Mobile konzerninterne Finanzierung

3. Beitrag der Reihe zur Unternehmenssteuerreform

Dank dem international bedeutenden Finanzplatz ist die Schweiz ein idealer Standort für die Konzernfinanzierung – könnte man meinen. Tatsache ist aber, dass insbesondere Schweizer Konzerne ihre Finanzierungsstrukturen in der Regel ins Ausland verlegen. Die Regeln der Verrechnungssteuer sind der Grund dafür. Ausländische Konzerne dagegen haben auf Basis der Swiss Finance Branch oder anderen Strukturen grosse Treasury Centers in der Schweiz angesiedelt.
2012 wurde die Reform der Verrechnungssteuern («Belebung des schweizerischen Kapitalmarktes») an den Bundesrat zurückgewiesen. Grosse Schweizer Konzerne werden darum immer noch durch die Verrechnungssteuer davon abgehalten, die konzerninterne Finanzierung aus der Schweiz heraus zu betreiben. Stattdessen werden die entsprechenden Aktivitäten und die damit verbundenen Arbeitsplätze im Ausland angesiedelt.

Einige ausländische Konzerne betreiben aufgrund geeigneter Strukturen wie der Finance Branch ihre Finanzierungsaktivitäten aus der Schweiz heraus. Eine Swiss Finance Branch ist die schweizerische Betriebsstätte einer ausländischen Konzernfinanzierungsgesellschaft. Diese ist darauf ausgerichtet, den verschiedenen Konzerngesellschaften finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Zu den konkreten Aktivitäten zählen Darlehen, Leasing, Asset oder Cash Management und Hedging. Sie übernimmt also quasi die Funktionen einer konzerninternen Bank. Die Zinsen und Konditionen der konzerninternen Schuldverhältnisse sind so zu gestalten, wie sie bei unabhängigen Dritten (Grundsatz des Drittvergleichs) also etwa bei einem Bankkredit gelten würden. Daher werden Finance Branches steuerlich wie Zweigniederlassungen ausländischer Banken in der Schweiz behandelt. Die Verrechnungssteuer fällt nicht an.

Das notwendige Kapital wird der Finance Branch vom ausländischen Hauptsitz als Eigenkapital zur Verfügung gestellt. Ein entsprechendes Nutzungsentgelt an den Hauptsitz kann die Betriebsstätte vom Ergebnis abziehen (fiktiver Zinsabzug) – es muss in der Schweiz also nicht versteuert werden. Eine bestimmte Zinsmarge wird der Finance Branch jedoch als Gewinn zugerechnet und in der Schweiz besteuert – ganz so, als ob es sich bei der Betriebsstätte um ein unabhängiges Unternehmen handeln würde.

Diese Praxis ist mit den Besteuerungsgrundsätzen der OECD vereinbar. Unter Umständen kann zwar eine doppelte Nichtbesteuerung resultieren. Im Endeffekte führt die Praxis allerdings zu einem vergleichbaren Ergebnis wie ein international akzeptierter Zinsabzug auf Eigenkapital. Die Finance Branch ist jedoch grundsätzlich nur ausländischen Konzernen zugänglich. Die Finanzierung von Schweizer Gesellschaften wird lediglich eingeschränkt begünstigt. Die EU kritisiert solche Regimes als ring-fencing. Eine Modifikation dieser Regeln wäre also nötig, um die internationale Akzeptanz sicherzustellen.

Grafik: Schematische Konzernstruktur mit Swiss Finance Branch


Um steuerlich als eine Finance Branch zu gelten, muss das durchschnittliche Betriebsvermögen mindestens 100 Millionen Franken betragen. Die Einkommen und Vermögen müssen mindestens zu 75 Prozent aus Finanzierungsaktivitäten stammen. In der Schweiz sind aktuell einige grosse Treasury Centers und Leasing-Gesellschaften von internationalen Konzernen mit konzerninternen Darlehens- und Aktiven-Portfolios im Milliardenbereich angesiedelt. Die Swiss Finance Branch hat allerdings aufgrund alternativer, attraktiver Strukturen im Ausland an Bedeutung verloren. Gewisse Konkurrenzstandorte wie z.B. Luxemburg bieten äusserst attraktive Bedingungen. Deshalb ist es entscheidend, den Firmen in der Schweiz rasch Planungssicherheit in Bezug auf die zukünftigen steuerlichen Rahmenbedingungen zu verschaffen.

Durch geeignete steuerliche Massnahmen im Bereich der Zinsenerträge kann die Schweiz (auch im Falle einer Abschaffung der Finance Branch) attraktive Rahmenbedingungen für Konzernfinanzierungsaktivitäten sicherstellen. Dadurch liesse sich der Verbleib bestehender Treasury Centers ausländischer Konzerne sichern. Erfolgt zudem die längst überfällige Reform der Verrechnungssteuer, so könnte die Ansiedlung der Finanzierungsaktivitäten von Schweizer Konzernen und den damit verbundenen Arbeitsplätzen erreicht werden. Die damit verbundene Belebung des Schweizer Kapitalmarktes wäre hochwillkommen.

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