EU-Fahne und US-Amerikanische Fahne

Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft

US-Präsident Obama und Vertreter der EU haben am Montag gemeinsam den Beginn von Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA angekündigt. Das Abkommen, welches neben Zollreduktionen vor allem eine weitgehende Kooperation im regulatorischen Bereich vorsehen soll, bietet für die Schweiz zugleich Chancen und Risiken.

Die Vereinigten Staaten und die Europäische Union, beides historische Verfechter des multilateralen Handelssystems, haben am Montag am Rande des G8-Gipfels in Nordirland den Start der Verhandlungen zu einer bilateralen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – kurz TTIP) verkündet. Schon seit Monaten verbreiten die Regierungsspitzen beidseits des Atlantiks Euphorie und formulieren ambitiöse Ziele. Das Abkommen soll möglichst noch in Obamas Amtszeit (d.h. bis Ende 2016) verabschiedet werden und so umfassend wie möglich sein.

Die Herausforderungen sind jedoch riesig. Alleine der Zeitdruck wird wohl schnell zu einer gewissen Ernüchterung führen. Aufgrund von verschiedenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen beidseits des Atlantiks steht den Verhandlungsführern nur sehr wenig Zeit zur Verfügung, um ein substanzielles Abkommen auszuhandeln.

Zwar sind die Verhandlungsmandate nicht publik, Aussagen von Regierungsvertretern von beiden Seiten des Atlantiks lassen jedoch darauf schliessen, dass an möglichst vielen Fronten eine Einigung angestrebt wird. So soll neben der Abschaffung sämtlicher Zölle auch über einen verbesserten Zugang zu Investitionen und dem öffentlichen Beschaffungswesen verhandelt werden. Zudem will man im regulatorischen Bereich neue globale Standards setzen und beispielsweise Sicherheitsstandards und Produktezulassungen gegenseitig anerkennen. Die Wirtschaft, insbesondere die Chemie- und Maschinenindustrie, verspricht sich grosse Einsparungen von diesem Abkommen.

All dies ist jedoch noch Zukunftsmusik, denn beidseits des Atlantiks gibt es enorme politische Hindernisse für ein solch umfassendes Abkommen. Dies haben unter anderem die in den vergangenen Tagen von Frankreich mit Vehemenz durchgesetzten Ausnahmen im audiovisuellen Bereich gezeigt.

Für die Schweiz, welche im Jahr 2006 Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit den USA aufgrund von Divergenzen im Agrarbereich abgebrochen hat, birgt die TTIP Chancen und Risiken zugleich.

Viele Schweizer Unternehmen, darunter auch viele KMU, sind schon heute Zulieferer von europäischen Firmen, insbesondere solche im nahen europäischen Ausland (z.B. Baden-Württemberg). Diese Unternehmen würden von einer besseren Erschliessung des amerikanischen Markts für europäische (End-)Produkte genauso profitieren wie ihre europäische Konkurrenz. Aber auch grosse Schweizer Unternehmen würden aus einem solchen Abkommen grossen Nutzen ziehen können, da diese meist bereits über Tochterfirmen im europäischen Ausland verfügen und so eine potenzielle Diskriminierung umgehen könnten.

Schwierig würde es hingegen besonders für kleinere und mittlere Unternehmen, die auf dem amerikanischen Markt einer gestärkten europäischen Konkurrenz ausgesetzt wären. Das Diskriminierungspotenzial im für die Schweizer Aussenwirtschaft wichtigen US-Markt ist deshalb als erheblich einzustufen.

Konsequenterweise hat die Schweiz ein grosses Interesse, die Entwicklungen rund um ein europäisch-amerikanisches Freihandelsabkommen genauestens zu verfolgen und ebenfalls einen verbesserten Marktzugang in den USA anzustreben.

Hintergrundinformationen zum Verhandlungsmandat der EU:
DG TRADE: In focus: Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP)
DG TRADE: TTIP, questions and answers