Der Vorschlaghammer hat ausgedient

Ich habe vor langer, langer Zeit – es war Anfang Oktober 2020 – mutig in die Tasten gehauen und prophezeit, dass Corona-Schnelltests zum «Game Changer» werden können. Wenn möglichst viele Personen getestet werden, entdeckt man auch Personen, die erst zwei, drei Tage später Symptome aufweisen. Somit können Superspreader zuverlässig isoliert werden. Doch leider ist seither wenig passiert. Der Test wird nur von der öffentlichen Hand bezahlt, wenn die getestete Person bereits Symptome aufweist. Auch die Quarantäne-Regelung ist und bleibt restriktiv.

Dabei wären die Testkapazitäten mittlerweile aufgebaut. Wenn wir nur wollten, könnten wir jetzt regelmässig und grossflächig testen, auch Personen ohne Symptome. Zum Beispiel an Flughäfen, an Schulen oder in Betrieben. Ob Schnelltests, PCR-Tests oder PCR-Spucktests: Je mehr infizierte, aber symptomfreie Personen entdeckt werden, desto besser gelingt die Unterbrechung der Ansteckungsketten. Damit Tests zum Game Changer werden, müssen diese endlich auf breiter Front eingesetzt werden. Dazu gehört auch eine regelmässige repräsentative Stichprobe über die ganze Schweiz hinweg. 

Die Bündner zeigen den Weg.

Während der Bund auf nationaler Ebene bisher wenig unternommen hat und etwa Einreisende kein negatives Testresultat vorweisen müssen, zeigen nun die Bündner den Weg: Sie führen in regelmässigen Abständen Corona-Tests an Schulen und in Betrieben durch. Mit dem regelmässigen Testen sollte es erstens möglich sein, dass die Berufsschulen und Gymnasien weiterhin offenbleiben (sofern der Bund nichts anderes anordnet). Zweitens kann die Quarantäne-Regelung in Betrieben angepasst werden, welche ihre Belegschaft regelmässig testen. Drittens lässt sich die Ausbreitung regional durch flächendeckende Tests (die in Wengen schon lange hätten gemacht werden müssen) wirksam einschränken, wie der Bündner Versuch in den Südtälern gezeigt hat.

Flächendeckende Schliessungen sind keine adäquate Lösung mehr.

Umso fraglicher ist es, dass der Bundesrat erneut den Vorschlaghammer einsetzt und das Gleiche tut wie im März 2020, indem er einfach alles dichtmacht. Dabei stünden nun viel präzisere Werkzeuge zur Verfügung. Dazu gehören selbstverständlich auch die Impfungen. Die Zeit drängt. Denn es ist offensichtlich: Nur wenn die Schweizer Bevölkerung durchgeimpft ist und die Herdenimmunität erreicht, können wir wieder zur Normalität zurückkehren. Leider sind wir davon noch weit entfernt. Und wir wären es selbst dann, wenn Bund und Kantone einen sehr guten Job machen würden.

Es stehen uns noch mehrere schwierige Monate bevor. Doch flächendeckende Betriebsschliessungen, wie es der Bundesrat letzte Woche angeordnet hat, sind für diese lange Zeit keine adäquate Lösung. Leider hat man in der anfänglichen Impfeuphorie vergessen, eine wirkliche Teststrategie auszuarbeiten. Der Kanton Graubünden zeigt, wie es gehen sollte. Impfen, Testen und Contact Tracing: Wenn nicht jetzt, wann dann?