
Leitlinien der Wirtschaft – Finanzflüsse und eine nachhaltige Wirtschaft (Sustainable Finance)
26.01.2023
Auf einen Blick
Das Thema Sustainable Finance gewinnt rasant an Bedeutung für die Schweiz. Zum einen kann die Schweiz als führender Wirtschafts- und Finanzstandort durch Sustainable Finance einen grossen Beitrag zur globalen Transition leisten. Zum anderen sind Nachhaltigkeit und Sustainable Finance eine der wichtigsten Chancen für die Schweizer Wirtschaft. Die Schweizer Wirtschaft setzt sechs Leitlinien, um die Chance von Sustainable Finance bestmöglich zu nutzen und gleichzeitig Herausforderungen zu adressieren.
Das Wichtigste in Kürze
Das Volumen der nachhaltigen Anlagen wuchs gemäss einer Umfrage von Swiss Sustainable Finance (SSF) im Jahr 2021 erneut um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf über 1.9 Billionen Franken. Auf der Ebene der nachhaltigen Fonds stieg das Volumen auf rund 800 Milliarden Franken und macht damit nun 53 Prozent des gesamten Schweizer Fondsmarktes aus. Fast die Hälfte der Befragten gab zudem an, dass nachhaltige Investitionen inzwischen mehr als 90 Prozent ihrer Assets under Management (AuM) betragen.
Obschon Sustainable Finance nur komplementär zu adäquaten Rahmenbedingungen sowie nachhaltigem Verhalten in Wirtschaft und Gesellschaft stehen kann, besteht ein grosses Potenzial, nachhaltiges Wirtschaften durch spezifische Finanzflüsse zu stärken und das allgemeine Bewusstsein der Wirtschaft für eine marktgetriebene Nachhaltigkeit zu erhöhen. Gleichzeitig birgt der Prozess aber auch gewichtige Herausforderungen: Einerseits sind dies zum Beispiel die Verfügbarkeit, Qualität und Transparenz von nachhaltigen Anlage- und Investitionsopportunitäten, andererseits inflationäre Transaktionskosten sowie administrativer Aufwand bedingt durch Monitoring, Reporting oder der Überprüfung der Geschäftstätigkeiten nach Taxonomie-Kriterien. Auch wird Sustainable Finance oft primär mit dem Finanzsektor assoziiert, doch sind die Aus- und Wechselwirkungen innerhalb der Gesamtwirtschaft stets von Relevanz. Dies gilt insbesondere für die Schweiz als starker Finanz- und Realwirtschaftsstandort.
Position economiesuisse
Um die Chancen von Sustainable Finance optimal zu nutzen und gleichzeitig Herausforderungen zu adressieren, gibt sich die Gesamtwirtschaft die folgenden Leitlinien:
- Nachhaltigkeit ganzheitlich ökologisch, ökonomisch und sozial denken.
- Einen marktwirtschaftlichen, evidenzbasierten Ansatz, kein Verbotsdenken.
- Transparenz und Vergleichbarkeit effizient und schlank stärken und dabei Transaktionskosten minimieren.
- Rahmenbedingungen für Anlagen und Investments verbessern.
- International ambitioniert und abgestimmt, gleichzeitig aber selbstbewusst und eigenständig vorgehen.
- Zusammenarbeit Finanz- und Realwirtschaft stärken.

Sustainable Finance: Definition und Bezug zum Nachhaltigkeitsdiskurs
Was ist Sustainable Finance?
Sustainable Finance beschreibt den Prozess, ganzheitlich ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit im Allgemeinen und Services im Finanzsektor im Besonderen zu berücksichtigen und führt somit zu einer Kanalisierung von Finanzflüssen und zu nachhaltigem Wirtschaften und nachhaltigen Projekten.
Die Agenda 2030 mit ihren 17 globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals), zu denen sich auch die Schweiz bekannt hat, bildet den Referenzrahmen, der in der Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 konkretisiert wurde. Die Schweiz hat sich zudem das Ziel gesetzt, bis 2050 unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr auszustossen. Der Bundesrat sieht Sustainable Finance als grosse Chance für den Schweizer Finanzplatz und als relevanten Wettbewerbsfaktor auf dem Weg des nachhaltigen Wachstums.
Beispiele für ökologische Ziele sind der Schutz des Klimas oder der Biodiversität; für ökonomische Ziele, neben dem allgemeinen Wirtschaftswachstum, auch spezifische Aspekte wie die Förderung von Innovation; und für soziale Ziele das Fördern der Gesundheit und der Gleichstellung. Die drei Komponenten der Nachhaltigkeit stehen weder in einem Konkurrenzverhältnis zueinander noch besteht eine Rangordnung, vielmehr bedingen sie sich gegenseitig. Dies kann am Beispiel des Klimawandels illustriert werden: Der Klimawandel bedroht neben Lebensräumen und Lebensgrundlagen bis zu 18 Prozent des weltweiten BIP bis 2050. Ohne eine leistungsfähige und innovative Wirtschaft, die neue Technologien hervorbringt und die Mittel für eine Dekarbonisierung und die geforderten Resilienz-Massnahmen erwirtschaftet, ist eine Erreichung der Klimaziele jedoch nicht denkbar und würde zu unannehmbaren sozialen Konsequenzen führen. Der holistische Nachhaltigkeitsansatz von Sustainable Finance als Ganzes bedeutet indes nicht, dass individuelle Finanzflüsse beziehungsweise -produkte nicht ein Schwerpunktthema haben und individuelle Dimensionen oder Ziele besonders gewichten können.
Unter Instrumenten nachhaltiger Finanzflüsse versteht man Finanzierungen, Anlagen und Investitionen, die einen expliziten Bezug zu einem oder mehreren der Nachhaltigkeitskriterien haben. Dazu gehören nachhaltige Fonds, grüne Anleihen, Impact Investing, Mikrofinanzierung oder Kredite für nachhaltige Projekte, um einige Beispiele zu nennen. Es werden verschiedene Investmentansätze verfolgt, die als nachhaltig klassifiziert werden. Dies geht vom Ausschluss gewisser Investitionen über die Best-in-Class-Selektion bis zu einem aktiven Engagement als Investor und Impact Investing, wo eine direkte Wirkung erzielt werden soll.
Die relevanten Akteure für Sustainable Finance innerhalb des Finanzsektors sind institutionelle Investoren, die bedeutende Vermögenswerte besitzen bzw. verwalten («asset owner»), Intermediäre, welche die institutionellen und privaten Kunden beraten («banks») und deren Vermögen verwalten («asset manager»), Versicherer sowie Banken als Hypothekar- und Firmenkreditgeber und Kapitalmarktgeschäfte. Neben den Akteuren innerhalb des Finanzsektors ist insbesondere die Realwirtschaft von Bedeutung: Sie setzt den Wandel zu einer nachhaltigen Wirtschaft um und bietet entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten in nachhaltige Produkte an. Aber auch der Gesetzgeber und die Aufsichtsbehörden sowie NGOs und die Zivilgesellschaft (Civil Society Organizations «CSO») sind wichtige Akteure im Bereich Sustainable Finance.
Sustainable Finance ist jedoch kein Allheilmittel der Nachhaltigkeit. Es handelt sich vielmehr um eine wesentliche Komponente nachhaltigen Wirtschaftens, das komplementär zu adäquaten und förderlichen Rahmenbedingungen, nachhaltiger Realwirtschaft und nachhaltigem Konsumentenverhalten steht. Die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundes legt dar, wie die verschiedenen Bereiche die Ziele als Treiber voranbringen können und welche Rahmenbedingungen notwendig sind, um zur Stärkung des Standorts Schweiz beizutragen. Im Zentrum steht der marktwirtschaftliche Ausgleich von Angebot und nachhaltigkeitsgetriebener Nachfrage. Regulation ist subsidiär zu diesen Massnahmen, was im Bereich Sustainable Finance auch explizit durch den Bundesrat betont wurde.


Potenzial und Herausforderungen für Sustainable Finance
Warum Sustainable Finance?
Sustainable Finance hat grosses Potenzial, nachhaltiges Wirtschaften durch spezifische Finanzflüsse zu stärken und das allgemeine Bewusstsein der Wirtschaft für eine marktgetriebene Nachhaltigkeit zu erhöhen. Dies gilt besonders für die Schweiz, die ein weltweit bedeutender Wirtschaftsstandort ist und wichtige Akteure der Finanz- und der Realwirtschaft aufweist: Zum einen ist die Schweiz ein führender Finanzplatz mit über neun Billionen Franken Geldern in den Depots der Schweizer Banken und Kredite. Er verwaltet beispielsweise rund ein Viertel des grenzüberschreitenden Vermögens der Welt. Zum anderen ist die Schweiz ein global bedeutender Standort der Realwirtschaft, an dem zahlreiche führende inländische und internationale Unternehmen angesiedelt sind, die nachhaltige Anlage- und Investitionsopportunitäten anbieten können. Die Studie «Klimastandort Schweiz» von McKinsey & Company, an der economiesuisse mitgearbeitet hat, hat so beispielsweise im Rahmen der ökologischen Nachhaltigkeit aufgezeigt, dass die starke Real- und Finanzwirtschaft der Schweiz zumindest indirekt Einfluss auf Emissionen von bis zu zwei Gigatonnen CO2-Äquivalente hat. Zum Vergleich: Im Inland emittiert die Schweiz unter 50 Megatonnen.
Sustainable Finance ist damit ein bedeutendes Thema für den Wirtschaftsstandort Schweiz, das rasant weiter an Bedeutung gewinnt und tiefgreifende Implikationen für Finanz- und Realwirtschaft zeitigt. Für den Finanzplatz Schweiz stellen nachhaltige Investitionen mit knapp zwei Billionen Franken bereits heute ein signifikantes Volumen dar, das mit einer jährlichen Zunahme von knapp 50 Prozent über das letzte Jahrzehnt weiter schnell anwächst und zusehends ein zentrales Kundenbedürfnis darstellt. Dabei entfaltet Sustainable Finance aus drei Gründen Bedeutung für den Finanzsektor: finanzielle Performance (Risiko und Rendite), Werteausrichtung mit ihren Stakeholdern und die Ambition, positiven Wandel herbeiführen. Die Schweiz kann sich zu einem führenden Standort für Sustainable Finance entwickeln. Dafür benötigt der Finanzplatz optimale politische Rahmenbedingungen, damit die Wettbewerbsfähigkeit kontinuierlich verbessert wird und der Finanzsektor einen effektiven Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten kann.
Die Realwirtschaft ihrerseits leistet proaktiv ihren Beitrag zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele und es besteht eine Wechselwirkung mit Sustainable Finance in ihrer Geschäfts- und Finanzierungstätigkeit. Wenn es den Unternehmen beispielsweise nicht gelingt, Investoren davon zu überzeugen, dass sie, gestützt auf Nachhaltigkeitskriterien, als «investierbar» gelten, kann dies zu höheren Kapitalkosten und damit einem Marktnachteil führen. Umgekehrt haben Unternehmen, die zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen, zunehmend Wettbewerbsvorteile.
Sustainable Finance bringt jedoch auch gewichtige Herausforderungen mit sich. Für die Finanzwirtschaft stehen die Verfügbarkeit von valablen, qualitativ hochwertigen Finanzierungs-, Anlage- und Investitionsopportunitäten sowie Transparenz im Vordergrund (Stichwort: «Greenwashing»). Für die Realwirtschaft drohen die hohen Transaktionskosten und Bürokratie (z. B. für Messung und Reporting) eine grosse Bürde zu werden. Aber auch Finanzinstitute unterliegen Offenlegungspflichten. So müssen beispielsweise bereits grosse Banken und Versicherungen der FINMA ihre Klimarisiken gemäss Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) offenlegen.
Durch die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit besteht für nicht nachhaltige Geschäftsmodelle das Risiko, Kapital zu verlieren («stranded assets»). Zuletzt ist Sustainable Finance ein sich äusserst schnell entwickelnder Bereich auf nationaler wie auch internationaler Ebene, was sowohl in der Finanz- als auch der Realwirtschaft zu Handlungsbedarf führt und grosser Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit bedarf. Dies kann auch suboptimale Zwischenlösungen mit sich bringen. Schliesslich birgt die zunehmende Bedeutung von Sustainable Finance auch die Gefahr, politische Begehrlichkeiten zu wecken. Indirekt können massive Eingriffe in das Wirtschaftssystem erfolgen, welche grundsätzliche Ansprüche an den freien Markt wie Technologieneutralität und Verhinderung von Industriepolitik infrage stellen.
Warum Leitlinien?
Die vorliegenden Leitlinien der Schweizer Wirtschaft bezwecken, ein erstes, gesamtwirtschaftliches Fundament zur Verfügung zu stellen, das als gemeinsam entwickelter «Nordstern» in dem sich schnell entwickelnden Umfeld dienen und eine proaktive, dynamische Positionierung in Einzelgeschäften ermöglichen soll. Im Detail:


Rahmenbedingungen für erfolgreiche Sustainable Finance
Um die Chancen von Sustainable Finance optimal zu nutzen und gleichzeitig Herausforderungen zu adressieren, gibt sich die Gesamtwirtschaft die folgenden Leitlinien:

1. Nachhaltigkeit ganzheitlich ökologisch, ökonomisch und sozial denken
Der Dachverband der Wirtschaft, economiesuisse, engagiert sich (siehe auch Art. 1 Abs. 3 der Statuten) für eine liberale und nachhaltige Marktwirtschaft, in der ökologische, ökonomische und soziale Ziele ganzheitlich berücksichtigt werden. Die liberale, nachhaltige Marktwirtschaft stellt den freien, selbstbestimmten Menschen ins Zentrum. Sie setzt damit auf Eigenverantwortung und Innovation und erst subsidiär auf Regulierung und den Staat. Die liberale, nachhaltige Marktwirtschaft verbessert die Wettbewerbsfähigkeit, erhält die natürlichen Lebensgrundlagen, stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ermöglicht damit auch den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft. In der heutigen Debatte um Klimaziele wird Nachhaltigkeit fälschlicherweise oft auf die ökologische Dimension reduziert, was dem umfassenden Charakter von Nachhaltigkeit nicht gerecht wird. Die Schweizer Wirtschaft versteht unter Nachhaltigkeit und nachhaltigen Finanzierungen alle Ebenen der Nachhaltigkeit und erachtet die ökologischen, ökonomischen und sozialen Ziele als sich gegenseitig bedingend.
2. Einen marktwirtschaftlichen, evidenzbasierten Ansatz, kein Verbotsdenken
Die Schweizer Wirtschaft fordert, dass die Nachhaltigkeitsbemühungen aller Unternehmungen berücksichtigt werden und allen Unternehmen damit die Chance auf eine Anpassung ihres Geschäftsmodells gegeben wird.
Eine Abgrenzung einzelner Wirtschaftstätigkeiten in ein starres Schwarz-Weiss-System wird diesem Anspruch nicht gerecht. Nachhaltige Finanzierungen müssen Innovation ermöglichen und können Unternehmen, die sich im Wandel zu mehr Nachhaltigkeit befinden, gezielt bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen. Dies nicht zuletzt in emissionsintensiven Sektoren. Denn gerade in Sektoren, die einen tieferen Standard, jedoch ein hohes Transformationspotenzial aufweisen, ist der Grenznutzen in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Investitionen hoch. Eine fehlende Differenziertheit in den Prüfanforderungen führt zudem dazu, dass sich Investitionen zur graduellen Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung in der Praxis oft als nicht lohnend erweisen dürften, wodurch sie in der Folge ausgebremst würden. Regulatorische Finanzierungseinschränkungen und -verbote von rechtlich zulässigen Geschäftsmodellen und Produkten unter dem Deckmantel von Sustainable Finance sind daher strikt abzulehnen. Ein solches Vorgehen verhindert Innovation und ist untauglich zur Zielerreichung, bewirkt es doch einzig ein Ausweichen auf andere, den Regeln nicht unterstehende Finanzplätze.
Investoren und der private Bankensektor sollen im Hinblick auf Unternehmensfinanzierungen weiterhin ihren Ermessungsspielraum nutzen können, um zu bestimmen, welche Unternehmen oder Technologien sie als besonders zukunftsfähig ansehen. Gesetzliche Vorgaben sind subsidiär dort einzusetzen, wo sie den Prozess deutlich beschleunigen, ohne die wirtschaftliche Leistung massiv zu beeinträchtigen. Anreize sind Verboten stets vorzuziehen. Beispielsweise sind Innovation und technische Erneuerungen der Haupthebel zur Reduktion der Umweltbelastung oder des Energiebedarfs.
3. Transparenz und Vergleichbarkeit effizient und schlank stärken und dabei Transaktionskosten minimieren
Die Schweizer Wirtschaft unterstützt die Schaffung erhöhter Transparenz über die nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen sowie Chancen und Risiken von Finanzflüssen, sofern diese verhältnismässig, praktikabel und nachvollziehbar sowohl für die Finanz- als auch Realwirtschaft ausgestaltet sind. Denn die Schaffung von Transparenz ermöglicht es, Nachhaltigkeitskriterien zu beurteilen und damit die eigenen Aktivitäten hinsichtlich ihrer Wirkung und Risiken in Bezug auf die Nachhaltigkeit zu kennen.
Grundsätzlich haben Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Informationen über nachhaltig eingestufte Tätigkeiten im Rahmen der nicht finanziellen Berichterstattung nach den Grundsätzen der Finanzberichterstattung und in einem international abgestimmten Kontext zu erfolgen. Flexibilität im Sinne von «Comply or Explain» ist starren Vorschriften vorzuziehen. Neben der Notwendigkeit von Transparenz sind die Langfristorientierung sowie die Vergleichbarkeit von Informationen erforderlich, um Auswirkungen und Risiken bei Finanzierungsentscheiden zu berücksichtigen. Wo die Mess- und Vergleichbarkeit nicht gegeben ist, sind Notwendigkeit und Möglichkeit von Metriken kritisch zu beleuchten.
Schlanke Lösungen, die zu keinen ökologischen, ökonomischen und sozial untragbaren Transaktionskosten führen, sind unerlässlich. Es ist dabei wichtig zu berücksichtigen, dass die Unternehmen in der Schweiz unterschiedlich strukturiert und gross sind und nicht über die gleichen Ressourcen verfügen. Transparenzanforderungen sind so zu gestalten, dass auch kleinere Unternehmen diese umsetzen können. Auflagen sollten daher diese heterogene Unternehmenslandschaft berücksichtigen.
4. Rahmenbedingungen für Anlagen und Investments verbessern
Die Schweizer Wirtschaft fordert den Abbau steuerlicher und bürokratischer Hürden für nachhaltige Finanzinstrumente und Angebote (insbesondere, wo sie gewisse Anlagen faktisch verunmöglichen), die jedoch umgekehrt auch nicht in einer Besserstellung münden sollen – gleich lange Spiesse sind geboten. Zudem fordert die Wirtschaft die Förderung nachhaltigen Investierens durch entsprechende Rahmenbedingungen. Schweizer Finanzinstitute und Unternehmen benötigen einen angemessenen internationalen Marktzugang, so dass Dienstleistungen und Finanzinstrumente im Bereich Sustainable Finance exportiert werden können. Aktuell gibt es Anzeichen, dass ein Nachfrageüberschuss im Bereich Sustainable Finance besteht. Um die Verbreitung nachhaltiger Produkte und Dienstleistungen zu stärken, ist der Finanzplatz auf ein günstiges Umfeld angewiesen. Gerade auch im Zusammenspiel mit den unterschiedlichen Wirtschaftsakteuren ist dabei eine differenzierte, auf die verschiedenen Bankgeschäfte abgestimmte Vorgehensweise wichtig.
Übergeordnet sind die regulatorischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Unternehmensgewinne möglichst in Forschung und Entwicklung investiert und nicht in Form von Steuern abgeführt werden müssen. Der Staat hat die Voraussetzungen für eine innovative Wirtschaft zu schaffen, respektive nicht einzuschränken. Dazu gehört eine Einschränkung der staatlichen Verschuldung, um nicht via Steuern oder ein monetär labiles Umfeld die Innovationskraft der Unternehmen zu schmälern.
5. International ambitioniert und abgestimmt, gleichzeitig aber selbstbewusst und eigenständig vorgehen
Für einen funktionierenden Markt sind gut verfügbare und vor allem vergleichbare Informationen eine wichtige Voraussetzung. Die Schweiz soll ihre Rolle als innovativer und fortschrittlicher Wirtschaftsstandort ausbauen. Internationalen Entwicklungen ist wo nötig und sinnvoll auf eine pragmatische und verhältnismässige Weise Rechnung zu tragen und eine Anbindung an das internationale Umfeld sicherzustellen. Auf einen «Swiss Finish» ist im Zweifelsfall zu verzichten. Gleichzeitig steht die Wirtschaft einem «vorauseilenden Gehorsam» ablehnend gegenüber und plädiert für eine sukzessive Anpassung an ambitionierte internationale Standards, sofern und sobald diese sich bewährt und etabliert haben und einen evidenzbasierten Ansatz verfolgen. Die Überführung von internationalen Empfehlungen in die Schweizer Gesetzgebung sollte prinzipienbasiert erfolgen.
6. Zusammenarbeit Finanz- und Realwirtschaft stärken
Sustainable Finance ergibt sich aus der Nachfrage nach einer nachhaltigen Realwirtschaft. Umgekehrt kann Sustainable Finance aber auch Anreize setzen. Damit sind Sustainable Finance und Realwirtschaft eng verbunden. Aus diesem Grund sind für alle Entwicklungen sowohl die Real- als auch Finanzwirtschaft frühzeitig einzubeziehen und umfassend zu berücksichtigen. Foren und Mechanismen zum Austausch und zur Kollaboration sind zu stärken. Eine marktgetriebene Abstimmung über mögliche Handlungsfelder und Selbstregulierung entlang der technischen Entwicklungen und der modernen wissenschaftlichen Lehre ist einschränkenden, regelbasierten oder Vorgaben wie Taxonomien vorzuziehen. Denn Letztere sind oft politisiert, reaktiv und vermögen der Dynamik im Markt nicht gerecht zu werden.
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