

« Frankreich steht an einem Wendepunkt: Ohne Reformen und klare Sparmassnahmen droht eine neue Euro-Krise. »
Rudolf Minsch
Frankreichs Krise verdeutlicht den Wert der Schuldenbremse
Auf einen Blick
- Frankreichs Schulden steigen weiter.
- Politische Unsicherheit verunsichert die Märkte.
- Zinsdifferenz zu Italien fast verschwunden.
Sie erinnern sich sicherlich an die turbulenten Zeiten der Euro-Krise 2011. Damals im Fokus stand neben Griechenland auch Italien. Die Staatsverschuldung war hoch (und ist es immer noch) und die Märkte zweifelten daran, dass Italien seine Schulden weiterhin bedienen könne. Die Finanzmärkte reagierten: Die Anleger verlangten eine hohe Risikoprämie für italienische Staatsanleihen.
Frankreich gleichauf mit Italien
Dies äusserte sich in einer stark steigenden Differenz zu Deutschlands Anleihen, welche als sichere Anlage gelten: Die nachfolgende Abbildung zeigt die Differenz der Renditen zwischen italienischen und deutschen 10-jährigen Staatsanleihen. Im Höhepunkt musste Italien fast 6 Prozent mehr bezahlen als Deutschland, um an den Märkten Geld zu beschaffen. Mit so hohen Zinsen wäre es wohl lediglich eine Frage der Zeit gewesen, bis der italienische Staat zahlungsunfähig geworden wäre. Erst als der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, im Sommer 2012 sagte, man werde alles unternehmen, um den Euro zu retten, beruhigten sich die Märkte. Draghi’s «Whatever it takes» sorgte für ein klares Absenken der Zinsdifferenzen, auch wenn sie seither nie mehr auf das Niveau vor der Finanzmarktkrise 2008/09 zurückgekommen sind.
Nun zeigt sich eine erstaunliche Entwicklung. Während die Renditen von Italien seit 2022 sinken, steigen sie in Frankreich. Mittlerweile ist die Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen in Frankreich etwa gleich gross wie in Italien. Woher kommt das? Unser Nachbarland macht gerade schwierige politische Zeiten durch. Der Premierminister Bayrou stürzte über eine von ihm selbst gestellte Vertrauensfrage. Nun hat hat Präsident Macron den bisherigen Verteidigungsminister Lecornu zum neuen Premierminister ernannt. Aber dies ist wohl nur die Spitze des Eisberges, wieso die Märkte ob der französischen Politikgebaren etwas nervös werden. Wirklich Sorge bereitet die langfristige Entwicklung der Staatsverschuldung. Diese kennt nur eine Richtung: nach oben. Sparmassnahmen versanden. Links und Rechts blockieren. Hohe Defizite sind die Regel. Es gibt keine Schuldenbremse wie in der Schweiz. Die Staatsschulden haben schon längst die psychologische Marke von 100 Prozent des Bruttoinlandproduktes überschritten.
Frankreich steht an einem Wendepunkt: Ohne Reformen und klare Sparmassnahmen droht eine neue Euro-Krise. Wenn die Renditeaufschläge und die Staatsdefizite anhalten, steigen auch die Zinszahlungen weiter an. Jetzt schon muss Frankreich dafür rund 67 Milliarden Euro pro Jahr aufwenden. Der Zinsendienst kostet mehr als das Militär oder die Bildung. Noch verhindert das «Whatever it takes», dass die Renditen der französischen Staatsanleihen hochschnellen. Hoffen wir, dass es so bleibt und Frankreich seine Schulden in den Griff kriegt. Eine Euro-Krise 2.0 ist so ziemlich das Letzte, was Europa und die Schweiz derzeit brauchen.
