Digitalisierung zu decken. Parallel dazu hat der Ukrainekrieg die europäischen Energiemärkte destabilisiert und gezeigt, wie abhängig die Schweiz in kritischen Momenten von ausländischen Stromimporten ist. Ohne ein Stromabkommen ist dieser Import gefährdet.

Gleichzeitig darf die notwendige Elektrifizierung nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Industrie- und Gewerbestandort Schweiz auch künftig auf bezahlbare molekulare Energieträger angewiesen bleibt. Hochtemperaturprozesse und bestimmte Verfahren, etwa in der Chemie- und Pharmaindustrie, lassen sich nur mit erneuerbaren Gasen abbilden. Ebenso sichern speicherfähige Moleküle wie die saisonale Versorgung, die allein mit Strom nicht gewährleistet werden kann. Eine einseitige Elektrifizierungsstrategie birgt daher das Risiko einer Deindustrialisierung.

Hinzu kommt, dass der Ausbau der inländischen Stromproduktion nur schleppend vorankommt. Die Winterstromlücke gilt inzwischen als langfristiges und dauerhaftes Problem, dies obwohl gesetzliche Vorschriften einen ausufernden Importbedarf im Winter verbieten (Energie-Gesetz Artikel 2, Abs. 3). Besonders bei der Wasserkraft, die als wichtigste heimische Energiequelle für den Winter vorgesehen ist, sind kaum zusätzliche Produktionskapazitäten zu erwarten. Eine substanzielle Steigerung der jährlichen Wasserkraftproduktion ist nicht absehbar. Jedoch lässt sich im Idealfall mehr Energie gezielt für die Wintermonate zurückbehalten.

Der Zubau erneuerbarer Energien, wie Wind und Solar, bleibt mit -53 Prozent im letzten Jahr weit hinter dem Notwendigen zurück, gebremst durch Bewilligungsverfahren, Widerstand und hohe Kosten. Insbesondere alpine Solaranlagen erweisen sich als deutlich teurer und trotz des hohen Anteils staatlicher Beihilfen weniger rentabel als angenommen. Laut der Axpo werden Solarkraftwerke in den Alpen im Jahr 2030 nur ein Viertel des vom Parlament festgelegten Ziels von 2 TWh erreichen.

Abbildung 4

DE_dp02_Klimaprogramm_G4_Grande_Dixence_Index

Beim beschleunigten und speziell beim kostenintensiven dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien dürfen die Auswirkungen auf die Endverbraucherpreise nicht vernachlässigt werden. Auch wenn der Energieteil nur rund die Hälfte des Strompreises ausmacht, ist er die zentrale Stellschraube und damit entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Industrien. Der Strompreis könnte sich bis 2050 verdoppeln, besonders im Winter ist eine Vervielfachung des Preises wahrscheinlich.

Wachsende Bürokratie bremst die Transformation und entzieht Ressourcen für Klimamassnahmen

Mit den verstärkten Anstrengungen, die Klima- und Nachhaltigkeitsziele schnellstmöglich zu erreichen, wurden in den letzten Jahren immer kompliziertere Vorgaben beschlossen. Durch den Anstieg der Regulierung ist auch der Umfang der Bürokratie in einem Ausmass gewachsen, das Unternehmen belastet und erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen bindet. Diese Ressourcen fehlen zunehmend für die Umsetzung konkreter Klimamassnahmen, was die Transformation verlangsamt und die Klimaschutzambitionen ausbremst.

Gemäss einer Umfrage unter über 400 Schweizer Unternehmen zählt die wachsende Regulierungs- und Berichtspflicht heute zu den grössten wirtschaftlichen Risiken. Allein durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung entstehen in der Schweiz kumuliert jährlich bis zu 1.5 Millionen Seiten. Dies bindet zehntausende Arbeitskräfte und verursacht hohe Kosten – ohne Klimawirkung. Laut einer Analyse von Avenir Suisse könnten die Gesamtkosten für Schweizer Unternehmen mit Inkrafttreten der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie (CSRD) und ihrer ab 2028 geltenden Drittstaatenregelung auf rund 680 Mio. Franken jährlich steigen, über 550 Mio. mehr als heute. Würde die Schweiz die Vorgaben vollständig ins nationale Recht übernehmen, lägen die Kosten gar bei bis zu .

Auch die seit Januar 2025 geltenden verschärften Anforderungen für Unternehmen mit Zielvereinbarungen sind ein Beispiel hierfür. Statt dem bisherigen Anreizsystem mit individuellem Zielpfad gilt nun ein starres Top-down-Ziel von 2,25% jährlicher Emissionsreduktion. Damit wird «alles über den gleichen Leist geschlagen», was dem Grundgedanken des Instruments Zielvereinbarungen widerspricht. Komplexere Umsetzungsvorgaben torpedieren das Erfolgsmodell zusätzlich und setzen Fehlanreize, besonders für Vorreiter, die ihre Emissionen bereits stark reduziert haben.

Während grosse Firmen wegen ihrer direkten Betroffenheit mit höheren und umfangreicheren Anforderungen konfrontiert sind, können sie häufig auf eigene Nachhaltigkeitsteams oder externe Beratung zurückgreifen. Kleine Unternehmen sind meist indirekt über die Lieferketten betroffen. Bis zu 50’000 Schweizer KMU könnten als Lieferanten in die EU künftig zur Berichterstattung verpflichtet sein. Für sie verdoppelt sich der jährliche Aufwand pro Betrieb von rund 5’000 auf 10’000 Franken. Bei einer gleich strengen Schweizer Regulierung könnte die jährliche Gesamt-Belastung der KMU auf steigen.

Globale Klimaambitionen driften auseinander

In den USA markierte die Rückkehr zu fossilen Energieträgern und die verstärkte Förderung von Öl und Gas nach dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen zu Antritt der Regierung Trump eine deutliche Kehrtwende. Auch innerhalb der EU wird der eingeschlagene klimapolitische Pfad in einen kritischen Kontext gestellt. Der Draghi-Bericht zur kritisierte deutlich, dass die europäische Klimapolitik an Umsetzungsfähigkeit und wirtschaftlicher Verankerung verliere. Mit dem CO2-Grenzausgleichmechanismus (CBAM) versucht die EU unter anderem, ihre Industrie vor Wettbewerbsnachteilen gegenüber Ländern mit weniger strengen Klimavorgaben zu schützen. In Deutschland wird die Finanzierbarkeit der Energiewende grundsätzlich in Frage gestellt und ebenfalls Kurskorrekturen vorgenommen. Eine aktuelle DIHK-Studie schlägt dazu die internationale Angleichung der Klimaziele, weniger Regulierung, mehr Technologiewettbewerb und eine stärkere Nutzung bestehender Infrastruktur vor.

Grosse Schwellenländer wie China und Indien verzeichnen weiterhin einen steigenden CO2-Ausstoss. China, mit rund einem Drittel Anteil an den globalen Emissionen, verzeichnete einen Anstieg um 4% und auch Indien erhöhte seine Emissionen um rund 6%. Auch die langfristigen Zielpfade unterscheiden sich nach wie vor stark von Europa: China strebt Klimaneutralität bis 2060 an, Indien sogar erst bis 2070.

Die Klimakonferenzen der vergangenen Jahre verdeutlichen die Schwierigkeiten, auf globaler Ebene verbindliche Fortschritte zu erzielen. Auch auf der COP28 in Dubai konnte nach fast drei Jahrzehnten internationaler Klimadiplomatie kein konkretes Ausstiegsdatum für fossile Energieträger vereinbart werden. Die Verhandlungen sind zunehmend von Fragen der Lastenverteilung zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern geprägt, was den politischen Konsens erschwert. Gleichwohl konnten mit der Stärkung des Territorialitätsprinzips sowie der klareren Regelung zur Vermeidung von Doppelzählungen wichtige Fortschritte in der Transparenz und Integrität internationaler Klimakooperationen erreicht werden.

Abbildung 5

DE_dp02_Klimaprogramm_G5_Annual_Fossil
GettyImages-1302903897

Kapitel 4: Implikationen: Pragmatismus ist gefragt

Zwischen den ambitionierten Klimazielen und den bislang eingeschlagenen Pfaden besteht teilweise eine deutliche Lücke. Der globale konjunkturelle Abschwung erschwert die Lage zusätzlich. Damit Klimapolitik in einem solchen Umfeld wirksam wird, müssen die Rahmenbedingungen und Umsetzungsmechanismen so gestaltet sein, dass Investitionen erleichtert, Innovationen gefördert und strukturelle Hindernisse abgebaut werden. Dabei kann die Schweiz ihre besonderen Stärken gezielt nutzen, um sowohl national als auch international wirksame Beiträge zu leisten.

Die folgenden Implikationen beschreiben, welche Schwerpunkte für die Schweizer Klimapolitik aus Sicht der Wirtschaft entscheidend sind. Sie verdeutlichen, wo Handlungsspielräume liegen, und welche Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Klimatransformation wirksam und gleichzeitig wirtschaftsverträglich ist.

Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zusammendenken

Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit stehen nicht im Widerspruch, sondern bedingen einander. Nur wenn beide zusammen gedacht werden, kann die Transformation gelingen.

Massnahmen, welche die Wettbewerbsfähigkeit nicht beeinträchtigen, insbesondere wenn sie international koordiniert sind, können die Unternehmen stärken und ermöglichen es der Schweiz, ihre Vorreiterrolle auszubauen. Massnahmen, die die Wettbewerbsfähigkeit hingegen schwächen, bergen das Risiko einer Emissionsverlagerung ins Ausland (Carbon Leakage) und gefährden die Glaubwürdigkeit der Schweizer Klimapolitik. Herausfordernd wird es, wenn grosse Investitionen für den Klimaschutz getätigt werden müssen, welche bei internationalen Konkurrenten nicht anfallen.

Die Schweiz verfügt bereits seit Jahren über . Insbesondere für Branchen mit schwer vermeidbaren Emissionen ist es zentral, die Standortattraktivität zu wahren. Für Branchen mit schwer vermeidbaren Emissionen ist die Wahrung der Standortattraktivität zentral. Eine sektorspezifische Zweckbindung der Abgaben nach dem Verursacherprinzip setzt wirksame Anreize zur Emissionsreduktion, ohne die internationale Wettbewerbsfähigkeit wesentlich zu beeinträchtigen.

Trotz klimapolitischer Ambitionen ist «Carbon Leakage» aus Sicht der Politik nicht wünschenswert. Sobald eine Branche ernsthaft gefährdet wird, treten klimapolitische Ambitionen in den Hintergrund und es werden Rufe nach Industriepolitik laut (und auch umgesetzt), wie jüngste Beispiele zeigen. Das gilt sinngemäss auch für den Finanzsektor: Nur wenn ESG-Kriterien ganzheitlich und international anschlussfähig ausgestaltet werden, kann die Schweiz ihre Wirkung entfalten, ohne eine Verlagerung von Finanzflüssen zu riskieren. Klimapolitik ist deshalb auch stets Standortpolitik. Entsprechend ist ein austariertes Vorgehen in der Klima- und Standortpolitik unabdingbar.

Nicht zu vernachlässigen ist, dass auch Stabilität eine Standortfrage ist. Massnahmen, welche beispielsweise die finanzpolitische Stabilität, wie die Schuldenbremse, umgehen, sind kurzfristig gedacht und gefährden die Nachhaltigkeit der Transition. Massnahmen müssen sich deshalb innerhalb der bewährten Institutionen der Schweiz bewegen.

Fokus auf Wirkung und Effizienz

Klimapolitik muss sich an tatsächlicher Wirkung messen lassen, nicht an symbolischen Massnahmen oder rein nationalen Zielerfüllungen. Klima-Massnahmen sind daher strikt am Kosten-Nutzen Verhältnis zu orientieren (Kosten pro eingesparte Tonne CO2e, inkl. Folgekosten). Das bedeutet, dass zuerst dort angesetzt werden muss, wo mit den geringsten Mitteln die grösste Reduktion erzielt werden kann. Bei der Priorisierung von Klimamassnahmen müssen neben den Kosten pro Tonne CO2 sind auch die Investitionszyklen berücksichtigt werden.

Ebenso gilt es, Technologien wie CCS oder DACCS mitzudenken: Auch wenn sie heute noch hohe Vermeidungskosten aufweisen, werden sie langfristig unverzichtbar sein, um die Klimaziele zu erreichen. Sie können nur dann günstiger und wirksamer werden, wenn rechtzeitig in ihre Entwicklung, Skalierung und internationale Marktdurchdringung investiert wird. Die Schweiz kann hier als Standort für Innovation und Technologieentwicklung einen überproportionalen Beitrag leisten, etwa durch die Vermeidung von Emissionen im Ausland (Scope 4) oder den Ersatz von klimaschädlichen Produktionsprozessen mit Schweizer Technologie.

Voraussetzungen für Defossilisierung schaffen

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Erreichung der Klimaziele ist die Versorgungssicherheit mit sauberer, Energie zu wettbewerbsfähigen Endverbraucherpreisen. Allein schon die Möglichkeit, dass diese nicht gewährleistet sein könnte, beeinflusst Investitionsentscheide, beispielsweise in die Elektrifizierung. Die Schweiz darf dabei nicht einseitig auf Elektrifizierung setzen, sondern muss auch erneuerbare, speicherfähige Moleküle wie Biomethan und Wasserstoff gleichberechtigt fördern. Genau wie beim Strom ist die Schweiz auch im Bereich der erneuerbaren Gase auf Importe angewiesen. Der Bund muss hierfür die Voraussetzungen schaffen, etwa durch Unterstützung beim Anschluss ans europäische Wasserstoffnetz oder internationale Abkommen zur Anerkennung von Biomethan. Zudem braucht es faire Rahmenbedingungen, damit Strom und erneuerbare Moleküle gleichberechtigt gefördert werden.

Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, braucht es einen beherzten Ausbau der Erneuerbaren (inkl. Beschleunigung der Verfahren), die kurz- bis mittelfristig alternativlos sind, den Zugang zu internationalen Märkten für Strom, Gas und erneuerbare Moleküle, einen effizienten Netzausbau und –unterhalt sowie die Technologieoffenheit für alle Energieformen. Global ist eine Renaissance der Kernenergie zu beobachten. Die EU bezeichnet die Kernenergie als und auch der Weltklimarat IPCC hebt ihre hervor. Dieser Entwicklung sollte sich die Schweiz nicht länger verschliessen. Zuletzt müssen die Fördermittel im Energiebereich eingesetzt und strikt an der Systemdienlichkeit ausgerichtet werden. Auch der Ausbau klimarelevanter Infrastrukturen muss beschleunigt werden: insbesondere für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff und anderen erneuerbaren Gasen sowie für CO2.

Wenn es der Schweiz ernst mit den Klimazielen ist, muss sie für die Versorgungssicherheit alle emissionsfreien Register ziehen.

Bürokratie abbauen und stärken, was funktioniert

Eine wirksame Klimapolitik setzt eine schlanke und zielgerichtete Regulierung voraus, die Umsetzung ermöglicht, statt sie zu behindern. Es braucht klare, prinzipienbasierte Vorgaben, die Handlungsspielräume eröffnen und gleichzeitig Transparenz gewährleisten. Der Dokumentationsaufwand muss dabei auf das notwendige Mass begrenzt werden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Detailvorgaben, die hohe personelle und finanzielle Ressourcen binden, ohne einen entsprechenden Mehrwert für die Zielerreichung zu liefern, gilt es zu vermeiden.

Erfolgsmodelle wie die CO2-Lenkungsabgabe in Kombination mit freiwilligen Zielvereinbarungen haben gezeigt, dass wir trotz Herausforderungen mit den geltenden Systemen wirtschaftsverträgliche Klimapolitik betreiben können und dies, ohne die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu gefährden oder Innovation auszubremsen. Deshalb ist das System der Zielvereinbarungen zu bewahren und sogar auszubauen.

Auch freiwillige Standards wie SBTi oder branchenspezifische Initiativen müssen vereinfacht und stärker koordiniert werden. Heute entstehen durch parallele Anforderungen oft mehr Bürokratie als durch staatliche Regulierung. Nötig ist deshalb ein Schweizer Rahmen, der freiwillige Standards aufnimmt, vereinfacht und KMU-tauglich macht.

Diplomatische Hebel nutzen

Die Schweiz ist zwar ein kleiner Staat, gilt aber als diplomatisches Schwergewicht. Mit Sitz zahlreicher internationaler Organisationen in Genf, darunter der UNO und dem Weltklimarat (IPCC), hat sie eine anerkannte Rolle im multilateralen System. Gerade im zunehmend angespannten geopolitischen Umfeld eröffnen sich daraus wichtige Handlungsspielräume. Diese Position sollte sie aktiv nutzen, um internationale Kooperationen im Klimabereich zu fördern. Gerade wenn globale Einigungen – etwa im Rahmen der UN-Klimakonferenzen (UNFCCC) – schwieriger werden, ist eine glaubwürdige, neutrale Vermittlerin wie die Schweiz besonders gefragt.

Darüber hinaus ist die Schweiz nicht nur Gastgeberin internationaler Organisationen, sondern auch eine Pionierin bei der Umsetzung neuer klimapolitischer Instrumente. Mit den bilateralen Abkommen nach Artikel 6 des Pariser Abkommens sowie den Nachhaltigkeitsklauseln in Freihandelsabkommen hat sie international Standards gesetzt und zugleich eine weltweit einzigartige Grundlage geschaffen, um den Handel mit Negativemissionen, etwa im Rahmen der , zu ermöglichen. Diese Vorreiterrolle sollte sie konsequent weiterverfolgen und ausbauen, um glaubwürdige Rahmenbedingungen für wirksame Kooperationen und Investitionen zu schaffen.

Abbildung 6

DE_dp02_Klimaprogramm_G6_Top_Erkenntnisse
GettyImages-1302903897

Kapitel 5: Handlungsempfehlungen und Prioritäten für die Klimapolitik nach 2030

  1. Wettbewerbsfähigkeit und Carbon Leakage stets mitdenken. Eine ins Ausland verschobene Tonne CO2e hilft dem Klima nicht und wirtschaftliche Verwerfungen untergraben die Vorreiterrolle der Schweiz. Unsere CO2-Abgabe gehört bereits zu den höchsten weltweit und darf nicht unilateral erhöht werden. Swiss Finishes und Schweizer Alleingänge sind möglichst zu vermeiden. So ist auf Experimente, wie ein flächendeckender Grenzausgleichsmechanismus («CBAM») oder ausufernde Finanzmarkregulierung zu verzichten.
  2. Auf Wirkung und Effizienz fokussieren. Der effiziente Einsatz der verfügbaren Mittel ist essenziell für die Klimawirkung der Schweiz. Alle Klimamassnahmen müssen nach den Vermeidungskosten pro Tonne priorisiert werden, damit die Schweiz möglichst viel Klimawirkung schafft. Dementsprechend darf der Hebel von Auslandsmassnahmen nicht vernachlässigt werden, auch für Unternehmen, wobei hohe Ansprüche an die Qualität der Massnahmen zu setzen ist. Ebenso sollten potenziell wirksame und effiziente Massnahmen, die bisher als politisch rote Tücher behandelt wurden, ergebnisoffen geprüft werden. Dazu gehört die CO2-Lenkungsabgabe auf Treibstoffe mit vollständiger Rückerstattung anstelle des bisherigen komplizierten Systems. Für die Luftfahrt, die stark im internationalen Wettbewerb steht, sind international harmonisierte Lösungen anzustreben. Zusätzlich sollten die Fördermassnahmen strikt auf die langfristige Klimawirkung ausgerichtet werden, was vor allem die Förderung neuer Technologien und Prozesse wie Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS) beinhaltet. Mitnahmeeffekte sind grundsätzlich zu vermeiden.
  3. Stärken, was funktioniert. Das gilt insbesondere für das Zielvereinbarungssystem, das ausgebaut und vereinfacht, nicht erschwert werden muss. Auch Instrumente wie die Rückerstattung der CO2-Abgabe, die Möglichkeit von Auslandmassnahmen sowie die Beimischpflicht von Sustainable Aviation Fuel (SAF) analog zur EU müssen weitergeführt werden. Einzelne Elemente des Emissionshandels (EHS), in Anbindung an das EU-System, bieten markttaugliche Lösungen. Die Erlöse sollten weiterhin gezielt in klimafreundliche Investitionen fliessen, wobei EHS-Unternehmen direkt profitieren müssen. Zudem ist eine enge internationale Harmonisierung zentral, damit die Rahmenbedingungen für die Schweizer Wirtschaft im globalen Vergleich nicht verschlechtert werden.
  4. Transitionsbremse Bürokratie lösen. Alle bürokratischen Massnahmen müssen konsequent auf ihr Kosten-Nutzen Verhältnis geprüft werden. Die Beweislast liegt hierbei beim Regulator. Beispiele sind Berichterstattungspflichten, bürokratische Anforderungen an die Zielvereinbarungen oder auch diverse Branchenregulierungen im Rahmen des CO2-Gesetzes.
  5. Lateral zum CO2-Gesetz müssen die Voraussetzungen für die Klimawende geschaffen werden. Dazu gehört die Versorgungssicherheit mit einem robusten Mix aus verschiedenen Energieträgern zu wettbewerbsfähigen Endverbraucherpreisen sowie den notwendigen Infrastrukturen für deren Import und saisonale Speicherung. 

Newsletter abonnieren

Jetzt hier zum Newsletter eintragen. Wenn Sie sich dafür anmelden, erhalten Sie ab nächster Woche alle aktuellen Informationen über die Wirtschaftspolitik sowie die Aktivitäten unseres Verbandes.

E-Mail-Adresse