# 11 / 2019
11.06.2019

Grosse Dynamik im Jobmarkt: Jede zehnte Stelle verschwindet – und noch mehr kommen dazu

Sind Firmenschliessungen und Restrukturierungen tatsächlich Alarmsignale?

Abgebaute Stellen finden im Rahmen von Firmenschliessungen und Restrukturierungen also vielfach ihren Weg in die Medien. Dies liefert eine Teilerklärung dafür, weshalb die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust hierzulande sehr stark in den Köpfen vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verankert ist. Doch sind Firmenschliessungen und Restrukturierungen wirklich als Alarmsignal zu interpretieren? Oder gehört diese Dynamik zu einem lebhaften und flexiblen Arbeitsmarkt? Wie dynamisch ist der Schweizer Arbeitsmarkt, und welche Branchen stechen dabei ganz besonders hervor? Um diese Fragen zu beantworten, analysieren wir die aktuellsten Zahlen zur Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT) des Bundesamts für Statistik (BFS). Die Zahlen weisen aus, wie viele Stellen in den einzelnen Branchen gesamthaft auf- und abgebaut wurden. Zudem ermöglichen sie einen Blick in die Treiber der Dynamik, indem sie angeben, ob der Ab- oder Aufbau durch Firmenschliessungen oder durch bestehende Unternehmen innerhalb der Branchen stattgefunden hat.

Branchen mit vielen Firmenschliessungen schaffen mehr Stellen

Im Jahr 2016 gingen 35,2 Prozent aller abgebauten Stellen wegen Unternehmensschliessungen verloren. In 15 Branchen wurden im untersuchten Zeitraum überdurchschnittlich viele Stellen durch Firmenschliessungen abgebaut. Tabelle 2 listet diese Branchen auf und zeigt eine Übersicht über abgebaute und neu geschaffene Stellen in diesen Wirtschaftszweigen. In neun von 15 Branchen wurden nicht nur überdurchschnittlich viele Stellen durch Firmenschliessungen abgebaut, sondern auch überdurchschnittlich viele Stellen durch Firmenneugründungen aufgebaut. Gleichzeitig war in zwölf von 15 Fällen der Saldo von ab- und aufgebauten Stellen positiv. Mit anderen Worten haben 80 Prozent der Branchen, die überdurchschnittlich viele Stellen durch Firmenschliessungen abgebaut haben, insgesamt am Ende des Jahres mehr neue Stellen geschaffen.

Zu den Wirtschaftszweigen mit der grössten Abbaudynamik durch Firmenschliessungen gehören die Pharmabranche, die Personalvermittler, die sonstigen freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten, die sonstigen Dienstleistungen sowie die IT-Branche. Alle diese Wirtschaftszweige haben per Saldo mehr Stellen auf- als abgebaut. Die IT-Branche und die Personalvermittler gehörten sogar zu den grössten privatwirtschaftlichen Stellenschaffern im Jahr 2016.

Die Aufbaudynamik durch neue Firmen war besonders gross in den sonstigen freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Tätigkeiten, der Unternehmensberatung, der Erbringung von sonstigen Dienstleistungen, dem Grundstück- und Wohnungswesen sowie in den mit Finanz- und Versicherungsleistungen verbundenen Tätigkeiten.

Tabelle 2

Wir haben ein kontraintuitives Resultat: Wo viele Firmen geschlossen werden, entstehen auch mehr Arbeitsplätze. Wie lässt sich das erklären? Die grosse Dynamik auf dem Arbeitsmarkt ist das Ergebnis einer laufenden Neuverteilung der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital. Denn beide Faktoren werden durch die Unternehmen in einer optimalen Kombination eingesetzt. Kleine und grössere technologische und methodische Fortschritte führen dazu, dass die optimale Zusammensetzung von Arbeit und Kapital sich fortlaufend verändert. Dadurch müssen bestehende Strukturen aufgelöst werden, wobei die Produktionsfaktoren neu zusammengesetzt werden. Dieser Prozess wird als schöpferische Zerstörung bezeichnet, denn er geht mit einer Erhöhung der Produktivität einher. Schliesslich generiert die Erhöhung der Produktivität zusätzliche Einnahmen. Führen diese Mehreinnahmen zu erhöhter Investitionstätigkeit, entstehen am Ende wiederum mehr Arbeitsplätze. Die Dynamik der Markteintritte und -austritte und somit auch die Neuverteilung von Arbeit wirken sich also positiv auf die Beschäftigung innerhalb einer Branche aus.