Mann und Frau unterzeichnen ein Dokument

Praktikable Ausgestaltung der wichtigen Verrechnungssteuerreform nötig

economiesuisse begrüsst die Reform der Verrechnungssteuer. Der Dachverband erwartet aber eine praktikable Ausgestaltung, die sich am Machbaren orientiert und ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Zur Rückführung der Konzernfinanzierung in die Schweiz und zur Belebung des schweizerischen Kapitalmarkts ist die Reform unverzichtbar. Rahmenbedingungen, die den Firmen und unserer Volkswirtschaft anerkanntermassen schaden, sind anzupassen – mit Blick auf den nötigen Aufschwung nach der Corona-Krise erst recht. 

Die Notwendigkeit einer Verrechnungssteuerreform ist unbestritten. Das heutige Verrechnungssteuersystem hat gravierende Nachteile für den Schweizer Werk- und Finanzplatz. Namentlich behindert es die Unternehmensfinanzierung und treibt solche Aktivitäten ins Ausland. Der schweizerische Kapitalmarkt ist in der Folge unterentwickelt und kann sein Potenzial nicht ausspielen. Diese Nachteile wiegen schwer und müssen beseitigt werden. Die Frage, wie die steuerlichen Rahmenbedingungen der Schweiz verbessert werden können, stellt sich aufgrund der Corona-Krise noch dringender. Die Schweiz braucht den wirtschaftlichen Aufschwung. Wo Rahmenbedingungen diesen behindern, sind die Regeln im Interesse unserer Volkswirtschaft, der Arbeitsplätze in der Schweiz und nicht zuletzt der Steuereinnahmen zu verbessern. Weil die Verrechnungssteuer wichtige Synergieeffekte zu den Stempelabgaben hat, ist auch dieses Reformfeld – eine Vernehmlassung zur schrittweisen Aufhebung der Stempelabgaben wurde im Frühling durchgeführt – jetzt anzupacken (Vernehmlassungsantwort Stempelabgabe). 

Belebung des Finanzmarkts und bessere Finanzierung von Unternehmen

Die Reform der Verrechnungssteuer bringt folgende Vorteile: International tätige Schweizer Unternehmen werden Finanzierungsfunktionen zurück in die Schweiz verlagern, konzerninterne Darlehen werden in der Tendenz künftig aus der Schweiz heraus vergeben und konzernexterne Anleihen (Obligationen, Bonds) werden ebenfalls vermehrt von Schweizer Einheiten emittiert. Dies wird den Schweizer Kapitalmarkt beleben. Auch mittelgrossen Schweizer Unternehmen werden mehr Finanzierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. 

Neue «Zahlstellensteuer» 

Kernelement der Verrechnungssteuerreform ist die Umstellung auf die sogenannte «Zahlstellensteuer». Bei verzinslichen Fremdkapitalanlagen (Obligationen, Fonds und strukturierte Produkte mit Zinsprodukten) führt nicht mehr der kapitalaufnehmende Schuldner die Verrechnungssteuer auf dem entrichteten Zins ab, sondern jene Stelle, die den Zins an die Anleger und Anlegerinnen weiterleitet; in der Regel ist dies eine Bank. Diese «Zahlstelle» kennt die Empfänger der Zinszahlung und kann nach in- und ausländischen Empfängern unterscheiden. Weil nur inländische natürliche Personen Zinserträge in der Schweiz versteuern müssen und die Verrechnungssteuer im Grundsatz nur sie betreffen sollte, sieht die neue Zahlstellensteuer vor, dass Zinszahlungen ins Ausland künftig verrechnungssteuerfrei sind. Ebenso sind Zahlungen an Unternehmen in der Schweiz verrechnungssteuerfrei, da Unternehmen buchführungspflichtig sind und die Verrechnungssteuer als Sicherungsinstrument bei ihnen keine Funktion hat. Aufgrund des Wegfalls der Verrechnungssteuer insbesondere für ausländische Anleger besteht die Erwartung, dass Schweizer Fremdkapitalanlagen für diese Anleger attraktiver werden. Die belebende Wirkung der Verrechnungssteuerreform für die Schweizer Konzernfinanzierung und den hiesigen Kapitalmarkt geht insbesondere von diesem Element aus. 

Es braucht eine neue Lösung für ausländische Zinsen 

economiesuisse begrüsst den vom Bundesrat in der aktuellen Vernehmlassung vorgeschlagenen Wechsel zur Zahlstellensteuer, soweit eine pragmatische, das heisst für die Zahlstellen praktikable Umsetzung möglich ist. Für Zinserträge mit Schweizer Quelle hat die Schweizerische Bankiervereinigung ein Umsetzungskonzept vorgelegt, das economiesuisse unterstützt. 

Bei ausländischen Zinserträgen führt der angedachte Steuerabzug bei einem grossen Teil der Anlagen zu einem unverhältnismässig grossen Aufwand für die Zahlstellen, oder er ist technisch gar nicht umsetzbar. Als alternative Lösungen für den Bereich der ausländischen Zinsen unterstützt economiesuisse entweder die Beibehaltung des Status quo (schon heute besteht für ausländische Zinsenerträge keine Steuersicherung) oder dann den Übergang zu einem Meldeverfahren, wie es auch in anderen Bereichen seit Langem besteht (Versicherungs- und Vorsorgeleistungen, konzerninterne Dividenden). economiesuisse favorisiert die erste Möglichkeit, insbesondere auch mit dem Verweis auf das schlechte Kosten-Nutzen-Verhältnis einer erweiterten Steuersicherung auf ausländischen Zinserträgen (die Mehrerträge sind gering). Die Wirtschaft erwartet, dass Bundesrat und Parlament sich für eine praktikable Lösung entscheiden und diese wichtige und längst fällige Reform zeitnah umgesetzt wird. 
 

Detaillierte Ausführungen finden Sie in der Vernehmlassungsantwort von economiesuisse zur Reform der Verrechnungssteuer.