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Bundesfinanzen 2024: Die Politik ist gefordert

20.11.2023

Auf einen Blick

Die Bundesfinanzen sind das erste wichtige Thema, mit dem sich das neue Parlament in der Wintersession beschäftigen wird. Viele nicht finanzierte Ausgabenbeschlüsse bringen den Bundeshaushalt in Bedrängnis. Er muss dringend wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Die Finanzpolitik bleibt während der gesamten nächsten Legislatur eine Herausforderung. Denn die aktuell angespannte Finanzlage zeigt, dass die zunehmende Loslösung der Ausgabenpolitik von der Finanzpolitik zu bedenklichen Resultaten führt. Sollen einschneidende Sparübungen und Frustration über enttäuschte Erwartungen in Zukunft verhindert werden, muss das Parlament bei seinen Ausgabenentscheiden den aktuellen Stand der Bundesfinanzen zwingend mitberücksichtigen.

Das Wichtigste in Kürze

Das neu gewählte Parlament beschliesst in der Wintersession den Voranschlag 2024 inklusive Finanzplan 2025 bis 2027. Zahlreiche nicht gegenfinanzierte Mehrausgaben und die stark steigenden gebundenen Ausgaben haben zu hohen Defiziten geführt. Dank Bereinigungsmassnahmen ist das Budget 2024 nun zwar ausgeglichen, der Finanzplan ab 2025 weist jedoch weiterhin Fehlbeträge auf. Wie hoch der Handlungsbedarf letztlich sein wird, hängt stark von Sachentscheiden ab, die das Parlament in den kommenden Monaten fällen wird. Für eine nachhaltige Finanzpolitik sind aus Sicht der Wirtschaft die folgenden Punkte wichtig:

Position economiesuisse

  1. Die Schuldenbremse muss im Voranschlag 2024 und in den folgenden Haushaltsjahren eingehalten werden; der Bundeshaushalt muss stabilisiert werden.
  2. Die bereits eingeplanten und weitere Bereinigungsmassnahmen sind im erforderlichen Umfang umzusetzen.
  3. Neue Ausgaben brauchen eine konsequente Gegenfinanzierung (ohne Steuererhöhungen); für bestehende Ausgaben sind Prioritäten zu setzen; gebundene Ausgaben müssen flexibilisiert werden.
  4. Die Schuldenbremse darf nicht über den ausserordentlichen Haushalt umgangen werden; kein Aufweichen der Schuldenbremse.
  5. Statt Silo-Forderungen braucht es Kontext-Lösungen: Die Lage der Bundesfinanzen muss bei Entscheiden zu Sachfragen konsequenter einbezogen werden, damit isolierte Ausgabenbeschlüsse nicht zu Sparübungen führen.
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Bundesfinanzen im Überblick

Die erste Aufgabe der neuen Finanzministerin Karin Keller-Suter Anfang Jahr war anspruchsvoll. Nachdem das Parlament in den vergangenen zwei Jahren laufend neue Ausgaben beschlossen hatte, ohne sich um die Finanzierung zu kümmern, haben sich für die kommenden Jahre hohe Defizite abgezeichnet. Diese Defizite sind strukturell, das heisst von der Schuldenbremse nicht erlaubt. Die Finanzministerin musste deshalb in einem ersten Schritt einen schuldenbremskonformen Voranschlag für das Jahr 2024 vorlegen. In einem zweiten Schritt galt es, den Finanzplan ab 2025 zu entlasten. Diese Ziele konnten dank Bereinigungsmassnahmen im Umfang von zwei Milliarden Franken erreicht werden. Im Voranschlag 2024 resultiert praktisch eine schwarze Null und die Defizite im Finanzplan können mit der Umsetzung der geplanten Entlastungen deutlich reduziert werden.

Die Bundesfinanzen sind auch für das neu gewählte Bundesparlament eines der ersten grossen Themen. In der Wintersession müssen das Budget 2024 und die Finanzplanung von 2025 bis 2027 beschlossen werden. Die Finanzpolitik wird das Parlament aber während der gesamten nächsten Legislatur begleiten. Einerseits ist der Bundeshaushalt in den Jahren ab 2025 noch nicht auf schuldenbremskonformem Kurs. Es bestehen nach wie vor nicht erlaubte Defizite von bis zu 1.2 Milliarden Franken. Andererseits akzentuieren sich übergeordnete Herausforderungen, wie zum Beispiel laufend nicht finanzierte Ausgabenbeschlüsse oder das starke Wachstum der gebundenen Ausgaben.

Die Corona-Pandemie hat im Bundeshaushalt Spuren hinterlassen, ist aber nicht der Grund für die Defizite im Finanzplan. Das Parlament hat in den letzten zwei Jahren hohe Mehrausgaben beschlossen, ohne sich um deren Finanzierung zu kümmern.

Entwicklung ordentlicher Bundeshaushalt 1990-2027

Jubiläum: Die Schuldenbremse wird 20 Jahre alt

Die Schuldenbremse ist das wichtigste Instrument der Schweizer Finanzpolitik. Sie hat in den letzten 20 Jahren dafür gesorgt, dass der Bund über ausgeglichene Finanzen verfügt. In den 1990er-Jahren war das nicht so. Innerhalb weniger Jahre kam es zu einer starken Verschuldung. Die Schuldenbremse brachte die Trendwende. Sie wurde 2001 von der Stimmbevölkerung mit einer Zustimmung von 85 Prozent beschlossen. Seither konnten die Schulden nicht nur stabilisiert, sondern um rund einen Viertel (30 Mrd. Fr.) abgebaut werden. Die Corona-Pandemie setzte dem Schuldenabbau ein Ende. Umfangreiche Hilfsmassnahmen führten zu einer Neuverschuldung, die den Schuldenabbau der letzten 20 Jahre zu einem grossen Teil wieder rückgängig gemacht hat (rund 23 Milliarden Franken Corona-Schulden).

Die Schuldenbremse als Ausgabenregel schreibt vor, dass die Ausgaben nicht höher sein dürfen als die Einnahmen. Entsprechend der prognostizierten Wirtschaftsentwicklung ist ein konjunkturelles Defizit erlaubt (bei Unterauslastung der Wirtschaft) bzw. wird ein konjunktureller Überschuss verlangt (bei Überauslastung der Wirtschaft). Die Schuldenbremse wird von einer Statistik kontrolliert, dem Ausgleichskonto. Nichterfüllungen (strukturelle Defizite) und Übererfüllungen (strukturelle Überschüsse) werden auf diesem Konto vermerkt. Ein Fehlbetrag auf dem Ausgleichskonto muss im ordentlichen Haushalt durch Einsparungen kompensiert werden. Das Ausgleichskonto hat derzeit einen positiven Stand von 22 Milliarden Franken. Der Betrag stellt kein Guthaben dar, sondern zeigt an, dass seit der Einführung der Schuldenbremse in diesem Umfang strukturelle Überschüsse in den Schuldenabbau geflossen sind.

Wirksame Fiskalregeln sind transparent, verbindlich, flexibel und politisch breit legitimiert. Die Schuldenbremse erfüllt alle diese Kriterien. Weil die Schuldenbremse grundsätzlich keine dauerhafte Neuverschuldung erlaubt, gilt sie als relativ streng. Die Schuldenbremse macht keinen Unterschied zwischen laufenden Ausgaben und Investitionen. Beide in der Praxis schwer abzugrenzenden Kategorien unterliegen der Schuldenbremse. Die Kritik, dass die Schuldenbremse nicht genug Investitionen zulässt, ist nicht stichhaltig. Der Bund investiert stetig, muss jedoch auch bei den Investitionen Prioritäten setzen.

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Budget 2024 und Finanzplan 2025 bis 2027

Der Bundesrat hat am 23. August 2023 die Botschaft zum Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan (IAFP) 2025 bis 2027 verabschiedet. Im Voranschlag (VA) werden die für das Jahr 2024 geplanten Einnahmen und Ausgaben des Bundes aufgeführt. Der Finanzplan (FP) enthält das Zahlenwerk für die drei Folgejahre bis 2027.

Die Schuldenbremse gilt verbindlich für den Voranschlag (Budget), für die Nachtragskredite und die Staatsrechnung. Für den Finanzplan ist sie nicht verbindlich. Dessen Eckwerte werden jedoch mit den Vorgaben der Schuldenbremse abgeglichen. So zeigt sich frühzeitig, ob der Bundeshaushalt mittelfristig den Vorgaben genügt oder ob Handlungsbedarf besteht, um das Haushaltsgleichgewicht einhalten zu können.

In den Gesamtzahlen werden der ordentliche wie auch der ausserordentliche Haushalt gemeinsam dargestellt. Das Wachstum der Gesamteinnahmen gegenüber dem Vorjahr fällt 2024 nur deshalb relativ schwach aus (+2.1%), weil der Bundesrat keine ausserordentliche Zusatzausschüttung der SNB mehr budgetiert (1.3 Mrd. Fr.). Hohe ausserordentliche Ausgaben treiben demgegenüber das Wachstum der Gesamtausgaben an (+4.1%).

Wird nur der ordentliche Haushalt betrachtet, ist das Wachstum der Einnahmen (+3.8%) und der Ausgaben (+3.6%) 2024 ähnlich hoch. In beiden Fällen liegt es über dem Wirtschaftswachstum (nominales BIP: +3%). Der Finanzplan von 2025 bis 2027 ist geprägt von einem starken Ausgabenwachstum im ordentlichen Haushalt. Die Einnahmen wachsen stabil, aber weniger stark als die Ausgaben.

Im Voranschlag 2024 resultiert eine schwarze Null. Die geringen Verbesserungen durch die Nachmeldung ändern nichts daran, dass praktisch kein finanzieller Spielraum vorhanden ist.

Überblick Voranschlag 2024 und Finanzplan 2025 bis 2027

Der Voranschlag 2024 ist nach den Regeln der Schuldenbremse praktisch ausgeglichen. Kurz vor Publikation des Budgets hat die UBS die Verlustübernahmegarantie des Bundes gekündigt, worauf sich gewisse Einnahmen und Ausgaben verändert haben. Der Bundesrat musste deshalb Ende September 2023 eine Nachmeldung zum Voranschlag 2024 vorlegen (siehe Tabelle). Nach Korrekturen schliesst der ordentliche Bundeshaushalt nun mit einem geringen Überschuss von 18 Millionen Franken ab. Dieses Resultat war nicht nur dank der Bereinigungsmassnahmen möglich, sondern auch, weil der von der Schuldenbremse erlaubte konjunkturelle Puffer von fast einer halben Milliarde Franken vollständig ausgeschöpft wurde. Wird der ausserordentliche Haushalt mitberücksichtigt, ergibt sich 2024 hingegen ein Finanzierungsdefizit von über 6.6 Milliarden Franken.

Der ausserordentliche Haushalt plant Ausgaben von 6.4 Milliarden Franken. Der Betrag setzt sich aus dem Beitrag für die Schutzsuchenden aus der Ukraine (1.2 Mrd.), einem einmaligen Kapitalzuschuss für die SBB (1.2 Mrd.) und, wie schon im letzten Jahr, dem Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft (4 Mrd.) zusammen. Der Rettungsschirm wurde bis jetzt allerdings nicht beansprucht.

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Massnahmen zur Haushaltsbereinigung

Der Beschluss neuer Ausgaben ohne Finanzierung hat dazu geführt, dass sich ab 2024 hohe strukturelle Defizite abzeichnen. Die Schuldenbremse toleriert diese nicht. Die Fehlbeträge müssen bereinigt werden. Die Massnahmen des Bundesrats setzen entsprechend dem Handlungsbedarf bei den Ausgaben an. Die Massnahmen gliedern sich in Anpassungen mit und ohne Gesetzgebungsbedarf.

Massnahmen ohne Gesetzgebungsbedarf – Umfang bis 2 Milliarden Franken:

Es handelt sich um Massnahmen in sogenannt «schwach gebundenen» Aufgabenbereichen, das heisst um Anpassungen bei Ausgaben, für die keine oder nur schwache gesetzliche Vorgaben bestehen. Die Anpassungen sind sofort wirksam. Sie beinhalten:

  • die Streckung des 1%-BIP-Ziels für die Armee bis 2035;
  • die Streichung des Pflichtbeitrags für Horizon Europe ohne Assoziierung (Übergangsmassnahmen bleiben bestehen);
  • eine generelle Ausgabenkürzung von 2,0 Prozent über alle ungebundenen Aufgabenbereiche (ohne Armee).

Zudem plant der Bundesrat eine vorübergehende Kürzung der Einlagen in die beiden Verkehrsfonds Bahninfrastruktur- und Nationalstrassenfonds (BIF und NAF). Die Kürzung der Bundeseinlage in den NAF wird kompensiert, indem die bestehende Ausnahme für Elektrofahrzeuge von der Automobilsteuer aufgehoben wird. Die Mehreinnahmen kommen vollumfänglich dem NAF zugute. Die Ausweitung der Automobilsteuer ist im aktuellen Entlastungspaket die einzige Massnahme, die der Bundesrat bei den Einnahmen trifft.

Eine weitere Entlastungsmassnahme ist die Verbuchung der Aufstockung der Ausgaben für den Schutzstatus S im ausserordentlichen Haushalt. Im Finanzplan 2024 waren ursprünglich 0.5 Milliarden Franken für den Schutzstatus S im ordentlichen Budget vorgesehen. Dieser Betrag wird nun in den ausserordentlichen Haushalt verschoben (und aufgestockt). Entsprechend wird das ordentliche Budget 2024 um eine halbe Milliarde Franken entlastet.

Die genannten Massnahmen sind im Voranschlag 2024 enthalten (ausser der Kürzung der BIF-Einlage erst ab 2025) und werden teilweise im Finanzplan weitergeführt. Von der Massnahme der Querschnittskürzung unterproportional betroffen sind die Personalausgaben im Eigenbereich der Bundesverwaltung.

Die Bereinigungsmassnahmen sind nötig, damit der Voranschlag 2024 die Schuldenbremse einhält. Die meisten Entlastungen werden auch im Finanzplan weitergeführt.

Massnahmen zur Haushaltsbereinigung

Massnahmen mit Gesetzgebungsbedarf – Umfang bis 500 Millionen Franken:

Es handelt sich um Korrekturen bei gesetzlich gebundenen Ausgaben:

  • Kürzung der Einlage des Bundes in die Arbeitslosenversicherung (ALV). Die Kürzung ist befristet und wird aufgehoben, sobald der Stand des ALV-Fonds eine gewisse Höhe unterschreitet;
  • Senkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer im Zusammenhang mit der Vorlage für neue umfangreiche Unterstützungsbeiträge des Bundes für die familienergänzende Kinderbetreuung;
  • Reform der Hinterlassenenrenten bei der AHV (insbesondere Witwenrenten), die längerfristig zu Entlastungen führen soll.

Der Bundesrat schlägt Massnahmen im gebundenen Bereich vor, um zu verhindern, dass das ganze Gewicht der Anpassungen auf Bereichen mit ungebundenen Ausgaben liegt. Entlastungen bei gebundenen Ausgaben erfordern jedoch Gesetzesänderungen und sind deshalb aufwendiger. Für die ersten beiden aufgeführten Massnahmen hat der Bundesrat bereits eine Vernehmlassung durchgeführt. Entsprechend wurden diese Entlastungen auch im Finanzplan berücksichtigt. Die Vernehmlassung zur Anpassung der AHV-Hinterlassenenrenten ist noch offen.

Die Schuldenbremse verlangt, dass die bestehenden Defizite im Finanzplan bis zur Erstellung des Voranschlags bereinigt werden. Je nach Beschlüssen des Parlaments fällt der Handlungsbedarf höher oder tiefer aus.

Einhaltung der Schuldenbremse bis 2027
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Einnahmen entwickeln sich positiv

Die Gesamteinnahmen des Bundes nehmen 2024 um 2.1 Prozent zu. Gemäss Voranschlag sollen sie 83 Milliarden Franken betragen. Die Einnahmen sind wie bisher von den zwei grossen Steuern des Bundes geprägt: der direkten Bundessteuer (DBST) und der Mehrwertsteuer (MWST). Die beiden Steuern tragen knapp 70 Prozent zu den Gesamteinnahmen bei.

Weil die Unternehmen in besserer Verfassung sind als nach der Corona-Pandemie angenommen, sind die Gewinnsteuereinnahmen (DBST juristische Personen) 2023 deutlich höher als im Voranschlag budgetiert. Das Wachstum wird für 2024 auf dieser Basis fortgeschrieben, weshalb es im Vergleich zu den Budgetwerten von 2023 so hoch ausfällt (+8.2%). Im Vergleich zu den aktuellen Schätzungen wachsen die Gewinnsteuereinnahmen um +3.6 Prozent. Bei der Einkommenssteuer (DBST natürliche Personen) ist das Einnahmenwachstum aufgrund des Ausgleichs der kalten Progression (+2.9%) gedämpft. Die Einnahmen aus der Verrechnungssteuer (VST) sind nach Spitzenwerten in den Jahren 2017 bis 2019 rückläufig. Auch 2024 wird mit sinkenden Einnahmen gerechnet (-9.3%). Betrugen die Einnahmen 2019 noch über 8 Milliarden Franken, tendiert der Wert nun in die Richtung von 6 Milliarden Franken.

Die Zunahme der Mehrwertsteuereinnahmen um fast 7 Prozent geht vor allem auf einen Sondereffekt zurück: Im Rahmen der Reform AHV 21 hat die Stimmbevölkerung einer Erhöhung der MWST um 0.4 Prozentpunkte zugunsten der AHV zugestimmt. Die Erhöhung tritt auf den 1. Januar 2024 in Kraft. Die Mehreinnahmen (1.1 Mrd. Fr.) stehen vollständig der AHV zur Verfügung (AHV-Fonds), fliessen aber über den Bundeshaushalt und gelten dort als Einnahmen.

Mindereinnahmen resultieren in der Kategorie der übrigen Fiskaleinnahmen, weil per 1. Januar 2024 die vom Parlament beschlossene Aufhebung der Industriezölle vollzogen wird. Die Aufhebung entlastet Wirtschaft und Konsumenten und führt beim Bund zu weniger Administration.

Ein Spezialfall sind die Gewinnausschüttungen der Nationalbank (SNB). Die SNB schüttet unter gewissen Bedingungen einen Gewinn an Bund (ein Drittel) und Kantone (zwei Drittel) aus. Die Bedingungen sind in einer Vereinbarung geregelt. Im laufenden Jahr 2023 war die SNB nicht in der Lage, eine Gewinnausschüttung vorzunehmen, und auch für 2024 wird aktuell nicht mit einer Ausschüttung gerechnet. Im Voranschlag verzichtet der Bundesrat deshalb auf die Budgetierung der sogenannten Zusatzausschüttung (bis 1.3 Mrd.). Der Grundbeitrag von 660 Millionen Franken ist jedoch in den Gesamteinnahmen enthalten. Sollte der Grundbeitrag ausfallen, verschlechtert sich das Ergebnis in der Jahresrechnung um diesen Betrag.

Die aktuellen Schätzungen für 2023 (S23) weichen teilweise deutlich von den im letzten Jahr budgetierten Werten für 2023 (VA23) ab. Entsprechend können die Wachstumsraten für 2024 (VA24) je nach Basis (S23 oder VA23) stark auseinanderklaffen. Die ausserordentlichen Einnahmen und Investitionseinnahmen sind in den Zahlen enthalten.

Veränderung Einnahmen 2024

Einnahmen bleiben auch im Finanzplan stabil

Im Planungshorizont bis 2027 wird mit einem weiterhin stabilen Wachstum der Gesamteinnahmen gerechnet. Eine Herausforderung zeichnet sich längerfristig bei der Mineralölsteuer ab (übrige Verbrauchssteuern). Der Trend zu elektrischen Fahrzeugen führt bei dieser Steuer zu sinkenden Einnahmen. Per 2026 plant der Bundesrat deshalb eine Erhöhung des sogenannten Mineralölsteuerzuschlags, um sicherzustellen, dass der Nationalstrassenfonds (NAF) über genügend Mittel verfügt. Der Mineralölsteuerzuschlag ist vollständig für den NAF reserviert. Gegen Ende der Planungsperiode rechnet der Bundesrat mit Mitteln aus der neuen OECD-Mindestbesteuerung (400 Mio. Fr.).

Auf der Einnahmenseite ist im Moment von einer positiven Entwicklung auszugehen. Die Einnahmen aus der Gewinnsteuer entwickeln sich deutlich dynamischer als die übrigen Einnahmen und auch als das BIP. Ab 2021 sind auch die ausserordentlichen Einnahmen berücksichtigt.

Einnahmeentwicklung 1990 bis 2027
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Starkes Ausgabenwachstum geplant

2024 plant der Bundesrat Ausgaben von insgesamt 89.7 Milliarden Franken. In diesem Betrag sind die ausserordentlichen Ausgaben enthalten. Ebenfalls berücksichtigt sind Entlastungsmassnahmen von 2 Milliarden Franken. Das Ausgabenwachstum ist besonders stark in den Bereichen Soziale Wohlfahrt, Verkehr sowie Finanzen und Steuern. Dabei spielen auch Sondereffekte eine Rolle.

Bei der Sozialen Wohlfahrt wird das Ausgabenwachstum (+5.7%) getrieben von der Erhöhung der MWST zugunsten der AHV. Die Mehreinnahmen von 1.1 Milliarden Franken kommen vollständig der AHV zugute, fliessen aber über den Bundeshaushalt. Der Bund finanziert die AHV aber auch über eigene Mittel, und zwar zu einem Fünftel (20.2%). Weil die AHV-Kosten demografiebedingt steigen, steigt auch der Bundesbeitrag an die AHV (+300 Mio.). Die Beiträge des Bundes an die Invalidenversicherung (+100 Mio.) und für die individuelle Prämienverbilligung (+300 Mio.) nehmen ebenfalls zu.

Steigende Zinsausgaben (+510 Mio.) machen gut die Hälfte der Mehrausgaben im Bereich Finanzen und Steuern (+10%) aus. Einerseits hat das Zinsniveau seit dem letzten Jahr zugenommen, andererseits ist der Fremdkapitalbedarf durch den Schuldenanstieg infolge der Corona-Pandemie höher. Weil die Kantone an den wachsenden Einnahmen des Bundes beteiligt sind (vor allem an der direkten Bundessteuer), muss der Bund zudem höhere Zahlungen an die Kantone leisten (+449 Mio.). Auch der Beitrag des Bundes an den nationalen Finanzausgleich steigt (+246 Mio.).

Nach Ausbruch des Angriffskrieges von Russland gegen die Ukraine hat das Parlament eine Aufstockung der Armeeausgaben beschlossen. Das ursprüngliche Ziel war, dass die Mittel für die Landesverteidigung (Aufgabenbereich Sicherheit) bis 2030 den Umfang von einem Prozent des Schweizer BIPs erreichen. Im Rahmen des Bereinigungsprogramms wurde dieser Zielwert bis 2035 erstreckt. Die Aufstockung hat vor allem im Finanzplan hohe Mehrausgaben zur Folge.

Schliesslich sind im Voranschlag in folgenden Bereichen ausserordentliche Ausgaben vorgesehen:

  • Der Schutzstatus S für Personen aus der Ukraine gilt zwar bereits länger als ein Jahr. Die damit verbundenen Ausgaben werden aber erneut im ausserordentlichen Haushalt verbucht. Die Ausgaben, die dem Bereich Soziale Wohlfahrt zugerechnet werden, belaufen sich auf 1.2 Milliarden Franken.
  • Die SBB soll einen einmaligen Kapitalzuschuss von 1.2 Milliarden Franken erhalten. Mit dem Betrag sollen finanzielle Ausfälle während der Corona-Zeit ausgeglichen werden (Verkehrsausgaben).
  • Der grösste ausserordentliche Posten wird wie schon im Voranschlag 2023 für die Elektrizitätswirtschaft budgetiert (4 Mrd. in übrige Aufgabengebiete). Es handelt sich um den Stromrettungsschirm, der notfalls von Energiegesellschaften in Form einer Kreditgarantie abgerufen werden kann. Der Rettungsschirm gilt bis 2026 und trägt zum starken Anstieg der übrigen Ausgaben bei.

Die Ausgaben enthalten auch die ausserordentlichen Ausgaben. Das erklärt die starke Veränderung im Verkehrsbereich. Passivzinsen und demografieabhängige Ausgaben treiben das Wachstum in den Bereichen Finanzen und Steuern sowie Soziale Wohlfahrt stark an. Hauptgrund für den Rückgang von Ausgaben sind die Querschnittskürzungen im Rahmen der Haushaltsbereinigung.

Veränderung Ausgaben 2024

Ausgaben im Finanzplan zu hoch

Ab 2025 intensiviert sich das Ausgabenwachstum nochmals stark. Die für 2024 geplanten Bereinigungsmassnahmen wirken zwar teilweise auch im Finanzplan weiter, vermögen den Haushalt aber nicht ins Gleichgewicht zu bringen. Das Ausgabenwachstum ist zu hoch.

Die starke Ausgabendynamik in der Sozialen Wohlfahrt prägt auch den Finanzplan. Die Bundesbeiträge an die AHV und die IPV steigen jährlich deutlich. Hinzu kommt das vom Parlament derzeit diskutierte neue Engagement des Bundes im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung. Diese Aufgabe liegt in der Kompetenz der Kantone. Dennoch soll sich der Bund im Umfang von bis zu 800 Millionen Franken daran beteiligen. Eine neue grosse Bundesaufgabe würde dadurch geschaffen. Der finale Entscheid steht noch aus.

Weitere hohe Mehrausgaben sind im Bereich Sicherheit für die Aufstockung der Armeeausgaben geplant. Die geforderte Ausgabenhöhe von 1.0 Prozent des BIPs beträgt unter Berücksichtigung der Erstreckung bis 2035 rund 10.7 Milliarden Franken. Das Wachstum der Ausgaben beträgt bis 2026 2.4 Prozent und intensiviert sich ab 2027 auf 5.1 Prozent. Schliesslich steigen auch die Ausgaben für den Klimaschutz (übrige Aufgaben) spürbar. Veranlasst durch das Klima- und Innovationsgesetz sowie die Revision des CO2-Gesetzes erhöhen sich die Mittel für den Energiebereich bis 2027 um 500 Millionen Franken (im Vergleich zum VA23).

Die starken Ausschläge nach oben und nach unten vor allem in den Bereichen Soziale Wohlfahrt und übrige Aufgaben gehen auf die ausserordentlichen Ausgaben zurück, die seit 2021 in den Ausgabenkategorien mitberücksichtigt werden. Die meisten Bereiche wie auch die Gesamtausgaben wachsen seit geraumer Zeit stärker als das BIP.

Ausgabenentwicklung 1990 bis 2027
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Defizite führen zu Schulden

Aufgrund der aktuell erwarteten Finanzierungsdefizite nimmt die Nettoverschuldung bis 2027 laufend zu. Im Voranschlag 2024 führen insbesondere die ausserordentlichen Ausgaben zu einer Neuverschuldung. Unter Ausklammerung des Rettungskredits für die Elektrizitätswirtschaft steigen die Nettoschulden um 2.6 Milliarden Franken auf ein Niveau von 142.5 Milliarden Franken. Am Ende des aktuellen Finanzplans dürfte der Schuldenstand bereits 145 Milliarden Franken betragen. Zum Vergleich: Vor Ausbruch der Corona-Pandemie 2019 betrugen die Nettoschulden noch 103 Milliarden Franken. Die zunehmende Verschuldung führt zu einer höheren Belastung des Bundes durch Passivzinsen. 2024 erfordert der Schuldendienst 1.4 Milliarden Franken (+510 Mio.).

Seit der Corona-Pandemie spielen die ausserordentlichen Ausgaben im Bundeshaushalt eine gewichtige Rolle. Ausserordentliche Ausgaben werden zwar separat vom ordentlichen Haushalt finanziert, führen ohne Gegenfinanzierung, wie das aktuell der Fall ist, aber ebenfalls zu einer neuen Verschuldung, die innerhalb einer bestimmten Frist abgebaut werden muss. Das sogenannte Amortisationskonto des ausserordentlichen Haushalts dient dabei als Kontrollstatistik. Auf diesem Konto werden alle ausserordentlichen Einnahmen und Ausgaben erfasst. Im Moment ist der Saldo des Amortisationskontos aufgrund der hohen ausserordentlichen Corona-Ausgaben negativ. Ein negativer Saldo stellt eine (ausserordentliche) Schuld dar. Der Fehlbetrag wird per Ende 2023 auf 23.5 Milliarden Franken geschätzt. Bis zum Ende der aktuellen Planungsperiode wird er weiter zunehmen. Das Parlament hat beschlossen, den Fehlbetrag bis 2035 mit strukturellen Überschüssen des ordentlichen Haushalts und mit Zusatzausschüttungen der SNB abzutragen.

Seit der Revision des Finanzhaushaltsgesetzes im Jahr 2022 sind die Nettoschulden die zentrale Kenngrösse, wenn es um die Entwicklung der Bundesschulden geht. Dank des Wirtschaftswachstums geht die Schuldenquote zurück. Die Nettoschulden nehmen jedoch entsprechend den Defiziten zu.

Nettoschulden Bund
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Position economiesuisse

Der 80 Milliarden Franken schwere Bundeshaushalt ist der grösste und wichtigste öffentliche Haushalt der Schweiz. Ein solider Bundeshaushalt gewährleistet, dass die von ihm finanzierten Leistungen fortgeführt werden können und der Bund zu günstigen Konditionen Geld beschaffen kann. Ausserdem macht die Stabilität wahrscheinlich, dass das insgesamt massvolle Steuerniveau der Schweiz in Zukunft erhalten werden kann. Für die Firmen, aber auch alle Steuerzahlenden in diesem Land, sind das wichtige Bedingungen. Gesunde öffentliche Finanzen sind für die Wirtschaft ein Standortvorteil. Sie schonen aber auch das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger und machen unseren Staat verlässlich.

Die Finanzpolitik ist eine grosse, zentrale Herausforderung der neuen Legislatur. Für die Wirtschaft sind mit Bezug auf die Finanzpolitik folgende Grundsätze und Ziele wichtig:

Die Schuldenbremse muss im Voranschlag 2024 und in den folgenden Haushaltsjahren eingehalten werden; der Bundeshaushalt muss stabilisiert werden.

Dank der Bemühungen des Bundesrats hält das Budget für das kommende Haushaltsjahr die Vorgaben der Schuldenbremse ein. Im Ergebnis, und im Sinne einer Mindestvorgabe, ist der Voranschlag so zu verabschieden – mit einer schwarzen Null. Dafür braucht es vor allem Disziplin. Für die Folgejahre wird der Bundesrat absehbar weitere Massnahmen vorschlagen müssen. Auch diese Massnahmen verfolgen das Ziel, das Haushaltsgleichgewicht zu sichern und den Bund wieder finanziell nachhaltig aufzustellen.

Die bereits eingeplanten und weitere Bereinigungsmassnahmen sind im erforderlichen Umfang umzusetzen.

Die Bereinigungen des Bundesrats im Budget und im Finanzplan sind als kurzfristig erforderliche Notmassnahmen vertretbar und insofern ausgewogen, als auch Bereiche mit gebundenen Ausgaben einen Beitrag zum Haushaltsgleichgewicht leisten müssen. Diesbezüglich ist zwar noch mehr wünschbar (siehe nächster Punkt unter Flexibilisierung gebundene Ausgaben). Dennoch sind die Bereinigungen wie geplant umzusetzen. Sie sind schlicht nötig.

Welche weiteren Entlastungen es noch brauchen wird, hängt nicht zuletzt von der politischen Entscheidfindung im Parlament ab. Das Parlament kann mit seinen Entscheiden das Ungleichgewicht im Bundeshaushalt verringern (z.B. indem hängige Vorlagen gestrichen oder redimensioniert werden), oder es kann es mit Wünschen für Mehrausgaben noch erhöhen. Verschiedene mehrjährige Finanzbeschlüsse (Zahlungsrahmen), mit welchen die mittelfristige Ausgabenentwicklung in den schwach gebundenen Aufgabenbereichen (z.B. regionaler Personenverkehr, internationale Zusammenarbeit, Kultur oder Umwelt) gesteuert werden und die demnächst in die parlamentarische Beratung gelangen, sind ein Beispiel, wo zusätzliche Belastungen ohne gleichzeitige Entlastungen andernorts vermieden werden müssen.

Ein Thema in diesem Zusammenhang sind die Personalausgaben der Bundesverwaltung. Die Personalausgaben sind von den vorgesehenen Querschnittskürzungen unterproportional betroffen. Dieser Entscheid dürfte noch zu reden geben. Nicht nur aus finanzpolitischen Gründen, auch vor dem Hintergrund der Diskussion um das Lohnniveau in der Bundesverwaltung und des Fachkräftemangels in der Wirtschaft braucht es eine kritische Auseinandersetzung mit dem laufenden Stellenwachstum bzw. der Lohnpolitik des Bundes.

Neue Ausgaben brauchen eine konsequente Gegenfinanzierung (ohne Steuererhöhungen); für bestehende Ausgaben sind Prioritäten zu setzen; gebundene Ausgaben müssen flexibilisiert werden.

Die konsequente Gegenfinanzierung ist ein zentraler finanzpolitischer Grundsatz. Werden neue Aufgaben beschlossen oder bestehende Aufgaben intensiviert, ist aufzuzeigen, wie die Vorhaben finanziert werden. Nur so kann die Schuldenbremse auf Dauer eingehalten werden und bleibt der Haushalt im Gleichgewicht. Das Erfordernis der Gegenfinanzierung verlangt auch, dass Prioritäten gesetzt werden. Der Bund kann vieles tun, aber nicht alles ist gleich wichtig. Unter der Bedingung grundsätzlich begrenzter Mittel ist eine Diskussion um Prioritäten unverzichtbar. Gelingt es nicht, Prioritäten anders zu setzen und Mittel zu verschieben, sieht es für neue Aufgaben und veränderte Schwerpunkte schwarz aus. Der Bund läuft heute finanziell an der Belastungsgrenze: nicht, weil er zu wenig Einnahmen hat, sondern weil zu viel getan werden soll.

Steuererhöhungen zur Finanzierung von (neuen) Projekten sind aus Sicht der Wirtschaft der falsche Weg. Sie müssen auf das absolut Nötige beschränkt bleiben. Aufgrund der meist erforderlichen Volksabstimmungen stellen sie ohnehin kein rasch wirksames Mittel gegen Geldmangel dar. Helfen würde hingegen in manchen Fällen schon die Einhaltung der verfassungsmässigen Vorgaben zur Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen. Der Bund braucht keine Aufgaben der Kantone zu übernehmen – genau so, wie er keine Lasten an diese abwälzen soll. Unterschiedliche Lösungen und Geschwindigkeiten sind im Föderalismus keine Seltenheit, sondern üblich und teils gewollt. Die Unterschiede sind auszuhalten. Mehr Zentralismus macht keine bessere Schweiz.

Ein immer schwerer wiegendes Problem für den Bundeshaushalt sind die gebundenen Ausgaben. Wie das Ungleichgewicht zwischen gebundenen und ungebundenen Ausgaben korrigiert werden kann und die gebundenen Ausgaben verstärkt bei Bereinigungen miteinbezogen werden können, ist keine neue Diskussion. Mit dem fortlaufenden Wachstum der gebundenen Ausgaben wird das Problem aber immer drängender, weil weniger stark gebundene Aufgaben zunehmend verdrängt werden. Die Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten nehmen ab. Die Soziale Wohlfahrt mit der AHV steht hier im Brennpunkt, privilegierte Mittel gibt es aber auch in anderen Aufgabenbereichen. Gebundene Ausgaben im heutigen hohen Umfang sind ein übergeordnetes, strukturelles Problem, das im Interesse des Gesamtsystems Bund rasch angegangen werden sollte. Das Konzept der Flexibilisierung, wie es bei den Bundesbeiträgen an die grossen Verkehrsfonds bereits in Kraft ist, ist ein Beispiel für eine zielführende Lösung.

Die Schuldenbremse darf nicht über den ausserordentlichen Haushalt umgangen werden; kein Aufweichen der Schuldenbremse.

Die finanzpolitische Stabilität und Nachhaltigkeit der Schweiz ist die direkte Folge der Schuldenbremse. Wie die aktuellen Krisenjahre gezeigt haben, liegt es im Interesse unseres Landes, dass die Schuldenbremse auch in Zukunft eingehalten wird. Es gibt keinen Grund, etwas am Erfolgskonzept Schuldenbremse zu ändern.

Ein Augenmerk gilt in diesem Kontext dem ausserordentlichen Haushalt. Die Vorgaben für ausserordentliche Ausgaben sind im Finanzhaushaltsgesetz klar geregelt und sie sind restriktiv. In der Corona-Pandemie rückten der ausserordentliche Haushalt und seine Möglichkeiten erstmals verstärkt in den Blickpunkt. Seither scheint es als praktische Lösung akzeptabel, finanzielle Engpässe und fehlende Ausbaumöglichkeiten im ordentlichen Haushalt auf dem ausserordentlichen Weg zu umgehen. Dass der Bundesrat für die Ausgaben für die Ukraine-Flüchtlinge (Status S) erneut die Ausserordentlichkeit in Anspruch nimmt und zudem den (absolut planbaren) Entschuldungsbeitrag für die SBB ausserordentlich finanzieren will, leistet dem Eindruck, dass hier ein neues legitimes Finanzierungsgefäss besteht, weiter Vorschub. Soll die Schuldenbremse de facto nicht umgangen werden, dürfen ausserordentliche Ausgaben auch in Zukunft ausschliesslich im restriktiven Rahmen des Gesetzes beschlossen werden.

Schulden aufgrund von ausserordentlichen Ausgaben sind auch Schulden – und weil die Schuldzinsen ordentlich finanziert werden müssen, tun sie genauso weh. Hunderte Millionen Franken jährlich zusätzlich für Passivzinsen werden auch von einem grossen Haushalt wie jenem des Bundes nicht schmerzlos weggesteckt.

Statt Silo-Forderungen braucht es Kontext-Lösungen: Die Lage der Bundesfinanzen muss bei Entscheiden zu Sachfragen konsequenter einbezogen werden, damit isolierte Ausgabenbeschlüsse nicht zu Sparübungen führen.

Der Beschluss hoher Ausgaben ohne Gegenfinanzierung und die in der Folge angespannte Finanzlage des Bundes zeigen, dass Sachpolitik losgelöst von Finanzpolitik zu problematischen Resultaten führt. Isolierte Silo-Politik provoziert früher oder später Sparübungen mit der Folge verbreiteter Frustration, weil viele Erwartungen enttäuscht werden. Soll dies künftig verhindert werden, müssen Mehrausgaben mit der übergeordneten Finanzplanung wieder in Abstimmung gebracht werden. Der finanzpolitische Kontext ist bei Entscheiden zu Sachfragen konsequent einzubeziehen. Diese Aufgabe hat das Parlament in den letzten Jahren vernachlässigt. Die Politik tut gut daran, die Abstimmung von Sach- und Finanzpolitik wieder ernsthaft an die Hand zu nehmen.

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