Teilrevision der Mehrwertsteuer: Punktuelle Relevanz für die Wirtschaft

Eine Teilrevision der Mehrwertsteuer ist gegenwärtig in der Vernehmlassung. Nur wenige Änderungsvorschläge sind für die breite Wirtschaft relevant. Rückschritte gegenüber der Reform von 2010 gilt es jedoch zu vermeiden. Zudem sind bekannte Wettbewerbsverzerrungen abzubauen.

Seit der Grossreform der Mehrwertsteuer sind bald fünf Jahre vergangen. In dieser Zeit wurden Erfahrungen mit der Anwendung des neuen Mehrwertsteuergesetzes gemacht. Aufgrund der Erfahrungen schlägt der Bundesrat eine Reihe von vor allem technischen Anpassungen vor. Die lange Liste der Steuerausnahmen wird nur am Rand berührt. Bei den Steuersätzen bleibt alles beim Gleichen. Verschiedene Änderungen betreffen Gemeinwesen sowie gemeinnützige Organisationen (Behandlung von nicht Entgelten und Gönnerbeiträgen). Weiter geht es um Spezialfragen, von denen die breite Wirtschaft kaum betroffen ist (strengere Regeln für Take-away, Rückkehr zur Margenbesteuerung bei Kunstwerken).

Verbesserungen von 2010 punktuell gefährdet
Ein Punkt, der für alle Unternehmen relevant ist, betrifft die Verjährungsfrist. In der Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes von 2010 wurde die Verjährungsfrist um fünf auf zehn Jahr verkürzt, um dem Anliegen der Steuerpflichtigen (bei der MWST sind das die Unternehmen) nach mehr Rechtssicherheit entgegenzukommen. Der Bundesrat will die Verjährungsfrist nun wieder auf 15 Jahre verlängern. Er macht dafür zu knappe Fristen geltend. Das Mehrwertsteuer-Konsultativgremium, eine ausserparlamentarische Kommission von Vertretern der Wirtschaft, Steuerpraxis, der Kantone und der Konsumenten, hat diesen Vorschlag wie auch alle anderen Gesetzesanpassungen geprüft und lehnt die erneute Verlängerung der Verjährungsfrist ab. Nicht die Frist ist das Problem, sondern die Tatsache, dass die Steuerverwaltung nicht alle Möglichkeiten zur Durchführung rascher Verfahren nutzt. Wenn Handlungsbedarf besteht, sollte hier angesetzt werden. Auch in anderen Bereichen wie der Definition von Nahestehenden (z.B. im Kontext von Stiftungen in Konzernverhältnissen) oder der freiwilligen Versteuerung von ausgenommenen Umsätzen (Ausübung der Option) drohen Verbesserungen der Reform von 2010 wieder rückgängig gemacht zu werden. Das Konsultativgremium hat im erläuternden Bericht zur Vernehmlassungsvorlage entsprechende Bemerkungen und Vorbehalte angebracht. economiesuisse ist ein aktives Mitglied des Konsultativgremiums und empfiehlt, in Stellungnahmen zur aktuellen Vernehmlassungsvorlage die Beurteilungen des Konsultativgremiums zu unterstützen.

Gleich lange Spiesse für Schweizer Unternehmer
Politisch stärkere Bedeutung haben zwei Vorschläge, die auf die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen zulasten des Schweizer Gewerbes abzielen. Beim einen Vorschlag geht es um ein Problem, das den Kanton Tessin, aber auch andere Grenzregionen betrifft (vgl. Artikel: «Gleich lange Spiesse für Schweizer Unternehmer bei der Mehrwertsteuer»). Dort werden vor allem im Baubereich Dienstleistungen von ausländischen Unternehmern erbracht, ohne dass dafür die Mehrwertsteuer entrichtet wird. Schweizer Unternehmer müssen die Mehrwertsteuer bezahlen und erleiden dadurch einen Wettbewerbsnachteil. Neu soll die Steuerpflicht so geregelt werden, dass für die Mindestumsatzgrenze, ab der ein Unternehmen die Mehrwertsteuer immer entrichten muss (100'000 Franken), der weltweite Umsatz gilt und nicht nur der Umsatz in der Schweiz. Ausländische Unternehmen werden dadurch für Arbeiten in der Schweiz praktisch immer mehrwertsteuerpflichtig. Die Wettbewerbsverzerrung zulasten des Schweizer Gewerbes wird beseitigt. Ähnlich soll auch beim Versandhandel verfahren werden. Auch ausländische Versandhändler sollen bei einem (weltweiten) Umsatz von 100'000 Franken neu automatisch in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig werden und damit die Mehrwertsteuer bezahlen müssen. Weil dies heute nicht der Fall ist, haben Schweizer Versandhändler einen Wettbewerbsnachteil. Ziel der Reform ist es, auch hier für gleich lange Spiesse zu sorgen.