# 05 / 2019
01.02.2019

Gesetzliche Datenportabilität – kein Wundermittel

Existierende gesetzliche Instrumente und Optimierungspotenzial

Im Entstehungsprozess zur DSGVO war die Regelung der Datenportabilität von Anfang an umstritten. Namentlich wurde die Portabilität als Teil der primär auf den Ausbau des Datenschutzes zielenden, neuen Grundverordnung breit als systemfremd kritisiert. Vereinzelt wurde auch angeregt, statt eine umfassende Portabilität vorzusehen, die Frage unter einem erweiterten Aspekt des Auskunftsrechts in Art. 15 DSGVO zu regeln.

Auch in der Schweiz gewährt des Auskunftsrecht bereits nach dem bestehenden DSG (Art. 8) und in einer detaillierteren Form im neuen E-DSG (Art. 23) weitgehende Rechte für die betroffene Person. So hat diese einen umfassenden Auskunftsanspruch zur Frage, ob Daten über sie bearbeitet werden und Anspruch auf Herausgabe in Form einer kostenlosen Kopie. Jedoch besteht kein explizites Anrecht auf eine strukturierte Datei zwecks besserer Auswertung und Weiterverwendung durch die betroffene Person. Auch sieht keine Vorschrift die Übertragung in einem standardisierten Format vor. Die betroffene Person kann jedoch ähnlich der DSGVO die direkte Übertragung an ein Drittunternehmen gestützt auf bestehende gesetzliche Instrumente verlangen (Rechtsbegriff der Vertretung). Wird die Portabilität in der Praxis so umgesetzt, dass diese Unterschiede zur DSGVO aufgewogen werden, so können die Zwecke der Datenportabilität bereits mit dem heutigen Auskunftsrecht nach Schweizer Recht weitgehend erreicht werden.

Der Persönlichkeitsschutz nach Zivilgesetzbuch (ZGB) sieht unter anderem das Recht auf Privatsphäre, das informationelle Selbstbestimmungsrecht oder das Recht am eigenen Bild vor. Bereits das aktuelle DSG bezieht sich bei den Rechtsansprüchen ausdrücklich auf die Rechtsbehelfe nach Persönlichkeitsrecht im ZGB. Die Ausübung von Kontrollrechten kann im Gegensatz zu anderen Rechtsgebieten und trotz dieser Verbindung aber erschwert sein. Bereits in der Evaluation zum neuen Datenschutzgesetz sieht der Bundesrat vor, dies aber sinnvollerweise nicht über einen Ausbau der Rechtsansprüche im DSG umzusetzen (Art. 15), sondern mittels Erhöhung der Transparenz, Verbesserung der Datenkontrolle und einer verstärkten Sensibilisierung der betroffenen Person.

Fragen zur Datenportabilität können auch unter Anwendung von Art. 7 Kartellgesetz (KG, Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) behandelt werden. Weltweit tätige soziale Medien und Internetanbieter weisen oft genügend grosse Marktanteile auf, um als marktbeherrschend zu gelten. Bisweilen ist die Feststellung im konkreten Fall an praktische Schwierigkeiten gebunden. So können Fallgruppen, welche sich zur Missbräuchlichkeit einer marktbeherrschenden Stellung äussern, teilweise nicht sinnvoll für die Zwecke der Datenportabilität eingesetzt werden.

Der Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) hatte sich unlängst damit zu beschäftigen, ob den Eltern als Erben Zugang zum gesperrten Nutzerkonto ihrer verstorbenen Tochter gewährt werden kann. Der BGH stellte fest, dass so wie Briefe und Tagebücher an Erben übergehen, kein Grund besteht, digitale Inhalte anders zu behandeln. Die Eltern seien als Erben in den Nutzervertrag zwischen Facebook und der Tochter eingetreten. Somit ist nicht ausgeschlossen, auch bestehende erbrechtliche Regeln als Auslegungshilfe für die Übertragbarkeit von Daten heranzuziehen.

Zwischen Vertragsparteien kommen in der Praxis regelmässig private, selbstständige Lösungen zur Anwendung, welche die Übertragung von Daten regeln. In IT-Verträgen finden sich oftmals Bestimmungen, welche die Rückgabe von Daten bei Vertragsbeendigung vorsehen. Solche Rechte finden sich auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) grosser Internetanbieter. Die Lehre sieht Verbesserungspotenzial darin, dass diese Praxis noch nicht bei allen Dienstleistungsanbietern angekommen ist (z.B. Streamingdienste, Fitnesstracker, Vergleichsdienste). Ausserdem fehlt zum jetzigen Zeitpunkt oftmals noch die Beschreibung der zu portierenden Daten, des Formats der Übertragung und die Verteilung der anfallenden Kosten.

Eine Selbstregulierung der betroffenen Branchen im Bereich der Datenportabilität kann nicht nur zu deren technischer Umsetzbarkeit verhelfen, sondern bringt auch weitere Vorteile mit sich. Selbstregulative Vorschläge im Verhältnis B2B und B2C können zu Vereinfachungen für alle Beteiligten führen und als Unterstützung für die ausgeglichene Gestaltung von vertraglichen Abreden und AGB dienen.