Sommersession 2020

Die Sommersession 2020 der eidgenössischen Räte ist am 19. Juni zu Ende gegangen. National- und Ständerat haben für die Zukunft der Schweiz entscheidende Vorlagen (wieder) aufgenommen, nachdem die ausserordentliche Session ausschliesslich dringenden finanzpolitischen Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise gewidmet war. Die Bilanz aus Sicht der Wirtschaft fällt gemischt, in wichtigen Vorlagen aber durchaus positiv aus. Erfreulich ist beispielsweise, dass sich das Parlament nach jahrelangem Seilziehen in der Konzernverantwortung auf einen indirekten Gegenvorschlag einigen konnte, der zukunftsfähig und international abgestimmt ist. 

Die Session im Überblick

Während im Alltag allmählich wieder Vieles möglich ist, sind die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie leider noch lange nicht ausgestanden. Im Gegenteil: Die Arbeitslosenquote wird in diesem und wohl auch im nächsten Jahr ansteigen – auch die Anzahl der Konkurse dürfte zunehmen. Im Vorfeld der Sommersession hat die Wirtschaft deshalb ein 8-Punkte-Programm publiziert, welches einen Weg zurück auf die Erfolgsspur skizziert. Darin fordern Unternehmen und Wirtschaftsverbände die Politik dazu auf, in der Wirtschaftspolitik Zurückhaltung zu zeigen und sich auf erprobte Erfolgsfaktoren wie schlanke Regulierungen, Wirtschaftsfreiheit oder eine griffige Schuldenbremse zu fokussieren. Nach der dreiwöchigen Sommersession gilt es, Bilanz zu ziehen: Ist das Parlament dem Aufruf der Wirtschaft gefolgt?

Was die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) betrifft, hat das Parlament tatsächlich eine zielgerichtete Alternative gefunden, die von der Wirtschaft mitgetragen wird. Der vom Ständerat erarbeitete indirekte Gegenvorschlag schafft die für Unternehmen gewünschte Verbindlichkeit, ohne die von der Initiative geforderte Haftung mit Beweislastumkehr einzuführen. Darüber hinaus basiert er auf einem Mix von international erprobten Instrumenten und ist dadurch nicht nur zukunftsgerichtet, sondern auch auf die tatsächlichen Herausforderungen in den weltweiten Märkten ausgerichtet. Die Initiative selbst lehnen beide Räte klar ab.

Ein Bekenntnis zur Wirtschaftsfreiheit hat der Ständerat auch mit seiner Ablehnung des Finanzierungsverbotes von Kriegsmaterialproduzenten abgelegt. Dieses Ansinnen wäre nicht nur wirkungslos geblieben, sondern hätte zudem zu erheblichen Abgrenzungsfragen bei den betroffenen Unternehmen geführt. 

Auch die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und UK über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger durch den Nationalrat ist ein – gerade in Krisenzeiten – wichtiges Zeichen für offene Grenzen und den Zugang zu ausländischen Märkten. Durch mehr Rechtssicherheit für Unternehmen stellt das Abkommen wichtige Weichen zur Fortführung der engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Grossbritannien nach dem Brexit.

Eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen bringen zudem die vom Nationalrat beschlossenen Gesetzesänderungen im Rahmen der Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Es werden damit wichtige Voraussetzungen geschaffen, damit sich die Schweiz in diesem Bereich als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort etablieren kann. Nicht zuletzt hat auch die Corona-Pandemie einen Digitalisierungsschub ausgelöst – diese Chance gilt es durch rasche Anpassungen der entsprechenden Infrastruktur zu nutzen. 

Erfreulich ist ausserdem – nach vielen Jahren zäher Beratungen – der Abschluss der Aktienrechtsrevision. Es wurde darin eine Vielzahl von Neuerungen beschlossen, welche in ihrer Gesamtheit zu begrüssen sind und die Rechtssicherheit für die Unternehmen erhöhen. Positiv für die Wirtschaft ist dabei auch, dass die Bestimmungen der Minder-Initiative in wesentlichen Punkten unverändert von der Verordnung ins Gesetz überführt werden konnten, und die Unternehmen damit nicht zu erneuten administrativen Aufwendungen gezwungen werden. Gleichwohl ist nicht alles perfekt – insbesondere mit der Regelung zu den unabhängigen Stimmrechtsvertretern hat der Gesetzgeber die Vorlage leider unnötig beschwert.

Aus Sicht der Wirtschaft fällt die Zwischenbilanz aufgrund der oben beschriebenen Resultate positiv aus, zumal das Parlament in wichtigen Dossiers Entscheide getroffen hat, die langfristigen Wohlstand in der Schweiz ermöglichen. Umso erstaunlicher ist es, dass die Räte bei einzelnen Vorlagen den ordnungspolitischen Kompass in der Tasche gelassen haben und dabei den Ausbau des Staates vorantreiben, anstatt die Eigenverantwortung der Bevölkerung und der Unternehmen zu stärken:

So beispielsweise bei der Beratung des neuen CO2-Gesetzes, wo die Eigenverantwortung der Unternehmen einem Regulierungseifer gewichen ist. Die von der grossen Kammer verabschiedete Flugticketabgabe ist nicht nur schädlich für den Wirtschaftsstandort, sie ist auch klimapolitisch nicht zielführend. Auch ein Inlandanteil von 75 Prozent des Gesamtreduktionsziels wirkt sich in dieser Höhe negativ auf die Wirtschaftsleistung und die Beschäftigungslage in der Schweiz aus. Aus Sicht der Unternehmen ist immerhin erfreulich, dass sie gemäss Beschluss des Nationalrats alle eine Verminderungsverpflichtung eingehen können und bei Erfüllung die CO2-Abgabe rückerstattet erhalten.

Auch bei der unilateralen Abschaffung der Industriezölle zeugen die Argumente, welche die Mehrheit des Nationalrates gegen die Vorlage vorbrachte, von Kurzsichtigkeit. Der Bund könne sich in der aktuellen Krise wegfallende Zolleinnahmen von rund 500 Millionen Franken nicht leisten. Dabei wird vergessen, dass die Schweiz diesen Wegfall in Kombination verschiedener Effekte mehr als kompensieren könnte. Denn tiefere Preise für Vorleistungen würden die Produktionskosten für Unternehmen senken und damit sowohl die Importe als auch – durch eine höhere Wettbewerbsfähigkeit – die Exporte erhöhen. 

Bei der Totalrevision des Datenschutzgesetzes hat der Ständerat zwar erfreulicherweise mehrere Differenzen bereinigen können. Beim Kern der Vorlage, dem Profiling, hält die kleine Kammer allerdings an ihrem Sonderweg fest und eröffnet damit lediglich neue Fragen für Rechtsandwender. Als Kompromisslösung taugt dies nicht.

In Voraussicht auf die Herbstsession gilt es, sich wieder stärker auf die Erfolgsfaktoren der Schweizer Wirtschaftspolitik zu besinnen. Dazu gehört insbesondere auch ein vorausschauender Umgang mit den durch die Corona-Finanzhilfen angehäuften Schulden. Die Wirtschaft spricht sich für einen vernünftigen, aber verbindlichen Mechanismus für den Abbau der Corona-Schulden aus. Dafür braucht es nicht nur eine längere Frist zum Schuldenabbau, es sollen auch explizit Kreditreste aus dem ordentlichen Budget, die SNB-Gewinnausschüttung und die ausserordentlichen Einnahmen für den Schuldenabbau reserviert werden.

Die Sommersession 2020 steht im Zeichen der Corona-Krise. Anders als in der ausserordentlichen Session im Mai stehen vom 2. bis zum 19. Juni vor allem ordentliche Geschäfte auf der Traktandenliste der Räte – und nur vereinzelt sogenannte Corona-Vorlagen. Als Tagungsstätte dient wiederum die BernExpo.

Für die Wirtschaft geht es um viel. Die Corona-Krise hat die Schweiz wie ein Tsunami überrollt. Die wirtschaftlichen Folgen sind dramatisch. Dank der Notmassnahmen von Bund und Kantonen konnte die Schweiz die Akutphase der Krise meistern. Nun geht es darum, dass unser Land möglichst rasch zu alter Stärke zurückfindet. Das kann uns gelingen, denn die wirtschaftlichen, institutionellen und gesellschaftlichen Strukturen der Schweiz sind weiterhin intakt.

economiesuisse hat im Vorfeld der Session das Parlament öffentlich dazu aufgefordert, in der Wirtschaftspolitik zurückhaltend zu bleiben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Auch hat der Dachverband ein 8-Punkte-Programm entwickelt, damit die Schweiz längerfristig mit bewährten Mitteln zurück auf die Erfolgsspur findet.

Die Schweiz braucht nun mehr denn je Innovation, Eigenverantwortung und unternehmerische Freiheiten. Das Parlament sollte den verlässlichen Erfolgsfaktoren der Schweizer Wirtschaftspolitik vertrauen und den Unternehmen den nötigen Freiraum überlassen, um zu alter Stärke zurückzufinden. Auf den dauerhaften Ausbau des Staates mit Detailregulierungen und Eingriffen in die Freiheitsrechte gilt es zu verzichten. Die Unternehmen dürfen nicht zusätzlich belastet werden. Sonst würde die wirtschaftliche Erholung verzögert und der Wohlstand in der Schweiz gefährdet. Nur mit schlanken und effizienten Regulierungen kann die Schweiz international wettbewerbsfähig bleiben.

Was unser Land jetzt dringend braucht ist weder ein internationaler Alleingang in Form des fehlgeleiteten nationalrätlichen Gegenvorschlags zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative, der einem Umsetzungsgesetz mit weltweit strengsten Haftungsregeln gleichkommt, noch die Initiative selbst. Zielführender ist vielmehr der Kompromissvorschlag des Ständerats, den die Wirtschaft akzeptieren kann. Auch beim Datenschutzgesetz braucht es keinen Swiss Finish, sondern international abgestimmte und in der Praxis einfach umsetzbare und für Unternehmen tragbare Lösungen. Bei der Revision des CO2-Gesetzes kann nur mit einer wirtschaftsfreundlichen Umsetzung verhindert werden, dass dem Werkplatz Schweiz Wettbewerbsnachteile drohen. Bei der Revision des Aktienrechts (Entwurf 1) gilt es auf jegliche verschärfende Bestimmungen zu verzichten. Auch abgelehnt werden muss die Volksinitiative «Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten». Durch ein solch unkoordiniertes Vorpreschen würde die Schweiz Rechtsunsicherheit schaffen und der Industrie schaden. Das Parlament sollte die Unternehmen nun bestmöglich unterstützen und deshalb umgehend die Industriezölle abschaffen. Auch die Emissionsabgabe auf Eigenkapital gehört abgeschafft statt sistiert. Richtig ist ferner, dass das Bundesrecht an die Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register angepasst wird (nötig z.B. für Blockchains). Auch gilt es der Ratifikation bzw. dem Abschluss von umsichtig und sorgfältig ausgehandelten Freihandelsabkommen nicht unnötig Steine in den Weg zu legen. In diesem Sinne sollte das Parlament auch das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich und Nordirland genehmigen, welches für Privatpersonen und Unternehmen nach dem Brexit Rechtssicherheit bringt.

Die Haltung von economiesuisse zu diesen und weiteren ausgewählten Vorlagen der Sommersession lesen Sie nachstehend.

Zum 8-Punkte-Programm gelangen Sie hier:

 

8-Punkte-Programm

ZUR NACHHALTIGKEIT GEHÖRT DER SCHULDENABBAU

Die Coronakrise hat präzedenzlose Auswirkungen für die Verschuldung des Bundes. Die Grundlagen zu schaffen, um die Verschuldung wieder abzutragen, ist Aufgabe der Politik. Die Mittel dazu stehen zur Verfügung, auch wenn der Schuldenabbau viele Jahre dauern wird. Die Politik steht in der Verantwortung gegenüber der wichtigsten finanzpolitischen Institution der Schweiz, der Schuldenbremse – und gegenüber kommenden Generationen, die mit neuen Krisen kämpfen werden.

Die Coronakrise mag in verschiedener Hinsicht präzedenzlos sein – für die Verschuldung des Bundes ist sie es ganz bestimmt. Noch nie hat der Bund in so kurzer Zeit so hohe Schulden gemacht. Die Wirtschaft hat von Anfang an dafür plädiert, die Corona-Ausgaben von bereits über 30 Milliarden Franken gesondert zu behandeln, weil sie unmöglich im ordentlichen Haushalt unterzubringen sind. Ausserordentliche Ausgaben kann der Bund theoretisch unbeschränkt tätigen, die Schuldenbremse bietet dafür ein Ventil. Aber auch ausserordentliche Ausgaben führen zu einer Neuverschuldung, die gemäss den Regeln der Schuldenbremse wieder abgetragen werden muss. Ein zweites Ventil erlaubt, die normale gesetzliche Amortisationsdauer von sechs Jahren notfalls zu verlängern.

Für die Wirtschaft steht nicht so sehr die Dauer des Schuldenabbaus im Vordergrund, sondern die Verbindlichkeit. Diese kann hergestellt werden, indem bestimmte Mittel für den Schuldenabbau reserviert werden: Kreditreste, Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und ausserordentliche Einnahmen. Kreditreste fliessen bereits heute in den Schuldenabbau; das Parlament kann festlegen, dass sie speziell für die Tilgung der ausserordentlichen Coronaschulden eingesetzt werden. Auch ausserordentliche Einnahmen, die im letzten Jahr zum Beispiel aus der Versteigerung der 5G-Lizenzen anfielen, werden heute schon für den Schuldenabbau gebraucht; auch an dieser Regel ist festzuhalten. Für eben noch gewälzte Ideen, Kreditreste und Sondereinnahmen für andere Zwecke als den Schuldenabbau zu verwenden, besteht nach Corona kein Platz mehr.

Der dem Bund zustehende Teil der SNB-Gewinnausschüttungen fliesst heute in den allgemeinen Bundeshaushalt. Um die Mittel ist jüngst ein Gerangel entstanden, nachdem die jährliche Ausschüttung auf bis zu 4 Milliarden Franken erhöht wurde (der Bund erhält ein Drittel, das heisst bis zu 1,3 Milliarden Franken). Die Mittel sind in vollem Umfang für den Schuldenabbau einzusetzen. Auf absehbare Zeit ist dies die sinnvollste Verwendung dafür.

Die schwankenden SNB-Gewinne stellen keine stabile Quelle für die Finanzierung von Ausgaben des Bundes dar. Die Gewinnausschüttungen betrugen lange lediglich eine Milliarde Franken jährlich (Bundesanteil 330 Millionen). In manchen Jahren fielen sie ganz aus. Erst seit den Kapitalmarktinterventionen der SNB gegen die Frankenstärke sind sie gestiegen. Die Ausschüttungsreserven sind jedoch hoch volatil, wie der SNB-Verlust von 38,2 Milliarden Franken im ersten Quartal aufzeigt. Der Bund sollte keine Abhängigkeit von diesen Geldern entwickeln und in der längerfristigen Ausgabenplanung nicht mit ihnen rechnen. Das gilt selbst für die Grundtranche von 330 Millionen Franken. Auch diese ist in den Schuldenabbau einzubeziehen. Ein Budget von 75 Milliarden Franken kann auf dieses Geld verzichten, der ordentliche Haushalt des Bundes würde dadurch nur minimal tangiert. Der Einsatz der SNB-Gelder ermöglicht es umgekehrt, die Coronaschulden zwar noch immer langsam, aber immerhin wirksam in einem vernünftigen Zeithorizont von ungefähr einer Generation abzubauen. Die Politik würde zeigen, dass sie die Schuldenbremse, die sich in der Krise so flexibel gezeigt hat, ernst nimmt. Es geht um den Respekt und um die Verantwortung gegenüber der wichtigsten finanzpolitischen Institution der Schweiz.

Der Abbau der Coronaschulden muss sich zweifellos an den finanz(-politischen) Realitäten orientieren, weshalb im Voraus definierte fixe jährliche Abbauvorgaben nicht sinnvoll sind. Er darf aber weder einfach «vergessen gehen», noch sich ins Endlose verschieben. Der Bund mag sich aktuell leicht verschulden. Bleiben die Schulden aber bestehen, werden künftige Generationen die Lasten zu tragen haben – und dass aus den Schulden dereinst effektiv Lasten entstehen, weil die Zinsen steigen, ist wahrscheinlich. Das Konzept der Nachhaltigkeit, wird es ernst genommen, gilt umfassend – nicht nur dort, wo der öffentliche Applaus winkt, sondern auch, wo der Buchhalter regiert. Auch in diesem 21. Jahrhundert folgen sich die Krisen. Umsichtig und verantwortungsvoll zu handeln heisst, kontinuierlich an den Grundlagen für ihre gute Bewältigung zu arbeiten. Sonderlasten mögen nicht zu vermeiden sein – «Corona» hat gezeigt, wie schnell sie entstehen können –, sie aber aufzutürmen und vor sich herzuschieben wäre falsch. Unter dem Strich und über die Zeit kommt ein der Nachhaltigkeit verpflichtetes Finanzgebaren günstiger, und dazu gehört der Schuldenabbau. Neue Generationen, die mit neuen Krisen kämpfen, werden es danken.

Weiteres zum Thema Schuldenabbau lesen Sie hier.

Beide Räte

WIRTSCHAFT UNTERSTÜTZT INTERNATIONAL ABGESTIMMTEN KOMPROMISS DES STÄNDERATS

Die Volksinitiative (17.060) «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» – auch Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) genannt – verlangt vom Bund, gesetzliche Massnahmen zu treffen, welche Unternehmen zu einer umfassenden risikobasierten Sorgfaltsprüfung im Hinblick auf die Einhaltung international anerkannter Menschenrechte und Umweltstandards verpflichten. Diese Pflicht soll für sämtliche Geschäftsbeziehungen der Schweizer Unternehmen gelten und wird mit einer verschuldensunabhängigen Haftung mit Beweislastumkehr für vom Unternehmen rechtlich und wirtschaftlich kontrollierte Dritte durchgesetzt.

Der Entwurf 2 der Aktienrechtsrevision (16.077) enthält nach den Beratungen in beiden Räten zwei Konzepte für einen indirekten Gegenvorschlag zur UVI. Der Vorschlag des Nationalrats orientiert sich stark an der Mechanik der Initiative, da er ursprünglich in die Diskussion eingebracht worden war, um den Initianten den Rückzug ihrer Initiative zu ermöglichen. Der Nationalrat hat beschlossen, die Geschäftsherrenhaftung (Art. 55 OR) um einen Absatz 1bis zu ergänzen. Unternehmen sollen für den Schaden haften, den durch sie tatsächlich kontrollierte Unternehmen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen durch Verletzung der Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt im Ausland verursacht haben. Die Haftung bezieht sich auf Schäden an Leib, Leben und Eigentum.

Die Haftung gilt für Unternehmen, die nach Art. 716abis (neu) OR zur Einhaltung der Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt auch im Ausland verpflichtet sind. Dazu zählen Unternehmen, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren entweder eine Bilanzsumme von 40 Millionen Franken, einen Umsatzerlös von 80 Millionen Franken oder im Jahresdurchschnitt 500 Vollzeitstellen aufweisen. Unternehmen haften nicht, wenn sie nachweisen, dass sie die geforderten Massnahmen zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt getroffen haben, um den Schaden zu verhüten. Ausserdem haften Unternehmen nicht, wenn sie keinen Einfluss auf das kontrollierte Unternehmen nehmen konnten, in dessen Zusammenhang die geltend gemachten Rechtsverletzungen stehen.

Das zweite Konzept stammt vom Ständerat und wurde in der Wintersession 2019 auf Basis eines Vorschlags des Bundesrats weiterentwickelt. Es orientiert sich an den Regulierungskonzepten im Ausland, namentlich der Europäischen Union und setzt auf eine umfassende Rechenschaftspflicht der grösseren Unternehmen. Ergänzt wird diese Verpflichtung durch spezifische Sorgfaltsprüfungspflichten in den Bereichen Kinderarbeit und Mineralien aus Konfliktgebieten.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, der Mehrheit der RK-SR zu folgen (=Festhalten) und damit den Gegenvorschlag des Ständerats zu unterstützen. Hingegen ist der Gegenvorschlag des Nationalrats – als faktisches Umsetzungsgesetz zur Initiative – klar abzulehnen. Die Volksinitiative (17.060) empfiehlt economiesuisse in der Schlussabstimmung ebenfalls zur Ablehnung.

Nein zum Gegenvorschlag Nationalrat: faktisches Umsetzungsgesetz einer gefährlichen Initiative

Der Gegenvorschlag des Nationalrats betrifft je nach Rechnungsbasis zwischen 4000 bis zu 10'000 Unternehmen in der Schweiz. Die bedeutend weniger weit gehende Regulierung in Frankreich betrifft im Direktvergleich beispielsweise gerade einmal 150 bis 200 Unternehmen. Die sehr weitgehenden Prüf- und Kontrollpflichten hätten zur Folge, dass die Unternehmen selbst (!) sicherstellen müssen, dass Menschenrechte und die relevanten Umweltstandards durch all ihre Kunden, Zulieferer und Geschäftspartner weltweit eingehalten werden. Die daraus resultierenden administrativen Aufwendungen wären enorm. Eine Annahme würde zwar möglicherweise zum Rückzug der Initiative führen – aber zu einem viel zu hohen Preis.

Aus Befürworterkreisen des Gegenvorschlags «Version Nationalrat» ist regelmässig zu hören, dass sie diese erheblichen Bedenken teilen. Sie unterstützen folglich den Vorschlag des Nationalrats nicht etwa deshalb, weil sie überzeugt sind, dass dieser einen guten und tragfähigen Lösungsansatz darstellt. Vielmehr erhoffen sie sich, damit zu verhindern, dass Volk und Stände über die Initiative abstimmen müssen. Der Respekt vor einer herausfordernden Abstimmung darf aber nicht der Grund für neue, überhastete und offensichtlich fehlgeleitete Gesetze sein. Der Gegenvorschlag des Nationalrats übernimmt die schädliche Mechanik der Initiative. Auch werden damit massive Rechtsrisiken und Wettbewerbsnachteile für die hiesigen Unternehmen geschaffen. In einer solchen grundsätzlichen Frage muss das Volk das letzte Wort haben. Es soll die Frage beantworten, ob die Schweiz es sich gerade in Krisenzeiten leisten kann, international einzigartige, experimentelle und weitgehende Forderungen in ihre Verfassung aufzunehmen.

Keine schädlichen Regulierungen und Rechtsrisiken in Krisenzeiten

Die Schweizer Wirtschaft steht wegen der Entwicklungen im Zusammenhang mit der weltweiten Covid-19-Krise vor einer schweren Rezession. Diese Wirtschaftskrise ist im mittel- bis langfristigen historischen Vergleich einzigartig und wird auch die Folgegenerationen belasten. Zahlreiche Unternehmen haben bereits heute Kurzarbeit beantragt, die Arbeitslosigkeit wird stark zunehmen und viele Unternehmen stehen bereits jetzt vor existenziellen Herausforderungen. Es ist vor diesem Hintergrund umso schwerwiegender, wenn die hiesigen Unternehmen in dieser schwierigen Situation mit einer schädlichen, unausgereiften Regulierung, wie es der Gegenvorschlag des Nationalrats darstellt, vor neue Rechtsrisiken und hohe administrative Belastungen gestellt würden.

Die Schweizer Wirtschaft mit ihren zahlreichen Unternehmen blickt stolz auf die positiven Effekte ihrer internationalen Tätigkeit, darunter die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Förderung von Bildung und der Ausbau von Infrastrukturen – gerade auch in wirtschaftlich wenig entwickelten Ländern. Die Schweizer Unternehmen haben nichts zu verbergen. Sie sind bereit, im Abstimmungskampf aufzuzeigen, welche Bedeutung eine funktionierende Wirtschaft für alle Bürgerinnen und Bürger hat, dass sie Verantwortung leben und dass die Initiative verfehlt ist.

Ja zum Gegenvorschlag des Ständerats: international abgestimmter und tragfähiger Kompromiss

Soweit der Gesetzgeber der Initiative ein Gesetz gegenüberstellen will, braucht es in dieser wichtigen Frage der Regulierung der weltweiten Unternehmenstätigkeit einen konstruktiven und präzisen Ansatz, der für unsere Rechtsordnung und unsere Unternehmen tragbar ist. Der Gegenvorschlag «Version Ständerat» ist international erprobt und stützt sich auf bewährte Ansätze in mit der Schweiz vergleichbaren Rechtsordnungen. Der Vorschlag schafft über die neuen Offenlegungs- und Transparenzpflichten sowie die Einführung spezifischer Sorgfaltspflichten zu Kinderarbeit und Konfliktmineralien die Basis für eine international abgestimmte und sachgerechte Regulierung. Zudem ermöglicht er auch eine Weiterentwicklung entlang der internationalen Trends.

Stand der Beratungen

Der Ständerat berät das Geschäft in der Sommersession 2020 ein letztes Mal. Bleibt dieser bei seiner Version für den indirekten Gegenvorschlag, muss eine Einigungskonferenz beiden Räten einen Einigungsantrag unterbreiten.

Die Mehrheit der RK-SR empfiehlt ihrem Rat, an seinem indirekten Gegenvorschlag festzuhalten.

In der Frühjahrssession 2020 konnten sich die beiden Räte nicht einigen, wie weit der indirekte Gegenvorschlag zur UVI gehen soll – der Nationalrat hält an einer Lösung, die sehr nahe bei der UVI ist, und damit an neuen Haftungsregeln mit Beweislastumkehr für Unternehmen für Vorgänge im Ausland fest, während der Ständerat diese ablehnt, dafür jedoch neue Sorgfaltsprüfungspflichten und umfassende Rechenschaftspflichten verlangt. Die Initiative selbst empfehlen indes beide Räte zur Ablehnung.

Beurteilung der Beratungen

Nach dem Bundesrat und dem Ständerat empfiehlt auch der Nationalrat die extreme Unternehmens-Verantwortungs-Initiative zur Ablehnung. Gleichzeitig hat das Parlament einem griffigen indirekten Gegenvorschlag zugestimmt. Dieser schafft strengere Vorgaben für Unternehmen zur Respektierung von Menschenrechten und Umwelt in der Lieferkette, schützt die Unternehmen aber vor missbräuchlichen und erpresserischen Klagen. economiesuisse unterstützt diesen Kompromiss, weil dieser auf international bewährte Lösungen setzt und nicht zu einem Schweizer Alleingang führt.

Die Medienmitteilung zum Entscheid des Parlaments finden Sie hier.

Nationalrat

ANACHRONISTISCHE UND INVESTITIONSHEMMENDE EMMISSIONSABGABE AUF EIGENKAPITAL MUSS ABGESCHAFFT WERDEN

Die Pa.Iv. will die Stempelsteuer stufenweise abschaffen. Mit dem vorliegenden Entwurf 1 wird der erste Teil der Pa.Iv. umgesetzt. Sie hat die Abschaffung der Emissionsabgabe zum Gegenstand. Der Bundesrat hatte deren Abschaffung bereits im Rahmen der gescheiterten Unternehmenssteuerreform III (USR III) vorgeschlagen. Die Emissionsabgabe wird auf inländischen Beteiligungsrechten erhoben. Sie beträgt 1,0 Prozent und erfasst die Ausgabe und Erhöhung des Nennwerts von Beteiligungsrechten (z.B. in Form von Aktien inländischer Aktiengesellschaften), und zwar völlig unabhängig davon, ob entsprechende Investitionen einen Gewinn abwerfen.

Die Vorentwürfe 2 und 3 bilden zusammen den zweiten Teil der Umsetzung. Sie sehen die Abschaffung der Umsatz- und der Versicherungsabgabe vor. Die WAK-NR hat die Vorentwürfe dazu bereits erarbeitet und in die Vernehmlassung geschickt.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, gemäss der Minderheit der WAK-NR eine Sistierung abzulehnen. In der Folge sollte auf die Vorlage eingetreten und diese dann angenommen werden.

Schwindende Eigenkapitalpolster aufgrund der Corona-Krise

Das langjährige Anliegen der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital erfährt in der aktuellen Ausnahmesituation eine dringende Bedeutung und sollte nun umgehend angegangen werden. Hohe Verluste lassen die vorhandenen Eigenkapitalpolster vieler Firmen rasch zusammenschmelzen. Vom Bundesrat beschlossene Sofortmassnahmen für neue Fremdkapitalkredite können Liquiditätsengpässe überbrücken – was zweifellos wichtig und richtig ist –, sie helfen jedoch nicht hinsichtlich der Absorbierung von Verlusten. Diese gehen zunächst immer zulasten des Eigenkapitals. Zahlreiche Unternehmen werden daher, um einen Konkurs durch Überschuldung zu vermeiden, neues Eigenkapital aufnehmen müssen.

Emissionsabgabe in Krisenzeiten klar kontraproduktiv

Risikotragendes Eigenkapital ist als Sicherheitskapital notwendig zur Absorbierung von Verlusten, dient damit der Resilienz der Unternehmen und letztlich der Sicherung von Arbeitsplätzen. Eine Abgabe auf der Emission von Eigenkapital ist volkswirtschaftlich generell schädlich, aber insbesondere in Wirtschaftskrisen klar kontraproduktiv. Diese Abgabe belastet die Firmen genau dann am stärksten, wenn die Wirtschaft in einer Rezession steckt und die Unternehmen, um zu überleben, auf neues Eigenkapital angewiesen sind. Dies wird anhand der Entwicklung der Einkünfte deutlich. Besonders hohe Einkünfte verbuchte die Emissionsabgabe ausgerechnet in den Krisenjahren 2001 (375 Mio.) und 2008 (365 Mio.). Auch 2020 wird vermutlich ein solches Rekordjahr sein. In wirtschaftlich guten Zeiten sind die Einnahmen aus der Abgabe hingegen deutlich tiefer (2019: 173 Millionen Franken).

Zumindest temporäre Ausnahme aufgrund der ausserordentlichen Situation

Sofern aus finanzpolitischen Gründen auf eine vollständige Abschaffung verzichtet werden soll, ist in der aktuellen Situation zumindest eine temporäre Ausnahmeregel vorzusehen. Konkret soll auf die Erhebung der Emissionsabgabe verzichtet werden, wenn Firmen neues Eigenkapital aufnehmen, um Verluste aufgrund der Corona-Pandemie zu kompensieren. Die bestehende Gesetzesgrundlage sieht eine Ausnahmeregelung vor, sie ist jedoch für die Vielzahl der aktuell betroffenen Fälle zu eng, da sie erst im Fall einer Sanierung greift. Das Eintreten eines Sanierungsfalls gilt es jedoch eben gerade durch die Zuführung von neuem Eigenkapital zu vermeiden. Eine temporäre Ausnahmeregel ist eine wirtschaftspolitische Sofortmassnahme, die gezielt und effektiv wirkt. Eine Sistierung dieses Geschäfts ist in der aktuellen Situation nicht länger haltbar. Wir empfehlen stattdessen darauf einzutreten und im Rahmen der Detailberatung im Mindesten eine Sofortmassnahme zu beschliessen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat hatte den Entwurf 1 (09.503) bereits anlässlich der Frühjahrssession 2013 ohne Änderung gutgeheissen und damit der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital zugestimmt. Der Ständerat hingegen hält die entsprechende Vorlage seit 2014 sistiert – was er in der Frühjahrssession 2020 nochmals bestätigt hat. Bevor sich die Kleine Kammer mit dem Entwurf 1 befasst, will sie das Vernehmlassungsresultat der Vorentwürfe 2 und 3 (Abschaffung der Umsatz- und der Versicherungsabgabe) abwarten.

In der Sommersession 2020 entscheidet der Nationalrat nun erneut über die Sistierung oder das Eintreten auf den Entwurf 1 zu 09.503. Die WAK-NR beantragt ihrem Rat mit 13 zu 10 Stimmen bei 1 Enthaltung, der vom Ständerat beschlossenen Sistierung zuzustimmen. Eine starke Minderheit ist allerdings der Auffassung, dass die Abschaffung der Stempelsteuer den Unternehmen ermöglichen würde, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken, was gerade angesichts der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise eine willkommene Massnahme sei.

Beurteilung der Beratungen

Die Vorlage ist kurzfristig aus dem Sessionsprogramm gestrichen worden und wird zu einem späteren Zeitpunkt beraten.

VERSCHÄRFUNG DER VEGÜV UND STIMMGEHEIMNIS FÜR UNABHÄNGIGE STIMMRECHTSVERTRETER SCHWÄCHEN SCHWEIZER UNTERNEHMENSSTANDORT

Der Bundesrat verfolgt mit der Revision des Aktienrechts (Entwurf 1) das Ziel, Letzteres zu modernisieren und den wirtschaftlichen Bedürfnissen der nächsten Jahre anzupassen. Der Gesetzesentwurf schliesst inhaltlich an die Revision aus dem Jahr 2013 an, welche damals aufgrund der Diskussionen um die Minder-Initiative abgebrochen worden war. Vorgesehen sind im Entwurf eine Vereinfachung der Gründungs- und Kapitalbestimmungen. Nebst weiteren Anpassungen soll auch der Mindestnennwert von Aktien flexibler gewählt werden können.

Als neues Element soll die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) ins Gesetz überführt werden. Die VegüV setzt die Minder-Initiative um, die von Volk und Ständen am 3. März 2013 angenommen worden war. Der Bundesrat hatte die erforderlichen Ausführungsbestimmungen innerhalb eines Jahres nach Annahme der Initiative (Art. 95 Abs. 3 der Bundesverfassung) auf Verordnungsstufe erlassen müssen.

Mit der Revision sollen auch die Bestimmungen über Unternehmenssanierungen besser mit dem Nachlassverfahren koordiniert werden. Eine Sanierung soll künftig möglichst schon vor der Eröffnung eines formellen Nachlassverfahrens in Angriff genommen werden. Auch schlägt der Bundesrat vor, aktienrechtliche Streitigkeiten als schiedsfähig zu erklären. Vorgesehen sind ausserdem Bestimmungen über die Regelung der Transparenz bei wirtschaftlich bedeutenden, in der Rohstoffförderung tätigen Unternehmen. Sie sollen Zahlungen an staatliche Stellen offenlegen müssen. Damit soll der internationalen Rechtsentwicklung Rechnung getragen werden.

Der Bundesrat schlägt zudem Geschlechterrichtwerte für grosse, börsenkotierte Unternehmen vor. Demgemäss müssten in Verwaltungsräten künftig mindestes je 30 Prozent Frauen und Männer sitzen, in Geschäftsleitungen je mindestens 20 Prozent. Unternehmen, die diese Richtwerte nicht einhalten, sollen sich im Vergütungsbericht rechtfertigen und die Massnahmen zur Förderung des weniger stark vertretenen Geschlechts angeben müssen.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit nachstehenden Änderungen anzunehmen.

Eine Revision des Aktienrechts ist angezeigt. Einzelne der noch offenen Punkte sind für die Wirtschaft von grundlegender Bedeutung. So liegen unnötige Verschärfungen der Verordnung gegen übermässige Vergütungen (VegüV) vor. Darüber hinaus beeinträchtigt die Einführung eines Stimmgeheimnisses des unabhängigen Stimmrechtsvertreters die Ausgewogenheit der Vorlage erheblich.

Keine Verschärfungen der VegüV (Beschlüsse zu Art. 735a Abs. 2 und Art. 735c Ziff. 2bis und 2ter)

Bei Inkrafttreten der VegüV haben die Unternehmen ihre Statuten an deren Regeln angepasst, was mit etlichen Kosten und internationaler Verunsicherung verbunden war. Planungssicherheit ist für die Unternehmen zentral und es darf nicht mit geänderten Regelungen neue Verunsicherung herbeigeführt werden. Wenn sie sich und ihre Statuten nun, rund fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung gegen übermässige Vergütungen, bereits erneut an eine noch strengere Regulierung anpassen müssen, ist dies also besonders problematisch.

Für die Wirtschaft ist absolut zentral, dass eine weitere Verschärfung der VegüV vermieden wird, zumal dies die Planungssicherheit der Unternehmen erheblich beeinträchtigen und den Unternehmensstandort Schweiz weiter schwächen würde. Bereits heute hat die Schweiz eines der weltweit am stärksten reguliertesten Systeme bei Entlöhnungen des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung. Es ist nicht zielführend, auf dieser Basis nun noch weitere und über die VegüV hinausgehende Verschärfungen vorzunehmen.

Kein Stimmgeheimnis des unabhängigen Stimmrechtsvertreters (Art. 689c Abs. 4bis OR)

Darüber hinaus hat der Ständerat eine aus Sicht der Wirtschaft sehr problematische Bestimmung in die Vorlage aufgenommen (Art. 689c Abs. 4bis OR). Ein Stimmgeheimnis des unabhängigen Stimmrechtsvertreters würde einen gefährlichen Paradigmenwechsel bedeuten und hätte erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Generalversammlungen heute abgehalten werden können. Die vorgesehene Bestimmung ist nicht zielführend und sogar kontraproduktiv, da sie einer effizienten Abhaltung der Generalversammlung im Wege steht. Gerade der Umgang mit aktivistischen Aktionären würde dadurch fundamental und zum Nachteil des Schweizer Unternehmens verändert. Darüber hinaus bestünde das Risiko von unberechenbaren und für Unternehmen und Aktionäre schädlichen Ergebnissen an den Generalversammlungen.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Vorlage in der Sommersession 2020 in der dritten Beratungsrunde. Es ist vorgesehen, dass die letzten Differenzen noch in dieser Session ausgeräumt werden und dass das Geschäft zur Schlussabstimmung gebracht wird. Je nach Diskussionsergebnis muss sich davor auch der Ständerat nochmals darüber beugen.

Beurteilung der Beratungen

Nach vielen Jahren der Beratung ist die Wirtschaft nun erfreut über den Abschluss der Aktienrechtsrevision. Es wurde darin eine Vielzahl von Neuerungen beschlossen, welche in ihrer Gesamtheit zu begrüssen sind und die Rechtssicherheit für die Unternehmen erhöhen. Positiv für die Wirtschaft ist dabei auch, dass die Bestimmungen der Minder-Initiative in wesentlichen Punkten unverändert von der Verordnung ins Gesetz überführt werden konnten, und die Unternehmen damit nicht zu erneuten administrativen Aufwendungen gezwungen werden. Gleichwohl ist nicht alles perfekt – insbesondere mit der Regelung zu den unabhängigen Stimmrechtsvertretern hat der Gesetzgeber die Vorlage leider unnötig beschwert.

WIRTSCHAFTSFREUNDLICHE UMSETZUNG IST ESSENZIELL

Das geltende CO2-Gesetz regelt, wie die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 reduziert werden sollen. Für die Zeit nach 2020 muss der Bundesrat deshalb Vorschläge zur weiteren Verminderung der Treibhausgasemissionen ausarbeiten. Mit der Genehmigung des Übereinkommens von Paris hat sich die Schweiz verpflichtet, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 vermindert werden. Gemäss bundesrätlichem Entwurf sollen mindestens drei Fünftel der Einsparungen im Inland und maximal zwei Fünftel im Ausland erfolgen.

Am Massnahmenmix des geltenden CO2-Gesetzes will der Bundesrat in der Totalrevision grundsätzlich festhalten bzw. diesen verstärken. Kernstück der Schweizer Klimapolitik soll weiterhin die CO2-Abgabe bilden. Sie ist als Lenkungsabgabe auf fossile Brennstoffe sektorübergreifend anwendbar. Im Gebäudebereich schlägt der Bundesrat den Abbau von Fördermassnahmen (Gebäudeprogramm) und die Ablösung durch subsidiäre CO2-Grenzwerte vor. Im Verkehrsbereich sollen die Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge und eine Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure verschärft werden. Im Industriebereich werden mit dem Emissionshandelssystem (EHS) und mit der Rückerstattung der CO2-Abgabe auch für Unternehmen, die nicht am EHS teilnehmen, etablierte Systeme weitergeführt. Massnahmen wie der Technologiefonds, die Förderung von Kommunikation und Bildung im Klimabereich und freiwillige Massnahmen im Finanzmarktbereich komplementieren das Instrumentarium im Inland.

Der Bundesrat erwartet, dass mit dem revidierten CO2-Gesetz mindestens 26,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente gesenkt werden können. Insbesondere sollen die Treibhausgasemissionen im Inland bis 2030 um 18,5 Millionen Tonnen gesenkt werden. Ausserdem verspricht sich der Bundesrat vom Übergang zu einer treibhausgasarmen Wirtschaft Wachstumschancen und Anreize für Innovationstätigkeiten. Gleichzeitig räumt der Bundesrat aber ein, dass die Erhöhung der CO2-Abgabe einen negativen Effekt auf das Bruttoinlandprodukt haben wird.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage mit einigen wichtigen Änderungen anzunehmen. Nur mit einer wirtschaftsfreundlichen Umsetzung kann verhindert werden, dass dem Werkplatz Schweiz Wettbewerbsnachteile drohen.

Moderates und realistisches Inlandziel

economiesuisse unterstützt das CO2-Gesamtreduktionsziel in Höhe von 50 Prozent bis 2030. Für die Zielerreichung ist Flexibilität entscheidend. Mit einem 50-Prozent-Inlandziel (der Hälfte des Gesamtreduktionsziels) kann diese Flexibilität gewährt werden. Der Einsatz internationaler Marktmechanismen ist ein integraler Bestandteil des Übereinkommens von Paris. Internationale Kooperation verbindet die Reduktion von Treibhausgasen mit der Möglichkeit von gezielten Produkt- und Technologieexporten. Eine Beschränkung des Inlandanteils auf 50 Prozent wird unterstützt, ein höherer Inlandanteil hingegen nicht. Dieser würde sich negativ auf die Wirtschaftsleistung und die Beschäftigungslage in der Schweiz auswirken und dem gesamtwirtschaftlichen Interesse widersprechen.

Begrenzung der CO2-Abgabe auf heutigem Niveau

Aktuell ist die CO2-Abgabe auf maximal 120 Franken pro Tonne emittiertes CO2 begrenzt. Die Schweiz hat damit schon heute eine der höchsten CO2-Abgaben der Welt. Der Bundesrat schlägt nun eine Erhöhung auf maximal 210 Franken pro Tonne emittiertes CO2 vor. Dadurch würde der Werkplatz Schweiz im internationalen Vergleich geschwächt. Die Folge wird die Verlagerung der Industrie ins Ausland sein. Um dies zu verhindern, ist die maximale Höhe der CO2-Abgabe auf 120 Franken pro Tonne emittiertes CO2 zu belassen. Damit bleiben die Unternehmen im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig.

Zugang zu Zielvereinbarungen öffnen

Der Zugang zum System der Zielvereinbarungen sollte allen Unternehmen uneingeschränkt offenstehen. Die Kombination einer moderaten CO2-Abgabe mit der Möglichkeit, Zielvereinbarungen mit Verminderungsverpflichtungen abzuschliessen, bewirkt die grössten Emissionsreduktionen zu geringsten Wettbewerbsnachteilen für die Unternehmen. Einschränkende Kriterien sind darum ersatzlos zu streichen, da sie wertvolle Einsparungen der Unternehmen verunmöglichen.

Stand der Beratungen

Die Vorlage befindet sich in der Differenzbereinigung. Der Nationalrat berät das Geschäft in der Sommersession 2020 erneut.

Die UREK-NR hat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 18 zu 7 Stimmen angenommen. Die Kommission trägt die Hauptelemente der ständerätlichen Vorlage mit, insbesondere die Reduktionsziele, die CO2-Grenzwerte im Gebäudebereich, die Vorgaben für Fahrzeuge, den Klimafonds und die Flugticketabgabe.

Beurteilung der Beratungen

economiesuisse unterstützt das CO2-Gesamtreduktionsziel in Höhe von 50 Prozent bis 2030. Jedoch ist es die flexible Verbindung von Klimaaktionen im In- und Ausland, welche zur bestmöglichen und effizientesten Reduktion von Treibhausgasemissionen führt. Ein Inlandanteil von 75 Prozent – wie vom Nationalrat beschlossen – erachtet die Wirtschaft vor diesem Hintergrund als zu hoch. Ein derart hoher Inlandanteil wirkt sich negativ auf die Wirtschaftsleistung und die Beschäftigungslage in der Schweiz aus und widerspricht dem gesamtwirtschaftlichen Interesse.

Des Weiteren lehnt die Wirtschaft die vom Nationalrat verabschiedete Flugticketabgabe weiterhin ab. Sie ist klimapolitisch nicht zielführend und schadet dem Wirtschaftsstandort Schweiz. Ebenso kritisch steht die Wirtschaft der Schaffung eines unbefristeten Klimafonds – einem eigentlichen Subventionstopf – gegenüber. Die Verteilung solcher Subventionsgelder entspricht einer Zweckentfremdung und ist zu unklar definiert.

Aus Sicht der Unternehmen erfreulich ist hingegen, dass sie gemäss Beschluss des Nationalrats alle eine Verminderungsverpflichtung eingehen können und bei Erfüllung die CO2-Abgabe rückerstattet erhalten. Mit der Möglichkeit, Zielvereinbarungen mit Verminderungsverpflichtungen abzuschliessen, werden die grössten Emissionsreduktionen zu geringsten Wettbewerbsnachteilen für die Unternehmen erwirkt.

AUSGEWOGENES FREIHANDELSABKOMMEN NICHT DURCH PROTEKTIONISMUS GEFÄHRDEN

Die Initiativen der Kantone Freiburg (18.320) und Bern (18.317) verlangen, dass Palmöl aus einem allfälligen Freihandelsabkommen mit Malaysia ausgeschlossen wird. Die Initiative des Kantons Jura (18.325) fordert zudem einen Palmölausschluss vom Abkommen mit Indonesien.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die drei Standesinitiativen abzulehnen.

Weitgehende Nachhaltigkeitsbestimmungen für Palmöl vorhanden

Der Schweiz ist es gelungen, mit Indonesien ein umfassendes Freihandelsabkommen (FHA) auszuhandeln, das grosses Potenzial für gegenseitige Handelsgewinne birgt. Neben dem Marktzugang ist das FHA aber insbesondere aufgrund der weitgehenden Bestimmungen zur Nachhaltigkeit ein beachtlicher Verhandlungserfolg – insbesondere bezüglich des Anbaus von pflanzlichen Ölen. Ausser gegenüber der Schweiz hat sich Indonesien bisher gegenüber keinem anderen Partner zu solchen Verpflichtungen bereit erklärt. Auch im Rahmen der laufenden Verhandlungen für ein FHA mit Malaysia wurden Bestimmungen zur Förderung eines nachhaltigen Handels zwischen den Parteien vorgeschlagen. Der nachhaltigen Produktion von Palmöl wird somit in beiden Fällen Rechnung getragen.

Zudem stammen die Palmöleinfuhren der Schweizer Importeure bereits heute nahezu ausschliesslich aus zertifiziertem Anbau. Das macht die Schweiz zu einem interessanten Markt für Produzenten von nachhaltigem Palmöl. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass die Schweiz global betrachtet marginale Mengen einführt. 2019 waren es gesamthaft 31'307 Tonnen, davon 34 Tonnen aus Indonesien und 5353 Tonnen aus Malaysia. Das entspricht 0.03 Prozent der weltweiten Produktion.

Die Schweiz handelt keine Abkommen aus, welche die hiesige Landwirtschaft unverhältnismässig stark belasten oder den Nachhaltigkeitszielen in anderen Bereichen entgegenlaufen. Dies wird auch aus dem Text des FHA mit Indonesien deutlich. Entsprechend sind die Vorstösse 18.317, 18.320 sowie 18.325 nicht erforderlich. Hingegen rauben die starren Vorgaben und protektionistischen Forderungen der Standesinitiativen der Schweiz die Möglichkeit, auch in Zukunft gute und umfassende FHA mit wichtigen Partnern wie Malaysia auszuhandeln, welches nicht zuletzt auf Importe von Maschinen, Papierprodukten, Farbstoffen und diversen verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten hohe bis sehr hohe Zölle erhebt.

Protektionistisch motivierte Massnahmen schaden dem hiesigen Wohlstand

Eine konstruktive Aussenwirtschaftspolitik ist für die Schweizer Unternehmen von herausragender Bedeutung, da rund 40 Prozent der hiesigen Wertschöpfung im Ausland nachgefragt werden. Da der internationale Handel hoch dynamisch ist, müssen die Rahmenbedingungen für Schweizer Exporteure stets verbessert werden können. Deshalb ist der Schaden für den Wohlstand – und damit letztlich auch für die Umwelt – in unserem Land beträchtlich, wenn der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik mit rein innenpolitisch und protektionistisch motivierten Vorstössen unnötig Verhandlungsspielraum genommen würde. Vielmehr erzielen Schweizer Unternehmen mit ihren vergleichsweise hohen Nachhaltigkeitsstandards den grösstmöglichen positiven Einfluss auf die globale nachhaltige Entwicklung, indem sie exportieren, importieren und im Ausland investieren.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat berät die drei Standesinitiativen in der Sommersession 2020 als Zweitrat.

Die APK-NR hat mit den nachfolgenden Stimmenverhältnissen beschlossen, den Standesinitiativen keine Folge zu geben: der Initiative des Kantons Jura (18.325) mit 15 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen, der Initiative des Kantons Freiburg (18.320) mit 15 zu 9 Stimmen bei 1 Enthaltung und jener des Kantons Bern (18.317) mit 15 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen.

In der Wintersession 2019 hat der Ständerat alle drei Standesinitiativen klar verworfen – jene des Kantons Jura mit 33 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen, die des Kantons Freiburg mit 28 zu 13 Stimmen bei 3 Enthaltungen und jene des Kantons Bern mit 33 zu 8 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Beurteilung der Beratungen

Die Vorlage ist kurzfristig aus dem Sessionsprogramm gestrichen worden und wird zu einem späteren Zeitpunkt beraten.

ABKOMMEN MIT UK SCHAFFT RECHTSSICHERHEIT FÜR PRIVATPERSONEN UND UNTERNEHMEN NACH BREXIT

Das Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich (UK) über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger schützt die unter dem Freizügigkeitsabkommen (FZA) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften von britischen und schweizerischen Staatsangehörigen nach dem Austritt des UK aus der EU. Es handelt sich um rund 34'500 Schweizerinnen und Schweizer im Vereinigten Königreich und etwa 43'000 britische Staatsangehörige in der Schweiz, die sich im Rahmen des FZA jeweils im anderen Land aufhalten.

Das Abkommen wurde am 25. Februar 2019 unterzeichnet und deckt die erworbenen Rechte im Bereich der Freizügigkeit (Anhang I FZA), der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II FZA) und der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III FZA) ab.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, dem Entwurf zuzustimmen und damit das Abkommen zu genehmigen.

Das vorliegende Abkommen ist im Kontext der «Mind the Gap»-Strategie zu sehen. Diese zielt darauf ab, dass die gegenwärtigen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich auch nach dessen Austritt aus der EU soweit als möglich bewahrt oder allenfalls in gewissen Bereichen sogar ausgebaut werden können. In diesem Zusammenhang hat der Bundesrat auch fünf weitere bilaterale Abkommen in den Bereichen Handel, Land-, Luftverkehr, Versicherungen und Arbeitsmarkt ausgehandelt.

Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Abkommen insbesondere Rechtssicherheit für die betroffenen Personen bzw. ihre Unternehmen schaffen, was die Wirtschaft ausdrücklich begrüsst. economiesuisse befürwortet mit Nachdruck, dass mit einem möglichst hürdenfreien Marktzugang und der Beibehaltung der heutigen Vorteile aus dem FZA die enge wirtschaftliche und soziale Bindung mit dem Vereinigten Königreich weitergeführt werden soll.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt die Vorlage in der Sommersession 2020 als Erstrat.

Die APK-NR empfiehlt ihrem Rat einstimmig, dem Entwurf zuzustimmen und das Abkommen zu genehmigen.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst, dass der Nationalrat das Abkommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien ohne Gegenstimme gutgeheissen hat. Es schafft Rechtssicherheit sowohl für Unternehmen wie auch für rund 34'500 Schweizerinnen und Schweizer sowie rund 43'000 Britinnen und Briten, die im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens jeweils im anderen Land arbeiten. Stimmt auch der Ständerat dem Abkommen zu, sind wichtige Weichen zur Fortführung der engen und guten Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich gestellt.

AUSGEWOGENE DLT-RAHMENBEDINGUNGEN STÄRKEN DAS INNOVATIONSPOTENZIAL FÜR SCHWEIZERISCHE UNTERNEHMEN

Mit dem Bundesgesetz zur Anpassung des Bundesrechts an Entwicklungen der Technik verteilter elektronischer Register werden verschiedene bestehende Bundesgesetze punktuell angepasst, um die Voraussetzungen weiter zu verbessern, damit die Schweiz sich als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort für Blockchain-/Distributed-Ledger-Technologie (DLT)-Unternehmen weiterentwickeln kann.

Um den Handel von Rechten mittels manipulationsresistenter elektronischer Register auf eine sichere rechtliche Basis zu stellen, wird eine Anpassung des Wertpapierrechts vorgeschlagen. In der Folge ist im Bucheffektenrecht die Schnittstelle zur neuen Wertpapierkategorie durch punktuelle Anpassungen zu regeln. Zudem wird die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte im Fall eines Konkurses aus der Konkursmasse gesetzlich geklärt. Die bankinsolvenzrechtlichen Bestimmungen im Bankenrecht werden mit den Anpassungen im allgemeinen Insolvenzrecht abgestimmt. Im Finanzmarktinfrastrukturrecht wird schliesslich eine neue Bewilligungskategorie für DLT-Handelssysteme geschaffen. Damit soll ein angemessener, technologieneutraler und flexibler Rechtsrahmen für die aufgrund der technologischen Entwicklungen neu möglichen Formen von Finanzmarktinfrastrukturen geschaffen werden.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage samt den beiden von der WAK-NR neu angepassten Punkten anzunehmen (Datenzugang, Ombudsstelle).

Gelungener Entwurf des Bundesrats stärkt die Rahmenbedingungen für Unternehmen

Die Wirtschaft begrüsst die gelungene Vorlage bzw. den Entwurf für einen zivilrechtlichen Rahmen für Token und andere DLT-Anwendungen. Durch die Schaffung der neuen Form der Übertragung von Vermögenswerten wird den Ansprüchen nach Technologieneutralität Rechnung getragen. Zudem wird durch die Minimierung technischer Hindernisse die Rechtssicherheit erhöht und gleichzeitig das Innovationspotenzial am Wirtschaftsstandort Schweiz gefördert. Die durch die Vorlage gesetzten Schwerpunkte wurden gut gewählt und ermöglichen, die Rahmenbedingungen zur Entwicklung von Innovationen in diesem Bereich für die Schweiz zu verbessern. Insbesondere die i) Verwendung einer technologieneutralen Terminologie, ii) der Verzicht auf die Regelung technischer Einzelheiten, iii) die Integration der neuen Gesetzesbestimmungen zwecks Übertragung digitaler Vermögenswerte in den bereits existierenden Rechtsrahmen sowie iv) die Aussonderungsmöglichkeit kryptobasierter Vermögenswerte im Konkursfall überzeugen.

Als ebenso positiv ist zu werten, dass die Blockchain-Thematik im Rahmen der bestehenden Gesetzestexte integriert und nicht eigens ein DLT-Gesetz geschaffen werden soll.

Durch die WAK-NR eingefügte Neuerungen

economiesuisse begrüsst auch explizit die beiden durch die WAK-NR neu eingefügten Bestimmungen (Datenzugang gemäss Art. 242b SchKG, Ombudsstelle gemäss Art. 77 FIDLEG). Insbesondere die Absicht, die DLT-Handelssysteme administrativ zu entlasten und rein professionell Handelnde von der Anschlusspflicht an die Banken-Ombudsstelle (Art. 77 FIDLEG) auszunehmen, liegt zugleich im Interesse der DLT-Handelssysteme, der Ombudsstelle sowie der Bankkunden.

Stand der Beratungen

Der Nationalrat berät die Vorlage in der Sommersession 2020 als Erstrat.

Die WAK-NR hat die Vorlage in der Schlussabstimmung ihrem Rat einstimmig zur Annahme empfohlen. Den Entwurf des Bundesrats hat sie lediglich in zwei Punkten leicht angepasst: 

  • Datenzugang: Die Kommission hat einstimmig einen Antrag auf eine neue Bestimmung im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) angenommen, gemäss welcher jeder Dritte, der eine entsprechende gesetzliche oder vertragliche Berechtigung an den Daten nachweist, den Zugang zu diesen Daten oder deren Herausgabe verlangen kann (Art. 242b SchKG). 
  • Ombudsstelle: Die WAK-NR hat sich mit 18 zu 5 Stimmen dafür entschieden, das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) so anzupassen, dass sich Finanzdienstleister, die ausschliesslich institutionellen oder professionellen Kundinnen und Kunden Finanzdienstleistungen erbringen, keiner Ombudsstelle anschliessen müssen (Art. 77 FIDLEG).

Beurteilung der Beratungen

Erfreulicherweise hat der Nationalrat die vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesänderungen einstimmig angenommen. Er schafft die nötigen Rahmenbedingungen, damit sich die Schweiz im Bereich der Blockchain- und Distributed-Ledger-Technologie (DLT) als ein führender, innovativer und nachhaltiger Standort etablieren kann. Auch die von der Grossen Kammer eingeführten Neuerungen betreffend Datenzugang und Ombudsstellen begrüsst die Wirtschaft explizit.

Nun soll die Kleine Kammer frühestens im Herbst nachziehen und diese für den Innovationsplatz Schweiz wichtige Vorlage unter Dach und Fach bringen.

FALSCHE WEICHENSTELLUNG DER KOMMISSION MUSS VOM NATIONALRAT UNBEDINGT KORRIGIERT WERDEN

Die Vorlage will die Importzölle für sämtliche Industrieprodukte per 1. Januar 2022 auf null setzen. Der Begriff der Industrieprodukte erfasst alle Güter mit Ausnahme der Agrarprodukte (inkl. Futtermittel) und der Fischereierzeugnisse. Neben der unilateralen Aufhebung der Zölle soll auch die Zolltarifstruktur für Industrieprodukte vereinfacht werden.

Position economiesuisse

economiesuisse hält den Abbau der Industriezölle für wichtig und dringend. Die Wirtschaft empfiehlt mit Nachdruck, der Minderheit der WAK-NR zu folgen, auf den Gesetzesentwurf einzutreten und diesen anzunehmen.

Die Abschaffung der Industriezölle wie auch die Vereinfachung der Zolltarifstruktur sind von grosser Bedeutung. Insbesondere im Lichte der enormen Herausforderungen, welche die Corona-Krise für Schweizer Unternehmen mit sich bringt, ist deren Abschaffung dringend und duldet keinen zeitlichen Aufschub. Jetzt gilt es, die Erholung der Wirtschaft mit einfachen, nachweislich und breit wirksamen Instrumenten zu unterstützen. Der Industriezollabbau erfüllt diese Voraussetzungen, er zeitigt rasch einen positiven gesamtwirtschaftlichen Wachstumseffekt und kann von der Politik eigenständig und innert kurzer Frist umgesetzt werden.

Die ablehnende Haltung der WAK-NR setzt ein falsches Zeichen für die Beratung im Plenum. Ist die Grosse Kammer ernsthaft an einer finanziellen und administrativen Entlastung von Konsumentinnen und Konsumenten sowie Unternehmen interessiert, wird sie auf die Vorlage eintreten und diese auch annehmen.

Befreiung der Unternehmen von unnötigen Mehrkosten

Schweizer Firmen bezahlen heute jährlich rund 500 Millionen Franken Zollabgaben auf Importe von Industriegütern. Dies, obwohl 75 Prozent dieser Abgaben im Prinzip bereits abgeschafft worden sind – im Rahmen von bilateralen Freihandelsabkommen (FHA). Diese Zollersparnisse können jedoch aus verschiedenen Gründen bisher nicht vollumfänglich genutzt werden (z.B. sind die Prozesse teilweise sehr aufwendig und die Kostenersparnis dafür zu gering). Insgesamt ist die Abschaffung der Industriezölle angesichts protektionistischer Massnahmen vieler Länder eine wertvolle Massnahme zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts.

Administrative Entlastung von über 100 Millionen Franken

Nebst wegfallenden Zollabgaben steht die administrative Entlastung von über 100 Millionen Franken im Zentrum – firmen- und verwaltungsseitig. Davon profitieren 35 Prozent aller Industriegüterimporte. Dies bedeutet konkret: weniger Zollformalitäten, Buchungen oder Bewilligungen und wegfallende aufwendige Zollspezialverfahren (z.B. Veredelungsverkehr).

Sinkendes Preisniveau und höhere Einkommen für Konsumenten

Der Industriezollabbau ist ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz und bringt Vorteile für Konsumentinnen und Konsumenten. Angesichts des enormen Wettbewerbsdrucks ist davon auszugehen, dass die Unternehmen entsprechende Kosteneinsparungen an die Endkunden weitergeben (z.B. Kleider, Schuhe, Autos oder Kosmetika). Dadurch sinkt das Preisniveau gemessen an den Haushaltsausgaben schweizweit um 350 Millionen Franken. Gleichzeitig führt der Industriezollabbau durch die gesteigerte Wirtschaftsleistung zu höheren Einkommen. Für eine vierköpfige Familie resultiert gemäss Schätzungen ein Plus von rund 170 Franken pro Jahr. Das Geschäft würde auch eine Ungleichbehandlung unter Konsumenten beenden: Bauern profitieren bereits seit Jahren vom zollfreien Import für sie wichtiger Industrieprodukte wie Traktoren oder Erntemaschinen.

Überfällige Vereinfachung des weltweit kompliziertesten Zolltarifsystems

Die Schweiz verfügt im WEF-Vergleich über das weltweit komplizierteste Zolltarifsystem. Darum unterstützt die Wirtschaft eine entsprechende Vereinfachung der Tarifstruktur im Rahmen der Abschaffung der Industriezölle. Aber: Die Umstellung geht mit firmenseitigen Kosten einher. Um diese möglichst tief zu halten, muss die Änderung der Tarifstruktur deshalb gleichzeitig mit der Revision des harmonisierten Systems und der Anwendung des Projekts zur umfassenden Digitalisierung des Schweizer Zollwesens (DaziT) erfolgen. Deshalb sind die Industriezölle ohne Verzögerung per 1. Januar 2022 abzuschaffen.

Für ergänzende Informationen verweisen wir gerne auf unser dossierpolitik (09/2019; Die Schweiz ohne Industriezölle: alle profitieren).

Stand der Beratungen

Der Nationalrat behandelt den Gesetzesentwurf in der Sommersession 2020 als Erstrat.

Eine äusserst knappe Mehrheit der WAK-NR (12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung) empfiehlt ihrem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Aus Sicht dieser Mehrheit sind die mit der Vorlage verbundenen Risiken zu gross und der Nutzen für die Wirtschaft und die Konsumenten zu klein – dies ganz im Gegensatz zu den Stimmen aus der Wirtschaft und aus Konsumentenkreisen.

Eine starke Kommissionsminderheit beantragt allerdings Eintreten auf die Vorlage. Sie ist überzeugt, dass die Aufhebung der Industriezölle den Wirtschaftsstandort Schweiz und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen stärken würde. Die Vorlage entlastet in ihren Augen viele Unternehmen, insbesondere auch KMU, nicht nur finanziell, sondern auch in administrativer Hinsicht. Ausserdem werden Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund des zu erwartenden Preisrückgangs von Einsparungen profitieren können.

Beurteilung der Beratungen

Mit seiner ablehnenden Haltung zum Industriezollabbau (108 zu 83 Stimmen bei 4 Enthaltungen) setzt der Nationalrat in Krisenzeiten das absolut falsche Signal für den hiesigen Wirtschaftsstandort. Angesichts der schwierigen Wirtschaftslage wären positive, einfach und breit anwendbare Impulse seitens der Politik essenziell gewesen. Es liegt nun am Ständerat, dies zu korrigieren – im Interesse von Wirtschaft und Konsumierenden.

Eine ausführliche Stellungnahme der Wirtschaft zum Entscheid des Nationalrats finden Sie hier.

Ständerat

INTERNATIONAL ABGESTIMMTES UND ADMINISTRATIV TRAGBARES GESETZ SOWIE EINE PRAKTIKABLE LÖSUNG BEIM PROFILING SIND ENTSCHEIDEND FÜR SCHWEIZER WIRTSCHAFT

Mit dieser Vorlage unterbreitet der Bundesrat dem Parlament die Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) und die Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz. Er verfolgt dabei hauptsächlich zwei Zielsetzungen. Erstens soll der Datenschutz an die technologischen Entwicklungen angepasst werden und zweitens soll der internationalen Rechtsentwicklung Rechnung getragen werden.

So ist unter anderem seit dem 25. Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung der EU (DSGVO) (auch grenzüberschreitend) anwendbar. Die EU hat damit faktisch einen neuen internationalen Standard für den Datenschutz geschaffen. Dies betrifft Länder weltweit, die ihre Datenschutzgesetze im Nachgang angepasst haben, mitunter auch die Schweiz. Die gesamte Wirtschaft hat ein Interesse daran, dass die Schweiz als mit diesem neuen Datenschutzstandard vergleichbar und als angemessen reguliertes Land wahrgenommen wird, um keinen Wettbewerbsnachteil zu erleiden. Zwecks Aufrechterhaltung des EU-Angemessenheitsbeschlusses, über den die Schweiz momentan verfügt, ist nicht nur die Modernisierung des Datenschutzgesetzes notwendig, sondern auch der Beitritt zur Datenschutzkonvention SEV 108.

Die Vorlage befindet sich im Rahmen der Differenzbereinigung auf der Zielgeraden. Die zentrale Differenz betrifft noch das Profiling. Der Forschungs- und Innovationsstandort Schweiz ist auf eine praktikable Lösung angewiesen, welche die Schweiz nicht ins Abseits manövriert. Profiling hat zahlreiche positive Anwendungsformen, deren Bedeutung mit zunehmender Digitalisierung zunehmen: Steigerung der Effizienz, Bekämpfung von Kreditkartenmissbrauch, personalisierte Angebote sowie Ressourceneinsparungen sind bloss wenige Beispiele dafür.

Position economiesuisse

Für die Unternehmen zentral ist ein administrativ tragbares Gesetz ohne Swiss Finish (im Verhältnis zur EU überschiessende Bestimmungen), welches international abgestimmt ist. Ausserdem ist ein möglichst zeitnaher Abschluss der Vorlage nötig, da der Äquivalenzbericht der EU (einschliesslich einer Beurteilung der Schweiz) Anfang Juni 2020 erwartet wird.

Der Nationalrat hat im Rahmen der Differenzbereinigung die Vorlage in wesentlichen Punkten vorangebracht und aus Sicht der Wirtschaft angemessene Lösungen gefunden. economiesuisse empfiehlt, sich dem aktuellen Beschluss des Nationalrats anzuschliessen und insbesondere die nachfolgend genannten verbleibenden Differenzen gemäss unten stehenden Ausführungen weiter zu beraten: 

  • Fassung Nationalrat als «echte» Kompromissbasis für die Regelung des Profiling (Art. 4 lit. fbis): Der Ständerat hatte in den vorangehenden Beratungen – in Abweichung von den europäischen Regeln und vom Entwurf des Bundesrats – den Begriff des «Profilings mit hohem Risiko» neu vorgeschlagen. Damit wurde nicht nur ein Swiss Finish, sondern eine unnötige Verschärfung eingeführt. In der damaligen Formulierung des Ständerats waren praktisch alle Formen von Profiling der Definition des hohen Risikos zuzuordnen.

Gerade der Forschungs- und Innovationsstandort ist auf eine praktikable Lösung beim Profiling angewiesen. Der Nationalrat hatte auch deshalb versucht, beim Profiling einen Kompromiss zu finden, um die Differenz zwischen den Räten zu bereinigen. So sollte gemäss Nationalrat ein Profiling mit hohem Risiko vorliegen, wenn ein solches zu besonders schützenswerten Personendaten führt. Auch diese Fassung ist ein Swiss Finish und würde in der Rechtsanwendung zu zusätzlichen Fragen führen. Die Wirtschaft hätte aber dennoch mit diesem Kompromiss leben können.

Die SPK-SR hat sich nun für eine andere Regelung des Profilings ausgesprochen. Bei dieser wird das hohe Risiko dahingehend präzisiert, dass es sich an der Definition des Persönlichkeitsprofils im geltenden Recht orientiert. Sie betitelt ihren Entscheid als Kompromisslösung. Dies ist irreführend, da der Ständerat an dem von ihm eingeschlagenen Sonderweg festhält und nur kosmetische Anpassungen vornimmt. Dabei öffnet er neue Fragen für die Rechtsanwender und im Vergleich zur Fassung des Nationalrats ergeben sich keinerlei Vorteile. Es ist in diesem Punkt deshalb dem Beschluss Nationalrat vom 5. März 2020 zu folgen. 

  • Nutzungsfrist bei der Bonitätsprüfung mindestens auf zehn Jahre verlängern und Personendaten aus öffentlich zugänglichen staatlichen Registern ausnehmen (Art. 27 Abs. 2 lit. c Ziff. 3): Für die Länge der Nutzungsfrist von Personendaten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung möchte der Nationalrat die Frist von fünf Jahren (= Entwurf des Bundesrats) auf zehn Jahre erhöhen. Verlustscheine verjähren erst nach 20 Jahren. Die Nutzung dieser Daten zwecks Kreditwürdigkeitsprüfung muss aus praktischen Gründen weiterhin zulässig sein, auch wenn diese älter als fünf Jahre sind.

Zudem muss gemäss Minderheit Müller die Möglichkeit geschaffen werden, dass Personendaten aus öffentlich zugänglichen staatlichen Registern (z.B. kantonale Handelsregister, Zentraler Firmenindex Zefix, Schweizerisches Handelsamtsblatt SHAB, kantonale Amtsblätter) ausgenommen werden. Andernfalls wird verhindert, dass diese Personendaten bei der Prüfung der Kreditfähigkeit einbezogen werden können, was zurzeit eine notwendige Praxis darstellt.

Stand der Beratungen

In der Sommersession 2020 berät der Ständerat die Vorlage im Rahmen der Differenzbereinigung erneut.

Die SPK-SR beantragt ihrem Rat, sich in mehreren Punkten dem Nationalrat anzuschliessen und somit mehrere Differenzen beizulegen. Beim Profiling hält die SPK-SR jedoch mit nur rudimentären Anpassungen an ihrem problematischen Konzept fest. Auch bei den folgenden Punkten weicht die Kommission von der Grossen Kammer ab: So soll die Nutzungsdauer von Daten zwecks Kreditwürdigkeitsprüfung praxisfremd auf nur fünf Jahre beschränkt werden. Ferner wird auf die notwendige Präzisierung bei der Definition der genetischen Daten verzichtet.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst, dass der Ständerat mehrere Differenzen beigelegt hat.

Beim Profiling hat sich die Kleine Kammer allerdings für eine andere Regelung ausgesprochen als der Nationalrat. Bei dieser wird das hohe Risiko dahingehend präzisiert, dass es sich an der Definition des Persönlichkeitsprofils im geltenden Recht orientiert. Von einer Kompromisslösung kann jedenfalls keine Rede sein, da der Ständerat an seinem eingeschlagenen Sonderweg festhält und nur kosmetische Anpassungen vorgenommen hat: Es werden neue Fragen für die Rechtsanwender eröffnet und im Vergleich zur Fassung des Nationalrats ergeben sich keinerlei Vorteile. Der echte Kompromiss beim Profiling liegt im Beschluss des Nationalrats.

Darüber hinaus hat es der Ständerat verpasst, die Frist für die Länge der Nutzungsfrist von Personendaten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung von fünf auf zehn Jahre zu erhöhen. Verlustscheine verjähren erst nach 20 Jahren. Die Nutzung dieser Daten zwecks Kreditwürdigkeitsprüfung muss aus praktischen Gründen weiterhin zulässig sein, auch wenn diese älter als fünf Jahre sind.

UNKOORDINIERTES VORPRESCHEN DER SCHWEIZ BEWIRKT RECHTSUNSICHERHEIT UND SCHADET DER INDUSTRIE

Die Volksinitiative verlangt, dass der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge die Finanzierung von Unternehmen untersagt werden soll, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, der Empfehlung des Bundesrats und der Kommission zu folgen und die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen.

Das Anliegen der Initiative, zu einer friedlicheren Welt beizutragen, verdient Unterstützung. Aus Sicht der Wirtschaft verfolgt die Initiative aber den falschen Ansatz und setzt auf Instrumente und Massnahmen, die weder international abgestimmt noch zielführend sind. Vielmehr hätte eine Annahme der Vorlage zahlreiche negative Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Schwierige Abgrenzungsfragen führen zu erheblicher Rechtsunsicherheit gerade für KMU

Unternehmen, die mehr als fünf Prozent ihres Jahresumsatzes mit der Herstellung von Kriegsmaterial erwirtschaften, sollen als «Kriegsmaterialproduzenten» gelten. Dieser Anwendungsbereich ist sehr weit, und es stellen sich zahlreiche Abgrenzungsfragen. Unmittelbar betroffen sind weltweit tätige Grossunternehmen, die auch im zivilen Bereich wichtige Aktivitäten haben, darunter Unternehmen aus dem Gebiet der Raum- und Luftfahrt. Tangiert werden wohl aber auch zahlreiche mittelgrosse Unternehmen, die als Zulieferbetriebe von Grossunternehmen fungieren. Dies würde insbesondere die Schweizer MEM-KMU und Anbieter zahlreicher wichtiger Arbeitsplätze stark betreffen. Offen ist auch, wie Güter, die sowohl für militärische wie auch zivile Zwecke genutzt werden können (sogenannte «Dual Use Güter»), abgegrenzt werden sollen, gerade auch bei dynamischen Veränderungen, die in den Schwellenwerten widerspiegelt werden müssten.

Gefährdung der Unabhängigkeit der SNB

Das von der Initiative geforderte Verbot der Finanzierung von als «Kriegsmaterialproduzenten» postulierten Unternehmen beschneidet die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Bei Aktien und Fonds könnte die SNB nicht mehr auf die bewährte Anlagestrategie bauen, die nach Risiko und Rendite diversifiziert. Eine Einschränkung ihrer Anlagepolitik schwächt die SNB folglich in der Ausübung ihres Mandats für Preisstabilität. Dies würde sowohl dem Wirtschaftsstandort wie auch dem Schweizer Wohlstand insgesamt schaden.

Unnötige Schwächung der Vorsorgewerke und institutioneller Anleger durch massiven Verwaltungsaufwand

Die Initiative hätte darüber hinaus einen negativen Einfluss auf die Erträge institutioneller Anleger wie die AHV/IV, Pensionskassen und Stiftungen. Zahlreiche indirekte oder direkte Beteiligungsformen an den oben genannten Unternehmen, beispielsweise über Aktien oder Fonds, wären verboten. Die Vorgaben der Initiative verkleinern so das Anlageuniversum, was institutionellen Anlegern höhere Kosten in der Verwaltung ihrer Portfolios beschert. Der bürokratische Aufwand für Schweizer Finanzdienstleister zur Überprüfung und laufenden Anpassung der Portfolios wäre immens. Die Anleger wären dadurch gezwungen, zu Zeitpunkten Desinvestitionen zu tätigen, die nicht ihren langfristigen und nachhaltigen Anlagestrategien entsprechen. Diese unnötigen Zusatzkosten führen zu Mindereinnahmen bei staatlichen wie privaten Vorsorgewerken und beeinträchtigen so negativ deren Finanzierungslage. Auch besteht weiter das Risiko, dass Unternehmen, gerade auch KMU, nur noch unter erschwerten Bedingungen Kredite aufnehmen könnten.

Unkoordinierter Schweizer Alleingang ohne Wirkung

Neben diesen zahlreichen Unzulänglichkeiten wäre die Initiative auch wirkungslos. Ein unkoordiniertes Vorpreschen der Schweiz im Bereich der Finanzierung der Rüstungsindustrie wäre global betrachtet völlig unbedeutend. Ein weltweites Finanzierungsverbot für Investitionen in die Rüstungsindustrie, wie von der Initiative gefordert, steht nicht zur Diskussion, dies weder im Rahmen der Vereinten Nationen noch in anderen internationalen Gremien. Die Schweiz würde sich einfach aus der internationalen Diskussion verabschieden und müsste mit den selbstverschuldeten negativen Konsequenzen leben, ohne dass diesen massiven Folgen ein positiver Effekt entgegenstehen würde.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Volksinitiative in der Sommersession 2020 als Zweitrat.

Die SiK-SR empfiehlt ihrem Rat mit 10 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen, die Volksinitiative Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Auch einen Antrag auf Rückweisung – verbunden mit der Empfehlung, mittels Kommissionsinitiative einen indirekten Gegenvorschlag auszuarbeiten –, lehnte die Kommissionsmehrheit mit 10 zu 3 Stimmen ab.

In der Frühjahrssession 2020 sprach sich der Nationalrat mit 120 zu 71 bei 2 Enthaltungen gegen die Initiative aus. Die Grosse Kammer will auch keinen indirekten Gegenvorschlag und hat einen entsprechenden Vorschlag mit 105 zu 87 Stimmen abgelehnt.

Auch die Landesregierung empfiehlt, die Initiative Volk und Ständen ohne direkten oder indirekten Gegenvorschlag zur Abstimmung vorzulegen.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst, dass nach der Grossen Kammer nun auch der Ständerat sowohl die Initiative (mit 32 zu 13 Stimmen) als auch den indirekten Gegenvorschlag (mit 31 zu 14 Stimmen) zur Ablehnung empfiehlt. Beide Begehren wären im Falle einer Annahme nicht nur wirkungslos geblieben, sondern hätten auch zu erheblichen Abgrenzungsfragen bei den betroffenen Unternehmen geführt, die institutionellen Anleger unnötig geschwächt und die Unabhängigkeit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gefährdet.

JA ZU EINER DYNAMISCHEREN FÖRDERPOLITIK DES BUNDES

Das Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Bildung, der Berufsbildung, der Jugend und der Mobilitätsförderung soll totalrevidiert werden. Es ist 20-jährig und bildet noch heute die Grundlage des Bundes für die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Bildung. Über die letzten zwei Jahrzehnte wurde das Gesetz punktuell und uneinheitlich weiterentwickelt. Ein Grund hierfür war der wechselnde Beteiligungsstatus der Schweiz an den sich dynamisch verändernden europäischen Bildungsprogrammen.

Die aktuelle Förderpraxis zeigt die Grenzen des heutigen gesetzlichen Rahmens auf: Die Koppelung der Hauptförderinstrumente an eine Beteiligung an den europäischen Bildungsprogrammen steht nicht mehr im Einklang mit der Internationalisierung der Bildung. Gesetzlich fehlt insbesondere eine gleichwertige Verankerung der zwei alternativen Instrumente (die Assoziierung an internationale Förderprogramme und die Umsetzung von eigenen Schweizer Programmen). Auch die Möglichkeit, eine nationale Agentur mit wesentlichen Umsetzungsaufgaben zu beauftragen, ist gegenwärtig an eine Beteiligung an den europäischen Programmen geknüpft. Inhaltlich fehlen zudem grundlegende Angaben über den Zweck und die Grundsätze der Förderpolitik. Aus diesen Gründen hält der Bundesrat eine Totalrevision für nötig.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage anzunehmen.

Gleichwertige Verankerung von Beteiligungen an Bildungsprogrammen und Eigenlösungen

Die Revision stellt die Beteiligung an europäischen Bildungsprogrammen und autonome Eigenlösungen der Schweiz gesetzlich gleich. Sie entkoppelt die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung von der Beteiligung an einem europäischen Bildungsprogramm. Aus Sicht der Wirtschaft ist diese Entkoppelung zielführend. Dadurch wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Studierenden in der Schweiz unabhängig von einer allfälligen Beteiligung an Erasmus den internationalen Austausch zu ermöglichen.

Mandatierung der SFAM als nationale Förderagentur

Für die Umsetzung soll eine nationale Förderagentur mandatiert werden. Gemäss dem Erläuterungstext zur Gesetzesrevision gilt die Schweizerische Stiftung für Austausch und Mobilität (SFAM/Movetia), die vom Bund und den Kantonen getragen wird, als einzige Organisation, welche die Voraussetzungen zur Übernahme der Aufgaben einer nationalen Förderagentur erfüllt. Sie ist gegenwärtig als privatrechtliche Stiftung organisiert und soll in eine öffentlich-rechtliche Anstalt überführt werden. Die als nationale Förderagentur mandatierte Institution muss neben Fachexpertise und Kapazitäten auch möglichst kosteneffizient arbeiten. Daher ist zu prüfen, ob eine öffentliche Ausschreibung möglich und zielführend wäre. In diesem Zusammenhang ist auch die Überführung der SFAM von einer privatrechtlichen zu einer öffentlich-rechtlichen Organisation gründlich zu prüfen und nur falls sinnvoll durchzuführen. Diese Frage ist allerdings nicht Gegenstand der vorliegenden Totalrevision, sondern soll in einer gesonderten Vorlage festgehalten werden.

Stand der Beratungen

Der Ständerat behandelt die Vorlage in der Sommersession 2020 als Erstrat.

Die WBK-SR beantragt ihrem Rat einstimmig, die Vorlage anzunehmen.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft begrüsst die einstimmige Annahme der Vorlage durch den Ständerat. Mit der gesetzlichen Gleichstellung von Beteiligungen an europäischen Bildungsprogrammen und autonomen Eigenlösungen der Schweiz hat die Kleine Kammer die Grundlage geschaffen, um den Austausch in der Bildung in Zukunft wirksam zu fördern. Der Nationalrat sollte nun dem klaren Bekenntnis seines Schwesterrats folgen.

BFI-BOTSCHAFT DES BUNDESRATS STÄRKT DEN SCHWEIZER BILDUNGS- UND FORSCHUNGSPLATZ

Mit der vorliegenden Botschaft beantragt der Bundesrat 27’899 Millionen Franken für die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) in den Jahren 2021–2024. Die Schweiz soll in diesem für die Wohlfahrt des Landes fundamentalen Bereich eine führende Stellung behalten und aktuelle Herausforderungen wie die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft meistern. Nebst den finanziellen Mitteln für die nächsten vier Jahre beantragt der Bundesrat schliesslich auch punktuelle Anpassungen in den gesetzlichen Grundlagen.

Mit knapp 28 Milliarden beantragt der Bundesrat rund 2 Milliarden mehr als in der vorangehenden BFI-Periode (2017–2020). Dies entspricht bei den heutigen Teuerungsannahmen einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,2 Prozent (nominal) beziehungsweise einem realen Wachstum von durchschnittlich jährlich 1,5 Prozent. Darin nicht enthalten sind die Mittel für eine allfällige Beteiligung an den EU-Programmen, da dafür zurzeit weder der Umfang noch die Teilnahmemöglichkeiten bekannt sind.

Position economiesuisse

economiesuisse empfiehlt, die Vorlage gemäss dem bundesrätlichen Entwurf anzunehmen, nur sehr selektiv davon abzuweichen und daher einen grossen Teil der Anträge der WBK-SR abzulehnen.

Die Qualität des Bildungssystems ist ein entscheidender Standortfaktor. Dies gilt für Bildung und Forschung. Zudem sind Hochschulen und Wirtschaft aufeinander angewiesen und hochstehende öffentliche Forschung ist eine wichtige Voraussetzung für hochstehende Forschung in der Privatwirtschaft. Insbesondere dem MINT-Bereich kommt eine hohe Bedeutung zu.

Die BFI-Botschaft des Bundesrats stärkt den Schweizer Bildungs- und Forschungsplatz. Sie ist gut begründet und ausgewogen. economiesuisse begrüsst, dass die BFI-Mittel weiterhin priorisiert werden und dass über alle Bereiche hinweg moderate Wachstumsraten geplant sind. Auch dass Effizienz- und Effektivitätssteigerungen explizit angesprochen und transversale Themen im Rahmen der bestehenden Förderinstrumente behandelt werden, ist im Sinne der Wirtschaft.

Die Annahme des Kommissionspostulats, welches den Bundesrat beauftragt darzulegen, über welche Kanäle und basierend auf welcher Gesetzesgrundlage er ab 2025 die bisher gesprochenen Bundesbeiträge an nationale Forschungseinrichtungen leisten wird (20.3462), begrüsst economiesuisse.

Grundsätzlich gilt es zudem mittelfristig zwei Probleme des BFI-Bereichs zu lösen: 

  • Erstens muss der grosse Anteil an gebundenen Ausgaben reduziert werden. Im BFI-Bereich sind die Ausgaben für die Berufsbildung, für die Fachhochschulen und für die Universitäten gesetzlich gebunden. Allfällige Budgetkürzungen betreffen daher die ETH, den SNF und die Innosuisse überproportional. Dies ist jedoch problematisch, denn gerade diese Bundesinstitutionen sind für die Qualität des hiesigen Forschungsplatzes von grosser Bedeutung. 
  • Zweitens müssen die Institutionen der wettbewerblichen Forschung mehr finanzielle Flexibilität erhalten. Etliche Projekte des SNF oder der Innosuisse laufen mehrjährig. Starre Regeln verhindern, dass die beiden Institutionen das Geld flexibler einsetzen können. Oft bleiben am Ende des Jahres daher nicht ausgenutzte Kreditreste übrig. Diese Problematik muss künftig im Rahmen des Forschungs- und Innovationsgesetzes gelöst werden.

Stand der Beratungen

Der Ständerat berät die Vorlage in der Sommersession 2020 als Erstrat.

Die WBK-SR empfiehlt ihrem Rat, in den nächsten vier Jahren 28,1 Milliarden Franken in die Bildung, Forschung und Innovation zu investieren. Dies entspricht einer Erhöhung um 200 Millionen im Vergleich zu den vom Bundesrat vorgeschlagenen 27,9 Milliarden.

Beurteilung der Beratungen

Die Wirtschaft unterstützt die Beschlüsse des Ständerats bezüglich weiterer Mittel für die Innosuisse und den Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Es ist richtig, dass die Minderheitsanträge der WBK-SR im Plenum abgelehnt wurden und beispielsweise kein neuer Sondertopf für das Querschnittsthema der Nachhaltigkeit gesprochen worden ist.

Nicht einverstanden ist die Wirtschaft hingegen damit, dass die Kreditsperre aufgehoben werden soll. Der Bundesrat braucht in den Verhandlungen mit der EU einen gewissen Spielraum, sind doch die Beitrittsvoraussetzungen zum Horizon-Europe-Programm für die Schweiz noch unklar.