# 03 / 2019
25.01.2019

Ausländische Investitionen – Erfolgsfaktor statt Gefahrenquelle für unsere Volkswirtschaft

Schweizer Investitionsstandort muss offen bleiben

Trotz dieser begrenzten Effizienz und der nicht selten industriepolitischen respektive protektionistischen Antriebe staatlicher Investitionskontrollen wird auch in der Schweiz der Ruf nach entsprechenden gesetzlichen Grundlagen laut. Die Wirtschaft beurteilt solche Bestrebungen sehr kritisch.

Schweiz profitiert stark von ausländischen Investitionen

Ausländische Direktinvestitionen schaden der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schweiz in keiner Weise, sondern stärken diesen vielmehr massgeblich. Jeder zehnte Arbeitsplatz wird durch Unternehmen finanziert, die sich auch auf ausländische Direktinvestitionen abstützen. Heute sind über 80 Prozent der börsenkotierten Firmen in der Schweiz in ausländischem Streubesitz – ohne dass die Schweiz Nachteile erfahren hätte. Vielmehr wurden in den letzten Jahren systematisch mehr Stellen geschaffen als gestrichen. Dass die Schweiz punkto Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation zur Weltspitze gehört, ist somit nicht primär eine Frage der Besitzverhältnisse hiesiger Unternehmen. Im Gegenteil: In Kombination mit hervorragenden Infrastrukturen und guten politischen Rahmenbedingungen sind ausländische Direktinvestitionen für die Schweiz vielmehr ein Erfolgsfaktor.

Eingriff in die Eigentumsfreiheit auch bei ausländischen Investoren nicht gerechtfertigt

Einem Unternehmen die Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren zu verbieten, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Eigentums- und unternehmerische Freiheit dar. Entsprechende Vorschriften sollten deshalb nur auf der Basis überzeugender Evidenzen, ausschliesslich bei systemrelevanten Bereichen und stets minimal, verhältnismässig und transparent erfolgen.

  • Erstens fehlen jedoch Indizien, dass beispielsweise chinesische Investoren oder ausländische Staatsfonds für hiesige Unternehmen ein grösseres Risiko darstellen. Sie zeichnen sich vielmehr häufig durch eine langfristigere Investitionsperspektive und Zurückhaltung bei innerbetrieblichen Interventionen aus.
  • Zweitens konnten staatliche Investitionskontrollen bisher den Nachweis für Effizienz und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes nicht erbringen.
  • Und drittens sind staatliche Interventionen gerade bei den häufig genannten Fallbeispielen der jüngsten Vergangenheit (z. B. Syngenta, Gategroup, Kuoni) wohl kaum mit dem Verweis auf nationale Sicherheit oder den Schutz kritischer Infrastrukturen zu rechtfertigen – wohl aber mit protektionistischen Motiven.

Starke Unternehmen sind international vernetzte Unternehmen

Know-how und Innovation entstehen nicht im stillen Kämmerlein, sondern erfordern Vernetzung und Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft jenseits nationalstaatlicher Grenzen. Gleichzeitig ist auch ihre Kapitalisierung langfristig sicherzustellen. Beides erfolgt in enger Kooperation mit internationalen Akteuren – auch mit ausländischen Investoren. Dass deren Beteiligung den Abzug von Know-how und den Technologiediebstahl befeuert, lässt sich jedoch nicht feststellen. Hierfür sind im Zeitalter der Digitalisierung wohl einfachere Instrumente vorhanden, als die langfristig ausgerichtete Investition in Unternehmen. Investitionskontrollen vermögen solche Aktivitäten jedoch nicht zu verhindern. Auch lässt sich der wichtigste Bestandteil des Know-how eines Unternehmens – die cleveren Köpfe der Mitarbeitenden – nicht einfach mit einem Besitzerwechsel in andere Länder zügeln. Vielmehr ist zu befürchten, dass durch protektionistische Massnahmen wie staatliche Investitionskontrollen die Nachfrage künstlich eingeschränkt wird, was zu tieferen Marktbewertungen von betroffenen Unternehmen führen könnte. Dadurch würden diese ironischerweise erst zu attraktiven Übernahmezielen.

Die Schweiz ist kein schrankenloser Investitionsstandort

Bereits heute bestehen unter geltendem Recht Instrumente zum Schutz der Eigentumsverhältnisse systemrelevanter Bereiche und Unternehmen in der Schweiz mit Blick auf die Aspekte (nationale) Sicherheit oder öffentliche Ordnung. Dies betrifft etwa den Energie-, Verkehrs- oder den Finanzsektor, aber auch den Datenschutz und die Spionageabwehr. Zudem gilt, dass sich sämtliche Unternehmen – unabhängig von ihrer Eigentumsstruktur – hierzulande an die regulatorischen Vorgaben der Schweiz zu halten haben. Auch wenn private Anbieter somit Anteile öffentlicher Betriebe übernehmen würden, könnten sie sich nicht um die Erfüllung des staatlichen Leistungsauftrags foutieren. Würden sie es trotzdem tun, verfügt der Staat über ausreichende gesetzliche Grundlagen, um dies zu verhindern. Dies trifft auch in Fragen der nationalen Sicherheit zu.

Investitionskontrollen erhöhen Risiken für Schweizer Unternehmen

Bei der Einführung einer staatlichen Investitionskontrolle durch die Schweiz ist zu befürchten, dass wichtige Handelspartner ihrerseits die Investitionstätigkeit von Schweizer Unternehmen in ihren Märkten stärker kontrollieren oder gar einschränken könnten. Die rund 97'000 exportorientierten Unternehmen in der Schweiz sind jedoch auf den möglichst diskriminierungsfreien Marktzugang im Ausland angewiesen: Die Vorteile der Spezialisierung auf hochwertige Güter und Dienstleistungen basiert auch auf der Möglichkeit der Investition und Integration in internationale Wertschöpfungsketten. Umgekehrt bestehen in Europa durchaus alternative Investitionsziele zum Standort Schweiz – mit grösserem Marktpotenzial. Schon heute lässt sich beobachten, dass der Neuzugang ausländischer Direktinvestitionen in die Schweiz rückläufig ist. Staatliche Investitionskontrollen könnten die Verfügbarkeit von Kapital zusätzlich beeinträchtigen.

Reziprozität ja, aber nicht über Investitionskontrollen

Zwar trifft es zu, dass gewisse Länder strengere Auflagen bezüglich Direktinvestitionen verfügen. Dort wäre die Schweizer Wirtschaft durchaus an einem einfacheren Zugang zum Kapitalmarkt interessiert. Die Erwartung, dass mit der einseitigen Einführung staatlicher Investitionskontrollen in der Schweiz eine Gleichbehandlung Schweizer Investoren im Ausland erreicht werden kann (Reziprozität), ist jedoch unrealistisch. Der Schweiz selbst fehlen hierzu die machtpolitischen Argumente – nicht so den dadurch betroffenen Handelspartnern. Auch die EU-Kommission begründet ihre diesbezüglichen Vorstösse jedoch nicht damit. Reziprozität ist aus wirtschaftspolitischer Sicht zwar wünschenswert. Sie sollte jedoch vielmehr auf plurilateraler oder multilateraler Ebene angestrebt werden – gerade aus Sicht kleinerer Volkswirtschaften. Diesen Weg verfolgt gegenwärtig auch die EU. Damit kann auch verhindert werden, dass Letztere aufgrund isolierter bilateraler Arrangements zwischen grossen Wirtschaftsmärkten benachteiligt werden.

Die Wirtschaft braucht keinen staatlichen Schutz vor ausländischen Investoren. Auch für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts wären staatliche Investitionskontrollen kontraproduktiv und sind nicht im Interesse einer offenen und international stark vernetzten Volkswirtschaft. economiesuisse lehnt deshalb die Einführung einer staatlichen Investitionskontrolle klar ab.