Haltlose Angstmacherei des SGB: Die Bahn profitiert von einer Einigung mit der EU

Die Gewerkschaften behaupten plump, die Sondierungsgespräche mit der EU würden die SBB gefährden. Das ist schlicht und einfach falsch.

Ich sitze im Zug. Es hat noch nicht viele Passagiere im IC8 Richtung Romanshorn um 6 Uhr morgens. Die Sonne geht gerade auf, die Stimmung ist entspannt. Trotzdem werde ich unruhig beim Lesen der Meldung, wonach gemäss dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) die SBB bei einer institutionellen Regelung mit der EU keine Subventionen mehr erhalten würden. Unsere stolzen Bundesbahnen in Existenznöten wegen der EU! Doch es ist nur eine Behauptung, die durch Fakten leicht entkräftet werden kann. Dazu drei Punkte:

Auch künftig werden Subventionen des Schienenverkehrs möglich sein

Unser bilaterales Landverkehrsabkommen regelt den internationalen Schienenverkehr. Subventionen an den Schienenverkehr sind in der EU zulässig und in vielen europäischen Staaten üblich. Das macht es zwar nicht besser für den Steuerzahler, aber es ist nicht ersichtlich, warum nun ausgerechnet den SBB die Subventionen abgedreht werden sollen.

Gerade der Güterverkehr wird in Europa gefördert

Ja, der Güterverkehr ist defizitär. Und zwar so defizitär, dass Reformbedarf besteht. Ob und wie stark der Staat mit Geld zu Hilfe eilen soll, ist umstritten – aber nicht wegen der EU. Denn die Milliardensummen, welche die Gewerkschaften davonschwimmen sehen, betreffen sowieso nur den Güterverkehr im Inland. Und dieser ist vom Landverkehrsabkommen nicht tangiert. Ausserdem hat die EU grosse Pläne für die CO2-Reduktion im internationalen Güterverkehr. Es gibt keine Hinweise, dass Subventionen im Güterverkehr künftig verunmöglicht werden. Eher dürfte das Gegenteil der Fall sein.

Staatliche Beihilfen sind verboten, wenn sie den Markt verzerren

Die SBB haben hohe Nettoschulden beim Bund – genau genommen sind es über 11 Milliarden Franken (Stand 2021). Diese Schulden müssen sie jedoch zu den gleichen Bedingungen verzinsen wie andere Bahnunternehmen in der Schweiz. Es sind somit keine marktverzerrenden staatlichen Beihilfen. Dadurch lösen sich die Schulden leider nicht in Luft auf, aber die heutigen Subventionen dürften wohl vereinbar sein mit dem europäischen Beihilferecht.

Es zeigt sich also: Vorauseilende Schwarzmalerei für eine künftige Regelung beim Landverkehr bringt uns nicht weiter. Etwas mehr Transparenz und Innovation aber schon. Denn vergessen wir nicht: Gerade die Linke setzt grosse Hoffnungen in die Schiene als Zugpferd der klimaneutralen Mobilität auf unserem Kontinent. Sie will attraktive Verbindungen nach ganz Europa und eine moderne, attraktive Bahn, die darüber hinaus noch gute Arbeitsplätze bietet. Das Schienennetz in der EU umfasst insgesamt 230'000, dasjenige in der Schweiz rund 5600 Kilometer. Nutzen wir also diese gute Ausgangslage für umweltfreundliche Mobilität, indem wir mit Europa zusammenarbeiten. Sonst haben wir auch in zehn Jahren noch zwei Dutzend Betriebssprachen und etwa 20 verschiedene Stoppschilder, aber keine erfolgreichen europäischen Bahnen für die hier lebenden Menschen.

Der SGB weiss das natürlich, denn der Bundesrat hat die Thematik bereits 2019 geklärt. Stellt sich die Frage nach den Gründen dieser Finte. Soll sie von einer ungünstigen Positionierung bei den Flankierenden Massnahmen ablenken? Wird als Nächstes wieder behauptet, dass die Gemeinden keine defizitären Hallenbäder mehr betreiben und subventionieren, oder dass wir keine Lehrlinge mehr ausbilden dürfen? Es verstärkt sich der Eindruck, dass dem Gewerkschaftsbund jedes Mittel recht ist, um eine Einigung mit Europa zu verzögern. Zum Schaden der Schweiz – und des Bahnverkehrs.