Forschung

Beteiligung der Schweiz an «Horizon 2020»: MEI hinterlässt Spuren

Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat darüber informiert, wie stark sich die Schweiz bisher am 8. Rahmenforschungsprogramm (FRP) der EU beteiligt hat. Gegenüber dem 7. Programm ist die Schweizer Beteiligung leider deutlich zurückgegangen. Dies ist im Wesentlichen auf die Unsicherheit nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) zurückzuführen. Seit 2016 steigt die Beteiligung der Schweiz erfreulicherweise wieder.

«Horizon 2020» ist für den Schweizer Forschungsplatz von grosser Bedeutung. Im Programm gibt es keine Länderquoten, sondern der Zuschlag für ein Forschungsprojekt erfolgt nach Exzellenzkriterien. Entsprechend profitierte die Schweiz jahrelang davon, dass sich ihre Forschenden sehr erfolgreich an den europäischen Forschungsprogrammen beteiligten und so insgesamt auch für einen positiven Mittelrückfluss in die Schweiz sorgten. Die intensive internationale Zusammenarbeit stärkte den Forschungsplatz Schweiz – eine unabdingbare Voraussetzung für die hohen Innovationsleistungen, die in diesem Land erbracht werden.

Das SBFI hat die Zahlen über die Schweizer Beteiligung zwischen 2014 und 2017 veröffentlicht. Mit Stichtag 6. März 2018 hat der Bund insgesamt 724 Millionen Franken an «Horizon 2020» entrichtet. Im Gegenzug wurden in derselben Periode 654 Millionen Franken an Schweizer Institutionen verpflichtet. Mit anderen Worten hat die Schweiz nicht mehr einen positiven Mittelrückfluss wie noch im Vorgängerprogramm, sondern rund 70 Millionen mehr einbezahlt als zurückgeflossen sind. Im Vergleich zum 7. FRP ist die Schweizer Beteiligung von damals 4,3 Prozent auf lediglich 3,5 Prozent stark gesunken. Damit rutscht sie vom siebten auf den achten Platz der grössten Beitragsempfänger ab. (Siehe Abbildung unten: Anzahl und Anteil der Schweizer Beteiligungen 1992 bis 2018)

MEI-Abstimmung sorgt für deutlichen Einbruch

Grund für das schlechtere Abschneiden der Schweizer Forschungsinstitutionen sind die Schwierigkeiten nach Annahme der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) im Jahr 2014, als sich die Schweiz vorübergehend nicht mehr und später lediglich als teilassoziiertes Land am Programm beteiligen konnte. Die unklare vertragliche Situation irritierte Schweizer Forschende und ihre europäischen Partner. Schweizer Forschende hatten insbesondere Schwierigkeiten, die Koordinationsfunktion in grösseren Projekten zu übernehmen. Die Unsicherheit betraf auch die Beteiligung an den Exzellenzprogrammen des European Research Counsil (ERC), denen für die Qualität und Attraktivität des Forschungsplatzes Schweiz eine besondere Bedeutung zukommt. Die längere Phase der Benachteiligung von Schweizer Forschenden wurde erst Anfang 2017 mit der Vollassoziation der Schweiz beendet.

Anzahl und Anteil neuer Schweizer Beteiligungen pro Jahr an den FRP (nach Projektbeginn)

Abbildung  SEQ Abbildung \* ARABIC 1: Anzahl und Anteil neuer Schweizer Beteiligungen pro Jahr an den FRP (nach Projektbeginn)
Quelle: SBFI (2018)

Die vergleichsweise hohe Erfolgsquote der Schweizer Forschungsinstitutionen von 15,9 Prozent zeigt, dass die Qualität der hiesigen Forschung nach wie vor gut ist. Hier nimmt die Schweiz den vierten Platz in der Rangliste ein. Gerade beim ERC sticht sie erfreulicherweise immer noch heraus. Hiesige Forschende haben besonders hohe Erfolgsquoten in den Physik-, Ingenieurwissenschaften und in den Life Sciences. Die Erfolgsquoten von Frauen und Männern unterscheiden sich kaum. Hingegen beteiligen sich – bei immerhin erfreulichen Wachstumsraten – insgesamt nach wie vor deutlich weniger Frauen als Männer an den EU-Programmen. Dies trifft aber auch auf andere Länder zu.

Beteilung an Nachfolgeprogrammen wichtig

Am häufigsten arbeiten Schweizer mit Deutschen Forschenden zusammen. An zweiter Stelle befindet sich das Vereinigte Königreich. Auch aus Forschungssicht hat die Schweiz also sehr enge Beziehungen zu Grossbritannien und entsprechend ein grosses Interesse daran, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit durch den Brexit keine Störung erleidet.

Für economiesuisse zeigen diese jüngsten Ergebnisse klar, dass sich die Schweiz auch in Zukunft an der gesamteuropäischen Forschungszusammenarbeit beteiligen sollte. Sie muss sich daher bei der Entwicklung von EU-Nachfolgeprogrammen von Anfang an aktiv einbringen. Besonders entscheidend ist es, dass die Forschenden frühzeitig klare und verbindliche Spielregeln kennen, die für die Schweiz gelten. Ein Hüst-und-Hott wie nach der Annahme der MEI gilt es im Übergang zum nächsten Forschungsrahmenprogramm zwingend zu vermeiden.