Abstimmung bei einer Weihnachtsfeier im Vereinigten Königreich

Nach den UK-Wahlen kommt der Brexit

Nach dem klaren Wahlsieg der Konservativen in Grossbritannien kann der britische Premierminister Boris Johnson den Austrittsvertrag mit der Europäischen Union nun rasch durch das Parlament bringen. Somit wird der Brexit voraussichtlich am 31. Januar 2020 Realität. Ob Boris Johnson allerdings wie versprochen bis zum Ende der Übergangsphase Ende 2020 ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU aushandeln kann, ist ungewiss. Für die Schweiz bedeutet das weiterhin Rechtsunsicherheit.

Die Auguren sollten grösstenteils recht behalten: Die Parlamentswahlen in Grossbritannien haben die erwarteten klaren Verhältnisse gebracht. Mit mindestens 364 Sitzen erringt die Konservative Partei die absolute Mehrheit und kann ihr Wahlversprechen «Get Brexit done» nun einlösen.

Auf den EU-Austritt folgt die Unsicherheit

Gelingt der von Premierminister Johnson versprochene Brexit-Vollzug, wird das Vereinigte Königreich am 31. Januar 2020 formell aus der Europäischen Union (EU) ausscheiden. Bis Ende 2020 läuft dann gemäss Austrittsvertrag der beiden Partner die sogenannte «implementation period», in der sich an den Rechten und Pflichten vorerst noch nichts ändert – übrigens auch nicht für die Schweiz. Diese Übergangsphase kann in gegenseitigem Einverständnis bis Ende 2022 verlängert werden.

In dieser Zeit muss Johnson aber auch die grosse Herausforderung bewältigen, mit der EU eine vertragliche Anschlusslösung auszuhandeln. Die Zeit hierfür ist enorm kurz und es ist unklar, ob Grossbritannien und der EU dies gelingt. Falls nicht, droht erneut ein vertragsloser Zustand. Für die Handelsbeziehungen zur EU wäre dies mit einem Rückfall auf Recht der Welthandelsorganisation WTO verbunden – eine dramatische Schlechterstellung zum Status quo.

Auch die Schweiz braucht klare Verhältnisse

Es ist auch für die Schweiz im ureigenen Interesse, dass die politische Blockade nun überwunden werden kann. Der Brexit beeinflusst nicht nur die künftigen Beziehungen der Schweiz mit Grossbritannien, er überschattet auch das Verhältnis zur EU. Nötig ist deshalb zuerst eine rasche Ratifikation des Austrittsabkommens im britischen Parlament. Die hierfür erforderlichen Mehrheitsverhältnisse sind mit den Wahlen nun geschaffen worden. Zwar hat die Schweiz selbst einen vertragslosen Zustand mit Grossbritannien – und damit mit ihrem sechstwichtigsten Handelspartner – im Rahmen ihrer «mind-the-gap»-Strategie erfolgreich verhindern können. Aber auch diese Auffanglösung bleibt ohne angemessenen Anschlussvertrag zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich lückenhaft. Und eine weitere Vertiefung der bilateralen Beziehungen zu Grossbritannien ist erst nach vollzogenem Brexit machbar.