Bundeshaus

Bundesfinanzen: Der Kater nach der Party

Der Bundesrat hat das Budget 2016 für den Bund veröffentlicht. Das geplante Ergebnis ist knapp genügend. Die Ausgaben stagnieren, das Einnahmenwachstum ist schwach. Nach der Party – Jahre mit hohen Überschüssen – haben die Bundesfinanzen einen Kater. Mit konsequenter Planung und Ausgabendisziplin lässt sich der finanzielle Absturz jedoch verhindern.

 

Es sind neue Saiten, die der Bundesrat im Budget des Bundes für das kommende Jahr anschlägt. Ein Nullwachstum bei den Ausgaben; Einnahmen, die mehr oder weniger an Ort treten; ein Ergebnis, das trotz umfangreicher Korrekturen 400 Millionen Franken im Minus steht und nur dank einer konjunkturbedingten Lockerung der Schuldenbremse knapp genügt. Das Ergebnis ist noch nicht dramatisch und kann mit einem Kater nach einer grossen Party verglichen werden. Jahrelang verzeichnete der Bundeshaushalt hohe Überschüsse, jetzt hat der Wind gedreht, und eine bewusste, sorgfältige und vor allem zurückhaltende Finanzpolitik ist gefragt.

Die Gründe für die wenig berauschenden Aussichten sind vor allem bei den Einnahmen und hier insbesondere bei der Gewinnsteuer zu suchen. Lange Zeit war diese hauptverantwortlich für die jährlich steigenden Bundeseinnahmen. Mit der Finanzkrise brachen die Einnahmen aus dem Finanzsektor ein, und die Frankenaufwertung im Jahr 2011 reduzierte die Gewinne der für den Bundeshaushalt so wichtigen internationalen Gesellschaften. Von diesen Entwicklungen haben sich die Einnahmen gemäss Einschätzung des Bundesrats noch nicht erholt – im Gegenteil, die erneute Frankenaufwertung und ihre Folgen könnten die Einnahmensituation zusätzlich belasten. 

Schon heute ist aber klar, dass sich die Perspektiven kaum verbessern werden.

Der Bundesrat hat deshalb Gegensteuer gegeben und gegenüber der letztjährigen Finanzplanung Korrekturen am Haushalt von 1,3 Milliarden Franken vorgenommen. Nur dank dieser Korrekturen ist das Bundesbudget schuldenbrems- und demnach verfassungskonform. Die getroffenen Massnahmen setzen sich aus Teuerungskorrekturen, Kürzungen beim Personal und einer generell knapperen Budgetierung zusammen. 600 Millionen Franken steuert das vom Parlament im Sommer verabschiedete Konsolidierungsprogramm (KAP) bei. 

So knapp das Budget also ist (es verbleibt ein Spielraum von 200 Millionen Franken), so wenig wird es möglich sein, in den Budgetberatungen im Parlament von den Vorgaben abzuweichen. Die Spielräume sind ohnehin beschränkt: bereits heute sind 55 Prozent der Ausgaben des Bundes gesetzlich gebunden (vor allem Soziale Wohlfahrt, Schienenverkehr, Kantonsbeiträge, Schuldzinsen), d.h. sie können ohne Reformen nicht angepasst werden. Beim weniger stark gebundenen Rest wurden die meisten Korrekturen vorgenommen (Internationale Zusammenarbeit, Landwirtschaft, Armee). Änderungen im Sinne einer grundsätzlich anderen Gewichtung der Ausgaben werden im Budget also schwierig sein.

 

Weil im Dezember eine neue Legislatur beginnt, stellt der Bundesrat die mittelfristige Finanzplanung erst im nächsten Jahr mit der Legislaturplanung vor. Schon heute ist aber klar, dass sich die Perspektiven kaum verbessern werden. Im November wird der Bundesrat deshalb ein weiteres Stabilisierungsprogramm in die Vernehmlassung geben, das zusätzliche Korrekturen von einer Milliarde Franken bringen wird. Bereits sind im Parlament verschiedene Vorlagen hängig, die diesen Korrekturbedarf noch einmal substanziell erhöhen könnten (konkret: um noch einmal eine Milliarde Franken). Dazu gehören die Altersvorsorge 2020, die Energiestrategie 2050 oder der künftige Nationalstrassen- und Agglomerationsfonds (NAF). Als weitere Projekte folgen dann 2016 die neuen grossen Zahlungsrahmen für die Bildung, Forschung und Innovation (BFI), die Landwirtschaft und die Internationale Zusammenarbeit. Ferner gilt es, die Finanzierung der Armee zu regeln. Am Parlament wird es liegen, in Anbetracht dieser verschiedenen und allesamt grossen finanziellen Ansprüche eine Prioritätenordnung zu finden, die sowohl den Zielen Wachstum und Wohlfahrt gerecht wird als auch mit den finanziellen Perspektiven des Bundes vereinbar ist. Die Bewältigung dieser Aufgabe ist für die mittel- und längerfristige Stabilität des Bundeshaushalts und damit generell für eine gesicherte und ausgewogene Aufgabenerfüllung entscheidend. Scheitert das Parlament an dieser Aufgabe, droht entweder der finanzielle Absturz (dem die Schuldenbremse allerdings Grenzen setzt) oder es folgen politische Grundsatzdiskussionen von einer Heftigkeit, wie sie die Schweiz seit Jahrzehnten nicht mehr gekannt hat.