Kapitaleinlageprinzip «keinesfalls infrage gestellt»

​Nach Anhörung von Vertretern der Kantone, von Professoren und mehrerer Steuerexperten ist die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) einstimmig zum Schluss gekommen, dass das Kapitaleinlageprinzip nicht infrage gestellt werden soll. Konsequenterweise hätte die Kommission damit die beiden Motionen, die das Kapitaleinlageprinzip einschränken wollen, eigentlich ablehnen müssen. Stattdessen hat sie die Beschlussfassung verschoben, um in der Zwischenzeit eine Alternative zu erarbeiten.

​Dass die Kommission das Kapitaleinlageprinzip ausdrücklich nicht zur Disposition stellen will, ist positiv zu werten. Allerdings ist die bestehende Rechtsunsicherheit bei den Unternehmen nach der heutigen Mitteilung der WAK-S noch nicht völlig ausgeräumt. Die in den letzten Monaten geführte Diskussion über die Wiedereinführung eines erheblichen Standortnachteils wurde von vielen international tätigen Unternehmen als negatives Signal des Standorts Schweiz wahrgenommen. Diese Unternehmen orientieren sich in Standortfragen an Konkurrenten wie Irland, Singapur und anderen steuerlich attraktiven Ländern. Unter diesem Aspekt wäre es vorzuziehen gewesen, wenn die Kommission nach den Anhörungen und nach erfolgter intensiver Kommissionsdebatte beide Motionen abgelehnt hätte.

Bei der teils verzerrten medialen Berichterstattung über die Unternehmenssteuerreform II ist oft die Rede von Steuerausfällen. Die Mindereinnahmen belaufen sich laut aktuellsten Schätzungen des Eidgenössischen Finanzdepartements auf 200 bis 300 Millionen Franken pro Jahr bei der Verrechnungssteuer, 70 bis 100 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer und insgesamt 130 bis 200 Millionen Franken auf Stufe Kantone und Gemeinden. Zum Vergleich: Seit der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform II (2008) verursachten alleine eine Reform der Ehepaarbesteuerung (2008) und eine Familiensteuerreform (2011) bei der direkten Bundessteuer Ausfälle von insgesamt einer Milliarde Franken pro Jahr. Und die nächste Reform der Ehepaarbesteuerung, zu der gerade heute die Vernehmlassung eröffnet wurde, würde bei der direkten Bundessteuer nochmals zu Steuerausfällen von rund einer Milliarde Franken pro Jahr führen. Neben diesen Relationen ist für die Unternehmenssteuerreform II auch der Nettoeffekt (Zuzüge, Wachstumseffekte usw.) zu berücksichtigen, der unter dem Strich sogar zu Mehreinnahmen führen kann. Zudem ist in der weiteren politischen Debatte auch der zunehmende Schaden für den Standort Schweiz zu berücksichtigen, der aus der Nichtbeendigung der bestehenden Rechtsunsicherheit resultiert.