Mit dem Hammer auf die Schrauben

Versuchen Sie mal, eine Schraube mit einem Hammer in ein Brett zu klopfen. Es wird Ihnen kaum gelingen. Vielmehr beschädigen Sie dabei wohl Schraube und Brett gleichermassen. Das falsche Werkzeug führt nicht zum Ziel. Auch eine falsche Regulierung ist nicht nur wirkungslos, oft ist sie sogar kontraproduktiv.

Die Wirtschaft teilt das Anliegen der Konzernverantwortungsinitiative, die Verbesserung des weltweiten Schutzes von Menschenrechten und Umwelt. Dass die Wirtschaft sich zusammen mit Landesregierung und Ständerat klar gegen die Initiative ausspricht, hat damit zu tun, dass es für globale Herausforderungen international abgestimmte Regeln braucht. Dies ist weder bei der Initiative noch bei dem im Moment im Parlament diskutierten Gegenvorschlag der Fall. Die Initiative verlangt, dass jedes Unternehmen in der Schweiz, ob KMU oder Konzern, für das Verhalten sogar von wirtschaftlich kontrollierten Dritten automatisch und ohne Verschulden haftet. Entlasten kann sich das Unternehmen nur durch einen lückenlosen Nachweis seiner Kontrollpflicht.

Geholfen wird mit der Initiative niemandem

Es muss beweisen, dass alle Lieferanten und Distributionspartner jederzeit alle Gesetze und internationalen Standards respektieren: Internationale Empfehlungen werden so exklusiv in der Schweiz zur verbindlichen Bestimmung. Und dort, wo es keine internationale Empfehlung gibt, wird faktisch das Schweizer Recht zum internationalen Standard mit weitgehenden Haftungsfolgen. Diese juristischen Risiken führen entweder zu einer Blockade oder zu einem Rückzug unserer Unternehmen aus zahlreichen Ländern. Geholfen wird damit weder den Menschen vor Ort noch der Umwelt. Nur die internationale Klageindustrie freut sich. Beim Vergleich mit dem Ausland muss man auch das Kleingedruckte lesen. Ähnliche Bestrebungen im Ausland verzichten darum auf unbestimmte Sorgfaltsprüfungspflichten und damit verbundene Haftungsnormen.

Beim Vergleich mit dem Ausland muss man auch das Kleingedruckte lesen

Das Gesetz gegen Kinderarbeit in den Niederlanden, welches 2020 in Kraft tritt, sieht im Bereich Kinderarbeit spezifisch Pflichten vor, aber keine Haftung. Oder die EU-Regulierung zu Konfliktmineralien, die 2021 in Kraft tritt: Haftung? Fehlanzeige. Dafür wird ein enger Katalog von Mineralien definiert, bei welchen die Unternehmen eine grosse Sorgfalt an den Tag legen müssen. Für die Schweiz und die Wirtschaft geht es bei der Frage des weltweiten Schutzes von Menschenrechten und der Umwelt daher nicht um die Frage, Regulierung oder nicht. Es geht um die Frage, international abgestimmtes Vorgehen und zielführende Lösungen oder Schweizer Alleingang.

Hammer und Schraube

Der Bundesrat zeigt einen Ausweg

Der Bundesrat warnt vor den Haftungsbestimmungen des Gegenvorschlags. Er orientiert sich stattdessen an den weitreichenden Regelungen in der EU, darunter nicht nur Rechenschaftspflichten, sondern auch die genannten Regeln zu Kinderarbeit und Konfliktmineralien. Dass die Befürworter der Initiative nun nicht müde werden, den Vorschlag des Bundesrats kleinzureden und einen Gegenvorschlag hochleben zu lassen, der nichts anderes als ein Umsetzungsgesetz zur Initiative ist, ändert nichts am falschen Werkzeug. Sprechen wir uns für die Initiative und den Gegenvorschlag aus, bearbeiten wir die Schraube mit dem Hammer, folgen wir dem Bundesrat, wählen wir den Schraubenzieher. 

 

Dieser Beitrag erschien am 26. September 2019 in der Handelszeitung.