Untaugliche Ärzte-Planung

Gibt es zu viele oder zu wenige Ärzte? Diese Frage lässt sich gar nicht so einfach beantworten. Trotzdem werden die Politiker und die Behörden nicht müde, Planungsinstrumente vorzuschlagen, die einer vermeintlichen Über- oder Unterversorgung entgegenwirken sollen. Solche statischen Massnahmen sind zum Scheitern verurteilt. Es braucht flexiblere Ideen, die sich den jeweiligen Gegebenheiten gut anpassen. Dazu gehören die Vertragsfreiheit sowie gezieltere Abgeltungsregeln für Ärzteleistungen.

Im Dreiklang von Numerus Clausus, Ausbildungsoffensive und Zulassungsstopp versucht die Politik, die aktuelle Ärzteschwemme und den drohenden Ärztemangel zu lösen. Doch so einfach ist die Sache nicht: Je nach Region, Fachrichtung und Zeithorizont präsentiert sich die Lage sehr unterschiedlich. Generell gibt es auf dem Land zu wenige Ärzte und in der Stadt eher zu viele. Grundversorger sind rarer als Fachspezialisten. Heute praktizieren tendenziell zu viele Ärzte, während es in 10 bis 20 Jahren wohl zu einem Ärztemangel kommen wird.

In letzter Zeit gab der sprunghafte Anstieg der Zulassungen von ausländischen Spezialärzten zu reden. Der Zulassungsstopp ist Ende Jahr ausgelaufen und die ausländischen Fachärzte benutzen nun die Möglichkeit, im lukrativen Schweizer Gesundheitswesen Fuss zu fassen. Flugs kommen die vermeintlichen Abhilfen:
Der Zulassungsstopp ist nichts anderes als ein Verbot für junge Ärzte, unternehmerisch tätig zu sein. Das ist nicht nur ungerecht, sondern hemmt auch nötige Innovationssprünge, beispielsweise im Bereich der elektronischen Medien. Junge Ärzte wären nämlich bereit, in E-Health zu investieren, während es sich für Ärzte kurz vor der Pensionierung kaum mehr lohnt, vom Papier auf EDV umzustellen.

Der Numerus Clausus ist verantwortlich für den heutigen Mangel an Schweizer Ärzten. Diese Massnahme würde für sich genommen die heutigen Spitäler stilllegen. Zum Glück können die Spitäler ausländische Ärzte anstellen. Dadurch ist der ordentliche Betrieb weiterhin möglich. 

Aus dieser Erkenntnis heraus entstand der Vorschlag der Ausbildungsoffensive, eigentlich ein wichtiges und richtiges Anliegen. Doch in Kombination mit dem Zulassungsstopp mutet es befremdend an, dass junge Frauen und Männer sich für einen Beruf entscheiden sollen, in dem sie nicht selbstständig tätig sein dürfen. Heute mag es noch genügend junge Leute geben, die sich für den Ärzteberuf entscheiden. Doch dies wird sich bestimmt ändern, wenn das Gesundheitswesen weiterhin mit dem Grundsatz «hüst und hott» reformiert wird.

Der neuste Vorschlag kommt aus der Ärzteschaft selbst. Ausländische Ärzte sollen zuerst drei Jahre in einem Schweizer Spital arbeiten, ehe sie eine Praxisbewilligung bekommen. Dies ist eine klassische protektionistische Massnahme, die wir nur allzu gut von anderen Branchen her kennen. Mit zusätzlichen Anforderungen wird versucht, die ungeliebte, ausländische Konkurrenz fernzuhalten.

Man braucht kein Hellseher zu sein: So lange versucht wird, die Ärztezahl planerisch zu lenken, wird es immer ein Über- oder Unterschiessen geben. Deshalb setzt sich die Wirtschaft für die Vertragsfreiheit auch im Gesundheitswesen ein. Ein längst fälliger Schritt für eine Branche, die pro Jahr rund 60 Milliarden Franken umsetzt.