Die Debatte über unsere Beziehungen zur EU muss jetzt geführt werden

Dass die Politik unangenehme Probleme manchmal auf die lange Bank schiebt, ist nichts Aussergewöhnliches – aber diese Bank kann offenbar gar nicht lang genug sein. Auch 17 Monate nach der Beerdigung des Rahmenabkommens fehlt eine klare Perspektive für die künftigen Beziehungen mit der Europäischen Union. Der Bundesrat wartet die Wahlen 2023 ab und nimmt in Kauf, dass die Schweiz in immer mehr Bereichen europäisch den Anschluss verliert. Die europapolitische Allianz stark+vernetzt will dies nicht hinnehmen und lanciert nun eine breite öffentliche Debatte.

Seit die Schweiz den bilateralen Weg als massgeschneiderte Lösung für die Beziehung zur EU eingeschlagen hat, gab es dafür immer wieder Mehrheiten in der Bevölkerung – in den letzten Jahren waren diese Abstimmungsergebnisse sogar stets ausgesprochen deutlich. Trotzdem gelingt es nicht, diesen Weg weiterzuentwickeln. Gebremst von allerlei Vorbehalten und Partikularinteressen nimmt die Schweiz sogar in Kauf, dass er immer schmaler und beschwerlicher wird. Gleichzeitig wächst die Zahl der Themen, in denen eine gute Kooperation mit den europäischen Staaten sinnvoll und wichtig wäre. Aber diese Chancen bleiben ungenutzt.

Ich werde den Eindruck nicht los, dass der Bundesrat nach den Erfahrungen von 1992 (EWR) und 2014 (Masseneinwanderungsinitiative) um jeden Preis vermeiden will, noch einmal eine europapolitische Abstimmung zu verlieren. Doch ist Vermeidung hier die richtige Strategie? Aus meiner Sicht droht man vielmehr, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. In beiden Fällen war die Schweiz nämlich schlecht auf einen emotional geführten Abstimmungskampf vorbereitet, weil in den Jahren zuvor keine breite europapolitische Debatte stattgefunden hatte. Die Bevölkerung war wenig informiert über den Wert guter Beziehungen zur EU, denn gesprochen wurde fast ausschliesslich über mögliche Nachteile. Und wer von etwas den Wert nicht kennt, der ist auch nicht bereit, einen Preis dafür zu zahlen.

Die europapolitische Allianz von stark+vernetzt springt deshalb in die Bresche und stösst die Debatte gemeinsam mit den Partnerorganisationen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft an. In den nächsten Wochen finden in vier Schweizer Städten prominent besetzte öffentliche Veranstaltungen statt, an denen die relevanten Fragen diskutiert werden: offen und kontrovers, aber stets lösungsorientiert. Wir wollen herausfinden, was die Schweiz von Europa wirklich will. Und wir wollen innenpolitische Handlungsspielräume ausloten, die es uns ermöglichen, es auch tatsächlich zu bekommen. Ich lade Sie herzlich ein, mitzudiskutieren: in Zürich, Luzern, Basel oder Lausanne. Die Anmeldung und alle weiteren Informationen finden Sie hier.