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Mit Disziplin und Kontrolle aus dem Regulierungssumpf

24.03.2017

Auf einen Blick

Der Standort Schweiz ist im internationalen Vergleich unter Druck. Die Attraktivität für Unternehmen sinkt. Ein wesentlicher Grund ist die stetig zunehmende Regulierungsdichte, welche die Firmen administrativ und finanziell immer stärker belastet. Disziplin, aber auch neue Ansätze sind nötig, um die Regulierungsspirale zu stoppen und die schädlichen Dynamiken in den Griff zu kriegen.

Das Wichtigste in Kürze

Die Regulierungsdichte in der Schweiz wächst stetig und rascher als in vielen anderen Ländern. Dies belegen Rankings von Weltbank oder World Economic Forum (WEF), bei denen die Schweiz immer weiter zurückfällt. Ohne Gegenmassnahmen leiden die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen.

Die Problematik ist erkannt. So bestehen schon heute Bedarfsanalysen, Regulierungsfolgen-Abschätzungen (RFA) oder Ex-post-Evaluationen. Diese erfüllen aber die damit verfolgten Ziele nicht zufriedenstellend. Neue Instrumente oder die Verschärfung von bestehenden Instrumenten stehen daher zur Debatte: Verfallsklauseln, «one in, one out», unabhängige Kontrollstellen. Wertvoll sind dabei Erfahrungen im Ausland, wo einzelne Massnahmen bereits umgesetzt sind.

Die Analyse zeigt, dass Wundermittel gegen die zunehmende Regulierungsdichte nicht existieren. Bürokratie ist nicht mit Bürokratie beizukommen. Doch es gibt Ansatzpunkte, die Verbesserungen ermöglichen. Im Vordergrund steht dabei jedoch nicht ein einzelnes Instrument, sondern selbst auferlegte Zurückhaltung und Disziplin. Erfolg versprechend ist auch eine unabhängigere Regulierungskontrolle, welche Kosten objektiv darlegt und Alternativen vorschlägt. Entscheidend ist, dass durch die Bekämpfung der Regulierung kein lähmender, administrativer Mehraufwand entsteht, der mehr Schaden als Nutzen mit sich bringt. Starre Instrumente werden der Komplexität der Materie selten gerecht, erschweren notwendige Anpassungen der Regulierung an internationale Entwicklungen und eigen sich daher nicht als Allerheilmittel. 

Position economiesuisse

  • Der grösste Treiber von Regulierungen liegt in den Dynamiken, die letztendlich von Behörden, Parlament, aber auch den Regulierten selbst ausgehen. Der Schlüssel liegt in der selbst auferlegten Zurückhaltung: Disziplin bei jedem einzelnen Geschäft ist das oberste Gebot.
  • Regulierungsfolgen-Abschätzungen (RFA) sind Grundvoraussetzung für alle Instrumente der Regulierungskontrolle. Sie müssen so früh wie möglich, unabhängig und objektiv erfolgen, die Kosten aufzeigen und sollten zusätzlich Alternativen prüfen. Sofern sinnvoll, sollen RFA neu Instrumente zur Regulierungskontrolle vorschlagen.
  • Unternehmen und Personen, die reguliert werden sollen, sind systematisch in alle Prozesse einzubeziehen.
  • Die Gewaltenteilung auf allen Ebenen muss als Grundprinzip hochgehalten werden. Dazu braucht es eine systematische und massvolle Verbesserung von Kontrolle bzw. Governance der Institutionen. Dies betrifft auch verselbstständigte Regulierungseinheiten.
  • Bestehende Regulierung gilt es konsequent zu hinterfragen, dies insbesondere bei neuen technologischen Entwicklungen. Anzustreben sind dabei nicht gleich lange, sondern gleich kurze Spiesse.
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Handlungsbedarf

In den vergangenen Jahren hat sich die Regulierungsspirale in zunehmender Geschwindigkeit weitergedreht: die Regulierungsdichte nahm stetig zu. Dies zeigt sich beispielsweise in der WEF-Rangliste "Burden of Government Regulation", bei welcher die Schweiz ein schlechteres Rating erzielt als noch vor wenigen Jahren, sowie im "Ease of Doing Business"-Index der Weltbank, wo sie in den letzten Jahren konstant abstieg und nun auf Platz 31 liegt. Diese Ranglisten verdeutlichen auch relative Verbesserungen von Konkurrenzstandorten. Hinweis auf einen internationalen Trend sind entsprechend unzulässig. Die Schweiz droht noch weiter zurückzufallen.

Der Handlungsbedarf wurde von vielen Seiten erkannt. Weder die bestehenden institutionellen Instrumente noch die Regulierungsfolge-Abschätzungen (RFA) erreichen die Ziele. Daher wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Vorstösse für die Schaffung neuer Instrumente gegen Regulierungen eingereicht (siehe Box).

Viele dieser Vorschläge gehen in die richtige Richtung, sind aber teilweise zu radikal und zu wenig mit dem bestehenden System abgestimmt. Im Folgenden werden die Ursachen der zunehmenden Regulierungsdichte analysiert und die zur Debatte stehenden Lösungsvorschläge, statische wie dynamische Modelle, aus Sicht der Wirtschaft evaluiert.

Parlamentarische Vorstösse zur Regulierungskontrolle

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Ursachen der wachsenden Regulierungsdichte

Übersteigerte Hoffnung

Haupttreiber der Regulierungsdichte ist der weitverbreitete Glaube, mit neuer Regulierungen Herausforderungen aller Art lösen zu können. Diese Haltung findet sich nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Politik (unabhängig vom Parteibuch), der Gesellschaft und der Wirtschaft. Der Wunsch nach Regulierung ist dabei eng mit dem jeweiligen Wertekompass verknüpft. Die wachende Regulierungsdichte ist das Resultat dieser Hoffnungen und mangelnder Disziplin im gesetzgeberischen Prozess.

Ein gewisses Mass an Regulierung ist für eine funktionierende Marktwirtschaft unabdingbar. Oft gibt es gute Gründe, den Marktteilnehmern Vorgaben zu machen. Auch die fortschreitende internationale Vernetzung beeinflusst die Regulierung unausweichlich. In einigen Fällen entspringt der Wunsch nach Regulierung auch Bedürfnissen der Wirtschaft: Regulierung bietet Rechts- und Investitionssicherheit sowie – wenn sie sorgfältig ausgestaltet ist - einen international abgestimmten Rahmen.

Zum Problem wird Regulierung, wenn sie zu wuchern beginnt oder ausser Kontrolle gerät, wenn veraltete Gesetze und Verordnungen weiterbestehen oder wenn Regulierung für ideologische oder parteipolitische Zwecke missbraucht wird. Exemplarisch zeigt sich dies beim Versuch, gesellschaftspolitische Herausforderungen mittels Regulierung anzugehen: In den letzten Jahren hat man unter anderem versucht, hohe Managerlöhne, einen als zu gering empfundenen Anteil von Frauen in Führungsetagen oder den Erwerb von Liegenschaften durch Ausländer zu regulieren. Alle diese Eingriffe haben hohe Kosten für die Beteiligten zur Folge, während der Erfolg der Regulierung im besten Falle fragwürdig ist.

Schädliche Dynamiken

Ein weiteres Grundproblem liegt in den Dynamiken der Politikgestaltung und den Eigeninteressen der Akteure. Einerseits innerhalb von Politik, Verwaltung und den Regulierten, andererseits auch im Zusammenspiel dieser Akteure. Denn oft ziehen Politik und Verwaltung zusammen mit einem Teil der Regulierten in die gleiche Richtung. Es fehlt ein eigentliches Gegengewicht und an korrigierenden Anreizsystemen.

Regulierungsdynamik im Parlament

Oftmals führt ein medienwirksames Ereignis zu einem Regulierungsvorschlag. Die Aufmerksamkeit der politischen Akteure ist dabei selten auf die wichtigsten Herausforderungen gerichtet, sondern auf diejenigen, die als drängend dargestellt werden. Gute Absichten enden so überhastet in schädlichen Gesetzen. Der Abbau von Regulierungen steht nicht im Fokus. Er wirft primär abstrakte Fragen auf und ist kein Thema, mit welchem sich Wählerstimmen gewinnen lassen. Zusätzlich haben sich die Regulierten meist mit einer Regulierung arrangiert, so dass im Einzelfall jeweils wenig Druck besteht, die Regulierung in Frage zu stellen.

Regulierungsdynamik in der Verwaltung

Die Behörden geben keinen Gegendruck, im Gegenteil. Die Verwaltung sieht ihren Auftrag in der Regel darin, neue oder bestehende Regulierungen zu perfektionieren und lückenlos auszugestalten. Eine grundsätzliche Infragestellung einer Regulierung kommt selten vor. Regulierungsfolgen-Abschätzungen werden durch die Ämter selber in Auftrag gegeben und bezahlt: entsprechend unkritisch fallen diese aus.

Regulierungsdynamik bei den Regulierten

Nicht zu vergessen ist schliesslich, dass Regulierungen nicht selten auch von einzelnen Kreisen ausdrücklich gewünscht werden: So gibt es Wirtschaftskreise, welche von einer neuen Regulierung profitieren oder die sich gegen die Aufhebung einer sie schützenden oder bevorzugenden Regulierung wehren (Strukturerhalt). Generell wird Regulierung nur dann als störend empfunden, wenn sie einen direkt betrifft, nicht aber, wenn sie andere betrifft.

Gewaltenteilung

Das System der Gewaltentrennung dient nur in sehr beschränktem Ausmass zur Eindämmung des regulatorischen Wildwuchses. Denn die Interessen der Legislative und der Exekutive sind beim Erlass spezifischer Regeln oder bei der Aufhebung bestehender Regeln oft gleichgerichtet. Die Gerichte wiederum haben keine Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Ihre Aufgabe ist es, Rechte anzuwenden und nicht solche zu hinterfragen.

Grafik 1

In einem ausbalancierten Staats-System kontrollieren sich die Instanzen gegenseitig.

Gewaltenteilung beim Bund

Unzureichende Regulierungsfolgen-Abschätzungen

Art. 170 BV verpflichtet das Parlament „die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit“ zu überprüfen. Als Folge wurde die sogenannte Regulierungsfolgen-Abschätzung (RFA) für wichtige Gesetzesvorhaben eingeführt und seither vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) weiterentwickelt. Heute werden die meisten rechtlichen Vorlagen des Bundes mit einer Schätzung zu den Regulierungsfolgekosten ergänzt.

Wurden solche Schätzungen zu Beginn von den Amtsstellen noch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit vorgenommen, so scheint es, als werde die RFA heute weitgehend als lästige Pflicht empfunden. Die Qualität der RFA hat bereits eidgenössische Finanzkontrolle EFK kritisiert. Es mangelt insbesondere an empirischen Untersuchungen und an der Erfahrung der Amtsstellen mit ökonomischen Analysen.

Kritisieren lässt sich auch der Eindruck der Befangenheit: die RFA werden von den mit der jeweiligen Regulierung beauftragten Behörden in Auftrag gegeben. Das schafft zwei Herausforderungen. Einerseits ist das von der Behörde mit der RFA beauftragte Institut an den abgesteckten Rahmen gebunden und kann nicht gegen die Interessen seines Auftraggebers handeln. Andererseits rechtfertigen die Behörden höhere Kosten der Regulierung oft pauschal mit dem Hinweis auf die politischen Entscheide, also den eigenen Auftrag.

RFA werden zudem in der Regel erst am Ende eines Prozesses vorgenommen. Dadurch entfällt die Möglichkeit, eine Regulierung in Bereichen, in denen sie übermässige Kosten verursacht, differenziert anzupassen. So überrascht auch nicht, dass die Ergebnisse der RFA selten einen Einfluss auf die Meinungsbildung und die Entscheidungsfindung im Gesetzesprozess haben.

Zuletzt ist erneut auf politische Dynamiken zu verweisen: Empirische RFA mit transparenten Folge- und Kostenabschätzungen schaffen politische Sachzwänge und minimieren damit den politischen Handlungsspielraum 

Unkontrollierte Dynamiken in den Behörden

Oft sehen die vom Parlament verabschiedeten Gesetze vor, dass der Bundesrat die Kompetenz erhalten soll, Details zur Umsetzung der Regulierung auf Verordnungsstufe zu regeln. Zahlreiche als exzessiv wahrgenommene Regulierungen finden aber gerade auf dieser Stufe statt. So sieht z.B. die Lebensmittelverordnung weitgehende Deklarationspflichten vor. Weitere lähmende Vorschriften finden sich im Arbeitsmarkt oder bei Bauvorschriften.

Regulierung auf Verordnungsstufe durch Behörden

Auch Behörden, darunter Bundesämter, tendieren dazu, die ihnen auf Grund einer Gesetzesvorlage (indirekt) zugesprochenen Kompetenzen bei der Erarbeitung einer Verordnung für sehr weitgehende und bisweilen auch überschiessende Regulierung zu verwenden. Es gibt keine unabhängige Kontrolle, welche den Sinn und die Angemessenheit der jeweiligen Regulierung überprüfen kann.

Finanzmarktaufsichtsbehörde (FINMA)

Ein anderes Beispiel ist die FINMA: diese macht den von ihr regulierten Finanz-Unternehmen durch Rundschreiben immer wieder stark detaillierte Vorgaben. Solche Vorgaben haben den demokratischen Prozess der Rechtssetzung aber nicht durchlaufen. Dennoch haben sie für die angesprochenen Unternehmen faktischen Gesetzescharakter. Eine Anfechtung ist auf Grund des existenziellen Abhängigkeitsverhältnisses der Regulierten höchstens theoretisch denkbar.

In diesen Fällen braucht es nicht nur Zurückhaltung in Bezug auf Regulierungen auf Stufe Rundschreiben, Leitfäden oder gar Verordnung. Es braucht eine Kontrolle durch die Institutionen, damit auch hier die Grundsätze der guten Regulierung und Gewaltentrennung respektiert werden.

Regulierung und Digitalisierung

Die technologische Entwicklung und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten haben auch Einfluss auf die Frage, wie Regulierung in Zukunft auszusehen hat. Beispielsweise ist fraglich, ob es bei selbstfahrenden Autos noch derart weitgehende Verkehrsregeln braucht, wie dies heute der Fall ist oder ob solche Regeln einem flüssigen Verkehr nicht eher im Wege stehen.

Die Globalisierung und das offene Netz beeinflussen die Wirtschaft stark und treiben sie zu Wachstum über die nationalen Grenzen hinaus. Durch den Wegfall der nationalen Dimension werden aber auch die Möglichkeiten des primär auf nationaler Ebene agierenden staatlichen Regulators stark zurückgebunden: das Netz lässt sich nicht abschotten, ohne dass gleichzeitig der Standort gefährdet wird.

Um die Standortattraktivität der Schweiz im internationalen Vergleich zu erhalten, müssen Regulierungen so ausgestaltet werden, dass Raum für Entwicklungen besteht und insbesondere auch unbeabsichtigte negative Folgen für die Wirtschaft vermieden werden. Dies wäre dann der Fall, wenn ausschliesslich auf eine technologische Entwicklung hin reguliert würde. In einer globalisierten Wirtschaft und einem hoch dynamischen Umfeld verträgt es keine regulatorischen Experimente oder gar Fehler: angesichts der weiterhin stark zunehmenden Mobilität würden diese sofort zu unbeabsichtigten negativen Konsequenzen und zu der Verlagerung von Wertschöpfung in ein regulatorisch passenderes Umfeld führen.

Hier sind moderne Ansätze gefordert: Interessant ist der sogenannte «Sandbox-Ansatz», der Jungunternehmen bis zum Erreichen einer gewissen Grösse regulatorische Erleichterungen zugesteht, damit diese ihr Geschäftsmodell entwickeln können. Dieses Modell ist zugeschnitten für Start-Ups, stösst aber bei bei Entwicklungen, welche quer durch die Branchen hindurch erfolgen, an klare Grenzen. In diesen Fällen führt kein Weg vorbei am konsequenten Abbau von alten Regulierungen.

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Mögliche Lösungsansätze

Disziplin und Selbstbeschränkung

Regulatorische Wundermittel gegen die zunehmende Regulierungsdichte existieren nicht. Bürokratie ist nicht mit Bürokratie beizukommen. Das wirksamste und einfachste Mittel liegt in der Zurückhaltung und Disziplin von allen Akteuren in jedem konkreten Dossier. Um dem Regulierungssumpf Einhalt zu gebieten muss die Einsicht wachsen, dass neue Gesetzte nicht immer die richtigen Instrumente sind, um unerwünschten Entwicklungen zu begegnen. Eine schlechte Regulierung wird im Übrigen auch nicht besser, wenn sie vermeintlich „massvoll“ erfolgt. In der täglichen Politikgestaltung ist stets der Grenznutzen im Auge zu behalten. Die Mehrkosten für die Gesamtwirtschaft stehen oft in keinem Verhältnis zum Nutzen für Einzelne.

Alternative: Selbstregulierung

Oft sind alternative Lösungen zur Regelung über Gesetze oder Verordnungen möglich: so werden selbstregulierende Systeme heute zu wenig in Erwägung gezogen, obwohl sie staatliche Regulierung überflüssig machen würden. Im Zweifel hat der Staat sich daher stets für Alternativen und gegen eine staatliche Regulierung auszusprechen.

Fehlanreize korrigieren

Der Abbau oder das Verhindern von Regulierungen durch Politik oder Verwaltung soll vermehrt als Erfolg anerkannt werden, um Fehlanreize zu korrigieren. Konkret könnten Geschäftsberichte von Behörden künftig nicht nur auf neue Regulierungen hinweisen, sondern systematisch aufzeigen, wo Regulierungen verhindert, vereinfacht oder abgebaut werden konnten.

Betroffene einbeziehen

Der konsequente Einbezug der von einer Regulierung Betroffenen trägt dazu bei, dass eine Regulierung besser, effizienter und damit auch schlanker ausfällt. Dies erfordert aber, dass die Behörden die Ergebnisse von Vernehmlassungsverfahren ernst nehmen, Experten der Wirtschaft anhören und ihre Meinung in das Regulierungsvorhaben einfliessen lassen.

Unabhängige Kostenschätzungen

Die Grundlage einer objektiven Regulierungskontrolle sind transparente, wissenschaftlich fundierte Folge- und Kostenabschätzungen. Regulierungen brauchen ein Preisschild und eine Nutzenanalyse einer möglichst unabhängigen Stelle. Sonst verlieren die Regulierungsfolgeabschätzungen ihren Wert.

Diese Unabhängigkeit ist bedeutend, denn die Berechnung von Kosten und Nutzen einer Regulierung ist schwierig. Der Aufwand einer Regulierung lässt sich einigermassen genau erfassen, doch die Berechnung des Nutzungswertes ist herausfordernd.

Zwei bereits überwiesene parlamentarische Vorstösse, Motion 15.3445 sowie Motion 15.3400 zielen in diese Richtung. 

Kontrolle von unabhängiger Seite

Die Idee dieser unabhängigen Stelle verdient genauere Betrachtung. Sie würde für Kostenschätzungen einen erheblichen Mehrwert schaffen. Wichtig ist jedoch, dass durch die Schaffung dieser Stelle nicht ein Mehr an Bürokratie geschaffen wird, d.h. ihre Kosten müssen sich durch den mit ihr erzielten Mehrwert rechtfertigen lassen. Die Stelle muss ausserhalb der bestehenden Akteure angesiedelt sein, um immun gegenüber politischen Agenden des Tagesgeschäftes und gegenüber dem Druck von Interessensgruppen zu sein. Wo die Stelle letztlich angehängt wird, ist zweitrangig. Inspirationen für die Ausgestaltung können bei der Lauterkeitskommission, der Übernahmekommission oder dem Preisüberwacher gefunden werden, auch wenn keines dieser Modelle tel quel übernommen werden könnte.

Die folgenden Punkte sind bei der Schaffung dieser Stelle ebenfalls von grundsätzlicher Bedeutung:

  • Es braucht klare Zielvorgaben, an denen sich der Erfolg messen lässt. Klare Reduktionsziele sind hierfür notwendig. Zwingend ist zudem eine umfassende Betrachtung der Kosten. Soweit Aufwand einfach an den Privatsektor überwälzt wird, ist das Ziel nicht erreicht.
  • Die mit einer Regulierung verbundenen Kosten müssen gesamthaft erfasst werden. Es braucht hierzu ein standardisiertes, anerkanntes Berechnungsmodell.
  • Die Stelle muss auf schlanken Strukturen beruhen, damit ihre Kosten durch einen Effizienzgewinn bei der Regulierung mehr als wettmacht wird.

One-in, one-out

Ein interessantes Modell ist das «one-in, one-out-Prinzip». Für jede neu einzuführende Norm (one-in) muss eine kostenäquivalente Norm abgeschafft werden (one-out). Die Normen sollten dabei aus dem gleichen Umfeld stammen. Eine weitere Variante ist «one-in, two out». Zur nachhaltigen Reduktion der Gesamtregulierungslast sollen dabei Normen mit doppelter Kostenäquivalenz abgeschafft werden.

Funktionsweise: Spätestens bei der Prüfung einer neuen Regulierung muss der Regulierungsbestand überprüft werden. Unnötige Regulierungen werden dabei aufgedeckt und zur Abschaffung frei gegeben. Damit das System funktioniert und überhaupt in Erwägung gezogen werden kann, braucht es unabhängige und seriöse Kostenschätzungen in Bezug auf bestehende sowie neue Regulierungen.

Erfahrungen: Grossbritannien, Kanada, Frankreich und jüngst auch Deutschland haben «one-in, one-out»-Instrumente (teilweise auch one-in, two-out) eingeführt. Auf Grund der grossen Unterschiede bei Kostenberechnung, Ausgestaltung, Grundlagen und Kontrollinstanzen sind noch keine verlässlichen Rückmeldungen möglich.

Vorteile: Die Verwaltung wird gezwungen, sich konstant mit der bestehenden Regulierung auseinanderzusetzen und diese zu überprüfen. Die Gesamtregulierung kann nicht mehr ansteigen.

Nachteile: Es besteht zudem die Gefahr der Verlagerung der Kosten von Verwaltung an Privatwirtschaft.

Gesamtbewertung: Das Prinzip sollte nicht pauschal, sondern lediglich bei einzelnen Regulierungsvorhaben oder in einzelnen Branchen zur Anwendung gelangen.

Grafik 2

Das «one-in, one-out»-Prinzip verlangt, dass für jede neue Norm eine kostenäquivalente Norm abgeschafft werden muss.

"one-in, one-out"-Prinzip

Verfallsklauseln

Verfallsklauseln folgen der Idee, Regulierungen zu befristen. Werden Regulierungen nach Ablauf einer vorbestimmten Zeit nicht erneut bestätigt, fallen diese dahin.

Funktionsweise: Die Verwaltung führt eine Kontrolle der Fristen und fordert das Parlament in regelmässigen Intervallen auf, die mit Verfallsklauseln ausgestalteten Regulierungen zu bestätigen. Das Instrument der Verfallsklausel wird im Grundsatz und zumindest teilweise bereits heute in der Schweiz angewandt (Konjunkturpolitik, Subventionsgesetz, Umweltrecht) aber nicht systematisch genutzt.

Erfahrungen: Verfallsklauseln sind als sogenannte Sunset-Clauses in den USA schon lange bekannt. Man verfügt über positive sowie negative Erfahrungen: Verfallklauseln verfehlen oft den gewünschten Effekt, da die entsprechenden Gesetze im Parlament diskussionslos, pauschal und systematisch verlängert werden. Statt Aufwand zu verringern schaffen sie somit weiteren Aufwand. In der EU und in einzelnen Mitgliedländern (z.B. Deutschland) sind aktuell Bestrebungen im Gange, Gesetze mit Verfallsklauseln zu versehen.

Vorteile: Regulierungen setzen sich nicht fest, sondern müssen regelmässig neu diskutiert werden.

Nachteile: Die Rechtssicherheit wird tangiert. Zudem besteht das Risiko administrativen Mehraufwandes bei der (wiederholten) Verlängerung. Denkbar ist auch, dass politische Kompromisse bei einer erneuten Diskussion gefährdet werden.

Gesamtbeurteilung: Verfallsklausen eigen sich nur beschränkt, um der Regulierungsflut in den Griff zu bekommen. In einzelnen Gebieten, namentlich in Feldern mit einer dynamischen technologischen, internationalen Entwicklung, kann ein solcher institutionalisierter Mechanismus Sinn machen. 

Grafik 3

Die Befristung von Regulierungen mittels Verfallsklauseln führt zu deren automatischem Wegfall, wenn sie nicht ausdrücklich verlängert werden.

Verfallsklauseln

Antragsrecht der Gerichte

Oft lässt sich erst bei der konkreten Rechtsanwendung erkennen, dass eine Bestimmung überflüssig oder verfehlt ist: so kann die Anwendung zu unnötigen Härten führen oder es zeigt sich, dass es sie überhaupt nicht mehr braucht.

Einem Gerichtsentscheid geht in der Regel eine fundierte Auseinandersetzung mit dem konkreten Vorgang voraus. Durch Institutionalisierung des Austausches zwischen Rechtsanwendung (Gerichten) und Rechtssetzung (Parlament, Verwaltung) kann das Regulierungssystem optimiert werden.

So könnte den Gerichten, den Ombudsstellen oder sogar den erweiterten Behörden (SECO / WEKO, etc.) ein Antragsrecht an den Gesetzgeber, d.h. das Parlament zugestanden werden, welches es ihnen ermöglicht, auf obsolete oder nicht anwendbare Normen hinzuweisen. Das Parlament müsste auf die Vorlage eintreten und über den Antrag befinden. Dieses dynamische Instrument scheint daher gut geeignet, bestehende Regulierungen im Rahmen der Einzelfallanwendung einer konstanten Überprüfung zu unterziehen. Es braucht aber eine gute präzise Einbettung in einen institutionellen Rahmen, damit die Gewaltentrennung respektiert wird.

Erfahrungen: Keine, neues Instrument.

Vorteile: Hohe Präzision, Regulierungen werden dort abgebaut, wo sie zu unsinnigen Resultaten führen oder offensichtlich nicht mehr gebraucht werden.

Nachteile: Das Instrument ist rückwärtsgerichtet, d.h. es verhindert keine neue Regulierung. Die Problematik der Gewaltenteilung muss adäquat gelöst werden können.

Stellenplafonierung der Verwaltung

Aus finanzpolitischen Überlegungen ist die Forderung, die Kosten der öffentlichen Verwaltung einzudämmen, berechtigt. Durch den Zwang zur Effizienz könnte die Verwaltung dazu gezwungen werden, auf unnötige Regulierungsvorhaben zu verzichten. Eine Plafonierung müsste jedoch auf allen Ebenen parallel erfolgen: Bund, Kantone und Gemeinden. Ansonsten wären einfache Verschiebungen möglich. Sodann müsste auch unterbunden werden, dass administrative Aufwendungen oder die Ausarbeitung von Detailregelungen einfach an externe Berater oder an die Privatwirtschaft ausgelagert werden. Ausserdem ist nicht auszuschliessen, dass knappere Ressourcen nicht einfach zu weniger Regulierung, sondern zu schlechterer Regulierung führen könnten.

Maximale Gesamtbelastung

Weitere Instrumente sind dynamischer und erfordern stärkere Anpassungen am bestehenden System. Dazu gehört die Idee der Kontrolle der Regulierungslast in Analogie zur , die ein Maximum an tolerierbarer administrativer Belastung für Unternehmen festgelegt. Falls die entsprechenden Ziele nicht eingehalten werden können, müssen Regulierungsprojekte gestoppt werden, bis Lösungen innerhalb der bestehenden Zielsetzungen gefunden werden. Auch die EU hat bereits ähnlich gelagerte Massnahmen eingeführt. Die mit EU-Rechtsvorschriften verbundenen Verwaltungslasten sollen um 25% gesenkt werden.

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Schlussfolgerung: Position der Wirtschaft

Der Wildwuchs von Regulierungen hat viele Ursachen. Egal, welche institutionellen Anpassungen man vornimmt, den grössten Erfolg verspricht eine disziplinierte Haltung im jeweiligen Dossier: Es braucht dazu die Erkenntnis, dass Regulierung nicht grundsätzlich die Lösung für Probleme ist. Vielmehr ist bei jedem Vorschlag zu prüfen, ob nicht Alternativen bestehen. Dabei ist zu hinterfragen, inwiefern die vorgeschlagene neue Regulierung besser ist als Alternativen, insbesondere Selbstregulierung. Soweit neue Regulierungen tatsächlich notwendig sind, müssen die Auswirkungen auf die Unternehmen so gering wie möglich gehalten werden. Lassen sich diese Ziele nicht erreichen oder sind die gewählten Mittel nicht verhältnismässig, ist auf die Regulierung zu verzichten.

Den Dynamiken bei der Schaffung von neuer Regulierung ist schwierig beizukommen. Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass bei der Einführung neuer Instrumente zum Abbau von Regulierung nicht nur auf eine Karte gesetzt werden darf. Es braucht einen umfassenden und übergreifenden Ansatz. Es gilt, in Regulierungsfragen zahlreiche und teils divergierende Interessen unter einen Hut zu bringen. Zu starre Instrumente, welche ausschliesslich auf die Vermeidung von Regulierung ausgerichtet sind oder primär auf die damit verbundenen Kosten fokussieren, werden dieser Komplexität nicht gerecht. Das Risiko besteht vielmehr, dass solche Automatismen zu neuen Problemen führen, neue administrative Aufwendungen schaffen und somit kontraproduktiv sind.

Regulierungsfolgen-Abschätzungen sind hilfreich. Sie müssen aber seriös durchgeführt werden und unabhängig erfolgen. Mit einem relativ geringen Eingriff kann eine massgebliche Verbesserung erreicht werden: Der Einbezug einer unabhängigen Stelle. Diese Stelle müsste immun sein gegenüber politischen Agenden des Tagesgeschäftes und gegenüber dem Druck von Interessensgruppen. 

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Anhang: Blick über die Grenze

Unabhängige Prüfstellen im Ausland

Versuche, Regulierung besser in den Griff zu bekommen, gibt es in verschiedenen Ländern. Vorschläge wie «Sunset-Klauseln» oder «one-in, one-out» bestehen bereits in einigen Ländern. Fünf Länder haben unabhängige Gremien für Bürokratieabbau und bessere Rechtssetzung vorgesehen:

  • Das Adviescollege toetsing regeldruk (Actal) in den Niederlanden, den
  • Nationalen Normenkontrollrat (NKR) in Deutschland, das
  • Regulatory Policy Committee (RPC) in Grossbritannien, den
  • schwedischen Better Regulation Council (Regelrådet), sowie das
  • Regulatory Impact Assessment Board (RIAB) in Tschechien

Gemeinsam treten diese Gremien auch unter dem Namen "RegWatchEurope" auf. Diese Institutionen überwachen und beraten die jeweiligen Regierungen. Die von ihnen behandelten Themen beinhalten die intelligente Regulierung im Allgemeinen sowie die durch Rechtsetzung entstehende Gesamtbelastung, einschliesslich der Verringerung von Verwaltungslasten im Besonderen.

Gemeinsam ist den Gremien, dass sie schlank aufgestellt sind. Der NKR (Deutschland) und der Regelrådet (Schweden) haben je acht Mitglieder, Actal (Niederlande) sogar nur drei. Die Prüfstellen werden zusätzlich von einem Sekretariat unterstützt.

Auch wenn die jeweiligen Aufgaben und Mandate unterschiedlich sind, so sind doch alle in die Prüfung neuer Regelungsvorhaben (ex-ante) eingebunden. Drei dieser Gremien sollen in der Folge etwas genauer angeschaut werden.

Niederlande: Adviescollege toetsing regeldruk (Actal)

Der niederländische Normenkontrollrat Actal wurde im Jahr 2000 gegründet. Es handelt sich hierbei um ein unabhängiges Gremium der politischen Entscheidungsarena. Dessen Auftrag ist die Reduktion von Bürokratiekosten für Unternehmen und Bürger. Actal macht die Auswirkungen politischer Entscheidungen transparent und berät bei der Auswahl der kostengünstigsten Alternative zur Zielerreichung. Hierzu evaluiert Actal die jährlichen Programme der Ministerien. Bei Themen, welche besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, berät Actal, betreibt zusätzlich eigene Forschung und ergreift Initiativen.

Alle Vorschläge, auch Initiativen des Parlaments, die mit Bürokratiekosten für Unternehmen und Bürger verbunden sind, müssen Actal vorgelegt werden. Bereits in diesen Vorschlägen müssen die Ministerien zu den Bürokratiekosten und alternativen Regulierungsansätzen berichten. Die Regierungsbehörden sind verpflichtet, hierbei alle relevanten Informationen zur Verfügung zu stellen. Actal prüft die Berechnungen und Überlegungen, wobei relevante Experten hinzugezogen werden. Das Gremium gibt Empfehlungen zur Verbesserung ab oder kann gar empfehlen, dass der Vorschlag zurückgezogen wird. Alle diese Empfehlungen sind aber nicht bindend. Das Ergebnis der Arbeiten ist der sogenannte «Actal-advice», welcher an die Minister und Parlamentarier im Normalfall innerhalb von vier Wochen, maximal acht Wochen, weitergeleitet wird. Neben diesem formalisierten Vorgehen steht Actal auch als informeller Ansprechpartner beratend zur Verfügung.

Actal besteht aus drei unabhängigen Gremiums-Mitgliedern. Der Rat verfügt über ein Sekretariat mit 12 Mitarbeitenden. Actal arbeitet eng mit dem Finanzministerium und dem Innenministerium zusammen. Durch den engen Kontakt zu Mitgliedern des Kabinetts, ein strenges Vorgehen bei der Prüfung von Gesetzesvorschlägen, die Unterstützung von Ministerien sowie die Möglichkeit, über das Parlament, die Medien und Interessengruppen Druck auszuüben, konnte Widerständen gegen Reformen für bessere Rechtsetzung und die Reduzierung von Bürokratiekosten entgegengewirkt werden. Der Beirat arbeitet auch mit Organisationen innerhalb und ausserhalb der Niederlande zusammen, einschliesslich der genannten Schwesterorganisationen in anderen europäischen Ländern.

Grafik 4

Actal bringt sich bei der Entwicklung neuer Regulierungen auf diversen Ebenen in die Diskussion ein.

Zusammenarbeitsebenen des niederländischen Normenkontrollrat ACTAL

Deutschland: Nationaler Normenkontrollrat (NKR)

Auch Deutschland hat in den letzten Jahren Anstrengungen zur Reduktion der Bürokratiekosten unternommen. Im September 2006 wurde mit dem Normenkontrollrat (NKR) eine unabhängige Prüfstelle nach holländischem Vorbild (Actal) gegründet. Das Hauptziel war es, anhand eines Standard-Kosten-Modelles rückwirkend die bürokratischen Belastungen durch Informations- und Berichtpflichten zu bewerten. Der NKR besteht aus zehn ehrenamtlichen Mitgliedern, die auf Vorschlag der Bundesregierung vom Deutschen Bundespräsidenten berufen werden. Der NKR ist in seiner Tätigkeit nur an den durch das NKR-Gesetz begründeten Auftrag gebunden und ist ansonsten unabhängig. Bevor Regelungen vom Parlament beschlossen werden, prüft der NKR die von den Ministerien erarbeiteten Schätzungen der Kostenfolgen für Bürger, Wirtschaft und Verwaltung auf deren Nachvollziehbarkeit und Plausibilität. Die zu erwartenden jährlichen und einmaligen Kosten stehen auf dem Prüfstand. Darüber hinaus prüft der NKR, ob Ziel und Notwendigkeit einer Regelung verständlich sind, ob es Alternativen gibt, ob eine Regelung befristet werden soll, ob es Möglichkeiten zur Vereinfachung gibt sowie die Abstimmung mit dem EU-Recht. Die deutsche Wirtschaft kritisiert zuweilen, dass dem Normenkontrollrat die für seine Tätigkeit erforderlichen Kompetenzen fehlen (so sind zahlreiche Gesetze von seiner Überprüfung ausgeschlossen) und er in seiner Beratungstätigkeit eingeschränkt sei. So prüft der NKR nur ca. 30% der Regulierungsprojekte und darf insbesondere bei seinen Evaluationen nicht alle tatsächlich anfallenden Kosten berücksichtigen. Ebenfalls kritisiert wird, dass zur Bürokratiekostenmessung erst wieder sehr viel Bürokratie mit neuen Gremien und Formularen geschaffen wurde und durch die reine Messung der Bürokratiekosten noch keine Bürokratie abgebaut werde. 

EU: Bessere Rechtssetzung

Auf Stufe der EU besteht eine interinstitutionelle Vereinbarung „Bessere Rechtsetzung“. Europäische Konzepte und Rechtsvorschriften sollen von Beginn an so ausgestaltet sein, dass die damit angestrebten Ziele zu möglichst geringen Kosten erreicht werden. Dieser Ansatz soll sicherstellen, dass die EU-Politik offen und transparent durchgeführt, überprüft wird, und durch Einbeziehung der Interessenträger Rückhalt erfährt. Um sicherzustellen, dass die Massnahmen der EU effektiv sind, untersucht die EU-Kommission die voraussichtlichen und tatsächlichen Auswirkungen des politischen und gesetzgeberischen Handelns.

Impact Assessment Institute

2015 wurde sodann das völlig unabhängige, private Impact Assessment Institute gegründet. Dieses hat zum Ziel, unabhängige und wissenschaftlich basierte Analysen zu Regulierungen und Gesetzgebungsvorhaben im weiteren Sinne abzugeben. Das Institut wurde im Mai 2016 formell als Stiftung unter belgischem Recht konstituiert.

Grossbritannien: Regulatory Policy Committee (RPC)

Das Regulatory Policy Committee (RPC) wurde im Jahr 2009 gegründet. Als unabhängige Stelle überprüft es die vorgeschlagenen regulatorischen Massnahmen. Im Jahre 2012 wurde das RPC zu einem unabhängigen, nicht verwaltungsabhängigen Beratungsgremium umstrukturiert. Es hat so eine klar definierte, permanente Funktion innerhalb der Regierung. Es ist aber keine behördliche Stelle und kann so unabhängig von den Ministerien operieren. Das RPC analysiert die Qualität der Analysen und Unterlagen, welche vorgeschlagene regulatorische Anpassungen mit sich bringen. Das RPC prüft, ob die von den Behörden geschätzten Kosten oder Einsparungen, welche das Resultat einer regulatorischen Anpassung sind, korrekt sind. Gestützt auf diese Prüfung kann dann entschieden werden, ob mit einem konkreten Vorschlag weitergemacht werden soll.

Wenn die Behörden neue Regulierungen vorschlagen, müssen diese von einem standardisierten impact assessment (IA) begleitet sein. In diesem werden die mit einer Regulierung verbundenen Kosten und Vorzüge geschätzt und geprüft und die Risiken dargestellt. Ein impact assessment muss klar das von der Behörde mit der Regulierung anvisierte Problem darlegen, wie dagegen vorgegangen werden soll und was die Auswirkungen des Vorschlages sein werden. Das RPC gibt den Behörden eine Meinung zur Qualität der Analysen und der Belege des Impact Assessments ab. Gestützt auf diese Einschätzung kann das verantwortliche Ministerium entscheiden, ob es die Regulierung vorantreiben soll.

Eine wichtige Aufgabe kommt dem RPC auch im Zusammenhang mit dem „one-in, one-out, resp. one- in, two-out“-Verfahren zu. Das RPC prüft auch hierbei die impact assessments und damit die mit der neuen Regulierung verbundenen Kosten.

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