Mehr Bahn für alle – Ein internationaler Schienenverkehr ohne Schranken ist echter Service public!

Die Idee eines offenen, grenzüberschreitenden Schienenverkehrs ist weder neu noch radikal. Wer die Bahn stärken will, muss sie unterstützen.

Vor 25 Jahren hat die Schweiz das Landverkehrsabkommen mit der EU unterzeichnet und ist damit sehr gut gefahren. Dank dem Abkommen konnten wir den Güterverkehr durch die Alpen stark auf die Schiene verlagern, die Finanzierung unserer Bahninfrastruktur sichern oder das Sonntags- und Nachtfahrverbot für schwere Lastwagen durchsetzen. Auch die gegenseitige Öffnung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs steht seit Beginn schwarz auf weiss im Landverkehrsabkommen. Die aktuelle Kritik der Gewerkschaften kommt deshalb reichlich spät, zumal sie dem Abkommen damals auch zugestimmt hatten. Der Bundesrat und die EU wollen die schon lange vereinbarte Öffnung nun endlich umsetzen. Dieser Schritt hat für die Schweiz nur Vorteile:

  • Bessere Verbindungen nach ganz Europa: Die Bahn ist die grosse Hoffnungsträgerin der klimaneutralen Verkehrszukunft. Sie soll auf der europäischen Mittelstrecke im grossen Stil die Luftfahrt konkurrenzieren. Ohne kompatible Bahnsysteme wird das aber nicht gelingen. Das merkt man schon heute, da etwa ab Zürich, Bern oder Basel viele europäische Topdestinationen wie Rom, Marseille oder Brüssel nicht direkt erreichbar sind. Wenn im grenzüberschreitenden Verkehr endlich schädliche (Bahn-)Schranken verschwinden, resultiert für die Kundinnen und Kunden ein vielfältigeres Angebot. Das tut dem Schweizer Bahnsystem nicht weh, es würde aber mehr Menschen eine klimaschonende Mobilität ermöglichen. Dagegen kann niemand etwas haben.
  • Sicherheiten für das Schweizer System: Die Warnungen vor dem Untergang unseres Service public sind billiger Populismus: ÖV-Angebote im Inland sind von der Öffnung gar nicht betroffen. Im grenzüberschreitenden Verkehr bleiben die Spiesse trotz Änderungen für alle Bahnen gleich lang und die Schweiz hat auf ihrem Schienennetz immer das letzte Wort. Jede Bahn, die künftig neu in die Schweiz fahren wollte, bräuchte umfassende Bewilligungen und müsste sich den Schweizer Systemen vollständig unterordnen: Arbeitsbedingungen, Behindertengleichstellung, Tarifsystem, Taktfahrplan und Trassensystem. So stellt der Bund sicher, dass neue internationale Zugverbindungen das Uhrwerk des Schweizer ÖV nicht verklemmen, sondern sinnvoll ergänzen.
  • Angebotsentwicklung im Sinne der Allgemeinheit: Heute bestimmen vorwiegend die SBB mit welchen ausländischen Bahnen sie wie zusammenarbeiten wollen. Dabei stehen nicht selten die Eigeninteressen des Konzerns im Vordergrund. Auch die Gewerkschaften denken zuerst an sich selbst. Die Öffnung des internationalen Bahnverkehrs rückt dagegen die Interessen der Schweiz in den Mittelpunkt: Neu könnte der Bund im Sinne der Allgemeinheit entscheiden, welcher internationale Zug in der Schweiz wann wohin fährt.

Die Schweiz erhält somit einen guten, ausgewogenen Deal. Eine Bahnwelt, die nicht an der Grenze aufhört, ist ein Gewinn für unseren Service public.

 

Die Erstpublikation dieses Artikels erschien am 24.01.2024 auf verkehrsmonitor.ch.